Brauchen wir als Unternehmen verbindliche Verhaltensregeln für Beziehungen am Arbeitsplatz – und was darf ich überhaupt vorschreiben?

Image

Die heimliche Beziehung zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiterin kostet den Nestlé-Chef seinen Job, bei einem deutschen Mittelständler sorgt eine verschwiegene Affäre für wochenlange Unruhe im Team – Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz sind für Unternehmen ein sensibles Thema. Als Führungskraft mit Personalverantwortung stehen Sie vor der Herausforderung: Einerseits können Sie Ihren Mitarbeitern das Privatleben nicht vorschreiben, andererseits müssen Sie den Betriebsfrieden sichern und Interessenkonflikte vermeiden. Viele Unternehmen reagieren mit detaillierten Verhaltensregeln und Compliance-Richtlinien. Doch was dürfen Sie tatsächlich regeln – und wo beginnt der unzulässige Eingriff in die Privatsphäre? Dieser Beitrag zeigt Ihnen die rechtlichen Spielräume auf und gibt Ihnen konkrete Handlungsempfehlungen für die Gestaltung betrieblicher Regelungen zu Liebesbeziehungen.

Kurz & Knapp: Die wichtigsten Erkenntnisse

  • Verbot unmöglich: Sie können Liebesbeziehungen zwischen Mitarbeitern grundsätzlich nicht verbieten – das Privatleben bleibt auch bei Arbeitnehmern geschützt (Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 EMRK).
  • Meldepflichten möglich: Sie dürfen Mitarbeiter verpflichten, Beziehungen zu melden, wenn ein konkreter Interessenkonflikt vorliegt (insbesondere bei Weisungsbefugnissen oder Zuständigkeiten für Gehalts- und Beförderungsentscheidungen).
  • Transparenz schafft Akzeptanz: Klare, schriftlich fixierte Regelungen in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Compliance-Richtlinien schaffen Rechtssicherheit für beide Seiten.
  • Betriebsrat einbinden: Bei allgemeinen Verhaltensregeln zum Ordnungsverhalten hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
  • Verhältnismäßigkeit beachten: Jede Regelung muss angemessen sein und darf nur so weit gehen, wie es zum Schutz berechtigter Unternehmensinteressen erforderlich ist.
  • Sanktionen definieren: Legen Sie klar fest, welche Konsequenzen bei Verstößen drohen – von Versetzungen bis zu Abmahnungen bei bewusster Pflichtverletzung.

Warum überhaupt eine Meldepflicht – welche legitimen Interessen hat der Arbeitgeber?

Bevor wir uns den rechtlichen Grenzen zuwenden, lohnt ein Blick auf die berechtigten Interessen, die eine Meldepflicht rechtfertigen können.

Vermeidung von Interessenkonflikten: Wenn eine Führungskraft über Gehalt, Beförderung, Urlaub oder gar die Kündigung ihres Partners entscheiden kann, liegt ein offensichtlicher Interessenkonflikt vor. Objektive Personalentscheidungen sind kaum möglich, wenn persönliche Gefühle im Spiel sind. Das gefährdet nicht nur die Fairness gegenüber anderen Mitarbeitern, sondern setzt Sie als Arbeitgeber auch rechtlichen Risiken aus – etwa Diskriminierungsklagen anderer Mitarbeiter.

Schutz des Betriebsfriedens: Wenn Kollegen den Verdacht haben, jemand werde wegen einer Beziehung bevorzugt, leidet das Vertrauen im Team. Gerüchte entstehen, Motivation sinkt. Eine transparente Meldung ermöglicht es Ihnen, organisatorische Maßnahmen zu ergreifen und Spekulationen vorzubeugen.

Haftungsrisiken: In Deutschland werden Arbeitgeber zunehmend in die Pflicht genommen, Machtmissbrauch und sexuelle Belästigung zu verhindern. Nach § 12 AGG müssen Sie geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen treffen. Wenn später Vorwürfe erhoben werden, eine Beziehung sei nicht einvernehmlich gewesen oder es habe Druck gegeben, können Sie sich nur entlasten, wenn Sie nachweisen, angemessene Präventionsmaßnahmen getroffen zu haben.

Compliance und Reputation: Gerade börsennotierte Unternehmen oder solche mit strengen Governance-Anforderungen haben ein Interesse daran, regelkonform zu agieren. Verstöße gegen interne Richtlinien können nicht nur zu Reputationsschäden führen, sondern auch regulatorische Konsequenzen haben.

Sie benötigen weiteren rechtlichen Rat?

Nutzen Sie unsere Online-Anfrage für einen schnellen Check.

Die Schilderung Ihres Problems und eine kurze Ersteinschätzung sind kostenlos, wenn Sie gekündigt wurden oder einen Aufhebungsvertrag erhalten haben.

Für alle anderen Anliegen können Sie gerne eine kostenpflichtige Erstberatung in Anspruch nehmen.

Jetzt beraten lassen

Kanzleibewertung

Erfahrungen & Bewertungen zu Pöppel Rechtsanwälte