Arbeitnehmer fallen im Betrieb jedes Jahr ungefähr zweieinhalb Wochen wegen Krankheit aus. Dadurch entstehen Produktionsausfälle in Höhe von ca. 75 Milliarden Euro jährlich. Ein Ärgernis für den durch Krankheitsausfälle seiner Mitarbeiter betroffenen Arbeitgeber, da er zum einen unter Umständen finanzielle Verluste erleidet, auf jeden Fall aber durch Umverteilung der Arbeit oder Einsetzen einer Vertretungskraft nicht selten erhebliche Mehrarbeit hat. Aber auch für den erkrankten Arbeitnehmer ist die Situation häufig schwierig: Nicht nur bewahrheitet sich hier die allgemeine Weisheit, dass selbst die beste Krankheit nichts taugt, sondern auch der Umgang mit den damit einhergehenden arbeitsrechtlichen Formalien erzeugt bei vielen Mitarbeitern ein Gefühl der Unsicherheit verbunden mit der Angst, etwas falsch zu machen, was wiederum negative Folgen für ihr konkretes Arbeitsverhältnis haben kann. Hintergrund der Verunsicherung ist zum einen, dass viele Arbeitnehmer (aber auch Arbeitgeber) keine Kenntnis vom Inhalt der entsprechenden Vorschriften haben, und zum anderen, dass gerade rund um das Thema Krankheit und Krankmeldung zahlreiche Irrtümer kursieren. Dabei lassen sich ernste arbeitsrechtliche Konsequenzen wie Abmahnung oder Kündigung vermeiden, wenn der Arbeitnehmer von vornherein über Folgendes informiert ist.
Bei Eintritt einer Krankheit des Arbeitnehmers, die ihn daran hindert, im Unternehmen seine Arbeitsleistung zu erbringen, er also zu Hause bleiben muss, unterscheidet man die Anzeigepflicht des Arbeitnehmers von seiner ebenfalls bestehenden Nachweispflicht.
Anzeigepflicht
Fühlt der Arbeitnehmer sich krank und arbeitsunfähig, so ist er nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern mitzuteilen. In der Regel erfolgt die Krankmeldung telefonisch beim Arbeitgeber oder dem entsprechend für Krankmeldungen zuständigen Vorgesetzten am ersten Krankheitstag, und zwar vor bzw. zum eigentlichen Arbeitsbeginn. Häufig ist im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt, wann und wie die Krankmeldung des Arbeitnehmers zu erfolgen hat. Zwar gibt es keine Formvorschriften für die Krankmeldung, jedoch muss der Arbeitnehmer sicher stellen, dass die Krankmeldung den Arbeitgeber auch erreicht.
Wer z.B. seine Krankmeldung per Mail verschickt, obwohl er weiß, dass diese nicht regelmäßig abgerufen werden, oder wer sich erst Stunden nach dem Arbeitsbeginn krank meldet, weil er vorher zum Arzt gegangen ist, oder wer sich gar nicht krankmeldet, verletzt seine arbeitsrechtliche Anzeigepflicht und riskiert eine Abmahnung, im Wiederholungsfall unter Umständen sogar die Kündigung. Ist der Arbeitnehmer durch einen Unfall oder eine schwere Krankheit außerstande, sich persönlich krankzumelden, darf ihn ausnahmsweise ein Familienmitglied oder ein Freund krankmelden. Hat sich der Arbeitnehmer ist seiner Prognose über die voraussichtliche Krankheitsdauer verschätzt, da der behandelnde Arzt eine viel längere Dauer veranschlagt, muss der Mitarbeiter nach dem Arztbesuch eine weitere Meldung über die nunmehr aktuelle Prognose machen, damit der Arbeitgeber Planungssicherheit hat. Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber die Art der Erkrankung mitzuteilen außer im Falle einer hochansteckenden Krankheit, die unter Umständen die ganze Belegschaft gefährdet wie z.B. Masern, Keuchhusten oder Rotaviren.
Nachweispflicht
Dauert die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers länger als drei Kalendertage, hat der Arbeitnehmer nach dem EFZG spätestens am darauffolgenden Arbeitstag (also am 4. Tag) eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Es handelt sich um eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, auch „gelber Schein“ genannt, für den Arbeitgeber. Auf der für den Arbeitgeber bestimmten Ausfertigung ist nicht die ärztliche Diagnose vermerkt. Ob die Bescheinigung, mit der der Arbeitnehmer seine ihn obliegende Nachweispflicht erfüllt, per Post oder persönlich in den Betrieb gebracht werden muss, regeln vertragliche oder betriebliche Vereinbarungen. Nach dem EFZG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Bescheinigung auch schon früher zu verlangen. Auch schon ab dem ersten Tag der Erkrankung. Dieser frühe Zeitpunkt ist entweder im Arbeits- oder Tarifvertrag festgelegt oder der Arbeitgeber legt ihn aufgrund seines Direktionsrechts fest. Dauert die Erkrankung länger als in der Bescheinigung angegeben, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, eine neue Folgebescheinigung vorzulegen. Zwischen Erst- und Folgebescheinigung dürfen keine Lücken entstehen, da diese Tage als unentschuldigt gefehlt gelten mit entsprechenden Konsequenzen für den Arbeitnehmer. Dauert die Krankheit länger als sechs Wochen, stellt der Arzt einen Auszahlungsschein aus, da der Arbeitnehmer nun Krankengeld von der Krankenkasse erhält. Kommt der Arbeitnehmer seiner Nachweispflicht nicht nach, indem er keine Arbeitsunfähigkeitbescheinigung vorlegt, hat der Arbeitgeber das Recht, dem Arbeitnehmer kein Gehalt zu zahlen sowie ihn abzumahnen und im Wiederholungsfall zu kündigen.
Sonderfall: Krank im Urlaub
Erkrankt der Arbeitnehmer im Urlaub, ist das nicht etwa sein Risiko. Kommt er seiner hier speziellen Informations- und Nachweispflicht nach, so erhält er für die Dauer der Erkrankung die Anzahl an Urlaubstagen noch einmal zu einem späteren Zeitpunkt. Der Urlaub ist damit nicht vergeudet. Dafür ist jedoch erforderlich, dass sich der Arbeitnehmer bereits am ersten Tag bei seinem Arbeitgeber krankmeldet und sich auch bereits am ersten Tag die Krankheit von einem Arzt bescheinigen lässt. Dies gilt auch bei einem Urlaub im Ausland. Das Attest muss die Arbeitsunfähigkeit ausdrücklich erwähnen.
Sonderfall: Erkrankung eines Kindes
Müssen Mütter oder Väter wegen einer Erkrankung ihres Kindes zu Hause bleiben, müssen sie auch in diesem Fall den Arbeitgeber unverzüglich informieren und ihm eine Bescheinigung vom Kinderarzt vorlegen, dass das Kind Pflegebedarf hat. Liegt ein solches Attest vor, ist das Kind nicht älter als 12 Jahre und kann nur der Arbeitnehmer es im Haushalt betreuen, erhält er von der Krankenkasse Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des Bruttolohns.
Folgen der Erkrankung
Ist der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung an der Arbeitsleistung gehindert und ist er seiner Anzeige- und Nachweispflicht ordnungsgemäß nachgekommen, behält er seinen Anspruch auf Arbeitslohn für eine Dauer von sechs Wochen. Vorausgesetzt, das Arbeitsverhältnis besteht seit mindestens vier Wochen und der Arbeitnehmer hat die Erkrankung nicht selbst verschuldet (z.B. Unfallverletzungen bei Teilnahme am illegalen Autorennen). Dieser Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist zwingend, das heißt, er kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Zu dem regelmäßigen Arbeitsentgelt kommen unter Umständen noch Zuschläge für Schichtarbeit oder für Sonn- und Feiertagsarbeit.
Es gibt im Arbeitsrecht keine Teilkrankschreibung und damit korrespondierend auch keine Pflicht des Arbeitnehmers, andere ihm trotz der Erkrankung mögliche Arbeiten auszuführen oder nur mit reduzierter Arbeitszeit zu arbeiten. Entweder ist der Arbeitnehmer krank oder gesund. Einen Zustand dazwischen gibt es im Arbeitsrecht nicht. Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass der Arbeitnehmer, sollte er vor der voraussichtlichen Dauer der Krankschreibung wieder gesund sein, verpflichtet ist, wieder zur Arbeit zu erscheinen.
Erkrankung und damit einhergehende Arbeitsunfähigkeit bedeuten nicht zwangsläufig das Einhalten strikter Bettruhe. Der Arbeitnehmer darf in jedem Fall das Haus verlassen, um notwendige Einkäufe oder Arztbesuche zu erledigen. Ob er auch andere Dinge wie z.B. Freizeitvergnügungen ausüben darf, ist von der Art der Erkrankung abhängig. Im Falle eines Armbruchs darf man durchaus Spaziergänge machen oder ins Kino gehen. Anders verhält es sich mit ansteckenden, fiebrigen Erkrankungen. Wer sich jedoch dabei erwischen lässt, dass er nächtelang durch Kneipen zieht oder vielleicht sogar während der Krankschreibung einer unerlaubten Nebentätigkeit nachgeht, riskiert schnell seine fristlose Kündigung.
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Viele Arbeitgeber locken ihre Mitarbeiter heute mit einem Bonus für eine lange Betriebstreue.
Egal, ob Barzahlungen oder Geschenkgutscheine, derartige Bonusvereinbarungen sind durchaus zulässig.
Wer jedoch vorher kündigt, geht in der Regel leer aus.
individuelle Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber zulässig
So auch im Fall eines Arbeitnehmers, der 2009 mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über einen Treuebonus geschlossen hatte.
Konkret wurde vereinbart, dass der Bonus über zwei Jahre hinweg angespart werden solle, allerdings erst nach fünf Jahren Betriebstreue ausgezahlt werden sollte.
Zudem wurde vertraglich festgelegt, dass der komplette Bonus entfällt, wenn der Mitarbeiter vor Ablauf der Frist von fünf Monaten kündigt.
2014 kündigte der Mitarbeiter dann selbst, da er über Monate hinweg keinen Lohn erhalten hatte.
Zu diesem Zeitpunkt war er jedoch noch keine fünf Jahre im Unternehmen beschäftigt. WEITERLESEN
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