Betriebsausschuss im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.

2.Betriebsausschuss

Betriebsausschuss (§ 27 BetrVG)

1. Einleitung

Der Betriebsausschuss ist ein zentrales Gremium des Betriebsrats im kollektiven Arbeitsrecht. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss jeder Betriebsrat mit neun oder mehr Mitgliedern zwingend einen Betriebsausschuss bilden. Dieses verkleinerte Gremium übernimmt als „geschäftsführender Ausschuss“ die laufenden, immer wiederkehrenden Aufgaben des Betriebsrats und entlastet so das Plenum. Ziel ist es, die Betriebsratsarbeit effizienter zu gestalten: Statt dass alle Betriebsratsmitglieder an jeder Routineentscheidung mitwirken müssen, erledigt der Betriebsausschuss die laufenden Geschäfte in kleiner Runde. Dadurch werden weniger Mitarbeiter für Betriebsratsaufgaben von der Arbeit freigestellt und auch die Kosten für den Arbeitgeber reduzieren sich. Der Betriebsausschuss handelt dabei stets innerhalb des rechtlichen Rahmens des BetrVG und unterliegt klaren gesetzlichen Vorgaben, die im Folgenden erläutert werden.

2. Bildung und Zusammensetzung

Voraussetzungen: Ein Betriebsausschuss ist zu bilden, sobald der Betriebsrat aus mindestens 9 Mitgliedern besteht. Diese gesetzliche Pflicht ist zwingend; das heißt, weder durch Betriebsvereinbarung noch durch Tarifvertrag kann darauf verzichtet oder etwas Abweichendes vereinbart werden. Die Wahl des Betriebsausschusses erfolgt direkt nach der Betriebsratswahl, in der konstituierenden Sitzung des neuen Betriebsrats. Unterlässt ein Betriebsrat die vorgeschriebene Bildung, verstößt er gegen das Gesetz – die Bildung eines Betriebsausschusses ist keine bloße Option, sondern eine Pflichtaufgabe des Gremiums.

Größe und Struktur: Der Betriebsausschuss besteht aus dem/der Vorsitzenden des Betriebsrats, seinem/seiner Stellvertreter/in sowie einer bestimmten Zahl weiterer Mitglieder, die je nach Betriebsratsgröße gestaffelt ist:

  • Betriebsrat mit 9–15 Mitgliedern: Vorsitzende/r, Stellvertreter/in + 3 weitere Ausschussmitglieder (insgesamt 5 Personen im Betriebsausschuss).

  • Betriebsrat mit 17–23 Mitgliedern: Vorsitzende/r, Stellvertreter/in + 5 weitere Ausschussmitglieder (insgesamt 7 Personen).

  • Betriebsrat mit 25–35 Mitgliedern: Vorsitzende/r, Stellvertreter/in + 7 weitere Ausschussmitglieder (insgesamt 9 Personen).

  • Betriebsrat mit 37 oder mehr Mitgliedern: Vorsitzende/r, Stellvertreter/in + 9 weitere Ausschussmitglieder (insgesamt 11 Personen).

Diese Zusammensetzung ist in § 27 Abs.1 BetrVG fest vorgeschrieben. Nur gewählte Betriebsratsmitglieder können dem Betriebsausschuss angehören; externe Personen oder nicht dem Betriebsrat angehörende Ersatzmitglieder sind ausgeschlossen. Die Wahl der zusätzlichen Ausschussmitglieder erfolgt aus der Mitte des Betriebsrats in geheimer Abstimmung. Gibt es mehrere Wahlvorschläge, wird nach den Grundsätzen der Verhältniswahl (Listenwahl) gewählt; liegt nur ein einheitlicher Wahlvorschlag vor, findet eine Mehrheitswahl (Personenwahl) statt. In jedem Fall ist sicherzustellen, dass die Wahl geheim und schriftlich (per Stimmzettel) durchgeführt wird.

Ersatzmitglieder und Amtszeit: Die Amtszeit des Betriebsausschusses entspricht der Amtszeit des Betriebsrats – er besteht also regelmäßig bis zur Neuwahl des Betriebsrats. Sollte ein Mitglied des Betriebsausschusses aus dem Betriebsrat ausscheiden (z.B. durch Rücktritt oder Ende des Arbeitsverhältnisses), verliert es damit automatisch auch sein Amt im Ausschuss. In diesem Fall muss der Betriebsrat den frei gewordenen Ausschusssitz neu besetzen. Oft werden bereits bei der Wahl Ersatzmitglieder für den Betriebsausschuss bestimmt, um im Ausfall eines Ausschussmitglieds nachrücken zu können. Wurde nach Verhältniswahl gewählt, rückt in der Regel ein Kandidat aus derselben Liste nach; ist kein Ersatzkandidat mehr verfügbar, muss – nach einer umstrittenen Auffassung – eine Nachwahl stattfinden. Die Geschäftsordnung des Betriebsrats kann hierzu Nachrück-Verfahren vorsehen. Wichtig ist: Ohne offiziellen Nachrücker oder Abwahlbeschluss darf kein neues Ausschussmitglied gewählt werden, da sonst diese Wahl unwirksam ist (BAG, Beschluss vom 13.11.1991 – 7 ABR 18/91).

Ein einmal gebildeter Betriebsausschuss bleibt übrigens auch dann bestehen, wenn die Zahl der Betriebsratsmitglieder im Lauf der Amtszeit unter die Schwelle von 9 sinkt (z.B. durch Rücktritte ohne Nachrücker). Seine bis dahin rechtmäßige Einsetzung wird dadurch nicht rückgängig gemacht. Ebenso bleibt – bei Fortbestehen von mindestens 9 Betriebsratsmitgliedern – die ursprünglich festgelegte Ausschussgröße erhalten, selbst wenn der Betriebsrat unter einen der oben genannten Schwellenwerte fällt. In solchen Fällen bleibt der Betriebsausschuss in bisheriger Stärke bis zur Neuwahl des Betriebsrats im Amt.

3. Aufgaben und Befugnisse

Laufende Geschäfte: Der Betriebsausschuss fungiert als verlängerter Arm des Betriebsratsvorsitzes bzw. als geschäftsführender Vorstand innerhalb des Betriebsrats. Seine Hauptaufgabe besteht darin, die laufenden, regelmäßig wiederkehrenden Verwaltungs- und Routineaufgaben des Betriebsrats zu erledigen. Er schafft organisatorische Voraussetzungen dafür, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos wahrnehmen kann. Konkret übernimmt der Betriebsausschuss unter anderem folgende wiederkehrende Aufgaben des Betriebsrats:

  • Umsetzung von Beschlüssen des Betriebsrats in die Tat (Überwachung und Durchführung der gefassten Beschlüsse).

  • Erledigung des Schriftverkehrs und der Korrespondenz mit Arbeitgeber, Behörden und externen Stellen im Namen des Betriebsrats.

  • Organisation des Betriebsratsbüros und der täglichen Geschäftsführung (z.B. Terminplanung, Aktenführung, Entgegennahme von Telefonaten).

  • Vorbereitung von Sitzungen des Betriebsrats und der Betriebsversammlung (Erstellen von Tagesordnungen, Einladungen, räumliche Organisation, Unterlagen zusammenstellen).

  • Dokumentation und Informationsfluss: Sammeln, Ablegen und Verteilen von Mitteilungen, Protokollen, Gesprächsnotizen und sonstigen Unterlagen an die Betriebsratsmitglieder.

  • Allgemeine Verwaltungsaufgaben, die sicherstellen, dass der Betriebsrat seine gesetzlichen Mitbestimmungsrechte ordnungsgemäß ausüben kann.

Durch die Übernahme dieser administrativen Pflichten sorgt der Betriebsausschuss dafür, dass das Gesamtgremium sich auf die wesentlichen inhaltlichen Entscheidungen konzentrieren kann. Wichtige Angelegenheiten werden vom Ausschuss vorbereitet, sodass sie im Betriebsrat zügig beraten und beschlossen werden können.

Zusätzliche Aufgabenübertragung: Neben den Routinegeschäften kann der Betriebsrat dem Betriebsausschuss weitere Aufgaben zur selbstständigen Erledigung übertragen. § 27 Abs.2 BetrVG ermöglicht es, bestimmte Befugnisse des Betriebsrats per Beschluss an den Ausschuss zu delegieren, der dann in diesen Bereichen an Stelle des Gesamtbetriebsrats Entscheidungen treffen darf. Diese Übertragung von Aufgaben ist an klare Voraussetzungen geknüpft: Sie bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Betriebsratsmitglieder (also der absoluten Mehrheit des Gremiums) und muss schriftlich erfolgen. Ein solcher Beschluss kann beispielsweise im Sitzungsprotokoll festgehalten oder in die Geschäftsordnung aufgenommen werden. Wichtig: Nicht übertragbar ist der Abschluss von Betriebsvereinbarungen – das hat der Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossen. Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber (Betriebsvereinbarungen) dürfen stets nur vom voll besetzten Betriebsrat (oder ggf. vom Gesamt-/Konzernbetriebsrat) beschlossen und unterzeichnet werden, nicht vom Betriebsausschuss.

Wird eine Aufgabe ordnungsgemäß delegiert, tritt der Betriebsausschuss sowohl in der Willensbildung (Beschlussfassung) als auch in der Willensäußerung (Kommunikation gegenüber dem Arbeitgeber) an die Stelle des Betriebsrats. Seine Beschlüsse in diesen übertragenen Angelegenheiten sind für den Arbeitgeber genauso verbindlich, als hätte der gesamte Betriebsrat sie gefasst. So kann z.B. der Betriebsausschuss bei wirksamer Delegation eigenständig Entscheidungen über personelle Einzelmaßnahmen oder andere mitbestimmungspflichtige Sachverhalte treffen, ohne dass jeder Beschluss vom Gesamtgremium bestätigt werden müsste. Voraussetzung ist aber immer ein klar umrissener Übertragungsbeschluss. Die übertragenen Befugnisse müssen so genau bezeichnet sein, dass kein Zweifel besteht, in welchen Angelegenheiten der Betriebsausschuss autonom handeln darf. Fehlt es an dieser Eindeutigkeit, oder wurde gar kein ordnungsgemäßer Beschluss gefasst, verbleibt die Entscheidungszuständigkeit beim Gesamtbetriebsrat.

Ein praktisches Beispiel für delegierte Aufgaben ist das monatliche Gespräch zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nach § 74 Abs.1 BetrVG. Dieses Monatsgespräch gehört zwar nicht zu den originären „laufenden Geschäften“, kann aber mit Mehrheitsbeschluss auf den Betriebsausschuss übertragen werden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat 2012 bestätigt, dass der Betriebsrat den Betriebsausschuss oder einen anderen Ausschuss mit der Durchführung der Monatsgespräche beauftragen kann, sofern das Gremium dies ordnungsgemäß beschließt (BAG, Beschluss vom 15.08.2012 – 7 ABR 16/11). Insbesondere in großen Betriebsräten kann es sinnvoll sein, wenn statt des gesamten Gremiums nur der Betriebsausschuss an den regelmäßigen Besprechungen mit dem Arbeitgeber teilnimmt. Alle Mitglieder des Betriebsausschusses (und ggf. deren Ersatzmitglieder) nehmen dann an dem Gespräch teil. So bleibt der Betriebsrat handlungsfähig, ohne dass in großer Runde verhandelt werden muss – was laut BAG bei sehr großen Gremien die Effektivität des Dialogs beeinträchtigen könnte.

Sonderfall kleinere Betriebe: In Betrieben mit weniger als 9 Betriebsratsmitgliedern wird kein Betriebsausschuss gebildet. Dennoch können auch kleine Betriebsräte eine ähnliche Aufgabenteilung vornehmen: Sie dürfen die laufenden Geschäfte durch Beschluss auf den/die Vorsitzende/n oder ein anderes Betriebsratsmitglied übertragen. Diese interne Arbeitsverteilung nach § 27 Abs.3 BetrVG ist quasi das „Pendant“ zum Betriebsausschuss in Kleinstgremien. Die rechtlichen Schranken (etwa das Verbot, Betriebsvereinbarungen alleine abzuschließen) gelten hier entsprechend.

4. Rechtliche Grenzen und typische Fehler

Obwohl der Betriebsausschuss den Betriebsrat entlasten soll, gibt es klare rechtliche Grenzen für seine Tätigkeit. Wird der Rahmen überschritten oder die Formalien missachtet, sind Beschlüsse anfechtbar oder unwirksam. Nachfolgend einige wichtige Punkte, die Betriebsräte und Betriebsausschüsse beachten müssen, sowie typische Fehlerquellen:

  • Nicht delegierbare Kernaufgaben: Der Betriebsrat darf sich nicht durch Delegation aller wesentlichen Befugnisse praktisch selbst abschaffen. Ein „Kernbereich“ der gesetzlichen Zuständigkeiten muss beim Gesamtgremium verbleiben. Das BAG betont, dass der Betriebsrat nicht seine komplette Mitbestimmung an einen Ausschuss übertragen darf, sondern als Organ handlungsfähig bleiben muss. Welche Aufgaben zum unentziehbaren Kernbereich gehören, ergibt sich teils aus dem Gesetz (z.B. der Abschluss von Betriebsvereinbarungen) und teils aus dem Gewicht der Angelegenheit. Beispielsweise wäre es unzulässig, alle Aufgaben des Betriebsrats pauschal an den Betriebsausschuss zu delegieren – dann läge ein Rechtsmissbrauch vor. Hingegen hat das BAG entschieden, dass selbst die Mitbestimmung in personellen Einzelmaßnahmen (Einstellungen, Versetzungen, Kündigungen nach §§ 99–103 BetrVG) übertragen werden kann, ohne den Kernbereich zu verletzen. Es kommt also auf Umfang und Auswahl der delegierten Themen an. Faustregel: So viel wie nötig delegieren, so wenig wie möglich.

  • Formmängel bei der Delegation: Jeder Übertragungsbeschluss muss ordnungsgemäß zustande kommen. Ein häufiger Fehler ist es, die Delegation nicht schriftlich zu fixieren. Unterbleibt die vorgeschriebene Schriftform, ist die Aufgabenübertragung unwirksam. Ebenso kritisch ist eine zu unklare Formulierung des Beschlusses. Die übertragenen Aufgaben müssen so konkret benannt werden, dass der Zuständigkeitsbereich des Ausschusses eindeutig abgegrenzt ist. Unbestimmte Allgemeinfloskeln wie „der Betriebsausschuss übernimmt alle anfallenden Aufgaben“ genügen nicht. So erklärte das BAG in einem Fall die Delegation des Zustimmungsrechts zu einer außerordentlichen Kündigung (§ 103 BetrVG) für unwirksam, weil der Beschluss den Umfang der Übertragung nicht eindeutig erkennen ließ (BAG, Urteil vom 17.03.2005 – 2 AZR 275/04). Tipp: Im Beschluss oder der Geschäftsordnung genau festhalten, welche Mitbestimmungsrechte oder Aufgaben (z.B. Durchführung der Monatsgespräche, Einsicht in bestimmte Unterlagen, Vorberatung von Kündigungen) an den Ausschuss delegiert werden.

  • Überlagernde Ausschüsse: In größeren Betrieben kann der Betriebsrat gemäß § 28 BetrVG weitere Fachausschüsse bilden, um bestimmte Aufgaben zu bearbeiten. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Aufgaben, die bereits per Gesetz dem Betriebsausschuss zugewiesen sind, dürfen nicht konkurrenzlos an einen anderen Ausschuss übertragen werden. Ein praxisrelevantes Beispiel ist die Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats. Diese gehört nach Ansicht der Rechtsprechung zu den laufenden Geschäften und somit in die Zuständigkeit des Betriebsausschusses. Versucht der Betriebsrat, hierfür einen separaten „Presseausschuss“ einzusetzen, ist das nicht zulässig. Das LAG Berlin-Brandenburg erklärte 2018 die Bildung eines solchen Öffentlichkeitsausschusses für unwirksam, weil die Presse- und Informationsarbeit kein abgrenzbares Fachgebiet darstelle, sondern alle Querschnittsthemen betreffe – und damit bereits vom Betriebsausschuss abgedeckt wird. Die Konsequenz: Die interne Kommunikation zur Belegschaft muss durch den Betriebsausschuss erfolgen; ein zusätzlicher Presseausschuss hätte keine wirksame Entscheidungsbefugnis. Betriebsräte tun daher gut daran, Mitglieder mit Pressesprecher-Funktion direkt im Betriebsausschuss zu haben, statt Parallelstrukturen zu schaffen.

  • Verstöße bei Wahlen und Beschlüssen: Formfehler bei der Wahl oder Abberufung der Ausschussmitglieder können zur Anfechtbarkeit führen. Gesetzlich ist z.B. vorgeschrieben, dass die Wahl der Betriebsausschuss-Mitglieder geheim erfolgt. Wird offen abgestimmt, kann dies die Wahl ungültig machen (BAG, Beschluss vom 10.10.2007 – 7 ABR 51/06 stellte klar, dass geheime Abstimmung zwingend ist). Auch bei der Abberufung von Ausschussmitgliedern gelten Hürden: Wurden diese in Listenwahl gewählt, braucht es für ihre Abwahl eine 3/4-Mehrheit in geheimer Abstimmung. Ein häufiger Fehler ist es, neue Mitglieder in den Betriebsausschuss zu wählen, ohne die bisherigen formal abzuwählen – ein solcher Wahlakt ist nichtig. Ebenso müssen für Beschlüsse des Betriebsausschusses die allgemeinen Verfahrensregeln eingehalten werden. Nach § 27 Abs.2 Satz 5 BetrVG gelten die §§ 29–34 BetrVG entsprechend, d.h. der Betriebsausschuss muss zu seinen Sitzungen ordnungsgemäß laden, beschlussfähig sein (mindestens die Hälfte der BA-Mitglieder anwesend) und über Beschlüsse Protokoll führen. Ein Beschluss des BA, der ohne gültige Ladung oder ohne Quorum zustande kommt, ist unwirksam – genau wie beim Gesamtbetriebsrat. Um Fehler zu vermeiden, sollten Betriebsausschuss und Betriebsrat eng kooperieren und sich abstimmen, insbesondere bei unklaren Kompetenzen.

  • Überschreiten der Kompetenzen: Der Betriebsausschuss darf nur in dem Umfang eigenständig handeln, wie es ihm vom Gesetz oder durch Übertragungsbeschluss erlaubt ist. Unzulässig wäre es etwa, wenn der BA ohne Beschluss des Betriebsrats über eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme entscheidet, die nicht zu den laufenden Geschäften gehört. Beispiel: Kündigungen nach § 102 BetrVG anhören oder Einstellungen nach § 99 BetrVG zustimmen, ohne dass der Betriebsrat ihm diese Aufgabe übertragen hat. In solchen Fällen hat der Arbeitgeber keinen wirksamen Beteiligungsakt des Betriebsrats erhalten – der BA wäre über seine Kompetenz hinausgegangen und der Betriebsrat könnte die Entscheidung ggf. wegen Beteiligungsverletzung anfechten. Merke: Was nicht ausdrücklich delegiert wurde, verbleibt in der Zuständigkeit des gesamten Betriebsrats. Daher bei Zweifel lieber einen Beschluss des Betriebsrats einholen.

Zusammenfassend ist der Betriebsausschuss ein mächtiges Instrument für die Betriebsratsarbeit, das jedoch nur bei Einhaltung der gesetzlichen Leitplanken seine Wirkung voll entfaltet. Fehler in der Zusammensetzung oder Arbeitsweise des BA können zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen – von Anfechtungen einzelner Beschlüsse bis hin zur möglichen Auflösung des Betriebsrats wegen grober Pflichtverletzung (§ 23 BetrVG), falls ein Gremium seine Pflichten (wie die Pflicht zur BA-Bildung) beharrlich vernachlässigt. Um dies zu vermeiden, sollten Betriebsräte die aktuelle Rechtsprechung im Blick behalten und bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einholen.

5. Praxisbeispiele

Beispiel 1: Bildung des Betriebsausschusses – In einem Unternehmen mit 300 Beschäftigten wird ein 9-köpfiger Betriebsrat gewählt. Da das Gremium die Schwelle von 9 Mitgliedern erreicht, muss es einen Betriebsausschuss bilden. In der ersten Sitzung nach der Wahl wählt der Betriebsrat aus seiner Mitte den Ausschuss: Betriebsratsvorsitzende und Stellvertreter sowie drei weitere Mitglieder werden – per geheimer Wahl – in den Betriebsausschuss berufen. Dieses 5-köpfige Team übernimmt nun die Geschäftsführung des Betriebsrats im Alltag. Es organisiert z.B. das Betriebsratsbüro, terminiert die Sitzungen, erledigt den Schriftverkehr und stellt sicher, dass alle Betriebsratsmitglieder stets die nötigen Informationen erhalten. Durch diese Arbeitsteilung kann sich der Gesamtrat auf wichtige Beschlussfassungen konzentrieren, während der Betriebsausschuss das Tagesgeschäft regelt.

Beispiel 2: Delegation von Aufgaben – In einem Konzernbetrieb mit 800 Mitarbeitern besteht ein Betriebsrat mit 15 Mitgliedern. Dem entsprechend wurde ein 7-köpfiger Betriebsausschuss (Vorsitz, Stellvertretung + 5 weitere) gewählt. Der Betriebsrat beschließt kurz nach seiner Konstituierung mit Mehrheit aller Mitglieder, dem Betriebsausschuss einige Aufgaben zur selbstständigen Erledigung zu übertragen. Konkret wird vereinbart, dass der BA die monatlichen Besprechungen nach § 74 BetrVG mit der Geschäftsführung führt und außerdem in Einstellungs- und Versetzungsfällen die Zustimmungsrechte nach §§ 99, 100 BetrVG wahrnimmt. Dieser Beschluss wird schriftlich im Protokoll festgehalten. Fortan trifft sich der Betriebsausschuss vor jedem Monatsgespräch, bereitet die Themen vor und verhandelt in kleiner Runde mit dem Arbeitgeber – stets mit dem Ziel, dem Gesamtbetriebsrat anschließend Ergebnisse oder Einigungsvorschläge präsentieren zu können. Da das BAG die Übertragung der Monatsgespräche ausdrücklich für zulässig erklärt hat, bewegt sich der Betriebsrat hier im rechtmäßigen Rahmen. Auch in Personalangelegenheiten kann der BA nun Entscheidungen treffen (z.B. Zustimmung oder Ablehnung einer geplanten Einstellung), ohne dass das volle Gremium in jeder einzelnen Sache zusammentreten muss. Der Arbeitgeber wendet sich in diesen Fragen direkt an den BA, der verbindliche Beschlüsse fasst. Der restliche Betriebsrat wird über die Beschlüsse informiert und muss nur noch involviert werden, wenn es um eine Betriebsvereinbarung oder um nicht übertragene Sonderfälle geht. Durch diese Delegation wird die Mitbestimmung effizienter, und dennoch bleiben alle Entscheidungen legitim, da sie auf einem gültigen Übertragungsbeschluss beruhen.

Beispiel 3: Fehlerhafte Ausschussbildung – Angenommen, ein 11-köpfiger Betriebsrat (Unternehmen ~500 Mitarbeiter) möchte neben dem verpflichtenden Betriebsausschuss (der aus 5 Personen besteht) zusätzlich einen Ausschuss für Öffentlichkeitsarbeit einrichten, um die Belegschaft über Betriebsratsbeschlüsse zu informieren. Er wählt fünf Betriebsratsmitglieder in diesen Ausschuss und lässt Pressemitteilungen von diesem Team verfassen. Dieses Vorgehen ist jedoch rechtlich problematisch. Die Öffentlichkeitsarbeit gehört als Teil der laufenden Geschäftsführung eigentlich in die Zuständigkeit des Betriebsausschusses. Tatsächlich hat ein Gericht (LAG Berlin-Brandenburg) die Bildung eines solchen Presseausschusses für unwirksam erklärt, weil die Aufgabe nicht von der des Betriebsausschusses abgrenzbar war. Im Beispielsfall würde der Arbeitgeber Entscheidungen des Presseausschusses (etwa einen Aushang ans Schwarze Brett) nicht als offizielle Betriebsratsmitteilung anerkennen müssen, da dieses Gremium keine legitime Grundlage hat. Die Lösung: Der Betriebsrat sollte stattdessen seine Pressesprecher direkt im Betriebsausschuss haben oder den Betriebsausschuss mit der Öffentlichkeitsarbeit beauftragen. So ist gewährleistet, dass alle offiziellen Informationen mit Beschlusskraft vom rechtmäßig zuständigen Gremium kommen.

Beispiel 4: Abwahl und Nachrücken – In einem 15-köpfigen Betriebsrat mit Betriebsausschuss (7 Mitglieder) stellt eine Liste zwei der zusätzlichen BA-Mitglieder. Nach zwei Jahren Amtszeit treten diese beiden Ausschussmitglieder zurück, weil sie aus dem Betrieb ausscheiden. Nun muss der Betriebsrat die Nachbesetzung regeln. Glücklicherweise wurden bei der ursprünglichen Verhältniswahl bereits Ersatzmitglieder für den BA bestimmt. Die beiden Kollegen, die damals auf der Liste der ausscheidenden Mitglieder die nächsthöchsten Stimmen hatten, rücken nun in den Betriebsausschuss nach. Der Betriebsrat bestätigt dies per Beschluss. Da es sich um eine Nachfolge innerhalb derselben Wahlliste handelt, ist keine Neuwahl erforderlich – die Geschäftsordnung des Betriebsrats sah dieses Verfahren bereits vor. Hätte es keine Ersatzleute gegeben, hätte der Betriebsrat neue Mitglieder in den BA wählen müssen. Dabei wäre darauf zu achten gewesen, zuerst formal die ausscheidenden Mitglieder abzuwählen, bevor die Nachwahl stattfindet; andernfalls wäre die Wahl anfechtbar. Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, vorausschauend Ersatzmitglieder zu bestimmen und bei Änderungen im Ausschuss immer sauber zu protokollieren und zu beschließen. So bleibt die Handlungsfähigkeit des Betriebsausschusses über die gesamte Amtsperiode gewährleistet.

6. FAQ – Häufige Fragen zum Betriebsausschuss

Frage 1: Wann muss ein Betriebsausschuss gebildet werden?
Ein Betriebsausschuss ist immer dann zu bilden, wenn der Betriebsrat mindestens 9 Mitglieder hat. Das schreibt § 27 Abs.1 BetrVG zwingend vor. In der Praxis betrifft das Betriebe mit in der Regel über 200 wahlberechtigten Arbeitnehmern, da ab dieser Größenordnung ein Betriebsrat von 9 Personen oder mehr zu wählen ist. Unterhalb dieser Schwelle (bei 7 oder weniger Betriebsratsmitgliedern) sieht das Gesetz keinen Betriebsausschuss vor. Wichtig: Die Pflicht zur BA-Bildung greift sofort nach der Wahl eines entsprechend großen Betriebsrats. Sie kann weder ignoriert noch vertraglich ausgeschlossen werden. Versäumt es ein Betriebsrat, trotz gesetzlicher Vorgabe einen Betriebsausschuss zu wählen, handelt er rechtswidrig und riskiert im Extremfall Sanktionen wegen grober Amtspflichtverletzung. Daher sollte in der konstituierenden Sitzung eines großen Betriebsrats stets die Wahl des Betriebsausschusses auf der Tagesordnung stehen.

Frage 2: Wie setzt sich der Betriebsausschuss zusammen und wie wird er gewählt?
Dem Betriebsausschuss gehören der/die Betriebsratsvorsitzende und der/die Stellvertreter/in qua Amt an. Hinzu kommen – je nach Größe des Betriebsrats – weitere Mitglieder: z.B. 3 weitere bei einem 11-köpfigen Betriebsrat, 5 bei 19 Mitgliedern, 7 bei 33 Mitgliedern, 9 bei sehr großen Räten ab 37 Mitgliedern. Die genaue Staffelung ist in § 27 BetrVG geregelt. Gewählt werden die zusätzlichen Ausschussmitglieder aus den Reihen der Betriebsratsmitglieder. Die Wahl erfolgt geheim und – sofern es konkurrierende Kandidatenlisten gibt – nach dem Verhältniswahlrecht (also anteilig nach Listenstimmen). Gibt es nur einen einheitlichen Wahlvorschlag, findet eine Mehrheitswahl statt, bei der die Kandidaten mit den meisten Stimmen gewählt sind. Diese Wahl sollte in der ersten Sitzung des neu gewählten Betriebsrats durchgeführt werden. Vorsitz und Stellvertretung im Betriebsrat sind automatisch Teil des Betriebsausschusses und führen dort in der Regel auch den Vorsitz bzw. die Stellvertretung. Bei der Wahl der übrigen Mitglieder können auch die Minderheitsgruppen im Betriebsrat eigene Vorschlagslisten einreichen, um proportional im Ausschuss vertreten zu sein. Gewählte Ersatzmitglieder des Betriebsrats (Nachrücker für ausgeschiedene Betriebsräte) können nicht direkt in den Betriebsausschuss gewählt werden, solange sie nicht dem Betriebsrat angehören. Der Betriebsrat kann jedoch separate Ersatzmitglieder für den Betriebsausschuss bestimmen, die bei Ausfall eines BA-Mitglieds nachrücken.

Frage 3: Können Mitglieder des Betriebsausschusses abberufen oder ausgetauscht werden?
Ja. Der Betriebsrat hat jederzeit die Möglichkeit, Mitglieder des Betriebsausschusses ihres Amtes zu entheben (Abberufung). Für die Abwahl gelten allerdings hohe Hürden, wenn die betreffende Person im Wege der Verhältniswahl gewählt wurde: In diesem Fall ist ein Beschluss des Betriebsrats mit ¾-Mehrheit der Mitglieder in geheimer Abstimmung nötig. Wurden die BA-Mitglieder hingegen per Mehrheitswahl gewählt (also ohne Listenwahl, z.B. weil es nur einen Wahlvorschlag gab), reicht zur Abberufung die einfache Stimmenmehrheit in einer Betriebsratssitzung; eine geheime Abstimmung ist dann gesetzlich nicht vorgeschrieben. Wichtig: Der/die Betriebsratsvorsitzende und Stellvertreter/in können nicht einfach abgewählt werden, da sie kraft ihres Amtes Mitglied im BA sind. Nur wenn sie ihr Amt als Vorsitzende/r bzw. Stellvertreter/in im Betriebsrat niederlegen oder durch Neuwahl verlieren, scheiden sie auch aus dem Betriebsausschuss aus. Für die Nachbesetzung gilt: Sobald ein Mitglied des BA ausgeschieden ist (durch Rücktritt, Abwahl oder Verlust des BR-Mandats), muss der Betriebsrat entscheiden, wie der freie Platz besetzt wird. Entweder rückt ein zuvor gewähltes Ersatzmitglied nach (falls vorhanden), oder es wird eine Nachwahl durchgeführt. Eine Nachwahl ohne vorherige Abberufung des bisherigen Mitglieds wäre unwirksam. In der Praxis empfiehlt es sich, in der Geschäftsordnung festzulegen, wie Ersatzmitglieder in den BA nachrücken, um bei personellen Veränderungen klare Regeln zu haben.

Frage 4: Welche Aufgaben übernimmt der Betriebsausschuss genau?
Der Betriebsausschuss erledigt vor allem die laufenden Geschäfte des Betriebsrats gemäß § 27 Abs.2 Satz 1 BetrVG. Dazu zählen alle administrativen, organisatorischen und regelmäßig anfallenden Aufgaben. Beispiele sind die Umsetzung von Betriebsratsbeschlüssen, Führen des Schriftverkehrs, Termin- und Büroorganisation, Vor- und Nachbereitung von Betriebsratssitzungen sowie die Betreuung der allgemeinen Betriebsratsverwaltung. Der BA sorgt dafür, dass der Betriebsrat handlungsfähig bleibt und entlastet das Gremium von Routinearbeiten. Darüber hinaus kann der Betriebsrat dem Betriebsausschuss per Beschluss auch weitergehende Aufgaben zur eigenständigen Entscheidung übertragen. Das bedeutet, der BA darf dann in bestimmten Angelegenheiten an Stelle des Betriebsrats Beschlüsse fassen. Solche delegierten Aufgaben können zum Beispiel personelle Einzelmaßnahmen (Zustimmung zu Einstellungen, Anhörung bei Kündigungen etc.) oder die Durchführung der Monatsgespräche mit dem Arbeitgeber sein. Wichtig ist, dass für jede Übertragung ein ordnungsgemäßer Beschluss mit absoluter Mehrheit vorliegt und die Aufgaben schriftlich genau benannt sind. Nicht zu den übertragbaren Aufgaben zählt der Abschluss von Betriebsvereinbarungen – diesen darf der BA nicht selbst übernehmen. Ebenso wenig kann der BA originäre Rechte des Betriebsrats (z.B. Einberufung der Betriebsversammlung) an sich ziehen, sofern sie ihm nicht ausdrücklich übertragen wurden. Grundsätzlich gilt: Routineaufgaben erledigt der BA eigenständig, wichtige Entscheidungen trifft der BA nur, wenn der Betriebsrat ihm dazu den Auftrag erteilt hat. Alles andere bleibt dem gesamten Betriebsrat vorbehalten.

Frage 5: Darf der Betriebsausschuss eigenständig Entscheidungen treffen, ohne den ganzen Betriebsrat?
Ja, aber nur im Rahmen seiner Zuständigkeiten. Ohne besonderen Auftrag darf der Betriebsausschuss alleine nur über die laufenden Angelegenheiten entscheiden, die keine Beschlüsse des Gesamtgremiums erfordern – etwa organisatorische Details oder die Umsetzung bereits gefasster Beschlüsse. Sollen darüber hinausgehende Entscheidungen eigenständig durch den BA getroffen werden (z.B. Zustimmung zu personellen Maßnahmen, Verhandlungen mit dem Arbeitgeber in bestimmten Fragen), muss der Betriebsrat ihn zuvor ausdrücklich bevollmächtigen. Ist eine solche Aufgabenübertragung erfolgt, tritt der BA insoweit an die Stelle des Betriebsrats und kann verbindliche Beschlüsse fassen. Zum Beispiel hat das BAG entschieden, dass ein Betriebsausschuss wirksam die Entscheidung über die Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung (§ 103 BetrVG) übernehmen kann, sofern der Übertragungsbeschluss dies eindeutig regelt. In diesem Fall durfte der BA allein beschließen, der Kündigung zuzustimmen, und der Arbeitgeber konnte darauf vertrauen. Ohne solchen Beschluss darf der Betriebsausschuss hingegen keine eigenständigen neuen Beschlüsse in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten fassen. Ein Grenzfall ist die Eilentscheidung: Muss sehr kurzfristig gehandelt werden (z.B. bei einer fristgebundenen Anhörung nach § 102 BetrVG in der Urlaubszeit), darf der BA nicht einfach anstelle des Betriebsrats entscheiden, es sei denn, der BR hat für solche Fälle eine generelle Delegation ausgesprochen. Fehlt diese, muss im Zweifel eine außerordentliche Betriebsratssitzung einberufen werden – oder das Gesetz greift mit Fiktionen (z.B. gilt Zustimmung als erteilt, wenn der Betriebsrat nicht rechtzeitig beschließt). Fazit: Der BA hat keine generalisierte Entscheidungsbefugnis in allen Fragen; er benötigt entweder eine gesetzliche Grundlage (laufende Geschäfte) oder einen konkreten Auftrag des Betriebsrats. Liegt dieser vor, sind seine Entscheidungen genauso wirksam wie BR-Beschlüsse.

Frage 6: Kann der Betriebsausschuss eine Betriebsvereinbarung abschließen?
Nein. Der Abschluss von Betriebsvereinbarungen (schriftliche Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nach § 77 BetrVG) ist nicht delegierbar und damit alleiniges Recht des voll besetzten Betriebsrats. § 27 Abs.2 Satz 2 BetrVG stellt klar, dass die Übertragung von Aufgaben auf den BA nicht den Abschluss von Betriebsvereinbarungen umfasst. Damit bleibt es stets erforderlich, dass das gesamte Betriebsratsgremium einen Beschluss über die Betriebsvereinbarung fasst und diese vom/ von der Betriebsratsvorsitzenden (oder Stellvertreter/in) unterschrieben wird. Ein vom Betriebsausschuss allein unterzeichnetes Dokument wäre unwirksam. In der Praxis bedeutet dies: Auch wenn der BA etwa Verhandlungen über den Inhalt einer Vereinbarung führen kann – die endgültige Zustimmung muss vom Betriebsrat kommen. Beispielsweise kann der BA mit Zustimmung des BR beauftragt werden, die Verhandlungen über eine neue Arbeitszeitregelung zu führen. Erarbeitet er einen Entwurf, muss dieser in einer Betriebsratssitzung dem gesamten Gremium vorgelegt und beschlossen werden, bevor er gültig wird. Der Hintergrund dieser Regel ist, dass Betriebsvereinbarungen oft weitreichende Konsequenzen für die Belegschaft haben und daher immer von der demokratisch legitimierten Gesamtvertretung verabschiedet werden sollen. Ausnahme: In besonderen Fällen kann ein kleinerer Ausschuss (etwa ein paritätisch besetzter Verhandlungsausschuss) zwar die Verhandlungen führen, aber die Unterschrift unter die Vereinbarung muss immer ein Vertreter des Gesamtbetriebsrats leisten. Es empfiehlt sich, dass der Betriebsratsvorsitzende – der ja BA-Mitglied ist – letztlich die Vereinbarung unterzeichnet, nachdem der BR-Beschluss vorliegt.

Frage 7: Welche Informations- und Einsichtsrechte hat der Betriebsausschuss?
Der Betriebsausschuss kann alle Informationen und Unterlagen einfordern, die er zur Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben benötigt. Grundsätzlich stehen dem Betriebsrat umfassende Auskunfts- und Einsichtsrechte zu – z.B. nach § 80 Abs.2 BetrVG die Einsicht in Bruttolohn- und Gehaltslisten. Diese Rechte kann der Betriebsrat auch seinem Betriebsausschuss übertragen oder durch ihn ausüben lassen. Tatsächlich ist in § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG sogar ausdrücklich erwähnt, dass im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Betriebsausschuss berechtigt ist, die Bruttolohn- und Gehaltslisten einzusehen. Ein aktuelles Beispiel bietet ein BAG-Beschluss aus 2019: Hier stritt ein Arbeitgeber, ob dem BA die uneditierten Entgeltlisten (also mit Klarnamen der Mitarbeiter) vorgelegt werden müssen. Das BAG entschied am 07.05.2019 (Az. 1 ABR 53/17), dass der Betriebsrat – und damit auch ein von ihm beauftragter Ausschuss – ein unbeschränktes Einsichtsrecht hat. Datenschutz oder das Entgelttransparenzgesetz schmälern dieses Recht nicht. Praktisch heißt das: Wenn der Betriebsausschuss z.B. eine Kontrolle der Gleichbehandlung bei der Entlohnung durchführen soll oder die Lohnlisten zur Vorbereitung von Verhandlungen benötigt, muss der Arbeitgeber ihm Einsicht gewähren, genauso wie er es dem Gesamtbetriebsrat gewähren müsste. Gleiches gilt für alle anderen Unterlagen, die zur Durchführung der dem BA übertragenen Aufgaben erforderlich sind – etwa Unfallberichte für den Arbeitsschutzausschuss (falls BA mit Arbeitsschutz befasst ist) oder Personallisten für Versetzungsentscheidungen. In kleinen Betriebsratsgremien (<9 Mitglieder) steht das Einsichtsrecht an Unterlagen stellvertretend dem/der Betriebsratsvorsitzenden zu. Fazit: Der BA hat keine eigenen Sonderrechte, aber er darf die Rechte des Betriebsrats in seinem Aufgabenbereich voll ausüben. Verweigert der Arbeitgeber Informationen, die der BA zur Aufgabenerfüllung braucht, kann der Betriebsrat diese notfalls per Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht einfordern – gegebenenfalls unter Hinweis auf die oben genannte BAG-Entscheidung, die die Einsichtsrechte bestätigt hat.

Frage 8: Was gilt in Betrieben mit weniger als 9 Betriebsratsmitgliedern (kein Betriebsausschuss)?
In kleineren Gremien, die keinen Betriebsausschuss bilden können (weil der Betriebsrat aus 3, 5 oder 7 Mitgliedern besteht), muss der Betriebsrat die laufenden Aufgaben anders organisieren. Das BetrVG erlaubt in § 27 Abs.3 ausdrücklich, dass solche Betriebsräte die täglichen Geschäfte einem Betriebsratsmitglied (oder dem/der Vorsitzenden) übertragen dürfen. Dies geschieht meist durch Absprache oder Beschluss in der ersten Sitzung. Oft übernimmt der/die Vorsitzende viele dieser administrativen Pflichten – man spricht umgangssprachlich davon, dass der/die Vorsitzende dann “wie ein Betriebsausschuss” fungiert. Er/Sie kann z.B. beauftragt werden, Einladungen zu Sitzungen zu verschicken, kleine Anliegen der Belegschaft direkt zu klären oder den Schriftverkehr zu führen. Alternativ können Aufgaben aufgeteilt werden (etwa der Vorsitzende erledigt den Schriftverkehr, das älteste Betriebsratsmitglied verwaltet die Akten, etc.). Rechtlich sind die Unterschiede: Ohne Betriebsausschuss müssen weiterhin alle wesentlichen Entscheidungen vom gesamten Betriebsrat getroffen werden; ein einzelnes Mitglied kann nur ausführen, was der BR beschlossen hat. Auch bleibt der Vorsitzende einzelvertretungsberechtigt nur in sehr engen Grenzen (z.B. um Mitteilungen des BR zu überbringen, aber nicht um eigenmächtig Vereinbarungen zu schließen). Faktisch bewirkt § 27 Abs.3 eine pragmatische Lösung: Kleine Betriebsräte dürfen interne Arbeitsteilung betreiben, um den Alltag zu bewältigen. Der Umfang ist aber geringer als bei einem Betriebsausschuss, da ein einzelnes BR-Mitglied mangels kollektiver Beratungsmöglichkeit nicht in vergleichbarem Maße Entscheidungen treffen kann. Insofern dient § 27 Abs.3 vor allem dazu, Routineaufgaben in kleinen Gremien handhabbar zu machen – die formalen Mitbestimmungsentscheidungen verbleiben beim Gesamtbetriebsrat, der ja hier nur aus wenigen Personen besteht. Kurzum: Kein Betriebsausschuss heißt nicht, dass der Vorsitzende alles alleine machen muss; aber der BR kann dem/der Vorsitzenden bestimmte Aufgaben zur Erledigung übertragen, um effizient zu arbeiten.

Frage 9: Was passiert, wenn ein Betriebsrat einen vorgeschriebenen Betriebsausschuss nicht bildet?
Unterlässt ein Betriebsrat die Bildung eines Betriebsausschusses, obwohl er 9 oder mehr Mitglieder hat, verstößt er gegen eine wesentliche Vorschrift des BetrVG. Der Gesetzgeber betrachtet die Einrichtung des BA in großen Gremien als so wichtig, dass ein Verstoß als Pflichtverletzung gewertet werden kann. Praktisch führt das Fehlen eines BA zunächst dazu, dass alle Aufgaben beim Gesamtbetriebsrat verbleiben – dieser muss dann sogar die laufenden Routinegeschäfte in Vollbesetzung erledigen, was unpraktikabel ist. Es besteht die Gefahr, dass die Betriebsratsarbeit ins Stocken gerät oder Fristen versäumt werden. Rechtlich könnte ein Verhalten, das dauerhaft den gesetzlichen Vorgaben zuwiderläuft, von Arbeitgeber oder Minderheitsgruppe im Betriebsrat zum Arbeitsgericht gebracht werden. Nach § 23 Abs.1 BetrVG kann ein Betriebsrat aufgelöst werden, wenn er seine gesetzlichen Pflichten grob verletzt. Die fehlende BA-Bildung allein dürfte nur in extremen Ausnahmefällen eine Auflösung rechtfertigen; jedoch könnte ein Gericht den Betriebsrat anweisen, unverzüglich einen Betriebsausschuss zu wählen. Üblicher ist, dass die Aufsichtsbehörde (der zuständige Gewerbeaufsichtsbeamte oder die Einigungsstelle) auf diesen Missstand aufmerksam macht. Für Betriebsräte gilt: Sie sollten die BA-Wahl keinesfalls verzögern oder verweigern. Gibt es interne Unstimmigkeiten (etwa Streit über Kandidaten oder Listen), müssen diese innerhalb des Gremiums gelöst werden – notfalls mit Hilfe der im BetrVG vorgesehenen Wahlverfahren (Verhältnis- oder Mehrheitswahl). Das Betriebsverfassungsgesetz lässt hier keinen Spielraum: Ab 9 Mitgliedern ist ein Betriebsausschuss zu bilden. In der Praxis kommt es selten vor, dass kein BA gebildet wird, da allein schon die Geschäftsführung des Betriebsrats ohne BA äußerst mühsam wäre. Sollte es doch passieren, ist allen Beteiligten – inklusive dem Arbeitgeber – dringend zu raten, auf eine korrekte Nachholung der Wahl hinzuwirken.

7. Fazit

Der Betriebsausschuss nach § 27 BetrVG ist ein unverzichtbares Organ in großen Betriebsratsgremien. Er bündelt die administrativen Aufgaben, beschleunigt Entscheidungsprozesse und stellt sicher, dass der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte effizient ausüben kann. Durch die Entlastung des Gesamtgremiums trägt der Betriebsausschuss maßgeblich zu einer effektiveren Betriebsratsarbeit bei. Gleichzeitig ist er ein rechtsgestaltendes Gremium mit erheblichen Befugnissen – seine Entscheidungen (im übertragenen Rahmen) sind für Arbeitgeber verbindlich und für die Belegschaft von großer Bedeutung. Damit geht Verantwortung einher: Die gesetzlichen Vorgaben zur Bildung, Zusammensetzung und Arbeitsweise des BA müssen strikt eingehalten werden, um die Legitimität seiner Beschlüsse zu sichern. Die aktuelle Rechtsprechung (von BAG und LAG) unterstreicht immer wieder die Bedeutung einer korrekten Vorgehensweise: Sei es bei der klaren Formulierung von Übertragungsbeschlüssen, der Wahrung der Grenzen zulässiger Delegation oder der Sicherstellung der Informationsrechte des Ausschusses. Betriebsräte, insbesondere Vorsitzende großer Gremien, sollten den Betriebsausschuss aktiv nutzen und zugleich regelmäßig überprüfen, ob alle Formalien eingehalten werden. Ein korrekt aufgestellter und kompetent arbeitender Betriebsausschuss erhöht die Schlagkraft des Betriebsrats enorm – er ermöglicht es, die Interessen der Arbeitnehmer schneller und organisatorisch sauber wahrzunehmen. Mit einem starken, rechtssicheren Betriebsausschuss erfüllt der Betriebsrat seine Aufgaben nicht nur pflichtgemäß, sondern auch zum Wohle der Belegschaft effizient und verantwortungsvoll.

1. Betriebsausschluss