Wie streike ich richtig?

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Das Streikrecht ist ein vom Grundgesetz geschütztes Recht. Ob im öffentlichen Dienst, in der Industrie oder im Einzelhandel – immer wieder kommt es zu Arbeitskämpfen, wenn sich Gewerkschaften und Arbeitgeber in Tarifverhandlungen nicht einigen. Doch was ist eigentlich ein Streik, wer darf daran teilnehmen, und welche Rechte und Pflichten gelten während eines Arbeitskampfes? Hier erfährst du alles, was du wissen musst.

Was bedeutet Streiken?

Ein Streik ist die kollektive Arbeitsniederlegung von Arbeitnehmern mit dem Ziel, bessere Arbeitsbedingungen oder höhere Löhne durchzusetzen. Dabei gibt es unterschiedliche Arten von Streiks:

  • Warnstreik: Kurzzeitige Arbeitsniederlegung als Druckmittel während laufender Tarifverhandlungen.
  • Erzwingungsstreik: Ein vollumfänglicher Streik nach einer gescheiterten Tarifverhandlung und Urabstimmung.
  • Wilder Streik: Ein nicht von der Gewerkschaft organisierter Streik – dieser ist in Deutschland unzulässig.

Arbeitsrechtliche Grundlagen zum Streik

In Deutschland ist das Streikrecht durch Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes geschützt. Dieses Recht gilt jedoch nicht uneingeschränkt:

  • Streiks sind nur erlaubt, wenn sie von einer tariffähigen Gewerkschaft organisiert werden.
  • Eine Urabstimmung muss ergeben, dass mindestens 75 % der Gewerkschaftsmitglieder für den Streik sind.
  • Während der Laufzeit eines Tarifvertrages gilt die Friedenspflicht, das heißt, Streiks sind untersagt.

Wann ist ein Streik erlaubt?

Nicht jeder Arbeitskampf ist rechtmäßig. Bestimmte Voraussetzungen müssen erfüllt sein:

  • Scheitern der Tarifverhandlungen: Erst wenn Verhandlungen endgültig gescheitert sind, darf zum Streik aufgerufen werden.
  • Aufruf durch eine Gewerkschaft: Einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen dürfen nicht selbstständig zum Streik aufrufen.
  • Verhältnismäßigkeit des Streiks: Das Streikziel muss im Verhältnis zur Dauer und Intensität der Arbeitsniederlegung stehen.

Darf jeder Arbeitnehmer streiken?

Grundsätzlich kann jeder Arbeitnehmer an einem rechtmäßigen Streik teilnehmen – auch, wenn er kein Gewerkschaftsmitglied ist. Es gibt jedoch Ausnahmen:

  • Beamte, Richter und Soldaten dürfen nicht streiken, da sie staatliche Aufgaben wahrnehmen.
  • Leiharbeiter dürfen zwar streiken, jedoch nicht auf Streikpositionen fest angestellte Arbeitnehmer ersetzen.
  • Praktikanten und Auszubildende können streiken, müssen aber beachten, dass ihre Ausbildungszeit nicht verlängert wird.

Rechte und Pflichten während eines Streiks

Während eines Streiks ruhen die Arbeitspflichten der Teilnehmer. Aber was bedeutet das konkret?

  • Muss ich mich beim Arbeitgeber abmelden? Nein, eine formelle Abmeldung ist nicht nötig, da die Gewerkschaft den Arbeitgeber über den Streik informiert.
  • Bekomme ich weiter Gehalt? Nein, während eines Streiks entfällt der Lohnanspruch. Gewerkschaftsmitglieder können jedoch Streikgeld beantragen.
  • Darf der Arbeitgeber Streikbrecher einsetzen? Ja, nicht streikende Mitarbeiter dürfen weiterarbeiten, Leiharbeiter dürfen aber keine bestreikten Stellen besetzen.

Streik


Fünf häufige Fragen rund um das Streikrecht

Was tun, wenn mein Chef mir verbietet zu streiken?

Ein Arbeitgeber darf einen rechtmäßigen Streik nicht verbieten. Wer trotzdem daran teilnimmt, kann nicht gekündigt werden.

In Deutschland kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber versuchen, Streiks zu verhindern oder Mitarbeiter davon abzuhalten, daran teilzunehmen. Doch darf ein Vorgesetzter das überhaupt?

Stellen wir uns vor, ein Arbeitnehmer möchte sich an einem von der Gewerkschaft organisierten Streik beteiligen. Sein Chef sagt ihm jedoch, dass Streiken in seinem Betrieb nicht geduldet werde und droht mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Der Mitarbeiter ist nun verunsichert: Darf er trotzdem streiken, ohne Konsequenzen fürchten zu müssen?

Rechtlich betrachtet ist ein solcher Streikverhinderungsversuch nicht zulässig. Das Streikrecht ist in Artikel 9 Absatz 3 des Grundgesetzes verankert und stellt ein fundamentales Recht der Arbeitnehmer dar. Ein Arbeitgeber kann einem Arbeitnehmer die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik nicht verbieten, und Sanktionen wie Abmahnungen oder Kündigungen aufgrund der Streikteilnahme wären unwirksam. Allerdings darf nur an rechtmäßigen, von einer Gewerkschaft organisierten Streiks teilgenommen werden – wilde Streiks sind nicht erlaubt.

Ein Beispiel: Ein Metallarbeiter will an einem Streik teilnehmen, aber sein Chef droht mit Kündigung. Der Arbeitnehmer kann sich auf sein Streikrecht berufen, und eine Kündigung wäre unwirksam.

Ein weiteres Beispiel: Eine Verkäuferin in einem Einzelhandelsunternehmen wird vom Arbeitgeber aufgefordert, während des Streiks trotzdem zu erscheinen. Sie ignoriert diese Anweisung und nimmt am Streik teil. Auch hier kann der Arbeitgeber keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen.

Arbeitnehmer haben das Recht zu streiken, sofern der Streik von einer Gewerkschaft organisiert ist. Arbeitgeber dürfen keine Sanktionen verhängen oder den Streik untersagen.


Kann ich während eines Streiks krankgeschrieben werden?

Ja, aber der Verdacht auf „Krankfeiern“ kann zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

Es kommt immer wieder vor, dass Arbeitnehmer sich krankmelden, während in ihrem Betrieb gestreikt wird. Doch ist das erlaubt oder kann es arbeitsrechtliche Konsequenzen haben?

Ein Arbeitnehmer fühlt sich gesundheitlich nicht wohl und bleibt zu Hause. Am gleichen Tag findet in seinem Betrieb ein Streik statt. Der Arbeitgeber vermutet, dass die Krankschreibung nur ein Vorwand ist, um nicht arbeiten zu müssen, und fordert eine genauere Prüfung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.

Rechtlich gesehen hat ein Arbeitnehmer das Recht, sich krankzumelden, wenn er tatsächlich arbeitsunfähig ist. Allerdings darf eine Krankschreibung nicht als Ausrede genutzt werden, um sich dem Streik anzuschließen, ohne offiziell teilzunehmen. Arbeitgeber können eine genauere Untersuchung der Arbeitsunfähigkeit verlangen, wenn sie den Verdacht haben, dass ein Arbeitnehmer seine Krankheit vortäuscht.

Ein Beispiel: Ein Angestellter im öffentlichen Dienst meldet sich am Tag eines Streiks krank. Da er jedoch später bei einer Streikversammlung gesehen wird, fordert der Arbeitgeber ein Attest eines Amtsarztes an.

Ein weiteres Beispiel: Eine Krankenschwester meldet sich während eines Krankenhausstreiks krank, hat aber eine bestätigte Diagnose und ein ärztliches Attest. In diesem Fall sind arbeitsrechtliche Maßnahmen unzulässig.

Eine echte Erkrankung schützt vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Wer jedoch nur zum Schein krankmeldet, um den Streik zu umgehen, riskiert Probleme mit dem Arbeitgeber.

Arbeitskampf


Darf mein Arbeitgeber die Streikzeit von meinem Arbeitszeitkonto abziehen?

Nein, der Arbeitgeber darf keine Minusstunden für die Teilnahme am Streik verbuchen.

Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob ihr Arbeitgeber ihnen die durch den Streik ausgefallenen Stunden als Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto anrechnen darf.

Ein Arbeitnehmer arbeitet in einem Unternehmen mit einem Gleitzeitmodell. Während eines Streiks legt er die Arbeit nieder. Nach Ende des Streiks stellt er fest, dass der Arbeitgeber ihm die Streikzeit als Minusstunden verbucht hat. Darf der Arbeitgeber das tun?

Die rechtliche Lage ist hier eindeutig: Ein Arbeitgeber darf keine Minusstunden für die Teilnahme an einem Streik berechnen. Während eines Streiks entfällt zwar der Lohnanspruch, aber die Arbeitszeit kann nicht einfach vom Zeitkonto abgezogen werden. Arbeitsgerichte haben dies in mehreren Urteilen bestätigt.

Ein Beispiel: Ein Büroangestellter nimmt an einem Streik teil. Der Arbeitgeber versucht, die Stunden auf das Gleitzeitkonto als Minusstunden zu verbuchen. Dies ist nicht zulässig.

Ein weiteres Beispiel: Ein Produktionsmitarbeiter ist in einem Betrieb mit festem Schichtplan beschäftigt. Nach dem Streik stellt er fest, dass sein Arbeitgeber ihm die Arbeitszeit als Fehlzeit einträgt. Auch dies ist nicht erlaubt.

Die Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik darf nicht als Minusstunde gewertet werden. Der Arbeitgeber kann jedoch für die ausgefallene Zeit keine Vergütung zahlen.


Bekomme ich während eines Streiks Lohn oder Streikgeld?

Lohn gibt es nicht, aber Gewerkschaftsmitglieder erhalten Streikgeld.

Viele Arbeitnehmer überlegen sich zweimal, ob sie streiken sollen, weil sie Angst haben, währenddessen kein Geld zu bekommen. Doch gibt es während eines Streiks finanzielle Unterstützung?

Ein Arbeitnehmer überlegt, an einem Streik teilzunehmen, ist sich aber unsicher, ob er in dieser Zeit weiterhin bezahlt wird. Er möchte wissen, ob er Streikgeld erhält und wie hoch dieses ausfällt.

Grundsätzlich gilt: Während eines Streiks gibt es keinen Lohn vom Arbeitgeber, da die Arbeitsleistung nicht erbracht wird. Gewerkschaftsmitglieder können jedoch Streikgeld erhalten. Die Höhe des Streikgeldes richtet sich nach dem gezahlten Gewerkschaftsbeitrag. Wer kein Gewerkschaftsmitglied ist, erhält während des Streiks keine Vergütung.

Ein Beispiel: Ein Angestellter ist Mitglied einer Gewerkschaft und erhält während des Streiks Streikgeld in Höhe von 2,5-mal seines Monatsbeitrags.

Ein weiteres Beispiel: Eine Reinigungskraft, die kein Gewerkschaftsmitglied ist, nimmt am Streik teil. Sie erhält kein Streikgeld und muss sich finanziell auf den Lohnausfall einstellen.

Während eines Streiks gibt es keinen Lohn, aber Gewerkschaftsmitglieder können Streikgeld beantragen.


Was passiert, wenn ich wegen des Streiks nicht zur Arbeit komme?

Wer wegen eines Streiks (z. B. im Nahverkehr) nicht rechtzeitig zur Arbeit kommt, muss dennoch für pünktliches Erscheinen sorgen.

Wenn der öffentliche Nahverkehr bestreikt wird, stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage, ob sie trotzdem pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen müssen.

Ein Arbeitnehmer fährt normalerweise mit dem Zug zur Arbeit. Wegen eines Streiks im öffentlichen Nahverkehr fallen alle Verbindungen aus. Er kommt deshalb zu spät und erhält eine Abmahnung. Ist das rechtens?

Hier gilt das sogenannte Wegerisiko: Arbeitnehmer müssen sicherstellen, dass sie pünktlich am Arbeitsplatz erscheinen – auch wenn Streiks im Nahverkehr zu Verzögerungen führen. Wer sich auf einen Streik als Entschuldigung verlässt, riskiert eine Abmahnung oder einen Lohnabzug.

Ein Beispiel: Eine Büroangestellte kommt wegen eines Bahnstreiks zu spät zur Arbeit. Da der Streik vorher angekündigt wurde, hätte sie eine frühere Verbindung nehmen oder eine alternative Anreise planen müssen. Eine Abmahnung ist hier zulässig.

Ein weiteres Beispiel: Ein Arbeitnehmer kann wegen eines kurzfristig angekündigten Streiks nachweislich nicht pünktlich erscheinen. In diesem Fall wäre eine Abmahnung nicht gerechtfertigt.

Arbeitnehmer müssen trotz Streiks im öffentlichen Nahverkehr pünktlich zur Arbeit kommen. Wer zu spät kommt, sollte sich frühzeitig mit dem Arbeitgeber in Verbindung setzen, um arbeitsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

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