Virtuellen Beteiligungsrechte im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.

Strukturierte FAQ-Version zu virtuellen Beteiligungsrechten (VSOP)

Was versteht man unter virtuellen Beteiligungsrechten (VSOP) im Arbeitsrecht?

Virtuelle Beteiligungsrechte – oft auch Virtual Stock Option Plans (VSOP), Phantom Shares oder virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen genannt – sind vertragliche Bonusansprüche, die Arbeitnehmer an den Unternehmenserfolg koppeln. Im Gegensatz zu echten Geschäftsanteilen erhalten Mitarbeitende dabei keine Stimm- oder Informationsrechte, sondern lediglich einen Auszahlungsanspruch in Geld. Die Auszahlung erfolgt typischerweise beim Eintritt eines Erfolgsereignisses (z. B. Verkauf, Übernahme oder Börsengang) und bemisst sich am Unternehmenswert. Dieses Instrument ermöglicht es Arbeitgebern, Anreize zur Mitarbeiterbindung zu schaffen, ohne tatsächliche Gesellschaftsanteile abzugeben.

Wie funktioniert das Vesting und was bedeutet ein Cliff bei VSOP?

Vesting bezeichnet den stufenweisen Erwerb der zugesagten virtuellen Anteile über einen bestimmten Zeitraum. Üblich ist zum Beispiel ein 4-Jahres-Vesting: Mitarbeiter „verdienen“ sich ihre Optionen monatlich, quartalsweise oder jährlich anteilig. Ein Cliff bedeutet, dass in den ersten Monaten noch keine Anteile unverfallbar erworben werden. Häufig gilt ein One-Year-Cliff (12 Monate): Erst nach Ablauf des ersten Jahres vesten 25 % der virtuellen Anteile auf einmal; danach erfolgt das Vesting gleichmäßig bis zum Ende der Laufzeit (100 % nach 48 Monaten). Dieses Modell stellt sicher, dass nur Mitarbeiter, die mindestens die Anfangszeit bleiben, vom Programm profitieren.

Was sind Good Leaver und Bad Leaver Klauseln?

Viele VSOP-Verträge unterscheiden bei Ausscheiden des Mitarbeiters zwischen Good Leaver und Bad Leaver. Als Good Leaver gelten in der Regel Mitarbeiter, die ohne eigenes Verschulden ausscheiden – etwa durch betriebsbedingte Kündigung, Erreichen des Rentenalters, langanhaltende Krankheit oder sogar Tod. Good Leaver dürfen ihre bis dahin gevesteten (erworbenen) Optionen meist behalten. Bad Leaver hingegen sind Arbeitnehmer, die selbst kündigen oder aus wichtigem Grund gekündigt werden (etwa bei Vertrauensbruch oder Pflichtenverstoß). In älteren Programmen führten Bad-Leaver-Fälle oft zum vollständigen Verlust aller Optionen, selbst der bereits erworbenen. Diese Klauseln sollten illoyales Verhalten sanktionieren, führten aber dazu, dass langjährige Mitarbeiter im Kündigungsfall ihre erdienten Ansprüche verlieren konnten.

Was hat das Bundesarbeitsgericht im März 2025 zu virtuellen Beteiligungsrechten entschieden?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Urteil vom 19. März 2025 (Az. 10 AZR 67/24) einen Paradigmenwechsel eingeleitet. Erstmals wurden gevestete virtuelle Optionen als erdiente Vergütungsbestandteile anerkannt. Konkret entschied das BAG, dass Klauseln zum vollständigen Verfall bereits erworbener (gevesteter) VSOP-Optionen bei Eigenkündigung unwirksam sind – sie benachteiligen Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 BGB). Ebenso unzulässig sind beschleunigte Verfallklauseln (sogenanntes De-Vesting), bei denen Optionen nach dem Ausscheiden schneller verfallen als ursprünglich vereinbart. Durch diese Rechtsprechung behalten Arbeitnehmer nun auch im Bad-Leaver-Fall ihre bis zum Austritt erdienten virtuellen Anteile. Arbeitgeber sind daher gefordert, ihre VSOP-Verträge zu überprüfen und anzupassen, da vormals gängige Klauseln jetzt rechtlich nicht mehr haltbar sind.

Welche Vorteile und Nachteile bieten virtuelle Beteiligungsrechte für Mitarbeiter und Arbeitgeber?

Für Mitarbeiter bieten VSOP-Chancen die Möglichkeit, am Unternehmenswert teilzuhaben, ohne selbst investieren zu müssen. Im Erfolgsfall (Exit/Verkauf) können erhebliche Bonuszahlungen winken, was die Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen steigert. Allerdings gibt es auch Risiken: Eine Auszahlung erfolgt nur, wenn das definierte Ereignis eintritt – oft erst nach Jahren und nur, wenn der Mitarbeiter bis dahin im Unternehmen bleibt. Außerdem können ausgezahlte Beträge auf einen Schlag zu einer hohen Steuerlast führen (Progressionseffekt).

Für Arbeitgeber sind virtuelle Beteiligungsprogramme ein attraktives Instrument zur Mitarbeiterbindungund Incentivierung von Leistungsträgern. Sie schonen die Liquidität (Zahlungen fallen nur im Erfolgsfall an) und verwässern nicht die Gesellschaftsanteile oder Stimmrechte der bestehenden Gesellschafter. Gleichzeitig müssen Unternehmen auf eine rechtssichere Vertragsgestaltung achten – unwirksame Klauseln bergen Rechtsstreit-Risiken und im Nachhinein Nachzahlungspflichten gegenüber ausgeschiedenen Mitarbeitern. Zudem erfordern VSOP-Programme administrativen Aufwand und eine transparente Kommunikation, um Missverständnisse und Demotivation im Team zu vermeiden.

Wie werden Auszahlungen aus virtuellen Beteiligungen steuerlich behandelt?

Eine Auszahlung aus virtuellen Beteiligungsrechten wird in Deutschland wie normaler Arbeitslohnbehandelt. Das bedeutet, im Auszahlungszeitpunkt fallen Lohnsteuer und Sozialabgaben an. Vorteilhaft gegenüber echten (physischen) Aktienoptionen ist, dass die Besteuerung erst bei tatsächlichem Zuflusserfolgt – es entsteht kein “trockenes“ Einkommen (kein Steuerabzug, ohne dass liquide Mittel fließen). Allerdings kann eine größere VSOP-Auszahlung durch den Progressionsvorbehalt zu einem hohen individuellen Steuersatz führen. Unternehmen sollten Mitarbeiter auf die steuerlichen Folgen hinweisen und ggf. Modelle zur Steueroptimierung (z. B. Auszahlungszeitpunkte splitten) prüfen.

Wie sollten Arbeitgeber ihre VSOP-Programme jetzt gestalten oder anpassen?

Angesichts der aktuellen Rechtsprechung sollten Unternehmen ihre virtuellen Beteiligungsprogramme dringend überprüfen. Klauseln, die einen vollständigen Verfall bereits erdienter Optionen vorsehen (insbesondere bei Eigenkündigung), müssen ersatzlos gestrichen oder angepasst werden, da sie unwirksam sind. Arbeitgeber sollten stattdessen klare Regeln formulieren, die rechtskonform und zugleich motivationsfördernd sind – etwa indem gevestete Anteile beim Ausscheiden grundsätzlich erhalten bleiben, unabhängig vom Kündigungsgrund. Außerdem empfiehlt es sich, Good-Leaver-/Bad-Leaver-Definitionen präzise zu fassen (für wirklich gravierende Fälle von Fehlverhalten kann man ggf. Rückforderungsklauseln für bereits ausgezahlte Beträge vorsehen, die rechtlich zulässig sind). Führungskräfte und HR-Verantwortliche sollten sich juristisch beraten lassen, um Rechtsrisiken zu minimieren und die Mitarbeiterbindung durch faire und transparente Beteiligungsregeln zu stärken.

Rechtlicher Rahmen: Arbeitsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Einordnung

Virtuelle Beteiligungsrechte sind rechtlich als Teil der arbeitsvertraglichen Vergütung einzuordnen. Das hat wichtige Folgen: Ihre Bedingungen unterliegen der AGB-Kontrolle (Prüfung vorformulierter Vertragsklauseln auf Benachteiligung) und müssen dem Gleichbehandlungsgebot genügen. Zudem können Betriebsräte ein Mitbestimmungsrecht haben, wenn solche Programme für die Belegschaft eingeführt werden. Hier die wichtigsten Punkte zum rechtlichen Rahmen.

Schuldrechtlicher Vertrag – kein Sondergesetz: Es gibt in Deutschland kein spezielles Gesetz, das virtuelle Mitarbeiterbeteiligungen umfassend regelt. Vielmehr handelt es sich in der Regel um vertragliche Vereinbarungenzwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (oder manchmal zwischen Mitarbeiter und Konzernmuttergesellschaft, dazu unten mehr). Diese Verträge – oft als Beteiligungsvereinbarung oder VSOP-Vertrag ausgestaltet – unterliegen den allgemeinen Regeln des Zivilrechts, insbesondere dem Vertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Wichtig dabei: Gewährt ein Arbeitgeber solche Beteiligungen mehreren Mitarbeitern auf Basis eines standardisierten Programms, gelten die Vertragsbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Das bedeutet, dass einseitig vorformulierte Klauseln keiner der beiden Seiten unangemessen benachteiligen dürfen. Kurzum: Arbeitgeber können die Bedingungen nicht völlig frei diktieren – unwirksame Klauseln (z.B. unklare oder überraschende Regelungen zum Verfall der Ansprüche) werden im Zweifel von Gerichten gekippt.

Teil der Vergütung: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt, dass virtuelle Beteiligungsrechte (genauso wie Aktienoptionen) arbeitsrechtlich als Entgeltbestandteil zu behandeln sind. Sie dienen dem Zweck, die Arbeitsleistung zu honorieren und besondere Leistungen oder Betriebstreue zu belohnen. Folglich gelten arbeitsrechtliche Grundsätze auch für diese Form der Vergütung. Ein wichtiger Grundsatz ist der bereits erwähnte arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz: Wenn ein Arbeitgeber Leistungen wie virtuelle Anteile gewährt, darf er vergleichbare Mitarbeitergruppen nicht ohne sachlichen Grund unterschiedlich behandeln. Zum Beispiel: Bietet ein Unternehmen allen Entwicklern VSOPs an, dürfte es einzelne Entwickler nur dann ausschließen, wenn es dafür einen nachvollziehbaren sachlichen Grund gibt (etwa weil derjenige Mitarbeiter bereits anderweitig erheblich begünstigt wird oder die Leistung nicht erreicht hat). Unbegründete Differenzierungen könnten einen Anspruch der übergangenen Arbeitnehmer auslösen, ebenfalls an dem Programm teilzuhaben, oder im Extremfall Schadenersatzansprüche begründen.

Mitbestimmung des Betriebsrats: Sofern im Unternehmen ein Betriebsrat existiert, ist ein weiterer rechtlicher Aspekt zu beachten: Virtuelle Beteiligungsprogramme unterliegen der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, wenn sie die betriebliche Lohngestaltung betreffen. Das ist in der Regel der Fall, wenn nicht nur leitende Angestellte, sondern auch normale Arbeitnehmer erfasst werden. Konkret bedeutet das: Möchte ein Arbeitgeber ein VSOP-Programm für seine Mitarbeiter einführen, muss er den Betriebsrat vorher einbeziehen und eine Einigung über die Ausgestaltung erzielen. Der Betriebsrat hat hier ein echtes Vetorecht – ohne seine Zustimmung (oder einen Spruch der Einigungsstelle) darf ein solches Vergütungssystem nicht wirksam eingeführt werden. Der Hintergrund: Es handelt sich um eine Frage der kollektiven Entlohnungsstruktur, bei der das Gesetz die Belegschaft durch Mitbestimmung schützen will. In der Praxis schließen Arbeitgeber und Betriebsrat idealerweise eine Betriebsvereinbarung über das Beteiligungsprogramm, die klare Regeln enthält (Teilnehmerkreis, Bedingungen etc.). Wird der Betriebsrat übergangen, kann er die Durchführung des Programms untersagen, bis eine Regelung gefunden ist. Ausnahme: Leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes – für diese besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Wenn also ein Unternehmen ausschließlich seinem Top-Management (Geschäftsführer, Prokuristen o.ä.) virtuelle Beteiligungen gewährt, entfällt die Pflicht zur Beteiligung des Betriebsrats. Sobald jedoch normale Angestellte teilnehmen, ist Vorsicht geboten und der Weg über die Mitbestimmung erforderlich.

Vertragsgestaltung und Transparenz: Da es bei virtuellen Beteiligungsrechten um zukünftige Vermögenswerte geht, ist Klarheit in der Vertragsgestaltung essenziell. Arbeitgeber sollten alle wichtigen Punkte ausdrücklich regeln: Wie entsteht der Anspruch (Vesting-Klauseln, siehe nächsten Abschnitt)? Bei welchen Ereignissen erfolgt eine Auszahlung (Definition von “Exit” oder Erfolgsfall)? Nach welcher Formel wird der Auszahlungsbetrag berechnet (Unternehmenswert, Aktienkurs etc.)? Was passiert, wenn weitere Finanzierungsrunden stattfinden und sich der Wert verwässert? Können die Bedingungen einseitig geändert werden? – All dies muss möglichst deutlich im Vertrag stehen. Unklarheiten gehen im Zweifel zulasten des Verwenders (also des Arbeitgebers) aufgrund der AGB-Vorschriften. Zudem fordert die Rechtsprechung Transparenz: Der durchschnittliche Arbeitnehmer soll verstehen können, worauf er sich einlässt. Allzu komplizierte oder versteckte Klauseln (z.B. im Kleingedruckten versteckte Verfallsregeln) können allein wegen Intransparenz unwirksam sein (§ 307 Abs.1 Satz 2 BGB).

Zusammenhang mit Gesellschaftsrecht: Obwohl virtuelle Beteiligungen keine echten Gesellschaftsanteile sind, berühren sie das Gesellschaftsrecht insoweit, als dass sie wirtschaftlich eine Kapitalbeteiligung nachbilden. In der Umsetzung sind aber viele gesellschaftsrechtliche Formalien gerade nicht erforderlich – das ist ja der Vorteil. Es muss z.B. keine Kapitalerhöhung durchgeführt werden. Allerdings sollten die bestehenden Gesellschafter eines Unternehmens ein solches Programm intern abstimmen, denn im Exit-Fall vermindert die Auszahlung an Mitarbeiter natürlich den Erlös, der den Anteilseignern zufließt. In Beteiligungsverträgen mit Investoren wird daher oft festgelegt, ob ein virtuelles Beteiligungsprogramm aufgelegt werden darf und wie groß es sein darf (z.B. “ESOP-Pool” von maximal 10% des Unternehmenswerts). Für Mitarbeiter ist wichtig zu wissen, dass ihr Anspruch nachrangig zum Anspruch der Gesellschafter bedient wird – sprich: Zuerst erfolgt der Verkaufserlös an die Eigentümer, und aus diesem Verkaufserlös wird dann gemäß VSOP-Vertrag ein Teil an die berechtigten Mitarbeiter ausgezahlt (oft übernehmen das technisch gesehen die verkaufenden Altgesellschafter, die einen Teil ihres Erlöses abgeben).

Im Ergebnis bewegen sich virtuelle Beteiligungsrechte in einem Schnittfeld von Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht. Aus arbeitsrechtlicher Sicht gelten sie als Entlohnung mit all den genannten Schutzmechanismen; aus gesellschaftsrechtlicher Sicht sind sie ein vertragsgestaltetes Instrument, um Mitarbeiter am Wert zu beteiligen, ohne ihnen Stimmrechte zu geben. Im nächsten Abschnitt schauen wir auf die typische Ausgestaltung solcher Programme – insbesondere auf Vesting-Regelungen und Exit-Bedingungen.

Typische Ausgestaltung: Vesting, Laufzeit und Ausübungsbedingungen

Virtuelle Beteiligungsprogramme sind meist so konstruiert, dass Mitarbeitende ihre Ansprüche über einen Zeitraum erarbeiten (Stichwort Vesting) und die Auszahlung erst bei Eintreten bestimmter Ereignisse erfolgt – oft ein Unternehmensverkauf oder Börsengang. Typische Elemente sind eine Vesting-Periode mit Cliff, Good/Bad Leaver-Regelungen und die Definition von Ausübungsereignissen. Hier erklären wir diese Begriffe und wie sie praktisch umgesetzt werden.

Vesting – Ansprüche müssen “verdient” werden: Kaum ein Unternehmen möchte, dass ein Mitarbeiter gleich am ersten Tag voll am Exit beteiligt wäre, unabhängig von seiner Betriebszugehörigkeit. Daher enthalten virtuelle Beteiligungspläne nahezu immer Vesting-Klauseln. Vesting bedeutet, dass die Ansprüche schrittweise über die Zeit aufgebaut werden. Üblich ist z.B. ein Vesting-Zeitraum von vier Jahren. Häufig wird ein sogenanntes “Cliff”vereinbart – eine anfängliche Wartezeit (oft 12 Monate), bevor überhaupt ein erster Teil der Anteile “gevestet” wird. Erst nach diesem Cliff hat der Mitarbeiter den ersten Teil seiner virtuellen Anteile unwiderruflich erworben. Anschließend erfolgt das Vesting meist linear, z.B. monatlich oder jährlich, bis zum Ende der Vesting-Periode, sodass nach vier Jahren 100% der zugesagten virtuellen Anteile verdient sind (fully vested). Verlässt der Mitarbeiter das Unternehmen vor Ablauf der Vesting-Periode, verfallen in der Regel all jene Anteile, die bis zu seinem Ausscheiden noch nicht gevestet waren (Details dazu im nächsten Abschnitt Beendigung des Arbeitsverhältnisses). Durch Vesting soll sichergestellt werden, dass die Belohnung an tatsächliche Betriebstreue und Leistung gekoppelt ist: Wer länger bleibt und mitarbeitet, bekommt einen größeren Anteil, während jemand, der früh geht, nur wenig oder nichts erhält.

Good Leaver vs. Bad Leaver: In diesem Zusammenhang begegnet man häufig dem Konzept der Leaver-Klauseln. Ein Bad Leaver ist vereinfacht gesagt ein Mitarbeiter, der das Unternehmen auf eigenen Wunsch oder aus “schlechtem” Grund verlässt (z.B. Eigenkündigung oder fristlose Entlassung aus verhaltensbedingten Gründen). Ein Good Leaver dagegen verlässt die Firma ohne “Verschulden” – etwa weil das Unternehmen betriebsbedingt kündigt, der Mitarbeiter dauerhaft erkrankt oder in Rente geht. Viele VSOP-Verträge unterscheiden diese Fälle: Ein Good Leaver darf manchmal einen Teil seiner bereits gevesteten Optionen behalten oder bekommt sogar eine Abfindung für nicht gevestete Anteile (je nach Vertrag). Ein Bad Leaver hingegen verliert oftmals alle virtuellen Anteile, selbst wenn sie schon vollständig vestet waren. Diese harte Konsequenz für Bad Leaver (insbesondere bei Eigenkündigung) ist allerdings rechtlich problematisch, wie wir noch sehen werden. Unternehmen bauen solche Klauseln ein, um Mitarbeiter zu halten – wer aus freien Stücken vor dem Exit geht, soll im Prinzip leer ausgehen, damit ein Anreiz besteht zu bleiben. Wichtig für Arbeitnehmer: Beim Unterschreiben eines Vertrags sollte man auf solche Bad-Leaver-Klauseln achten. Sie legen fest, in welchen Fällen ein Anspruch bestehen bleibt oder verfällt.

Ausübungsereignis (“Exit”) und Laufzeit: Virtuelle Beteiligungsrechte haben meist eine lange Laufzeit, oft bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses definiert. Das klassische Auslöseszenario ist der Exit, also der Verkauf der gesamten Firma oder ein IPO (Börsengang). In einigen Programmen kann auch eine große Finanzierungsrunde als Auszahlungsereignis definiert sein, oder der Ablauf einer bestimmten Zeit mit anschließendem Bewertungsprozess. Solange dieses Ereignis nicht eintritt, können die Mitarbeiter ihre Optionen nicht “ziehen”, d.h. es gibt keinen Zahlungsanspruch. Das klingt für Arbeitnehmer zunächst nachteilig, soll aber einem Zweck dienen: Liquiditätsereignis koppeln – die Beteiligung wird erst dann fällig, wenn auch tatsächlich Geld in die Firma fließt (bei Verkauf durch den Käufer, bei Börsengang durch neue Aktiengelder). So kann die Auszahlung an Mitarbeiter aus diesem Geld bestritten werden, ohne dass das Unternehmen dafür eigene Mittel aufbringen muss. Die Laufzeit eines VSOP-Programms ist oft unbefristet bis zum Exit oder auf z.B. 10 Jahre begrenzt – mit der Option, sie zu verlängern, falls bis dahin kein Exit stattfand. Nach 10 Jahren ohne Exit könnten Programme auch Regeln vorsehen, wie mit den Anteilen verfahren wird (manchmal kauft die Gesellschaft diese Ansprüche dann ggf. zum Marktwert ab, um die Unsicherheit für Mitarbeiter zu beenden, aber das ist von Fall zu Fall verschieden).

Berechnung des Auszahlungsbetrags: Die vertragliche Vereinbarung muss klar festlegen, wie die Auszahlung berechnet wird, wenn der Ernstfall eintritt. Häufig orientiert man sich am Wert einer entsprechenden echten Aktie bzw. an einem Verkaufspreis pro Anteil. Beispiel: Hat ein Mitarbeiter 1.000 Phantom Stocks und werden die regulären Geschäftsanteile zu 50 € pro Stück verkauft, so beträgt die Prämie 1.000 × 50 € = 50.000 €. Alternativ kann eine Formel vereinbart sein, die etwa den Unternehmensgesamtwert zugrunde legt und davon einen bestimmten Prozentsatz an die Mitarbeiter verteilt. Manchmal wird auch eine Hurdle eingebaut – das bedeutet, es muss ein bestimmter Mindestpreis erreicht werden, bevor die Phantom Shares etwas wert sind (z.B. nur Wertsteigerung über einem bestimmten Schwellenwert wird geteilt). All diese Parameter sollten transparent im VSOP-Vertrag stehen, damit es beim Exit keine Diskussionen gibt.

Keine vorzeitige Auszahlung oder Handel: In aller Regel sind virtuelle Beteiligungsrechte nicht übertragbar. Mitarbeiter können ihre Anwartschaften weder verkaufen noch verpfänden. Das Programm richtet sich persönlich an sie als Anreiz im Arbeitsverhältnis. Eine vorzeitige Auszahlung vor Eintritt des definierten Ereignisses ist meist ausgeschlossen (es sei denn, der Arbeitgeber entscheidet sich freiwillig, einen Bonus vorab zu zahlen – was selten vorkommt, da es ja gerade um die Kopplung an den Exit geht). Damit müssen Mitarbeiter sich darauf einstellen, oft mehrere Jahre zu warten, ohne sicher zu wissen, ob und wann eine Auszahlung erfolgt. Diese Wartezeit überbrücken viele Unternehmen kommunikativ, indem sie regelmäßig über den Fortschritt informieren und so die Motivation aufrechterhalten.

Beispiel zur Veranschaulichung: Ein mittelständisches Technologie-Unternehmen legt 2025 ein virtuelles Beteiligungsprogramm auf. Den teilnehmenden Mitarbeitenden wird jeweils ein bestimmter Prozentsatz am Unternehmenswert beim Exit zugesagt. Softwareentwickler Tom erhält z.B. Rechte entsprechend 0,5% des Unternehmenswerts. Vesting: 4 Jahre mit 1 Jahr Cliff. Ausübungsereignis: Verkauf von mindestens 50% der Geschäftsanteile (=Exit). In den Folgejahren arbeitet Tom engagiert mit. Nach 4 Jahren ist er voll “gevestet”. 2029 kommt es tatsächlich zum Verkauf der Firma für 100 Mio. €. Tom hat sich nun einen Anspruch auf 0,5% des Verkaufserlöses erdient – ihm stehen also 500.000 € (0,5% von 100 Mio) als Bonus zu. Hätte Tom das Unternehmen z.B. bereits 2027 verlassen (nach 2 Jahren), wären nur 50% seiner Anteile vestet gewesen (nach dem 1-Jahres-Cliff monatlich weitere 1/48 pro Monat). Im Falle eines späteren Exits 2029 würde er dann nur anteilig – entsprechend 0,25% des Erlöses – erhalten. Je nach Vertragsbedingungen hätte Tom als freiwillig Ausgeschiedener eventuell auch gar nichts bekommen (Bad Leaver Klausel). Dieses Beispiel zeigt: Die konkrete Höhe einer virtuellen Beteiligung kann enorm sein, hängt aber von vielen “Wenn” und “Dann” ab – Dauer der Betriebszugehörigkeit, Verkaufswert, vertragliche Ausgestaltung der Leaver-Regeln etc.

Mitarbeitende sollten sich dieser Unsicherheiten bewusst sein, wenn sie einen Großteil ihrer Vergütungserwartung auf virtuelle Beteiligungen stützen. Für Arbeitgeber gilt, solche Programme realistisch zu kommunizieren – weder als garantierter Geldsegen noch als wertloser Trick, sondern als gemeinsames Investment in die Zukunft, bei dem alle vom Erfolg profitieren. Im nächsten Abschnitt betrachten wir genauer, was bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen passiert und welche aktuellen gerichtlichen Entscheidungen es dazu gibt.

Ausscheiden aus dem Unternehmen: Was passiert mit virtuellen Anteilen?

Eine zentrale Frage ist, wie mit virtuellen Beteiligungsrechten umgegangen wird, wenn das Arbeitsverhältnis endet, bevor ein Erfolgsfall (Exit) eintritt. Viele Verträge sehen hier Verfallklauseln vor, insbesondere bei Eigenkündigung des Mitarbeiters (Bad Leaver). Die Rechtsprechung hat diese Klauseln lange Zeit als zulässig erachtet – doch aktuell gibt es einen Wandel: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2025 entschieden, dass bereits erdiente (gevestete) virtuelle Anteile beim Ausscheiden nicht einfach verfallen dürfen. Unternehmen müssen ihre Programme an diese neue Rechtslage anpassen. Hier der Überblick über Bad Leaver-Regeln und die Konsequenzen des BAG-Urteils.

Frühere Praxis – alles weg bei Kündigung: In vielen klassischen VSOP-Verträgen galt bislang: Wer kündigt, verliert seine Ansprüche. Diese strikte Bad-Leaver-Regel sollte verhindern, dass Mitarbeiter kurz vor dem geplanten Exit abspringen und trotzdem profitieren. Auch die Gerichte hatten solche Klauseln zunächst gebilligt. Noch 2014 wurde argumentiert, virtuelle Anteile seien primär eine Gewinnchance, aber kein bereits verdienter Lohn. Deshalb könne man ihren Fortfall bei Eigenkündigung als eine Art “verlorene Wette” ansehen – ähnlich einer Spekulationsfrist, die der Mitarbeiter nicht erfüllt hat, wenn er vorher geht. Einfach ausgedrückt: Man betrachtete den Exit-Bonus eher als freiwillige Extra-Chance denn als Teil des erarbeiteten Gehalts, sodass ein Verfall bei Kündigung zulässig schien.

Wandel durch aktuelle Rechtsprechung: Diese Sicht hat sich grundlegend geändert. Mit Urteil vom 19. März 2025 (BAG, Az. 10 AZR 67/24) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass jedenfalls gevestete virtuelle Optionen nicht automatisch verfallen dürfen, nur weil das Arbeitsverhältnis endet. Das Gericht stellte klar: Sobald ein Teil der virtuellen Anteile durch die Arbeitsleistung erdient wurde (also vestet ist), handelt es sich dabei um verdientes Entgelt. Dieses einfach ersatzlos entfallen zu lassen, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen. Insbesondere wenn die Eigenkündigung der einzige Grund für den Verfall ist, werde das Interesse des Mitarbeiters nicht hinreichend berücksichtigt. Er hat ja seine Arbeitsleistung erbracht in Erwartung dieser Beteiligung. Außerdem – so führte das BAG aus – übt ein sofortiger Totalverlust eine unzulässige Druckwirkung aus: Mitarbeiter würden praktisch davon abgehalten, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, selbst wenn gute Gründe vorliegen, aus Angst, ihre verdienten Optionen zu verlieren. Das widerspricht dem Grundgedanken der Freiwilligkeit des Arbeitsverhältnisses (im Urteil wurde u.a. auf § 611a Abs. 2 BGB hingewiesen, wonach das Arbeitsverhältnis jederzeit kündbar sein muss, ohne unzumutbare Hürden).

Konsequenz des BAG-Urteils: Die Entscheidung bedeutet, dass Standard-Verfallklauseln in bestehenden VSOP-Verträgen rechtlich auf wackligem Boden stehen. Wer also etwa 25% seiner Phantom Shares bereits vesten konnte und dann kündigt, kann sich nun auf das BAG-Urteil berufen und sagen: “Mein Anspruch auf diese 25% bleibt bestehen – eine Klausel, die das Gegenteil vorsieht, ist unwirksam.” Arbeitsgerichte werden solche Klauseln künftig an § 307 BGB (AGB-Kontrolle) messen und voraussichtlich für nichtig erklären, soweit sie gevestete Rechte betreffen. Anders sieht es bei noch nicht vesteten Anteilen aus: Hier greift das BAG-Urteil nicht unmittelbar, denn diese Anteile waren ja noch nicht “verdient”. Dass ein Mitarbeiter durch vorzeitiges Gehen diese künftigen Chancen aufgibt, ist nach wie vor üblich und wohl zulässig – er erhält dann eben keinen Anspruch auf die nicht vesteten Stücke, was dem Wesen des Vestings entspricht.

Gradueller Verfall und Zeitablauf: Manche Verträge versuchten, etwas weniger hart zu sein, und sahen einen schrittweisen Verfall der vesteten Optionen nach Austritt vor (z.B. nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verfallen pro Monat X% der Optionen). Doch auch solche Regelungen hat das BAG kritisch beleuchtet. Im Fall 2025 lag eine Klausel vor, wonach vestete Anteile innerhalb von zwei Jahren nach Ausscheiden sukzessive verfallen. Das Gericht monierte: Wenn die Vesting-Dauer vier Jahre war, aber die vesteten Optionen in nur zwei Jahren nach Ausscheiden verfallen, dann schmilzt der Anspruch doppelt so schnell weg, wie er aufgebaut wurde. Das benachteiligt den ausscheidenden Arbeitnehmer ebenfalls unangemessen – insbesondere wenn kein sachlicher Grund dafür erkennbar ist, warum es so schnell gehen muss. Arbeitgeber hatten argumentiert, nach dem Austritt sinke der Einfluss des ehemaligen Mitarbeiters auf den Unternehmenswert, daher dürfe sein Anteil schnell reduziert werden. Das BAG hielt dem entgegen: Die geleistete Arbeit in der Vesting-Periode bleibt eine erbrachte Vorleistung, die nicht entwertet werden darf, sofern kein starkes berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vorliegt.

Offene Fragen – Bad Leaver aus wichtigem Grund: Unklar war zum Zeitpunkt des Urteils, ob es Ausnahmen geben könnte – beispielsweise bei einem schwerwiegenden Fehlverhalten des Mitarbeiters (“Bad Leaver” im engeren Sinne, z.B. Diebstahl, Vertrauensbruch mit fristloser Kündigung). Kann man in solchen Fällen selbst vestete Ansprüche entziehen? Das BAG ließ diese Frage offen. Es ist denkbar, dass Gerichte bei außerordentlichen Kündigungen oder vertraglich definierten “Bad-Leaver-Tatbeständen” (z.B. Abwerbung von Kunden) anders entscheiden könnten, wenn die Klauseln differenzieren. Doch sicher ist das nicht: Jede pauschale Schlechterstellung wird streng geprüft. Bis zu weiteren Urteilen sollten Arbeitgeber vorsichtig sein und im Zweifel eher eine moderate Lösung vorsehen (z.B. vestete Ansprüche auch bei verhaltensbedingtem Ausscheiden zumindest teilweise bestehen lassen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein).

Praxistipp für Arbeitgeber: Unternehmen, die bereits virtuelle Beteiligungsprogramme laufen haben, sollten diese dringend überprüfen und an die neue Rechtslage anpassen. Klauseln, die auf der überholten Rechtsprechung von 2008/2014 basieren, könnten sonst vor Gericht kassiert werden. Empfehlenswert ist, etwaige Verfallsregelungen entweder vertragsindividuell auszuhandeln (so dass keine AGB vorliegen – bei großen Mitarbeiterzahlen aber kaum praktikabel) oder so zu gestalten, dass sie einer Angemessenheitsprüfung standhalten. Möglichkeiten sind z.B. eine mildere Stufenregelung, die vestete Rechte nicht völlig verfallen lässt, sondern nur teilweise, oder Kompensationszahlungen für entfallene Optionen. Letztlich wird dies auf den Einzelfall ankommen – hier ist juristische Beratung angezeigt, um die Balance zwischen Mitarbeiterschutz und Unternehmensinteresse zu finden.

Hinweis für Arbeitnehmer: Wer das Unternehmen verlässt und virtuelle Optionen angesammelt hat, sollte seine Vertragsklauseln genau prüfen lassen. Nach dem BAG-Urteil von 2025 bestehen gute Chancen, dass gevestete Ansprüche eingefordert werden können, selbst wenn im Vertrag ein Verfall bei Kündigung steht. Eine Arbeitnehmerin kann im Zweifel gerichtlich feststellen lassen, dass ihm/ihr die Optionen zustehen. Allerdings muss dann natürlich auch irgendwann ein Exit eintreten, damit eine Auszahlung erfolgt. Wichtig: Das Urteil schützt nicht davor, dass unvervestete Anteile verloren gehen – wer also kurz vor dem Cliff kündigt, wird in der Regel trotzdem leer ausgehen, weil bis dahin nichts vesten konnte.

Internationale Konzernlösung: Umgehung der deutschen Regeln?

Ein interessanter Aspekt bei global tätigen Unternehmen: Einige internationale Konzerne strukturieren Mitarbeiterbeteiligungen so, dass die virtuellen Anteile von einer ausländischen Konzerngesellschaft gewährt werden – nicht vom deutschen Arbeitgeber direkt. Beispielsweise richtet die US-Muttergesellschaft ein weltweites Phantom-Share-Programm ein, das für deutsche Mitarbeiter gilt, aber unter US-Recht steht. Was bedeutet das? Zum einen könnte dadurch die strenge deutsche AGB-Kontrolle umgangen werden, denn wenn der Vertrag ausländischem Recht unterliegt, findet deutsches AGB-Recht grundsätzlich keine Anwendung. Theoretisch dürften dann auch strengere Verfallklauseln möglich sein, sofern sie nach dem gewählten ausländischen Recht zulässig sind. Zum anderen versuchen Unternehmen so, die arbeitsrechtliche Einordnung als Lohnbestandteil zu vermeiden – schließlich verspricht formal eine Drittgesellschaft (nicht Arbeitgeber) die Leistung.

Vorsicht: Diese Konstruktion ist jedoch kein Allheilmittel. Deutsche Gerichte könnten trotz Rechtswahl prüfen, ob eine Klausel eine unzumutbare Kündigungserschwerung darstellt. Denn letztlich geht es um einen Arbeitnehmer in Deutschland, der durch die drohende Einbuße in seiner beruflichen Bewegungsfreiheit beeinträchtigt wird. Die Rechtsprechung hat noch nicht abschließend geklärt, wie mit solchen “ausgelagerten” Programmen umzugehen ist. Es ist aber vorstellbar, dass man in krassen Fällen – z.B. totaler Verfall vesteter Rechte auch bei betriebsbedingter Kündigung – einen Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Arbeitsrechts sieht und die Klausel trotz ausländischem Recht für unwirksam hält (Stichwort: ordre public Vorbehalt).

Für Arbeitnehmer bedeutet ein ausländisches Beteiligungsprogramm zudem praktische Erschwernisse: Womöglich müssten Ansprüche im Ausland gerichtlich geltend gemacht werden, und es gelten fremde Regeln, die man kaum überblickt. Daher unser Rat: Lesen Sie auch bei internationalen Konzernprogrammen das Kleingedruckte genau. Steht dort etwa “This plan is governed by the laws of Delaware, USA” oder ähnliches, sollte man noch kritischer hinschauen – und im Zweifel nachverhandeln, zumindest was grundlegende Fairness angeht (z.B. Ausscheiden wegen Krankheit nicht als Bad Leaver behandeln).

Zusammengefasst: Wer als Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet, hat seit Neuestem deutlich bessere Karten, bereits verdiente virtuelle Beteiligungen nicht zu verlieren. Arbeitgeber sind gut beraten, ihre Verträge entsprechend fair zu gestalten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden. Im internationalen Kontext bleibt abzuwarten, ob manche Firmen versuchen werden, durch Rechtswahl dieser deutschen Linie zu entgehen – und wie die Gerichte dann reagieren. Klar ist aber: Absolute “Alles-oder-nichts”-Klauseln bei Kündigung gehören der Vergangenheit an. Beide Seiten sollten sich bei Trennung möglichst einvernehmlich über den Verbleib virtueller Anteile verständigen – oft lässt sich eine Lösung finden (z.B. Teil-Auszahlung oder Übertrag auf neuen Vesting-Plan), die für beide akzeptabel ist.

Steuerliche Behandlung virtueller Beteiligungsrechte

Die Besteuerung virtueller Mitarbeiterbeteiligungen war lange ein Knackpunkt – Stichwort “trockenes Einkommen”: Mitarbeiter sollten früher teils Steuern zahlen, bevor sie überhaupt Geld aus ihren Beteiligungen erhielten. Mittlerweile hat der Gesetzgeber nachgebessert. Grundsätzlich gilt: Besteuert wird der geldwerte Vorteil, sobald er dem Mitarbeiter tatsächlich zufließt (typischerweise beim Exit-Bonus). Durch neue Regelungen (§ 19a EStG) können Steuern in Start-ups aufgeschoben werden, bis ein Liquiditätsereignis eintritt. Hier ein Überblick, was Arbeitnehmer und Arbeitgeber steuerlich beachten müssen.

Lohnsteuer und Sozialabgaben: Virtuelle Beteiligungsrechte führen im Erfolgsfall zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, da sie als Teil des Arbeitslohns gelten. Die Auszahlung eines Phantom-Share-Bonus(z.B. bei Verkauf der Firma) wird daher ganz normal als Arbeitslohn behandelt – und zwar in voller Höhe. Es gibt keinen ermäßigten Steuersatz für solche Gewinne; sie unterliegen der individuellen Einkommensteuer des Mitarbeiters. Im Jahr der Auszahlung addiert sich der Betrag zum übrigen Gehalt, was evtl. zu einem höheren Spitzensteuersatz führt (Progressionseffekt). Auch Sozialversicherungsbeiträge können anfallen, sofern der Bonus während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses fließt. Ist der Mitarbeiter beim Exit allerdings schon ausgeschieden und bekommt erst später vom ehemaligen Arbeitgeber die Zahlung, stellt sich die Frage der Beitragspflicht im Detail – meist wird aber eine Nachverrechnung erfolgen, solange der Bezug noch als früherer Arbeitslohn einzustufen ist.

Keine Abgeltungssteuer, da keine Kapitaleinkünfte: Anders als beim Verkauf echter Aktien, der unter Umständen dem Abgeltungssteuersatz von 25% unterliegt, gibt es bei virtuellen Anteilen keine Begünstigung als Kapitalertrag. Der Grund: Der Mitarbeiter hält ja juristisch keine Kapitalanlage, sondern bekommt einen Bonus aus dem Arbeitsverhältnis. Das deutsche Steuerrecht behandelt dies daher nicht als Veräußerungsgewinn, sondern als normalen Lohnbestandteil. Für manche Mitarbeiter mag das enttäuschend wirken – schließlich fühlt es sich wie ein Investitionsgewinn an. Steuerlich ist es jedoch so, als hätte man einen erfolgsabhängigen Bonus oder eine Prämie erhalten. Das heißt, je nach Höhe können Steuersätze bis zu ~45% plus Solidaritätszuschlag anfallen. Arbeitgeber müssen bei Auszahlung Lohnsteuer einbehalten und abführen (ggf. via Lohnsteuer-Jahresausgleich, falls der Mitarbeiter nicht mehr aktiv im Lohnkonto ist).

Zeitpunkt der Versteuerung – Problem “trockenes Einkommen”: Ein großes Problem bei Mitarbeiterbeteiligungen war früher, dass in manchen Fällen bereits beim Erhalt oder Vesting der Option Lohnsteuer fällig wurde. Beispiel: Ein Unternehmen gewährte 2020 einem Mitarbeiter virtuelle Anteile mit einem damaligen Wert von 5.000 €. Nach altem Recht hätte es sein können, dass dieser geldwerte Vorteil sofort versteuert werden muss – obwohl der Mitarbeiter keinen Cent ausgezahlt bekam (man spricht von “dry income”, trockenes Einkommen). Für virtuelle Beteiligungsrechte hat man dies in der Praxis meist so gestaltet, dass keine solche Zuteilungsbesteuerung erfolgt – denn bis zum Exit ist der Wert unsicher und es fließt nichts. Tatsächlich war das Hauptproblem die echte Mitarbeiterbeteiligung (Aktien/Anteile): bekommt jemand z.B. vergünstigt Unternehmensanteile, musste er früher oft sofort die Differenz zwischen Marktwert und Kaufpreis als Arbeitslohn versteuern, ohne dafür Geld bekommen zu haben.

Steuerliche Erleichterungen seit 2021/2024 (§ 19a EStG): Um insbesondere Start-ups wettbewerbsfähiger zu machen, hat der Gesetzgeber mit dem Fondsstandortgesetz 2021 und dem Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) 2024 § 19a EStG eingeführt bzw. erweitert. Diese Vorschrift ermöglicht eine nachgelagerte Besteuerung: Die Lohnsteuer auf einen Vorteil aus Mitarbeiterbeteiligungen kann aufgeschoben werden, bis tatsächlich Geld fließt. Konkret wurde der Anwendungsbereich in 2024 deutlich ausgeweitet: Unternehmen gelten nun bis zu 20 Jahre nach Gründung als begünstigt (vorher 12 Jahre). Auch die Größengrenzen wurden angehoben (bis zu 1.000 Mitarbeiter und 100 Mio. € Umsatz oder 86 Mio. € Bilanzsumme – deutlich mehr als vorher). Das bedeutet, nicht nur winzige Start-ups, sondern auch schon etabliertere Scale-ups können diese Regel nutzen. Zudem wurde der steuerfreie Freibetragnach § 3 Nr. 39 EStG für vergünstigte Mitarbeiterbeteiligungen (echte Anteile) ab 2024 von ehemals 1.440 € auf 2.000 € pro Jahr erhöht.

Für virtuelle Beteiligungsrechte bedeutet § 19a EStG im Ergebnis: Keine Besteuerung bei Zuteilung oder Vesting, sondern erst im Auszahlungszeitpunkt. Diese Praxis bestand zwar ohnehin meist, wurde aber nun gesetzlich abgesichert und für mehr Unternehmen zugänglich gemacht. Ein weiterer Baustein ist die Option, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuerlast übernimmt (Haftungsübernahme), wodurch die Steuer sogar über 10 bzw. 12 Jahre hinaus bis zu 15 Jahre gestundet werden kann. Sollte innerhalb dieser Zeit ein Exit stattfinden, wird dann abgerechnet; geschieht nichts und die Frist läuft ab, muss der Mitarbeiter die Steuer begleichen – dank Haftungsübernahme kann dies aber nochmals verlängert werden, sodass faktisch gewartet werden kann, bis ein liquides Ereignis eintritt.

Steuerlast beim Exit: Nehmen wir an, ein Mitarbeiter erhält schließlich 100.000 € aus seinem Phantom-Share-Programm ausgezahlt. Dieser Betrag wird dem Gehalt des Auszahlungsjahres hinzugerechnet. Angenommen, er ist noch angestellt, würde der Arbeitgeber über die Lohnabrechnung Lohnsteuer einbehalten. Bei 100.000 € zusätzlich könnte der Spitzensteuersatz greifen, so dass rund 42% auf den Großteil der Summe anfallen (exakte Berechnung je nach individuellem Einkommen). Dem Mitarbeiter blieben also ca. 58.000 € netto übrig. Zusätzlich müsste der Arbeitgeber für die 100.000 € Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung zahlen (Renten-, Krankenversicherung etc.), sofern die Beitragsbemessungsgrenzen noch nicht ausgeschöpft sind. Ist der Mitarbeiter zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht mehr im Unternehmen, müsste man schauen, ob es als sonstiger Bezug nachträglich versteuert wird – meist geschieht das über eine Lohnsteuerpauschalierung oder der ehemalige Arbeitnehmer muss es in der Steuererklärung angeben und versteuern (hier empfiehlt sich eine Abstimmung mit dem Finanzamt bzw. Steuerberater).

Hinweis zur Kapitalertragssteuer: Manche fragen sich, ob nicht zumindest der Wertzuwachs der Beteiligung – also die Steigerung zwischen Zuteilung und Auszahlung – als Kapitalertrag steuerbegünstigt sein könnte. Bei echten Geschäftsanteilen gab es früher Modelle, wo ein Teil als Kapitalgewinn steuerfrei oder begünstigt behandelt wurde (Stichwort Teileinkünfteverfahren). Aber bei virtuellen Anteilen greift diese Differenzierung nicht: Alles wird in einen Topf als Arbeitslohn geworfen. Allerdings hat § 19a EStG de facto den Effekt, dass erst der Endwert versteuert wird (nicht der anfängliche Wert und dann nochmal der Zuwachs). Damit ist immerhin der “Dry Income”-Teil entschärft.

Zusammenfassung steuerlich: Für Mitarbeiter ist es positiv, dass sie erst zahlen, wenn sie Geld bekommen. Start-ups können ihren Leuten also virtuellen Anteilen geben, ohne sie in ein Steuerfiasko zu stürzen. Arbeitgeber sollten bei Einführung eines VSOPs prüfen, ob sie die Voraussetzungen des § 19a EStG erfüllen, um ihren Mitarbeitern den Steueraufschub zu ermöglichen. Dazu gehört z.B., die Gewährung der Beteiligung im Lohnkonto zu dokumentieren und die Fristen einzuhalten. Gegebenenfalls kann auch eine Haftungsübernahmeerklärung abgegeben werden, um die Stundung maximal zu verlängern. Für Mitarbeiter bleibt natürlich wichtig zu wissen, dass am Ende – im Erfolgsfall – eine möglicherweise hohe Steuerlast wartet. Daher empfiehlt es sich, von vornherein einen Teil des ausgezahlten Bonus für Steuern zurückzulegen bzw. den Nettobetrag realistisch einzuschätzen.

Abschließend sei erwähnt: Die steuerliche Behandlung virtueller Beteiligungen kann im Detail komplex sein, gerade wenn z.B. internationale Sachverhalte vorliegen (etwa der Arbeitgeber im Ausland sitzt oder der Mitarbeiter ins Ausland wechselt). Hier sollte unbedingt steuerlicher Rat eingeholt werden, um Überraschungen zu vermeiden. Insgesamt aber hat sich die Situation seit 2021 deutlich entspannt und verbessert – was dazu beiträgt, dass virtuelle Beteiligungsprogramme in Deutschland beliebter und praktikabler werden.


FAQ: Häufige Fragen zu virtuellen Beteiligungsrechten (mit Schema.org/FAQPage)

Bleiben virtuelle Beteiligungsrechte beim Jobwechsel bestehen?

Einleitung: Diese Frage stellen sich viele Arbeitnehmer:innen, die virtuelle Anteile besitzen: Verliere ich meinen Anspruch, wenn ich die Firma verlasse? Gerade bei Eigenkündigung herrscht Unsicherheit, ob man bereits erworbene (gevestete) Optionen behalten darf oder ob alles verfällt. Früher hatten Arbeitgeber hier sehr strikte Regeln – aber inzwischen haben Gerichte die Rechte der Beschäftigten gestärkt.

Analyse: In der Praxis enthielten viele VSOP-Verträge eine Klausel, wonach mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses sämtliche Rechte verfallen. Das galt insbesondere, wenn der Mitarbeiter selbst kündigte (Bad Leaver). Die Idee dahinter war, Mitarbeiter zum Bleiben zu bewegen: Kündigst du, bekommst du nichts. Für Arbeitnehmer bedeutete das ein erhebliches Risiko – jahrelange Treue konnte umsonst sein, wenn man kurz vor dem Exit das Unternehmen verließ. Aus Arbeitgebersicht schien es fair, dass nur diejenigen belohnt werden, die bis zum großen Erfolg dabei bleiben. Doch diese pauschalen Verfallsregeln führten oft zu Unmut und Rechtsstreitigkeiten, vor allem wenn Mitarbeiter aus nachvollziehbaren Gründen gingen (etwa weil sich die Karriere anderswo besser entwickelte) und dann ihre mühsam vesteten Anteile verloren.

Rechtliche Einordnung: Heute ist klar: Bereits vestete virtuelle Beteiligungsrechte sind geschützt. Das Bundesarbeitsgericht hat 2025 entschieden, dass zumindest der erdiente Teil eines VSOP nicht automatisch verfallendarf, nur weil das Arbeitsverhältnis endet. Ein vollständiger Verfall würde den Charakter als Vergütungsbestandteil ignorieren und den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Klauseln, die einen Totalverlust auch der vesteten Optionen bei Eigenkündigung vorsehen, sind daher nach aktueller Rechtslage unwirksam. Arbeitgeber müssen also zumindest den schon “erarbeiteten” Anteil bestehen lassen. Nicht vestete (noch nicht verdiente) Anteile hingegen können weiterhin verfallen – wer vor Ablauf des Vesting-Zeitraums geht, hat auf die Zukunftschancen keinen Anspruch, was dem Grundgedanken des Vestings entspricht. Für außergewöhnliche Fälle (z.B. fristlose Kündigung wegen Vertrauensbruch) ist noch nicht abschließend entschieden, ob ein Verfall vesteter Anteile zulässig wäre. Allgemein wird jedoch jede solche Klausel streng geprüft. Arbeitnehmer haben somit deutlich bessere Karten, beim Ausscheiden eine Abfindung oder Vereinbarung über ihre virtuellen Anteile auszuhandeln, anstatt automatisch alles zu verlieren.

Beispiel 1: Mitarbeiterin Jana hat in einem Start-up 50 virtuelle Anteile erhalten. Ihr Vertrag (noch nach altem Muster) besagt: “Bei Eigenkündigung verfallen sämtliche Ansprüche.” Jana hat 3 Jahre gearbeitet und alle 50 Anteile sind vestet. Nun bekommt sie ein Jobangebot woanders und kündigt. Laut Vertrag stünde ihr nichts mehr zu. Jana wendet sich an einen Anwalt. Aufgrund der neuen BAG-Rechtsprechung fordert sie vom Ex-Arbeitgeber eine Vereinbarung, dass ihre 50 Anteile im Falle eines späteren Exits berücksichtigt werden. Das Unternehmen erkennt, dass die Verfallklausel wohl unwirksam ist, und einigt sich mit Jana: Sie darf ihre vesteten Phantom Shares behalten. Ein Jahr später wird die Firma verkauft – Jana, obwohl nicht mehr dabei, erhält für ihre 50 Anteile eine Auszahlung. Dieses Beispiel zeigt: Selbst wenn der Vertrag das zunächst ausschließt, kann man heute durchsetzen, vestete Rechte zu behalten, wenn man die Firma verlässt.

Beispiel 2: Softwareentwickler Ben arbeitet bei einem internationalen Konzern und nimmt am Phantom-Share-Plan der US-Muttergesellschaft teil. Dieser Plan unterliegt laut Vertragsbedingungen US-Recht und enthält eine Klausel, wonach bei “resignation” alle ungeübten Optionen verfallen – auch vestete. Ben hat 100 Optionen, 70 sind bereits vestet. Er will sich beruflich umorientieren und kündigt in Deutschland. Als er später die Auszahlung für seine 70 vesteten Optionen verlangt, beruft sich die Firma auf die Verfallregel des US-Plans. Rechtliche Bewertung: Hier prallen möglicherweise Rechtsordnungen aufeinander. Bens Anspruch ergibt sich aus einem US-Vertrag – in den USA könnten solche Klauseln zulässig sein. Vor einem deutschen Gericht würde man aber prüfen, ob die Klausel gegen fundamentale deutsche Arbeitsrechtsgrundsätze verstößt (Stichwort Kündigungsfreiheit). Der Ausgang ist ungewiss: Es käme darauf an, ob der Plan wirklich vollständig losgelöst vom Arbeitsvertrag gesehen wird. Möglicherweise müsste Ben in den USA klagen, was sehr aufwendig wäre. Dieses Beispiel zeigt: Internationale Konstruktionen erschweren die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten. In Deutschland würde Ben wohl wenigstens einen Teil seiner Ansprüche zugesprochen bekommen, während der US-Vertrag ihm nichts gäbe. Mitarbeiter in globalen Unternehmen sollten daher möglichst vorher klären, welche Regeln bei Austritt gelten, und versuchen, faire Bedingungen schriftlich zu vereinbaren.

Fazit: Beim Jobwechsel muss man differenzieren: Für vestete, also bereits erdiente virtuelle Beteiligungen stehen die Chancen gut, dass man sie behalten darf – hier hat die aktuelle Rechtsprechung einen wichtigen Schutz zugunsten der Arbeitnehmer geschaffen. Nicht vestete Anteile gehen hingegen bei vorzeitiger Trennung meist verloren, weil sie ja an die zukünftige Betriebszugehörigkeit gekoppelt waren. Im Einzelfall lohnt es sich, mit dem Arbeitgeber zu verhandeln: Oft kann man eine einvernehmliche Lösung finden (z.B. teilweiser Auskauf der Ansprüche bei Ausscheiden). Wichtig ist, den eigenen Vertrag genau zu prüfen und sich bei Unklarheiten rechtlich beraten zu lassen. Wer vorhat zu kündigen, sollte rechtzeitig das Thema ansprechen, statt das böse Erwachen erst nach dem Austritt zu haben. Insgesamt sind virtuelle Beteiligungsrechte heute weniger “klebrige Goldenen Handschellen” als früher – die Balance zwischen Mitarbeiterbindung und fairer Entlohnung nach Austritt wird zunehmend zugunsten der Fairness verschoben.

Wie werden virtuelle Beteiligungsrechte besteuert?

Einleitung: Die steuerliche Behandlung virtueller Mitarbeiterbeteiligungen ist ein komplexes, aber für viele Beschäftigte wichtiges Thema. Muss man Steuern zahlen, wenn man virtuelle Anteile bekommt? Fallen Abgaben an, wenn die Optionen ausgeübt werden? Gerade in Start-ups mit begrenztem Gehalt fragen sich Mitarbeiter, ob sie durch das VSOP später eine hohe Steuerlast schultern müssen. Hier klären wir die wichtigsten Punkte – von Lohnsteuer bis Sozialversicherung.

Analyse: Virtuelle Beteiligungsrechte führen zunächst einmal nicht sofort zu steuerpflichtigem Einkommen, solange sie nur als Chance bestehen. Im Gegensatz zu einer Gehaltserhöhung oder Bonuszahlung fließt dem Arbeitnehmer ja kein Geld zu, wenn ihm virtuelle Anteile versprochen werden. Deshalb entsteht in der Phase der Zuteilung oder des Vestings in der Regel kein zu versteuernder geldwerter Vorteil. Der kritische Moment kommt, wenn eine Auszahlung erfolgt – typischerweise beim Exit. Dann erhält der Mitarbeiter eine oft beträchtliche Summe auf einen Schlag. Diese Summe wird in dem Jahr als zusätzlicher Arbeitslohn gewertet. Steuerlich wird kein Unterschied gemacht, ob das Geld aus regulärer Arbeit oder aus einer solchen Beteiligung stammt: Es landet alles in der Einkommensteuerberechnung. Dadurch kann ein hoher VSOP-Ertrag den Mitarbeiter in eine hohe Progressionsstufe katapultieren. Der Arbeitgeber muss zudem beachten, dass diese Zahlung sozialversicherungspflichtiges Entgelt sein kann (sofern noch Beitragsraum nach oben besteht). Ein Sonderfall: Wenn der Mitarbeiter schon aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, muss geklärt werden, wie die Lohnsteuer abgeführt wird. Oft wird das über eine Lohnsteuerbescheinigung nachträglich erledigt, oder – falls der Arbeitnehmer dann selbstständig ist – er muss es über die Einkommensteuererklärung versteuern.

Rechtliche Einordnung: Gesetzlich sind seit 2021 erhebliche Erleichterungen geschaffen worden. § 19a EStGermöglicht es, die Versteuerung bis zum tatsächlichen Zufluss aufzuschieben. Dieser Paragraf wurde speziell für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen eingeführt, um das Problem der “Dry Income”-Besteuerung zu lösen. Unter bestimmten Voraussetzungen (die vor allem Start-ups betreffen) wird die Lohnsteuer erst fällig, wenn der Mitarbeiter die Beteiligung zu Geld macht. Praktisch heißt das: Hat ein begünstigtes Unternehmen einem Mitarbeiter virtuelle Anteile gegeben, muss der Mitarbeiter nicht etwa schon beim Vesting Steuern zahlen – sondern erst, wenn der Exit-Bonus ausgezahlt wird. Die Reform durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz 2024 hat den Anwendungsbereich dieser Regel deutlich erweitert, sodass mehr Unternehmen und länger (bis 20 Jahre nach Gründung) davon profitieren. Zusätzlich wurde ein jährlicher Steuerfreibetrag von 2.000 € eingeführt für Fälle, in denen echte Anteile vergünstigt abgegeben werden (bei Phantom Shares spielt das direkt weniger eine Rolle, weil hier keine verbilligte Aktienübergabe stattfindet). Wichtig: Auch wenn Steuern aufgeschoben werden können – sie entfallen nicht. Am Ende wird der vollständige Betrag versteuert. Es gibt also keine inhaltliche Steuervergünstigung, sondern nur eine zeitliche.

Beispiel 1: Mitarbeiter Leo erhält 2019 von seinem Start-up 1% virtuelle Anteile, damals “wert” etwa 0 €, da unsicher. Dank § 19a EStG muss er dafür nichts versteuern. 2025 verkauft sich das Start-up erfolgreich, Leos Anteil bringt ihm 80.000 € ein. Jetzt – bei Auszahlung 2025 – meldet das Unternehmen diesen Betrag als Lohnzahlung an die Steuer. Leo, der inzwischen in einer anderen Firma arbeitet, bekommt eine Lohnsteuerbescheinigung über 80.000 € “sonstiger Bezug”. Er muss die Summe in seiner Einkommensteuererklärung 2025 angeben. Dadurch steigt sein zu versteuerndes Einkommen kräftig an. Nehmen wir an, sein sonstiges Jahreseinkommen war 50.000 €; jetzt kommen 80.000 € obendrauf. Das Finanzamt berechnet darauf die Einkommensteuer nach dem progressiven Tarif. Grob überschlagen fallen auf die zusätzlichen 80.000 € rund 30.000 € Steuern an (je nach genauer Progression). Leo muss also von seinem Bonus etwa 37,5% an Steuern zahlen, behält aber immer noch rund 50.000 € netto übrig. Sozialabgaben muss er auf die 80.000 € in diesem Fall nicht mehr zahlen, da es kein laufender Arbeitslohn im bestehenden Arbeitsverhältnis ist (und er die Beitragsbemessungsgrenzen mit seinem Gehalt bereits erreicht hatte). Ohne § 19a EStG hätte Leo möglicherweise schon früher (z.B. bei Vesting) etwas versteuern müssen – das blieb ihm erspart. Allerdings hat er nun den Effekt der geballten Steuerlast im Erfolgsjahr.

Beispiel 2: Mitarbeiterin Sara bekommt 2024 echte Geschäftsanteile ihres Arbeitgebers im Wert von 10.000 € geschenkt. Zusätzlich erhält sie virtuelle Optionen im Wert von 5.000 €. Nach alter Regelung hätte sie 2024 sofort für die 10.000 € geldwerten Vorteil Lohnsteuer zahlen müssen. Durch die neuen Freibeträge ist bis 2.000 € Wert sogar steuerfrei; für die restlichen 8.000 € greift § 19a EStG, sodass die Steuer gestundet wird, bis sie die Anteile verkauft. Die virtuellen Optionen im Wert von 5.000 € lösten 2024 gar keine Steuer aus, weil kein Geld floss. 2028 verkauft Sara ihre echten Anteile für 50.000 € und das Unternehmen wird gleichzeitig verkauft, wodurch ihre virtuellen Optionen weitere 30.000 € auszahlen. Jetzt erst werden die Steuern fällig: Auf insgesamt 80.000 € Zusatzverdienst (ähnlich wie bei Leo oben). Durch die Reform konnte Sara die Steuer bis 2028 aufschieben. Hätte es keinen Exit gegeben bis 2039 (15 Jahre nach 2024) und sie noch immer gehalten, hätte man dann spätestens besteuern müssen – aber die Gesetzesänderung erlaubt es, dass der Arbeitgeber diese Steuerlast hätte übernehmen können, um noch weiter aufzuschieben. Dieses Beispiel verdeutlicht: Die heutigen Regeln verhindern eine Vorab-Besteuerung von “Papierwerten” und sorgen dafür, dass Mitarbeitende erst zur Kasse gebeten werden, wenn sie tatsächlich liquide Mittel erhalten.

Fazit: Virtuelle Beteiligungsrechte sind steuerlich transparenter geworden. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Keine Steuer, solange kein Geld fließt. Erst bei Auszahlung wird der Bonus wie Arbeitslohn versteuert. Durch die neuen gesetzlichen Regelungen brauchen Mitarbeiter keine Angst mehr vor einem Finanzamt zu haben, das mitten im Aufbau des Start-ups die Hand aufhält. Trotzdem sollte man sich bewusst sein, dass am Ende der Staat mitverdient: Ein beträchtlicher Teil des Exit-Bonus geht in Form von Lohnsteuer ab. Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter frühzeitig über die steuerlichen Konsequenzen informieren und gegebenenfalls Hilfestellung bieten (z.B. durch Steuerberatungsangebote oder interne Informationsrunden). Insgesamt fördern die Steuererleichterungen die Akzeptanz von Mitarbeiterbeteiligungen – sie sind ein Signal, dass auch der Gesetzgeber möchte, dass Arbeitnehmer am Erfolg ihres Unternehmens partizipieren können, ohne steuerlich benachteiligt zu werden.

Habe ich mit virtuellen Anteilen Mitspracherechte im Unternehmen?

Einleitung: Viele Beschäftigte fragen sich: “Bin ich durch virtuelle Beteiligungsrechte irgendwie Miteigentümer und kann im Unternehmen mitreden?” Die kurze Antwort ist nein – virtuelle Anteile verleihen keine formellen Mitspracherechte. Dennoch fühlt man sich als Teilhaber. Hier erklären wir, warum Mitarbeiter mit Phantom Shares keine Gesellschafterrechte haben und was das in der Praxis bedeutet.

Analyse: Virtuelle Beteiligungsrechte sind rein wirtschaftliche Beteiligungen. Das heißt, man wird am Gewinn oder Wertzuwachs beteiligt, aber man erwirbt keinen Gesellschaftsanteil im rechtlichen Sinn. Bei echten Aktien oder GmbH-Geschäftsanteilen hätte man z.B. Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, ein Recht auf Auskunft über die Unternehmenszahlen und oft auch ein Anrecht auf Dividenden (Gewinnausschüttungen jährlich). All das entfällt bei virtuellen Anteilen. Mitarbeiter mit Phantom Shares bleiben rechtlich “nur” Arbeitnehmer und die Firma bleibt vollständig im Besitz der echten Gesellschafter. Für den Alltag bedeutet das: Wer virtuelle Anteile hält, wird nicht zu Gesellschafterversammlungen eingeladen, darf nicht über Unternehmensentscheidungen abstimmen und hat auch kein individuelles Recht, Einblick in Geschäftsberichte zu verlangen (außer was jedem Mitarbeiter zusteht). Manche fühlen sich dadurch benachteiligt, weil sie ja mit ihrem Anteil am Erfolg hängen – aber rechtlich ist klar getrennt: Das Unternehmerrisiko (und die Kontrolle) liegt weiter bei den Eigentümern, während die Mitarbeiter lediglich eine Bonusvereinbarung haben.

Rechtliche Einordnung: Diese Trennung ist sogar gewollt und einer der Gründe, warum Firmen Phantom Shares anbieten. Aktienrecht und GmbH-Recht sehen umfangreiche Pflichten gegenüber echten Anteilseignern vor. Zum Beispiel müsste man bei vielen Kleinaktionären viel Informationsaufwand betreiben oder sie könnten Beschlüsse blockieren. Virtuelle Beteiligte dagegen haben keinen Anspruch auf Beteiligung an Entscheidungen. Ihr Anspruch ist rein vertraglich: Sie können vom Arbeitgeber bzw. dem schuldenden Unternehmen das Geld fordern, wenn der vereinbarte Erfolgsfall eintritt – mehr nicht. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, aus der man als Phantom-Share-Inhaber Rechte wie ein Aktionär ableiten könnte. Daher werden in VSOP-Verträgen auch meist Klauseln stehen, die klarstellen: “Dieses Programm begründet keine Gesellschaftsrechte, insbesondere kein Stimmrecht, kein Teilnahme- oder Rede recht an Gesellschafterversammlungen und keinen Einfluss auf Unternehmensentscheidungen.” Das bedeutet umgekehrt aber auch: Mitarbeiter mit virtuellen Anteilen haben keine zusätzlichen Pflichten wie Gesellschafter (z.B. keine Nachschusspflicht, kein Wettbewerbsverbot als Gesellschafter – wobei Letzteres eventuell als Arbeitnehmer ohnehin besteht, aber nicht verstärkt wird).

Beispiel 1: Der langjährige Mitarbeiter Karim besitzt 200 virtuelle Anteile seines Arbeitgebers (eine GmbH). Als die jährliche Gesellschafterversammlung ansteht, möchte er gern teilnehmen, weil er sich als “beteiligter” Mitarbeiter fühlt und die Entwicklung der Firma mitbekommen will. Er fragt den Geschäftsführer: “Darf ich dabei sein oder zumindest das Protokoll erhalten? Schließlich habe ich doch virtuelle Anteile.” Die Antwort fällt ernüchternd aus: Da Karim kein echter Gesellschafter ist, hat er weder Sitz noch Stimme in der Versammlung. Er erhält auch kein Protokoll (das geht nur an Anteilseigner). Karim ist etwas enttäuscht. Der Geschäftsführer erklärt ihm jedoch in einem persönlichen Gespräch die wichtigsten Punkte und versichert, dass Karims Phantom Shares weiterhin Bestand haben. Dieses Beispiel zeigt: Trotz “Beteiligung” sind Mitarbeiter außen vor, wenn es um formale Entscheidungen geht. Viel hängt dann von der internen Kommunikationskultur ab, ob man solche Mitarbeiter dennoch informiert und einbindet – rein rechtlich muss man es aber nicht.

Beispiel 2: Mitarbeiterin Lisa erfährt zufällig, dass das Unternehmen möglicherweise verkauft werden soll. Sie hat virtuelle Anteile und macht sich Sorgen, was aus ihrem Anspruch wird. Sie würde gerne mitreden, weil sie befürchtet, dass ein Verkauf zu einem niedrigen Preis erfolgt, der ihre Auszahlung verringert. Allerdings hat Lisa keinen Einflussauf den Verkaufsprozess – das entscheiden allein die Gesellschafter. Ihr bleibt nur, zu hoffen, dass diese in ihrem Interesse (hoher Preis) handeln. Tatsächlich kommt es zum Verkauf; Lisa bekommt eine moderate Summe ausgezahlt, hätte sich aber mehr erwartet. Rechtliche Bewertung: Lisa konnte den Verkaufsbedingungen nicht widersprechen, wie es ein echter Gesellschafter vielleicht getan hätte. Sie musste den Entscheidungen der Eigentümer vertrauen. Allerdings hatte sie durch ihren Arbeitsvertrag indirekt abgesichert, dass sie überhaupt beteiligt wird. Wäre sie Anteilseignerin gewesen, hätte sie zwar Stimmrecht, aber mit vielleicht nur 1% Anteil wenig Durchsetzungskraft. Das Beispiel macht deutlich: Virtuelle Anteilseigner sind in einer passiven Rolle. Sie partizipieren finanziell, haben aber kein Gestaltungsrecht.

Fazit: Als Inhaber:in virtueller Beteiligungsrechte hat man keine unmittelbaren Mitspracherechte im Unternehmen. Weder gesetzlich noch vertraglich wird man zum Mitgesellschafter – man bleibt Angestellte:r mit einem zusätzlichen Bonusversprechen. Das kann manchmal frustrierend sein, etwa wenn Entscheidungen getroffen werden, die den eigenen potentiellen Auszahlungswert beeinflussen. Doch genau das ist das Wesen dieses Modells: Es simuliert die Teilhabe am Erfolg, ohne Teilhabe an der Kontrolle. Für viele Arbeitnehmer ist das in Ordnung, da sie ohnehin nicht an Unternehmenspolitik teilnehmen möchten, sondern primär am Ergebnis interessiert sind. Wer allerdings Wert darauf legt, mitzubestimmen, für den sind virtuelle Beteiligungen das falsche Instrument – in dem Fall käme eher eine echte Beteiligung (mit allen Rechten und Pflichten) in Frage. Unternehmen sollten daher klar kommunizieren, dass Phantom Shares rein finanzieller Natur sind. Transparentes Informieren der beteiligten Mitarbeiter über die Unternehmensentwicklung kann dennoch helfen, Vertrauen zu schaffen. Aber rechtlich bleibt: Kein Stimmrecht, kein Sitz im Boot – sondern “nur” ein Anteil am späteren Kuchen.

Was ist der Unterschied zwischen echten und virtuellen Beteiligungen?

Einleitung: Arbeitnehmerbeteiligung ist nicht gleich Arbeitnehmerbeteiligung – man unterscheidet echte und unechte (virtuelle) Beteiligungen. Oft taucht die Frage auf: “Was ist besser – echte Firmenanteile oder virtuelle Anteile?” Hier vergleichen wir die beiden Modelle und erklären die wichtigsten Unterschiede in Bezug auf Rechte, Pflichten, Umsetzung und Risiken.

Analyse: Echte Mitarbeiterbeteiligung bedeutet, dass der Arbeitnehmer tatsächlich Anteilseigner wird. Das kann durch Ausgabe neuer Aktien, Übertragung von GmbH-Anteilen oder Ähnliches geschehen. Mitarbeiter werden dann Miteigentümer mit allen Rechten (Stimmrecht, Dividende, Informationsrechte) und Pflichten (Einlagenzahlung, evtl. Wettbewerbsverbote als Gesellschafter, Mitwirkung an Beschlüssen). Virtuelle Beteiligung hingegen ist rein vertraglich – der Mitarbeiter erhält ein Versprechen auf künftige Zahlungen, aber kein Anteil im gesellschaftsrechtlichen Sinne.

Umsetzungsunterschiede: Echte Beteiligungen erfordern in Deutschland oft erheblichen Aufwand. Beispiel GmbH: Will man Mitarbeiter zu Gesellschaftern machen, muss notariell ein Anteil übertragen oder ein Kapitalerhöhung durchgeführt werden. Eventuell will man die Mitarbeiteranteile treuhänderisch bündeln, um die Gesellschafterzahl nicht in die Höhe zu treiben – all das ist komplex. Bei Aktiengesellschaften müsste man bspw. Stock Options ausgeben, was aktienrechtliche Ermächtigungen und Prozesse braucht (bedingte Kapitalerhöhung, ggf. Hauptversammlungsbeschluss). Virtuelle Beteiligungen umgehen das: Hier reicht ein Vertrag zwischen Firma und Mitarbeiter. Kein Notar, keine Handelsregistereintragung. Das macht virtuelle Modelle viel einfacher und schneller implementierbar. Deshalb wählen Start-ups oft lieber die virtuelle Variante, um flexible Pläne zu haben, die sie intern steuern können, ohne die Corporate Governance zu verkomplizieren.

Rechte und Einfluss: Echte Beteiligungen bedeuten, dass Mitarbeiter Mitspracherechte bekommen (siehe vorherige Frage). Virtuelle gewähren das nicht. Aus Arbeitnehmersicht heißt das: Mit echten Anteilen könnte man theoretisch auf Gesellschafterversammlungen Einfluss nehmen, mit virtuellen nicht. Allerdings muss man realistisch sein: Wenn Mitarbeiter nur kleine Anteile halten (z.B. jeweils unter 1%), ist ihr Einfluss auch als echte Gesellschafter sehr begrenzt. Zudem verlangen viele Unternehmen, dass Mitarbeiter-Anteilseigner sich bestimmten Vereinbarungen unterwerfen (z.B. Stimmrechtsbindungsverträgen), sodass sie de facto den Gründer-Investor-Entscheidungen folgen müssen. Insofern ist der praktische Einfluss oft gar nicht so groß. Virtuell Beteiligte haben dafür keine Verantwortlichkeiten: Ein echter Gesellschafter hat Treuepflichten gegenüber der Gesellschaft, muss eventuell bei Kapitalerhöhungen mitziehen oder kann im Insolvenzfall verlieren, was er investiert hat. Virtuelle Beteiligte riskieren nur, nichts zu bekommen, aber verlieren kein eigenes Geld.

Risikoprofil: Bei echten Anteilen tragen Mitarbeiter auch ein Stück weit Unternehmerrisiko – sinkt der Wert der Firma, ist ihr Anteil weniger wert, Dividenden könnten ausbleiben. Sie haben ihr Kapital (oder zumindest einen geldwerten Vorteil) im Unternehmen gebunden. Virtuelle Anteilseigner haben keine echte Einlage; wenn die Firma scheitert, gehen sie einfach leer aus, mehr nicht. Allerdings: Echte Gesellschafter könnten im Fall des Totalverlusts eventuell steuerlich einen Verlust geltend machen (Kapitalverlust) – der virtuelle Beteiligte hat steuerlich nichts geltend zu machen, er hat ja nichts investiert, nur einen entgangenen Bonus.

Steuern: Bei echten Beteiligungen gibt es manchmal steuerliche Vorteile – so war es zumindest früher. Etwa konnten Kursgewinne bei Aktien unter bestimmten Bedingungen begünstigt sein. Heute jedoch, insbesondere nach Einführung des § 19a EStG, hat man eher für die virtuell/lohnsteuerliche Seite Erleichterungen geschaffen. Bei echten Anteilen fällt evtl. früh Lohnsteuer auf den geldwerten Vorteil an (wenn verbilligt oder geschenkt erhalten), die aber gestundet werden kann (§ 19a). Später beim Verkauf zahlen Mitarbeiter Abgeltungsteuer auf den Kursgewinn, sofern nicht § 19a alles als Lohn fingiert. Die Details sind komplex, aber grundsätzlich: Virtuelle Beteiligungen = Lohnsteuer; echte Beteiligungen = teils Lohnsteuer, teils Kapitalertragsteuer. Im Ergebnis kann es sein, dass ein echter Anteil bei Verkauf etwas günstiger besteuert wird (25% Abgeltungsteuer auf den Wertzuwachs, falls nicht unter die Lohnsteuer nach §19a gezogen). Aber dafür trägt der Mitarbeiter auch mehr Risiko und Komplexität.

Beispiel 1: Ein Start-up bietet zwei leitenden Mitarbeitern alternativ an: a) 5% echte Geschäftsanteile oder b) virtuellen Anteil, der 5% des Exit-Erlöses entspricht. Mitarbeiter A entscheidet sich für echte Anteile, Mitarbeiter B für virtuelle. In den folgenden Jahren passieren einige Kapitalrunden: Bei jeder Runde muss A entweder mitinvestieren, um seine 5% zu halten, oder sein Anteil verwässert sich (was meist passiert, wenn er nicht zehntausende Euro nachschießt). B ist von diesen Vorgängen nicht tangiert – sein vertraglicher Prozentsatz bezieht sich auf den Exit-Wert, der im Zweifel entsprechend angepasst wird (oft wird der Pool an virtuellen Anteilen auch verwässert, aber das geschieht automatisch nach vertraglichen Formeln, ohne dass B Geld zahlen muss). A bekommt jährlich Einladungen zur Gesellschafterversammlung und Stapel an Informationsmaterial – durchaus ein Mehraufwand, dem er folgen muss, will er seine Rechte wahren. B erhält solche Infos offiziell nicht, erfährt wesentliche Dinge nur intern vom Flurfunk oder wenn das Management die Belegschaft informiert. Am Ende, beim Verkauf, hat A tatsächliche Aktien, die er verkauft: Er erhält direkt den Kaufpreis für seine Anteile auf sein Konto (abzüglich Steuern auf den Gewinn). B erhält vom Unternehmen eine Bonusauszahlung laut VSOP-Vertrag. Beide bekommen also Geld, aber der Weg dorthin war unterschiedlich: A war vollwertiger Miteigentümer mit allen Pflichten (und hat vielleicht durch Verwässerung effektiv nur 3% am Ende, weil er nicht mitinvestierte). B hatte keine Pflichten, und sein Anteil von 5% wird pro Vertrag evtl. auf 3% angepasst wegen Verwässerung – unterm Strich ähnlich wie A, nur ohne Kapitaleinsatz. Steuerlich muss A evtl. einen Teil des Zugewinns als Kapitalertrag versteuern (25%), B versteuert alles als Lohn (z.B. ~40%). Je nach Betrag kann A etwas besser dastehen steuerlich, aber das hängt vom individuellen Fall ab.

Beispiel 2: Ein mittelständisches Unternehmen möchte seine Mitarbeiter am Gewinn beteiligen. Es könnte entweder eine echte Belegschaftsaktie einführen (die Mitarbeiter kaufen mit Rabatt Aktien) oder ein virtuelles Bonusprogramm aufsetzen, das jährliche Gewinnbeteiligungen zahlt. Die Firma wählt das virtuelle Modell, weil es einfacher ist, nicht die Eigentumsverhältnisse ändert und flexibel gestaltet werden kann. Mitarbeiter erhalten also jährlich eine Prämie entsprechend einer fiktiven Dividendenausschüttung. Mitarbeiter X, der das von früher kannte, fragt sich: “Hätte ich echte Aktien, könnte ich sie vielleicht mit Gewinn verkaufen; so kriege ich nur Geld und habe nichts in der Hand.” Allerdings merkt er im Laufe der Zeit, dass das virtuelle Modell steuerlich für ihn ähnlich behandelt wird (die Prämie ist wie Dividende letztlich Einkommen, in seinem Fall sogar begünstigt als Gewinnbeteiligung in der Steuer). Außerdem hätte er als Kleinaktionär eh kaum Marktplatz, um seine Aktien loszuwerden. Das Beispiel zeigt: Für größere, nicht börsennotierte Unternehmen sind virtuelle Beteiligungen oft praktikabler als Belegschaftsaktien, weil Handelbarkeit und Formalien für echte Aktien in privaten Unternehmen schwierig sind.

Fazit: Echte Beteiligungen machen Mitarbeiter zu Miteigentümern – mit Stimmrecht und direkter Beteiligung, aber auch Aufwand und möglichem finanziellen Einsatz. Virtuelle Beteiligungen hingegen geben nur einen vertraglichen Bonusanspruch – einfacher, keine Eigentümerrechte, kein Mitspracherecht, aber auch kein persönliches finanzielles Risiko. Aus Unternehmenssicht ist virtuell oft bevorzugt, um Entscheidungsstrukturen schlank zu halten und keine Notar-Orgien veranstalten zu müssen. Aus Mitarbeitersicht hängt es von den Zielen ab: Wer wirklich Teilhaber mit Gestaltungsrecht sein will und an das Unternehmen glaubt, für den kann eine echte Beteiligung attraktiver sein (auch psychologisch, “Ich bin Mitgesellschafter!”). Wer vor allem am finanziellen Erfolg partizipieren möchte, fährt mit virtuellen Anteilen oft bequemer, weil er kein eigenes Geld einsetzen muss und sich um Formalien nicht kümmern muss. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass die Vertragsbedingungen fair sind – seien es die Bedingungen im Gesellschaftsvertrag für Belegschaftsaktionäre oder die Klauseln im VSOP-Vertrag. Letztlich verfolgen beide Modelle das gleiche Ziel: Mitarbeiter am Unternehmenserfolg zu beteiligen. Der Weg dorthin ist unterschiedlich – echt heißt Beteiligung mit Stimmrecht und Kapital, virtuell heißt Beteiligung auf dem Papier gegen späteres Geld. Beide haben Vorzüge und Tücken, sodass die beste Lösung immer vom konkreten Unternehmen und den Präferenzen der Mitarbeitenden abhängt.

Braucht ein virtuelles Beteiligungsprogramm die Zustimmung des Betriebsrats?

Einleitung: Wenn ein Unternehmen einen virtuellen Mitarbeiterbeteiligungsplan einführen will und es gibt einen Betriebsrat, stellt sich die Frage: Muss der Betriebsrat zustimmen? Die Antwort lautet in vielen Fällen ja – Mitbestimmung ist gefordert. Hier erläutern wir, wann der Betriebsrat ins Boot zu holen ist und warum.

Analyse: Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) hat der Betriebsrat bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung mitzubestimmen. Ein virtuelles Beteiligungsprogramm ist eine Entgeltregelung, da es letztlich um zusätzliche Vergütung (in Form einer Erfolgsbeteiligung) geht. Sobald es mehrere Arbeitnehmer betrifft und allgemeine Regeln vorgibt, fällt es typischerweise unter den Mitbestimmungstatbestand. Das bedeutet: Der Arbeitgeber kann ein solches System nicht einseitig einführen, sondern braucht entweder eine Betriebsvereinbarungmit dem Betriebsrat oder zumindest dessen Zustimmung. Falls der Arbeitgeber das ignoriert, könnte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht beantragen, die Durchführung zu untersagen (Einstweilige Verfügung wegen Verletzung des Mitbestimmungsrechts). In der Praxis ist es daher üblich und ratsam, frühzeitig das Gespräch mit dem Betriebsrat zu suchen, wenn man beabsichtigt, virtuelle Beteiligungen einzuführen.

Rechtliche Einordnung: Die Mitbestimmung greift nur, wenn es um normale Arbeitnehmer/innen geht, die vom Betriebsrat vertreten werden. Leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsrechts sind vom Betriebsrat nicht erfasst; entsprechend hat der Betriebsrat kein Mitspracherecht, wenn ausschließlich diese leitenden Mitarbeiter bedacht werden. Oft ist aber ein VSOP-Programm breit angelegt (z.B. für alle Fachkräfte oder bestimmte Abteilungen). Dann handelt es sich um eine betriebsweite Vergütungsgrundlage, die mitbestimmungspflichtig ist. Man kann nicht dadurch entkommen, dass man es als freiwillige Leistung deklariert – selbst freiwillige, aber kollektiv angewandte Vergütungssysteme (wie etwa ein Bonusprogramm) fallen unter Nr. 10 des § 87 Abs.1 BetrVG. Der Sinn dahinter: Der Betriebsrat soll sicherstellen können, dass die Auswahl der Begünstigten und die Bedingungen fair sind und keine Ungleichbehandlung stattfindet. Er achtet z.B. darauf, dass klare Kriterien gelten, wer ins Programm kommt, und dass die Berechnungsweise nachvollziehbar ist. Ohne seine Zustimmung kann das Programm nicht wirksam starten – ggf. kann er erzwingen, dass es gestoppt wird, bis eine Einigung erzielt wird.

Beispiel 1: Ein mittelgroßes Unternehmen (200 Mitarbeiter, davon 150 nicht-leitend) möchte ein VSOP auflegen, um die Belegschaft zu motivieren. Die Geschäftsleitung entwirft einen Plan und will ihn per Rundschreiben in Kraft setzen. Der Betriebsrat erfährt davon aus dem Flurfunk und ist verärgert, dass man ihn übergangen hat. Er meldet Mitbestimmungsanspruch an und verweigert die Zustimmung zur Einführung. Die Geschäftsleitung argumentiert erst, es handle sich um eine freiwillige Zusatzleistung, da könne man doch allein entscheiden. Doch der Betriebsrat beharrt und droht mit dem Gang vors Arbeitsgericht. Letztlich lenkt das Management ein und setzt sich mit dem Betriebsrat an einen Tisch. Gemeinsam verhandeln sie eine Betriebsvereinbarung “Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung”. Darin wird z.B. festgehalten, dass alle Mitarbeitenden ab 2 Jahren Betriebszugehörigkeit teilnehmen können, wie die virtuelle Quote berechnet wird, was bei Ausscheiden gilt usw. Nachdem beide Seiten unterschrieben haben, tritt das Programm in Kraft. Dieses Beispiel zeigt: Ohne Betriebsrat geht es nicht, wenn normale Beschäftigte betroffen sind – durch Kooperation lassen sich aber einvernehmliche Lösungen finden, die beiden Seiten gerecht werden.

Beispiel 2: In einem Unternehmen mit Betriebsrat soll ein virtuelles Beteiligungsprogramm eingeführt werden, aber nur für das Führungsteam (Prokuristen, Abteilungsleiter). Diese Personen zählen zum Kreis der leitenden Angestellten, für die der Betriebsrat nicht zuständig ist. Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat informatorisch mit, dass es ein solches Management-Incentive geben wird, sieht aber kein Mitbestimmungsrecht. Der Betriebsrat prüft, ob vielleicht doch auch normale Angestellte erfasst sein könnten. Da das nicht der Fall ist, kann er formal nichts erzwingen, äußert aber den Wunsch, in Zukunft ein ähnliches Angebot für die übrige Belegschaft zu verhandeln. In diesem Beispiel hat der Arbeitgeber recht: Nur leitende – kein Mitbestimmungstatbestand. Hätte er jedoch auch nur einen “normalen” Bereichsleiter, der nicht leitender Angestellter im Sinne des Gesetzes ist, einbezogen, wäre die Mitbestimmung ausgelöst. Man sieht: Die Abgrenzung kann im Einzelfall schwierig sein. Unternehmen tendieren manchmal dazu, kleine Gruppen als leitend einzustufen, um die Mitbestimmung zu umgehen, aber das muss exakt passen, sonst riskiert man einen Verstoß.

Fazit: In den meisten Fällen, in denen ein virtuelles Beteiligungsprogramm Belegschaftsteile erfasst, ist die Zustimmung des Betriebsrats erforderlich. Arbeitgeber sollten proaktiv auf den Betriebsrat zugehen und ihn einbinden. Eine gemeinsame Lösung per Betriebsvereinbarung schafft Rechtssicherheit und Akzeptanz. Für Betriebsräte ist wichtig zu wissen: Sie können auf transparente Kriterien und Gleichbehandlung dringen. Zum Beispiel könnten sie fordern, dass das Programm allen Beschäftigten offensteht, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, oder dass bei der Berechnung des Bonus nachvollziehbare Parameter genutzt werden. So wird verhindert, dass das Instrument missbräuchlich nur einigen “Lieblingen” zugutekommt. Insgesamt stärkt die Mitbestimmung hier die Verlässlichkeit des Programms – Mitarbeiter vertrauen eher darauf, wenn der Betriebsrat mitgewirkt hat. Kurzum: Ja, in aller Regel braucht es die Zustimmung des Betriebsrats, außer das Programm richtet sich ausschließlich an Personen, die nicht unter den Betriebsrat fallen. Beide Seiten – Geschäftsleitung und Betriebsrat – sollten das als Chance sehen, gemeinsam ein faires und motivierendes Beteiligungsmodell zu schaffen, das den Interessen aller gerecht wird.