Änderungskündigung im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.
Im Arbeitsalltag spielt die Änderungskündigung besonders bei betrieblichen Umbrüchen, Sparmaßnahmen oder Anpassungen an neue Marktbedingungen eine Rolle. Der Arbeitgeber kündigt das bisherige Arbeitsverhältnis und bietet gleichzeitig an, es zu veränderten Konditionen fortzuführen. Dabei kann es etwa um Arbeitsort, Arbeitszeit, Aufgaben oder Gehalt gehen. Nimmt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer das Angebot an, bleibt der Job unter den neuen Bedingungen bestehen; lehnt er es ab, wirkt die Erklärung als normale Kündigung. Die Änderungskündigung ist in § 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) geregelt und erfordert einen sachlich rechtfertigenden Grund, beispielsweise dringende betriebliche Erfordernisse. Oft steht nur wenig Zeit zur Verfügung: Arbeitnehmer:innen müssen innerhalb weniger Wochen entscheiden, ob sie annehmen oder klagen. Der Betriebsrat muss nach § 102 BetrVG beteiligt werden. Viele Betroffene sind daher verunsichert und fragen sich, wie sie sich verhalten sollen. In diesem Artikel klären wir ausführlich, was eine Änderungskündigung bedeutet, welche rechtlichen Hürden es gibt und wie Arbeitnehmer:innen sowie Betriebsräte darauf reagieren können.
Kurz und knapp: Eine Änderungskündigung ist formal eine Kündigung nach §2 KSchG, verbunden mit dem Angebot auf Weiterarbeit unter geänderten Bedingungen. Sie wird oft als „milderes Mittel“ statt einer vollständigen Kündigung eingesetzt. Für ihre Wirksamkeit müssen grundsätzlich dieselben Voraussetzungen wie bei einer ordentlichen Kündigung vorliegen (z.B. betriebliche, verhaltens- oder personenbedingte Gründe). Betriebsrat und Fristen sind zu beachten. Arbeitnehmer:innen sollten bei Erhalt einer Änderungskündigung umgehend reagieren und ihre Rechte prüfen.
Voraussetzungen und Ablauf
Nach § 2 KSchG muss der Arbeitgeber mit der Kündigung ein konkretes Angebot vorlegen, das Arbeitsverhältnis unter veränderten Bedingungen fortzuführen. Formal gelten dabei alle Anforderungen einer ordentlichen Kündigung: Die Erklärung muss schriftlich erfolgen und alle üblichen Kündigungsvoraussetzungen erfüllen. Insbesondere müssen die allgemeinen Gründe aus § 1 KSchG gegeben sein, wenn der Kündigungsschutz greift: personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe. Die Änderungskündigung gilt dabei als „milderes Mittel“ gegenüber einer reinen Beendigungskündigung. Das Bundesarbeitsgericht weist darauf hin, dass Arbeitgeber einer normalen Kündigung Vorrang einräumen müssen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Das bedeutet: Kann der Arbeitgeber das gewünschte Ziel (z.B. Kostensenkung) anders erreichen (tarif- oder vertragsgemäß oder durch Direktionsrecht nach § 106 GewO), muss er zunächst prüfen, ob eine einvernehmliche Lösung möglich ist oder ob eine einfache Kündigung greifen kann. Ist dagegen eine Anpassung des Vertragszwecks erforderlich, die das Weisungsrecht nicht abdeckt, ist die Änderungskündigung zulässig.
Der Ablauf einer Änderungskündigung unterscheidet sich im Detail nicht von einer normalen Kündigung: Der Arbeitnehmer erhält ein Kündigungsschreiben, in dem die neuen Bedingungen (z.B. neuer Arbeitsort, andere Arbeitszeit, Gehaltsänderung) klar benannt sind. Gleichzeitig wird die Fortsetzung zu diesen Bedingungen angeboten. Fristen spielen eine große Rolle: Oft setzt der Arbeitgeber in der Änderungskündigung eine kurze Annahmefrist. Nach Rechtsprechung löst eine zu kurze Frist keine Nichtigkeit aus – stattdessen läuft dann die gesetzliche Mindestfrist (in der Regel drei Wochen). Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer innerhalb dieser Frist (bzw. der Kündigungsfrist) eindeutig erklärt, ob er das Angebot unter Vorbehalt akzeptiert oder es ablehnt. Verpasst er die Frist, wird seine Zustimmung als erloschen angesehen. Bei Annahme unter Vorbehalt beginnt ebenfalls die Klagefrist. Arbeitnehmer:innen, die die Änderung für ungerechtfertigt halten, sollten rechtzeitig Kündigungsschutzklage erheben oder den Vorbehalt erklären.
Zusammenfassung: Für eine wirksame Änderungskündigung müssen die allgemeinen Kündigungsvoraussetzungen erfüllt sein, wie etwa dringende betriebliche Gründe. Sie ist formell eine Kündigung, verbunden mit einem konkreten Änderungsangebot. Der Arbeitgeber sollte prüfen, ob das Direktionsrecht ausreicht; wenn nicht, bedarf es der Änderungskündigung. Arbeitnehmer müssen schnell reagieren und innerhalb der Frist zustimmen oder Kündigungsschutzklage einreichen.
Unterschied zum Weisungsrecht und zur Versetzung
Das Weisungsrecht nach § 106 GewO erlaubt dem Arbeitgeber, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung im Rahmen des Arbeitsvertrags festzulegen. Innerhalb dieser Grenzen kann der Arbeitgeber kurzfristige Änderungen etwa der täglichen Arbeitszeit oder des Einsatzorts vornehmen. Geht es aber um grundlegende Vertragsänderungen – etwa Lohnkürzungen oder eine dauerhafte Verlagerung in eine unterbezahlte Filiale – muss das Weisungsrecht passen. Entscheidend ist, dass die geplante Änderung über das vertraglich Vereinbarte hinausgeht. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar: Ließen sich die gewünschten Änderungen bereits durch Ausübung des Direktionsrechts realisieren, lag kein „Änderung der Arbeitsbedingungen“ im Sinne des § 2 KSchG vor. Eine Änderungskündigung ist demnach unzulässig, wenn die neuen Bedingungen auch durch die normale Weisungspflicht gedeckt werden können.
Die klassische Versetzung eines Arbeitnehmers („Zwangsversetzung“) erfolgt oft im Rahmen des Direktionsrechts oder durch eine Versetzungsklausel im Vertrag. Wenn keine solche Grundlage existiert oder der Betriebsrat zustimmen muss (§ 99 BetrVG), greift die Änderungskündigung insoweit nur indirekt. So sieht § 99 BetrVG vor, dass Versetzungen die Zustimmung des Betriebsrats benötigen. Ein Angebot auf einen neuen Arbeitsplatz in einer Änderungskündigung greift daher nur, wenn der Betriebsrat nach § 99 zustimmt oder dies gerichtlich ersetzt wurde.
Kurz gesagt: Die Änderungskündigung ersetzt nicht direkt die Versetzung. Ist eine Mitbestimmungspflicht gegeben (z.B. beim Wechsel des Arbeitsorts), muss der Betriebsrat eingebunden werden. Nur wenn das Weisungsrecht an seine Grenzen stößt – etwa ein Arbeitsplatz an einem ungünstigen Standort ohne arbeitsvertragliche Versetzungsklausel – braucht der Arbeitgeber eine Änderungskündigung. Im Unterschied zu einer ordentlichen Kündigung hat der Arbeitnehmer bei einer Änderungskündigung die Option, das Arbeitsverhältnis im Betrieb fortzusetzen, allerdings zu anderen Bedingungen. Dies macht sie zu einem „milderen Mittel“ als die reine Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Zusammenfassung: Das Weisungsrecht des Arbeitgebers (§106 GewO) erlaubt nur Änderungen, die im Arbeitsvertrag schon vereinbart sind. Für tiefgreifende Änderungen (z.B. Gehaltskürzung, neuer Arbeitsort) bedarf es einer Änderungskündigung. Eine Zwangsversetzung erfordert nach §99 BetrVG die Zustimmung des Betriebsrats – die Änderungskündigung kann diese Zustimmung nicht ersetzen. Im Gegensatz zur regulären Kündigung erhält der Arbeitnehmer bei Annahme der Änderungskündigung weiterhin Beschäftigung im Unternehmen.
Mitwirkung des Betriebsrats
Bei jeder Änderungskündigung muss der Betriebsrat nach § 102 BetrVG angehört werden – genauso wie bei jeder anderen Kündigung auch. Zusätzlich handelt es sich faktisch oft um eine Versetzung (wenn etwa der Arbeitsort wechselt), sodass nach § 99 BetrVG ein Zustimmungserfordernis eintritt. Das heißt: Die Änderungskündigung löst zwei Beteiligungsrechte aus – die normale Kündigungsanhörung (§ 102) und die Versetzungsanhörung (§ 99). Der Arbeitgeber muss also die Einbindung des Betriebsrats sicherstellen, bevor die Kündigung wirksam wird. Erfolgt keine ordnungsgemäße Anhörung, kann die Änderungskündigung unwirksam sein.
Die Zustimmung des Betriebsrats kann zudem entscheidend sein. Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung zur vorgesehenen Versetzung (§ 99 BetrVG), können die neuen Bedingungen in der Änderungskündigung nicht umgesetzt werden – selbst wenn die Kündigung an sich sozial gerechtfertigt ist. Das Bundesarbeitsgericht stellte dazu fest, dass ohne Betriebsratszustimmung die tatsächliche Durchführung der Versetzung unzulässig bleibt. Bis eine Zustimmung (oder ein Ersatzbeschluss des Gerichts) vorliegt, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dem alten Arbeitsplatz weiterbeschäftigen.
Zusammenfassung: Der Betriebsrat muss bei einer Änderungskündigung nach §102 BetrVG angehört werden, da es sich um eine Kündigung handelt. Zudem kann eine geplante Versetzung oder neue Einsatzklausel den Anwendungsbereich von §99 BetrVG auslösen. Fehlt die Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung, kann der Arbeitgeber die Änderung nicht durchsetzen. In der Praxis sollte der Betriebsrat früh eingebunden werden und auf korrekte Anhörung bestehen.
Tipps für Arbeitnehmer
Bei Erhalt einer Änderungskündigung sollten Sie unbedingt schnell reagieren. Prüfen Sie als Erstes die gesetzten Fristen – in der Regel muss jede Klage (oder Vorbehaltsannahme) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erfolgen. Verpassen Sie diese Frist, gilt die Änderungskündigung als stillschweigend akzeptiert. Holen Sie zudem Rat ein, etwa bei einer Gewerkschaft oder einem Fachanwalt, um Ihre Rechte zu wahren.
Eine wichtige Option ist die Annahme unter Vorbehalt. Nach § 2 Satz 1 KSchG kann der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung sozial ungerechtfertigt ist. Erklären Sie also in der Frist schriftlich, dass Sie das neue Angebot nur unter Vorbehalt annehmen. Damit sichern Sie sich Ihren Arbeitsplatz und können gleichzeitig die Angemessenheit der Änderungen gerichtlich prüfen lassen. In der anschließenden Kündigungsschutzklage können Sie geltend machen, dass beispielsweise eine Lohnkürzung oder andere Bedingungen unzumutbar sind. Bleiben Ihre Bedenken berechtigt, entscheidet das Gericht, dass es beim alten Arbeitsvertrag bleibt.
Wenn Sie das Angebot ablehnen, verfällt in der Regel Ihr Arbeitsverhältnis am Ende der Kündigungsfrist – als wäre es eine normale Beendigungskündigung. Dann müssten Sie innerhalb der Frist gegen die Kündigung klagen (Kündigungsschutzklage). Eine reine Ablehnung ohne Klage führt dagegen dazu, dass der Vertrag ausläuft. Beachten Sie: Nehmen Sie das Angebot hingegen ungeachtet eines Vorbehalts und verlieren später das Kündigungsschutzverfahren, wird aus der Änderungskündigung eine reguläre Kündigung – Sie verlieren den Arbeitsplatz.
Weitere Tipps:
- Vorbehaltsannahme prüfen: Sie ermöglicht es, den Job zu behalten und die Änderungen gerichtlich kontrollieren zu lassen.
- Betriebsrat informieren: Fragen Sie Ihren Betriebsrat umgehend um Unterstützung. Er kann auf formale Fehler hinweisen oder – falls eine Versetzung geplant ist – seine Zustimmung verweigern, was die Umsetzung erschwert.
- Form beachten: Die Vorbehaltsannahme kann formlos erfolgen (schriftlich, mündlich oder sogar im Klageformular). Wichtig ist, dass Sie einen klaren zeitlichen Bezug (innerhalb der Frist) herstellen.
- Anwalt kontaktieren: Bei Unklarheiten hilft ein Anwalt. Gerade die Unterscheidung von Direktionsrecht und Änderungskündigung ist komplex – juristischer Rat schützt Ihre Rechte.
Zusammenfassung: Reagieren Sie umgehend auf eine Änderungskündigung und beachten Sie die Fristen (meist 3 Wochen). Die Vorbehaltsannahme sichert Ihren Arbeitsplatz und ermöglicht eine gerichtliche Prüfung der Änderung. Holen Sie möglichst früh Rat ein (z.B. beim Betriebsrat oder Anwalt) und prüfen Sie, ob die Forderungen des Arbeitgebers überhaupt rechtlich zulässig sind.
FAQ – Häufige Fragen
1. Was bedeutet „Annahme unter Vorbehalt“ einer Änderungskündigung?
Einleitung: Mit der Annahme unter Vorbehalt können Arbeitnehmer:innen das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot akzeptieren und gleichzeitig dessen Sozialgerechtigkeit in Zweifel ziehen. Dies ist eine Reaktionsmöglichkeit nach § 2 Satz 1 KSchG.
Analyse: Durch die Vorbehaltsannahme bleibt das Arbeitsverhältnis zunächst bestehen. Zugleich bekunden Arbeitnehmer:innen, dass sie dem Arbeitsvertrag nur unter Vorbehalt zustimmen und im Zweifel die ursprünglichen Bedingungen einfordern wollen. In der Frist zur Einreichung einer Kündigungsschutzklage (i.d.R. drei Wochen) kann der Arbeitnehmer dann gerichtlich klären lassen, ob die neuen Bedingungen (§ Gehalt, Arbeitszeit, etc.) sozial gerechtfertigt sind.
Rechtliche Einordnung: § 2 Satz 1 KSchG erlaubt ausdrücklich die Annahme unter dem Vorbehalt, dass die Änderung sozial ungerechtfertigt ist. Diese Möglichkeit besteht nur, wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist (in der Regel mindestens sechs Monate Betriebszugehörigkeit und mehr als zehn Beschäftigte im Betrieb). Erklärt der Arbeitnehmer den Vorbehalt rechtzeitig, wird sein Arbeitsplatz gesichert, bis das Gericht über die Änderungskündigung entscheidet.
Fallbeispiel 1: Ein Buchhalter erhält eine Änderungskündigung: Sein Arbeitsplatz soll in eine andere Stadt verlagert werden. Er nimmt das Angebot auf den neuen Standort schriftlich an und fügt hinzu, dass diese Änderung für ihn nur unter dem Vorbehalt gilt, dass sie sozial gerechtfertigt ist. Danach reicht er fristgerecht Klage ein. So bleibt er zunächst weiter beschäftigt und kann vor Gericht prüfen lassen, ob die Versetzung gerechtfertigt ist.
Fallbeispiel 2: Eine langjährige Sachbearbeiterin bekommt angeboten, künftig 20 % weniger Gehalt bei längerer Wochenarbeitszeit zu erhalten. Sie akzeptiert die Änderungskündigung unter Vorbehalt. In ihrer Klage argumentiert sie, dass der Gehaltsabzug angesichts vergleichbarer Arbeitsplätze im Betrieb unzumutbar ist. Das Gericht prüft das Angebot. Stellt es die Unzumutbarkeit fest, bleibt die alte Gehaltsvereinbarung erhalten. Andernfalls tritt die neue Vertragsregelung mit reduziertem Gehalt in Kraft.
Fazit: Die Annahme unter Vorbehalt sichert Ihnen zunächst den Arbeitsplatz. Innerhalb der Frist können Sie die Änderung gerichtlich überprüfen lassen. Sofern das Gericht Ihre Bedenken bestätigt, gelten nachträglich die alten Arbeitsbedingungen fort. Beachten Sie die Fristen genau und formulieren Sie den Vorbehalt klar.
2. Welche Fristen gelten bei einer Änderungskündigung?
Einleitung: Bei jeder Änderungskündigung gelten für Arbeitnehmer:innen strenge Fristen. Hauptsächlich gilt die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG nach Zugang der Kündigung.
Analyse: Wie bei einer regulären Kündigung beginnt auch hier ab Zustellung der Änderungskündigung die Frist für eine Kündigungsschutzklage (drei Wochen). Zusätzlich enthält § 2 Satz 2 KSchG eine Sonderregelung für den Vorbehalt: Befindet sich der Arbeitsplatz nach Ablehnung noch unangefochten, muss der Arbeitnehmer den Vorbehalt innerhalb dieser Dreiwochenfrist erklären. Der Arbeitgeber kann zwar im Kündigungsschreiben eine kürzere Annahmefrist setzen (z.B. eine Woche), doch läuft bei zu kurzen Fristen die gesetzliche Mindestfrist automatisch. Das bedeutet: Selbst wenn der Arbeitgeber nur einen kurzen Zeitraum vorgibt, kann der Arbeitnehmer maximal drei Wochen Zeit nutzen. Innerhalb dieser Frist muss auch erklärt sein, ob er annimmt (mit oder ohne Vorbehalt) oder notfalls Klage erhebt.
Rechtliche Einordnung: Entscheidend ist, dass die gesetzliche Frist nicht unterschritten werden darf. BAG-Satzung betont, dass beim Vorbehalt die Erklärung „spätestens innerhalb von drei Wochen“ zu erfolgen hat. Für die wirksame Anfechtung einer Änderungskündigung (Klage) gilt ebenfalls die Dreiwochenfrist ab Zugang. Wer die Frist versäumt, verliert sein Recht, gegen die Kündigung vorzugehen.
Fallbeispiel 1: Ein Arbeitnehmer erhält am 1. Juni eine Änderungskündigung mit geänderten Arbeitszeiten und soll innerhalb einer Woche entscheiden. Er erklärt am 7. Juni (letzter Tag) seine Annahme unter Vorbehalt. Da er damit innerhalb der gesetzlichen Frist reagiert, ist die Vorbehaltsannahme wirksam. Er hat damit zu dem Zeitpunkt seine Klagefrist gewahrt.
Fallbeispiel 2: Eine Arbeitnehmerin erhält eine Änderungskündigung ohne gesonderte Fristangabe. Sie wartet bis zum 20. Juni (über drei Wochen) ab, ohne zu reagieren. Danach legt sie eine Vorbehaltsannahme am 22. Juni beim Arbeitgeber vor. Da die dreiwöchige Klagefrist ab dem Zustellungsdatum (1. Juni) bereits am 22. Juni abgelaufen war, kann die Änderungskündigung nicht mehr effektiv angefochten werden. Ihre verspätete Erklärung wird als unwirksam angesehen, die neuen Bedingungen treten ein.
Fazit: Prüfen Sie beim Erhalt genau, welche Fristen gesetzt wurden, und reagieren Sie möglichst sofort. Die gesetzliche Dreiwochenfrist kann Ihr Recht auf Klage oder Vorbehaltsannahme sichern. Überschreiten Sie diese Frist, verlieren Sie in der Regel alle Ansprüche gegen die Kündigung.
3. Kann der Arbeitgeber Arbeitsbedingungen einfach einseitig ändern?
Einleitung: Ein Arbeitgeber darf nicht beliebig einseitig die Vertragsbedingungen zu Ungunsten der Arbeitnehmer ändern. Er besitzt zwar ein Weisungsrecht (§ 106 GewO) für betriebliche Anweisungen, doch dieses hat klare Grenzen.
Analyse: Das Weisungsrecht erlaubt es, den Inhalt, den Einsatzort und die Arbeitszeit innerhalb des Arbeitsvertrags näher zu bestimmen. Es deckt jedoch nicht schwerwiegende Änderungen ab. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass Änderungen, die ein Arbeitgeber bereits durch sein Direktionsrecht realisieren kann, nicht als „Änderung der Arbeitsbedingungen“ i.S.d. § 2 KSchG gelten. Zum Beispiel kann ein Chef kurzfristig die tägliche Arbeitszeit flexibel handhaben oder einen Arbeitnehmer an einen anderen Betriebsteil versetzen, wenn dies vertraglich gedeckt ist. Anders verhält es sich bei dauerhaften Änderungen, die wesentliche Vertragspunkte betreffen (besseres Beispiel: Lohnkürzung oder Versetzung ohne tarifliche Erlaubnis). Hier würde der Arbeitgeber ohne Änderungskündigung gegen Arbeitsvertragsrecht verstoßen.
Rechtliche Einordnung: § 2 KSchG setzt voraus, dass dem Arbeitnehmer ein „Angebot zu veränderten Bedingungen“ gemacht wird. Kann der Arbeitgeber die angestrebte Anpassung auch ohne Kündigung (durch Ausübung seines Weisungsrechts oder bestehende Vereinbarungen) erreichen, ist eine Änderungskündigung unzulässig. Erst wenn das Weisungsrecht an seine Grenze stößt – z.B. weil eine Lohnreduktion nicht kraft Weisungsrecht durchgesetzt werden kann – ist die Änderungskündigung das erforderliche Mittel.
Fallbeispiel 1: In einem Dienstvertrag steht, dass ein Vertriebsmitarbeiter innerhalb des gleichen Ortes eingesetzt wird. Sein Arbeitgeber ordnet an, dass er künftig jeden Montag im anderen Büro arbeitet. Da dies unter § 106 GewO (Änderung des Einsatzorts innerhalb derselben Stadt) fallen kann, muss keine Änderungskündigung erfolgen. Der Arbeitnehmer muss dieser Weisung im Rahmen des Direktionsrechts folgen, da der Arbeitsvertrag flexiblen Einsatz vorsah.
Fallbeispiel 2: Eine Mitarbeiterin verdient 3.000 € monatlich. Der Chef versucht, ihr per Weisung eine dauerhafte Gehaltskürzung auf 2.700 € aufzudrücken. Dies geht über das normale Weisungsrecht hinaus, weil das Arbeitsentgelt ein zentrales Vertragsbestandteil ist. Um diese Änderung durchzusetzen, muss der Arbeitgeber ihr formell eine Änderungskündigung aussprechen. Erst mit Änderungskündigung erhält die neue Lohnhöhe Gültigkeit; andernfalls wäre eine einseitige Gehaltskürzung unzulässig.
Fazit: Arbeitnehmer dürfen nicht einfach auf niedrigere Löhne oder unliebsame Arbeitszeiten festgelegt werden, wenn es dafür keinen vertraglichen Rückhalt gibt. Unterschreiten geplante Änderungen den Deckungsrahmen des Weisungsrechts (§ 106 GewO), muss der Arbeitgeber sie durch eine Änderungskündigung ankündigen. Prüfen Sie in Zweifelsfällen gemeinsam mit dem Betriebsrat, ob die neuen Forderungen tatsächlich per Direktionsrecht zulässig sind oder nicht.
4. Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei einer Änderungskündigung?
Einleitung: Der Betriebsrat hat bei einer Änderungskündigung starke Mitbestimmungsrechte. Er muss frühzeitig informiert und angehört werden. Ohne korrekte Beteiligung droht dem Arbeitgeber die Rechtswidrigkeit der Maßnahme.
Analyse: Bei einer Änderungskündigung tritt der Betriebsrat mit zwei Aufgaben auf: Zum einen ist er wie bei jeder Kündigung nach § 102 BetrVG anzuhören. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss ihm den Kündigungsgrund und das beabsichtigte neue Arbeitsverhältnis mitteilen. Zum anderen führt eine Änderungskündigung oft zu einem Arbeitsplatzwechsel oder einer neuen Tätigkeit – hier greift das Versetzungsrecht nach § 99 BetrVG. Der Betriebsrat kann dann zustimmen oder die Zustimmung verweigern. Entscheidet er sich gegen die Versetzung, bedeutet dies, dass die Änderungskündigung faktisch nicht vollzogen werden kann, selbst wenn das Arbeitsgericht die Kündigung für wirksam hält.
Rechtliche Einordnung: Nach BAG-Rechtsprechung muss der Betriebsrat nicht nur über die Kündigung informiert werden, sondern seine Zustimmung ist für die tatsächliche Zuweisung des neuen Arbeitsplatzes verbindlich. Fehlt diese Zustimmung (§ 99 Abs. 1 BetrVG) und ist sie nicht gerichtlich ersetzt, bleiben die neuen Bedingungen (z.B. der neue Einsatzort) wirkungslos. Das Gericht kann also nicht anordnen, dass der Arbeitnehmer den neuen Bedingungen folgt, solange der § 99-Verfahren nicht abgeschlossen ist. Während des laufenden Verfahrens hält der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach bisherigen Konditionen weiterbeschäftigt.
Fallbeispiel 1: In einer Produktionsfirma kündigt der Arbeitgeber einem Mitarbeiter mit Verweis auf Kostensenkungen einen Umzug in das Werk einer anderen Stadt an. Er unterlässt jedoch die formgerechte Anhörung des Betriebsrats. Der Mitarbeiter wendet sich an den BR, der geltend macht, er sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Kommt der BR zu dem Schluss, dass die Anhörung fehlerhaft war, kann der Arbeitnehmer nachträglich Schadensersatzansprüche prüfen lassen. Unter Umständen kann das Arbeitsgericht die Änderungsschutzklage statt der Kündigungsschutzklage zulassen und etwaige Verluste abgelten.
Fallbeispiel 2: Eine Sekretärin soll in einer Änderungskündigung ab September in eine andere Niederlassung versetzt werden. Der Betriebsrat wird angehört und verweigert schließlich seine Zustimmung zur Versetzung (§ 99 BetrVG). Der Arbeitgeber führt dennoch den neuen Standort im Kündigungsschutzprozess an. Das Gericht entscheidet jedoch, dass ohne Zustimmung des BR die Versetzung wirksam behindert ist. Die Änderungskündigung bleibt zwar bestehen, doch kann die Sekretärin nicht zum neuen Arbeitsort versetzt werden. Sie bleibt bis zur endgültigen Klärung zu ihrem alten Arbeitsplatz zu beschäftigen.
Fazit: Der Betriebsrat ist ein wichtiger Verbündeter. Er muss bei Änderungskündigungen immer beteiligt werden. Eine verweigerte Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung nach §99 BetrVG blockiert effektiv die Umsetzung der Änderungen. Als Arbeitnehmer sollten Sie daher umgehend den BR einschalten und seine Unterstützung erbitten, wenn Sie eine Änderungskündigung erhalten.
5. Was passiert, wenn ich das Angebot der Änderungskündigung ablehne?
Einleitung: Ablehnt ein Arbeitnehmer das Änderungsangebot ausdrücklich, wird das Arbeitsverhältnis in der Regel zum Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Danach kann er eine normale Kündigungsschutzklage einreichen.
Analyse: Lehnt man die Änderungskündigung ab, wirkt sie wie eine reguläre Beendigungskündigung. Das heißt, der Arbeitnehmer verliert den Arbeitsplatz mit Ende der Kündigungsfrist, es sei denn, er erhebt fristgerecht Klage. In einem solchen Fall prüft das Gericht dann nicht mehr die geänderten Bedingungen, sondern die Wirksamkeit der Kündigung selbst. Fehlen valide Kündigungsgründe, kann das Arbeitsgericht die Kündigung unwirksam erklären oder einen Schadensersatz (Abfindung) zusprechen. Anders als bei Vorbehaltsannahme hat der Arbeitnehmer dann keine vertragliche Rückfalloption: Er kann nur noch versuchen, die Kündigung aus allgemeinen Gründen anzufechten. Wichtig ist, dass er innerhalb von drei Wochen nach Zugang klagt, sonst verliert er jede Rechtsposition.
Rechtliche Einordnung: Die Änderungskündigung enthält nach § 2 KSchG das Angebot neuer Bedingungen, das ohne Annahme des Arbeitnehmers wirkungslos bleibt. Erst dann verhält sich die Kündigung wie jede andere Kündigung. Versäumt der Arbeitnehmer die Klagefrist, wird selbst diese Kündigung wirksam. Er kann die Ablehnung des Angebots also nur vor Gericht durchsetzen, indem er – anstelle einer Vorbehaltsannahme – eine Kündigungsschutzklage erhebt.
Fallbeispiel 1: Ein Monteur bekommt das Angebot, künftig Vollzeit statt wie bisher Teilzeit zu arbeiten. Er lehnt die Änderung schriftlich ab und arbeitet bis Ablauf der Frist noch weiter. Der Arbeitgeber kündigt anschließend fristgerecht ordentlich. Der Monteur unternimmt nichts weiter. Da er keine Klage erhoben hat, gilt das Arbeitsverhältnis als beendet. Er kann nachträglich nichts mehr am Ergebnis ändern.
Fallbeispiel 2: Eine Buchhalterin erhält ein Angebot auf weniger Gehalt und längere Arbeitszeit. Sie lehnt die Änderungskündigung ab und reicht am letzten Tag der Frist Kündigungsschutzklage ein. Im Prozess behauptet sie, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt (fehlende Sozialauswahl). Das Gericht prüft die Umstände. Ist die Kündigung tatsächlich unwirksam (z.B. weil viele vergleichbare Stellen im Betrieb frei sind), erhält sie weiterhin ihren alten Vertrag oder einen Schadensersatz. Wurde die Kündigung jedoch für rechtmäßig befunden, verliert die Buchhalterin die Klage und geht leer aus. Es ist kein Unterschied, ob sie die Änderungskündigung abgelehnt oder überhaupt nie angeboten bekam – entscheidend ist nur die Wirksamkeit der Kündigung selbst.
Fazit: Eine Ablehnung der Änderungskündigung bedeutet in der Praxis dasselbe wie eine Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses. Sie erhalten nur dann eine zweite Chance, wenn Sie innerhalb der Dreiwochenfrist Kündigungsschutzklage einlegen. Ohne Klage wird der Vertrag beendet und Sie verlieren Ihren Arbeitsplatz.
Schluss
Eine Änderungskündigung berührt viele sensible Bereiche des Arbeitsverhältnisses. Wir hoffen, dieser Artikel hat Ihnen einen klaren Überblick über Ihre Rechte und Pflichten gegeben. Bei Unsicherheiten lohnt sich frühzeitige Hilfe: Wenden Sie sich gern an unsere Kanzlei Pöppel Rechtsanwälte für eine persönliche Beratung. Ihr Team für Arbeitsrecht steht Ihnen mit Rat und Tat zur Seite – zögern Sie nicht, Kontakt aufzunehmen!