Viele Arbeitnehmer sorgen sich um ihre berufliche Zukunft, wenn die Zahlung des Krankengeldes endet. Die Frage, ob das Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Auslaufen des Krankengeldes endet, ist jedoch komplex und hängt von verschiedenen rechtlichen Rahmenbedingungen ab. In diesem Artikel erfahren Sie, was das Ende des Krankengeldes bedeutet, welche Rechte und Pflichten Sie haben und welche Schritte Sie gegebenenfalls unternehmen sollten.
Kündigt der Arbeitgeber automatisch nach Ende des Krankengeldes?
Das Ende des Krankengeldes bedeutet nicht automatisch das Ende des Arbeitsverhältnisses. Ein Arbeitgeber ist nicht berechtigt, das Arbeitsverhältnis allein aufgrund des Auslaufens des Krankengeldanspruchs zu kündigen. Vielmehr ist eine Kündigung wegen Krankheit nur unter strengen Bedingungen möglich, und es muss eine gründliche Abwägung der Interessen erfolgen. Ohne Kündigung bleibt das Arbeitsverhältnis also auch nach Ende des Krankengeldbezugs weiterhin bestehen.
Wann endet der Krankengeldanspruch?
Der Krankengeldanspruch läuft in der Regel nach 78 Wochen (innerhalb von drei Jahren) aus, wenn dieselbe Krankheit die Ursache der Arbeitsunfähigkeit ist. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer für bis zu 78 Wochen Krankengeld beziehen können, wenn sie aus demselben Grund arbeitsunfähig sind. Danach erfolgt die sogenannte „Aussteuerung“ – das Ende der Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse. Die Krankenkasse informiert den Versicherten normalerweise rechtzeitig über die bevorstehende Aussteuerung.
Rechte und Pflichten des Arbeitgebers
Darf der Arbeitgeber wegen Krankheit kündigen?
Krankheitsbedingte Kündigungen sind nur unter engen Voraussetzungen möglich. Arbeitgeber müssen die negativen Auswirkungen der Krankheit auf den Betriebsablauf und eine negative Gesundheitsprognose nachweisen. Die sogenannte Interessenabwägung spielt dabei eine wichtige Rolle: Hier wird geprüft, ob die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers oder die des Arbeitnehmers überwiegen. Ohne eine derartige Begründung darf das Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden, auch wenn der Krankengeldanspruch ausgelaufen ist.
Muss ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchgeführt werden?
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist für den Arbeitgeber verpflichtend, wenn ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen krank ist. Ziel ist es, Maßnahmen zu finden, die die Rückkehr des Arbeitnehmers in den Arbeitsalltag ermöglichen und weitere Krankheitszeiten verhindern können. Auch wenn das BEM keine Bedingung für die Kündigung ist, kann eine nicht durchgeführte Eingliederung das Kündigungsschutzverfahren erschweren und die Position des Arbeitnehmers stärken.
Wie kann das Arbeitsverhältnis nach Ende des Krankengeldes fortgeführt werden?
Arbeitslosengeld nach Krankengeld
Wenn der Krankengeldanspruch erschöpft ist und eine Rückkehr zur Arbeit nicht möglich scheint, können Arbeitnehmer Arbeitslosengeld I beantragen, auch wenn sie weiterhin arbeitsunfähig sind. Das ist durch § 145 SGB III möglich und wird von der Agentur für Arbeit gewährt. Hierbei handelt es sich um eine Übergangsleistung, die die Zeit bis zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit oder einem möglichen Rentenbezug absichert.
Erwerbsminderungsrente als Option
Besteht eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit, kann der Arbeitnehmer einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente stellen. Diese Rente erhalten Menschen, die nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr in der Lage sind, zu arbeiten. Die Erwerbsminderungsrente kann voll oder teilweise gezahlt werden, je nach Gesundheitszustand und verbleibender Leistungsfähigkeit. Es empfiehlt sich, den Antrag auf Erwerbsminderungsrente rechtzeitig zu stellen, da die Bearbeitungszeiten bei der Rentenversicherung länger dauern können.
Der Arbeitgeber bleibt in der Pflicht
Verhältnis zwischen Arbeitsvertrag und Krankengeld
Der Arbeitsvertrag bleibt auch während des Krankengeldbezugs bestehen. Solange keine Kündigung erfolgt, gelten alle Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag weiterhin, und der Arbeitnehmer hat das Recht, bei Besserung seines Gesundheitszustands an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren.
Kein Recht auf automatische Kündigung
Weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer kann das Arbeitsverhältnis einseitig beenden, weil der Krankengeldanspruch endet. Der Arbeitgeber muss die gesetzlichen Vorgaben zur krankheitsbedingten Kündigung beachten und die besondere Stellung des Arbeitnehmers in dieser Situation berücksichtigen.
Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Aussteuerung
Falls ein Arbeitnehmer nach dem Auslaufen des Krankengeldes wieder arbeitsfähig wird, hat er das Recht, seine Arbeitsstelle erneut anzutreten. Eine Wiedereingliederung, eventuell mit angepassten Arbeitszeiten oder speziellen Tätigkeiten, kann die Rückkehr erleichtern.
Was passiert mit der Krankenversicherung nach der Aussteuerung?
Krankenversicherung über die Agentur für Arbeit
Wenn ein Arbeitnehmer nach dem Ende des Krankengeldes Arbeitslosengeld I bezieht, bleibt er weiterhin über die Agentur für Arbeit gesetzlich krankenversichert. Die Beiträge übernimmt in diesem Fall die Arbeitsagentur. Das Arbeitslosengeld sichert somit nicht nur den Lebensunterhalt, sondern schützt auch den Versicherungsschutz.
Freiwillige Krankenversicherung
Falls kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I besteht und auch kein Rentenbezug ansteht, kann eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Krankenkasse erforderlich werden. Die Kosten für diese Versicherung müssen in der Regel selbst getragen werden, sofern keine anderen Einkommensquellen oder Hilfen verfügbar sind. Die freiwillige Krankenversicherung sichert den notwendigen Gesundheitsschutz und kann mit der Krankenkasse individuell vereinbart werden.
So gehen Arbeitnehmer am besten vor
Frühzeitige Planung
Falls abzusehen ist, dass der Krankengeldanspruch bald endet, sollte rechtzeitig mit der Arbeitsagentur oder der Rentenversicherung Kontakt aufgenommen werden. So können mögliche Ansprüche geprüft und der Übergang geplant werden. Eine frühzeitige Vorbereitung erleichtert den Wechsel vom Krankengeld zum Arbeitslosengeld oder zur Erwerbsminderungsrente.
Beratung und Unterstützung in Anspruch nehmen
Insbesondere bei langen Krankheitsverläufen kann es hilfreich sein, sich rechtlich beraten zu lassen. Ein Anwalt im Arbeitsrecht kann die individuelle Situation bewerten und prüfen, ob eine Kündigung rechtlich gerechtfertigt wäre oder wie die besten Schritte für eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses aussehen könnten. Bei Fragen zur Rente oder zum Arbeitslosengeld bietet die Deutsche Rentenversicherung und die Arbeitsagentur kostenlose Beratungen an.
Fazit: Das Arbeitsverhältnis endet nicht automatisch mit dem Krankengeld
Das Ende des Krankengeldes bedeutet nicht das Ende des Arbeitsverhältnisses. Solange keine Kündigung ausgesprochen wird, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Arbeitgeber können nicht allein wegen des Auslaufens des Krankengeldes kündigen, sondern müssen den Grund der Kündigung umfassend belegen. Arbeitnehmer, die weiterhin arbeitsunfähig sind, können zudem auf Leistungen wie das Arbeitslosengeld I oder die Erwerbsminderungsrente zurückgreifen. Eine rechtzeitige Planung und gegebenenfalls die Beratung durch einen Experten können helfen, die finanziellen und beruflichen Unsicherheiten zu überbrücken.
FAQs
Kann mein Arbeitgeber mich einfach kündigen, wenn das Krankengeld endet?
Nein, das Ende des Krankengeldes allein rechtfertigt keine Kündigung. Der Arbeitgeber muss zusätzliche, strenge Bedingungen erfüllen und darf nur in besonderen Fällen kündigen.
Muss ich nach dem Ende des Krankengeldes Arbeitslosengeld beantragen?
Arbeitslosengeld I kann eine Option sein, falls Sie weiterhin arbeitsunfähig sind. Wenn Sie arbeitsfähig sind, könnten Sie direkt wieder arbeiten. Eine Anmeldung bei der Agentur für Arbeit ist jedoch sinnvoll, um finanzielle Lücken zu vermeiden.
Wie lange bekomme ich Arbeitslosengeld I nach der Aussteuerung?
Die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld I hängt von der Versicherungszeit und dem Alter ab. Ältere Arbeitnehmer mit langer Beitragszeit haben Anspruch auf bis zu 24 Monate Arbeitslosengeld I.
Was passiert mit meiner Krankenversicherung nach der Aussteuerung?
Während des Bezugs von Arbeitslosengeld I bleibt der Krankenversicherungsschutz über die Arbeitsagentur erhalten. Sollte kein Anspruch bestehen, ist eine freiwillige Krankenversicherung möglich, um den Versicherungsschutz aufrechtzuerhalten.
Welche Schritte sollte ich unternehmen, wenn das Krankengeld endet?
Sie sollten rechtzeitig mit der Arbeitsagentur Kontakt aufnehmen und gegebenenfalls Arbeitslosengeld I beantragen. Alternativ können Sie eine Erwerbsminderungsrente prüfen und sich bei Bedarf rechtlich beraten lassen, um das Arbeitsverhältnis abzusichern.