Habe ich nach einem Aufhebungsvertrag noch Anspruch auf Arbeitslosengeld?

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Vorsicht beim Aufhebungsvertrag: Sperrzeit und bessere Alternativen

Ein Aufhebungsvertrag – also die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses – klingt zunächst unkompliziert, birgt jedoch erhebliche Risiken. In nahezu jedem Fall zieht die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags (ähnlich wie eine Eigenkündigung) eine Sperrzeit von 12 Wochen beim Arbeitslosengeld I nach sich. Das bedeutet, dass man drei Monate kein Arbeitslosengeld erhält und diese Leistung auch nicht nachträglich ausgezahlt wird – sie geht dem Arbeitnehmer faktisch verloren. Selbst wenn man versucht, sich gegen die Sperrzeit zu wehren (zum Beispiel mit Widerspruch und Klage vor dem Sozialgericht), dauert ein solches Verfahren oft 3–4 Jahre. Diese langwierige Prozedur ist äußerst mühselig und teuer. Auch im Erfolgsfall hätte man dann lange Zeit ohne Geldleistungen dagestanden. Daher ist es in der Regel nicht ratsam, vorschnell einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben.

Bessere Alternative: Kündigung mit anwaltlicher Hilfe aushandeln

In fast allen Fällen ist es sinnvoller, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht verhandeln zu lassen, anstatt selbst einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Ein erfahrener Anwalt kann meist erreichen, dass die gewünschten Bedingungen (z. B. Abfindung, Zeugnis, Beendigungsdatum) anders umgesetzt werden – nämlich durch eine Kündigung seitens des Arbeitgebersmit anschließendem kurzem Verfahren vor dem Arbeitsgericht. In der Praxis bedeutet dies: Der Arbeitgeber spricht beispielsweise eine betriebsbedingte Kündigung aus, und der Arbeitnehmer erhebt Kündigungsschutzklage. Oft kommt es sehr zügig zu einem gerichtlichen Vergleich, in dem die Parteien sich einigen (zum Beispiel auf Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung).

Diese Vorgehensweise mag zunächst aufwendiger erscheinen, hat für den Arbeitnehmer aber entscheidende Vorteile:

  • Keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Bei einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung – insbesondere aus betrieblichen Gründen – droht keine 12-wöchige Sperrzeit. Die Agentur für Arbeit wertet eine betriebsbedingte Kündigung nicht als selbstverschuldete Arbeitslosigkeit. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld I bleibt somit erhalten und kann nahtlos in Anspruch genommen werden.
  • Verbindlicher Vergleich bindet den Arbeitgeber: Ein vor Gericht geschlossener Vergleich ist rechtlich bindend und verpflichtend für beide Seiten. Der Arbeitgeber muss die dort vereinbarten Bedingungen (etwa die Zahlung einer Abfindung oder die Ausstellung eines wohlwollenden Arbeitszeugnisses) einhalten. Er kann sich nicht nachträglich davon lösen. Der gerichtliche Vergleich bietet dem Arbeitnehmer somit höhere Sicherheit, da er bei Verstößen durch den Arbeitgeber direkt vollstreckt werden kann, ohne ein neues Verfahren beginnen zu müssen.
  • Rechtsschutzversicherung übernimmt die Kosten: Verfügt der Arbeitnehmer über eine Rechtschutzversicherung für Arbeitsrecht, übernimmt diese in der Regel die Kosten eines Kündigungsschutzverfahrens (Anwalts- und Gerichtskosten). Bei einem einvernehmlichen Aufhebungsvertrag hingegen zahlen Rechtsschutzversicherungen meistens nicht, da kein offizieller Rechtsstreit vorliegt. Das heißt, im Kündigungsfall sind Sie finanziell besser abgesichert, während man bei Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag oft auf den Kosten sitzenbleibt.

Fazit: Ein Aufhebungsvertrag sollte nur in Ausnahmefällen unterschrieben werden, weil er fast immer mit erheblichen Nachteilen – insbesondere der Sperrzeit beim Arbeitslosengeld – verbunden ist. In der Praxis fährt man deutlich besser, wenn man sich von einem Fachanwalt beraten lässt und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses über eine arbeitgeberseitige Kündigung mit anschließender Verhandlung vor dem Arbeitsgericht regelt. Diese Vorgehensweise schützt Ihre Ansprüche und sorgt dafür, dass Sie keine unnötigen finanziellen Einbußen erleiden.

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