Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.
Der Aufhebungsvertrag – Chancen und Risiken im Arbeitsrecht
Der Aufhebungsvertrag bietet Arbeitgebern und Arbeitnehmern die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Doch was macht diese Form der Vertragsgestaltung so besonders, und welche Stolpersteine sollten vermieden werden? Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte.
Grundlagen des Aufhebungsvertrags
Was ist ein Aufhebungsvertrag?
Ein Aufhebungsvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, durch die das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Zeitpunkt endet, ohne dass eine Kündigung erforderlich ist. Dies ermöglicht Flexibilität, kann jedoch auch rechtliche Risiken bergen
Unterschiede zwischen Aufhebungs- und Abwicklungsvertrag
Während der Aufhebungsvertrag die Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelt, dient der Abwicklungsvertrag der Klärung der Folgen einer bereits erfolgten Kündigung. Beide Varianten haben unterschiedliche rechtliche Implikationen
Die gesetzliche Grundlage (§ 623 BGB)
Ein Aufhebungsvertrag muss schriftlich geschlossen werden. Verstöße gegen dieses Formerfordernis führen zur Unwirksamkeit
Vorteile und Nachteile für Arbeitnehmer
Vorteile
Arbeitnehmer können oft eine Abfindung aushandeln, den Beendigungszeitpunkt flexibel gestalten und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis erhalten
Risiken
Der Verlust des Kündigungsschutzes und mögliche Nachteile beim Arbeitslosengeld sind wesentliche Risiken. Die Arbeitsagentur verhängt oft eine Sperrzeit von bis zu 12 Wochen, wenn der Vertrag ohne wichtigen Grund abgeschlossen wurde
Rechte und Pflichten der Parteien
Pflicht zur Schriftform
Nach § 623 BGB ist die Schriftform zwingend. Eine mündliche Einigung ist unwirksam
Aufklärungspflichten des Arbeitgebers
Arbeitgeber müssen über sozialrechtliche und steuerrechtliche Folgen informieren. Eine unterlassene Aufklärung kann zu Schadensersatzansprüchen führen
Häufige Klauseln im Aufhebungsvertrag
- Abfindung: Die Höhe ist Verhandlungssache und orientiert sich oft an der Betriebszugehörigkeit.
- Freistellung: Meistens erfolgt eine unwiderrufliche Freistellung unter Anrechnung von Resturlaub
. - Erledigungsklauseln: Diese verhindern spätere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis
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Besondere Gruppen im Arbeitsrecht
Leitende Angestellte
Aufhebungsverträge enthalten oft spezifische Regelungen, wie die Anrechnung von erfolgsabhängigen Vergütungen und die Rückgabe von Firmengegenständen
Geschäftsführer und Betriebsratsmitglieder
Für Geschäftsführer gelten keine Kündigungsschutzvorschriften, was Verhandlungen beeinflusst. Betriebsratsmitglieder müssen das Betriebsratsmandat niederlegen, wenn das Arbeitsverhältnis endet
Anfechtung und Widerruf
Anfechtung bei Druck oder Täuschung
Wurde der Vertrag unter psychischem Druck oder widerrechtlicher Drohung geschlossen, kann er angefochten werden
Das Gebot fairen Verhandelns
Das Bundesarbeitsgericht betont, dass Arbeitnehmer frei und ohne Zeitdruck entscheiden müssen
Praxisbeispiele
- Beispiel 1: Eine Abfindung wird angeboten, um eine Kündigung zu vermeiden.
- Beispiel 2: Der Arbeitnehmer handelt erfolgreich die Zahlung eines Outplacement-Services aus.
- Beispiel 3: Ein Mitarbeiter unterschreibt unter Zeitdruck, kann den Vertrag später aber erfolgreich anfechten
. - Beispiel 4: Ein Arbeitgeber schlägt einen Vertrag ohne Abfindung vor, der rechtlich dennoch wirksam ist
. - Beispiel 5: Bei einem Betriebsübergang bietet der neue Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag an, der rechtlich geprüft werden muss
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Tipps für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Bereiten Sie sich gut vor und lassen Sie den Vertrag von einem Fachanwalt prüfen. Nur so können Sie sicherstellen, dass Ihre Rechte gewahrt bleiben.
FAQs zum Aufhebungsvertrag
Wie kann ich mich vor einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld schützen?
Ein Aufhebungsvertrag führt in der Praxis fast immer zu einer Sperrzeit und weiteren Nachteilen beim Arbeitslosengeld. Der sicherste Weg, dies zu vermeiden, besteht darin, eine Kündigung zu erhalten und anschließend vor dem Arbeitsgericht eine Einigung – idealerweise im Rahmen eines Abkürzungsverfahrens – zu erzielen. In solchen Fällen ist eine Sperrzeit praktisch ausgeschlossen. Alternativ sollten Sie zumindest darauf bestehen, eine Kündigung mit anschließendem Abwicklungsvertrag durchzusetzen.
Der sicherste Weg: Kündigung und gerichtliche Einigung
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Warum eine Kündigung der bessere Weg ist:
Eine Kündigung schützt Sie vor dem Eindruck, freiwillig das Arbeitsverhältnis beendet zu haben, was die Arbeitsagentur häufig als Grundlage für eine Sperrzeit nutzt. Indem Sie gegen die Kündigung klagen, sichern Sie sich zudem die Möglichkeit, eine Abfindung oder bessere Vertragsbedingungen auszuhandeln. -
Vorteile eines Abkürzungsverfahrens vor dem Arbeitsgericht:
In einem solchen Verfahren wird oft schnell eine Einigung getroffen, beispielsweise durch einen Vergleich oder Abwicklungsvertrag. Solche gerichtlichen Einigungen schließen eine Sperrzeit in der Regel aus. -
Strategisches Vorgehen:
Verzichten Sie auf einen Aufhebungsvertrag und bestehen Sie darauf, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen kündigt. Nutzen Sie die anschließende Verhandlung vor Gericht, um faire Konditionen wie eine Abfindung und ein wohlwollendes Arbeitszeugnis zu sichern.
Alternative: Drohende Kündigung im Vertrag dokumentieren
Wenn Sie sich dennoch auf einen Aufhebungsvertrag einlassen müssen, sollten Sie den Eindruck vermeiden, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich auf Ihrem Wunsch basiert:
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Dokumentation einer drohenden Kündigung:
Lassen Sie im Vertrag ausdrücklich festhalten, dass der Arbeitgeber ohnehin eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen wollte. Solche Nachweise können der Arbeitsagentur als wichtiger Grund dienen, um eine Sperrzeit abzuwenden. -
Verbindliche schriftliche Regelungen:
Es muss klar und unmissverständlich dokumentiert sein, dass die Initiative zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber ausging.
Persönliche oder gesundheitliche Gründe anführen
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Persönliche Umstände:
Wenn Sie Mobbing, gesundheitliche Gefährdung oder unzumutbare Arbeitsbedingungen nachweisen können, erkennen viele Arbeitsagenturen dies als wichtigen Grund an. Sorgen Sie dafür, dass solche Umstände dokumentiert und im Vertrag berücksichtigt werden. -
Klarheit schaffen:
Verhandeln Sie gemeinsam mit einem Anwalt Formulierungen, die Ihre Notlage verdeutlichen, etwa Hinweise auf eine drohende gesundheitliche Schädigung oder die unerträglichen Arbeitsbedingungen.
Professionelle Beratung einholen
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Warum ein Anwalt entscheidend ist:
Ein spezialisierter Fachanwalt für Arbeitsrecht kann die Risiken eines Aufhebungsvertrags minimieren und den Vertrag so gestalten, dass er von der Arbeitsagentur akzeptiert wird. -
Gestaltung des Vertrags:
Anwälte achten darauf, dass Kündigungsfristen eingehalten werden, um eine Ruhenszeit zu vermeiden, und sorgen dafür, dass der Vertrag rechtlich einwandfrei und vorteilhaft für Sie ist.
Der sicherste Weg, Nachteile beim Arbeitslosengeld zu verhindern, bleibt eine Kündigung durch den Arbeitgeber und eine anschließende gerichtliche Einigung. Nur so können Sie das Risiko einer Sperrzeit effektiv ausschließen.
Kann ein Aufhebungsvertrag mündlich abgeschlossen werden?
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Schriftformerfordernis nach § 623 BGB:
Ein Aufhebungsvertrag ist nur wirksam, wenn er schriftlich geschlossen wird. Mündliche Vereinbarungen oder Absprachen, auch per E-Mail oder WhatsApp, sind rechtlich unwirksam. -
Rechtsfolgen bei fehlender Schriftform:
Ohne die Einhaltung der Schriftform bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Dies schützt Arbeitnehmer vor übereilten Entscheidungen und bietet eine klare Dokumentation für beide Parteien. -
Ausnahme: Geschäftsführer und Organmitglieder:
Für Geschäftsführer oder Organmitglieder gelten andere Regelungen, da diese oft nicht in den Schutzbereich des § 623 BGB fallen. Hier kann auch eine mündliche Vereinbarung rechtlich Bestand haben, dies sollte jedoch individuell geprüft werden.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat?
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Keine zwingende Beteiligung des Betriebsrats:
Anders als bei einer Kündigung muss der Betriebsrat bei einem Aufhebungsvertrag nicht zwingend beteiligt werden. Dies liegt daran, dass der Vertrag einvernehmlich geschlossen wird und keine Mitbestimmungsrechte greift. -
Beratung durch den Betriebsrat:
Arbeitnehmer können den Betriebsrat um Unterstützung oder Beratung bitten. Gerade wenn Unsicherheiten bestehen, kann der Betriebsrat helfen, die Inhalte des Aufhebungsvertrags zu bewerten und zu prüfen. -
Besonderheiten bei Betriebsratsmitgliedern:
Für Betriebsratsmitglieder gelten Sonderregelungen. Ein Aufhebungsvertrag muss hier ausdrücklich regeln, ob und wann das Mandat niedergelegt wird, da dieses nicht automatisch mit dem Arbeitsverhältnis endet.
Was passiert, wenn ich den Vertrag unterschrieben habe und es bereue?
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Prüfung auf Anfechtungsgründe:
Wenn Sie den Vertrag unter Täuschung, Drohung oder Irrtum unterzeichnet haben, können Sie diesen unter bestimmten Voraussetzungen anfechten. Beispielsweise bei einer widerrechtlichen Drohung des Arbeitgebers ist eine Anfechtung gemäß § 123 BGB möglich. -
Kein Widerrufsrecht:
Ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht in der Regel nicht. Dies gilt selbst dann, wenn der Vertrag außerhalb der Geschäftsräume des Arbeitgebers geschlossen wurde. Nur bei ausdrücklich vereinbarten Widerrufsrechten im Vertrag besteht eine Möglichkeit. -
Frühzeitige Beratung nutzen:
Unterschreiben Sie nie unter Druck und nehmen Sie sich eine Bedenkzeit. Im Zweifel sollte ein Anwalt den Vertrag prüfen, bevor Sie Ihre Unterschrift leisten. Nachträgliche Änderungen sind schwierig.
Ist eine Abfindung steuerfrei?
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Besteuerung der Abfindung:
Abfindungen sind grundsätzlich steuerpflichtig. Sie zählen als außerordentliche Einkünfte, unterliegen jedoch nicht der Sozialversicherungspflicht. Eine Steuerfreiheit besteht nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. -
Fünftelregelung nutzen:
Zur Minderung der Steuerlast kann die Fünftelregelung (§§ 24, 34 EStG) angewendet werden. Diese ermöglicht eine günstigere steuerliche Behandlung, indem die Abfindung auf fünf Jahre verteilt gerechnet wird, obwohl sie in einem Jahr ausgezahlt wird. -
Beratung durch Steuerexperten:
Um die Steuerlast optimal zu gestalten, sollten Sie vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags einen Steuerberater hinzuziehen. Dies ist besonders wichtig, wenn hohe Abfindungen vereinbart wurden.
Wie kann ich mich vor einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld schützen?
Kann ein Aufhebungsvertrag mündlich abgeschlossen werden?
Nein, die Schriftform ist zwingend
Welche Rolle spielt der Betriebsrat?
Der Betriebsrat wird bei einem Aufhebungsvertrag nicht beteiligt, kann aber beratend hinzugezogen werden
Was passiert, wenn ich den Vertrag unterschrieben habe und es bereue?
In Ausnahmefällen ist eine Anfechtung möglich, z. B. bei Täuschung oder Druck
Ist eine Abfindung steuerfrei?
Nein, aber die Steuerlast kann durch die sogenannte Fünftelregelung gemindert werden
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