Zugang der Kündigung – Zeitpunkt, Zustellung und rechtliche Folgen im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.
Der Begriff „Zugang der Kündigung“ bezeichnet den Moment, in dem ein Kündigungsschreiben den Machtbereich des Empfängers erreicht, sodass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Erst mit diesem Zugang wird die Kündigung wirksam und Fristen – etwa die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 KSchG – beginnen zu laufen.
Was bedeutet Zugang der Kündigung im Arbeitsrecht? Vereinfacht gesagt: Eine Kündigung ist erst rechtswirksam, wenn sie dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin zugegangen ist – also wenn das Kündigungsschreiben so in deren Bereich gelangt ist, dass sie es unter normalen Umständen zur Kenntnis nehmen können. Dieser Zeitpunkt ist enorm wichtig. Warum? Weil ab Zugang der Kündigung wichtige Fristen zu laufen beginnen. Zum Beispiel muss eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden, sonst ist der Rauswurf meist unumkehrbar. Ebenso bestimmt der Zugangszeitpunkt oft, ab wann das Arbeitsverhältnis endet oder welche Kündigungsfristen gelten.
In der Praxis fragen sich viele Beschäftigte: „Wann gilt meine Kündigung als zugestellt?“ – Etwa, ob der Brief im Hausbriefkasten schon als Zugang zählt, auch wenn man im Urlaub ist, oder was passiert, wenn man die Annahme des Schreibens verweigert. All diese Fragen hängen mit dem Konzept des Kündigungszugangs zusammen. Im folgenden Artikel erklären wir verständlich und Schritt für Schritt, was es mit dem Zugang einer Kündigung auf sich hat. Sie erfahren, wie der Zugangszeitpunkt bestimmt wird, welche Sonderfälle es gibt und welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer sowie Arbeitgeber beachten müssen. Wenn Sie nach der Lektüre noch unsicher sind oder individuelle Fragen haben, helfen unsere erfahrenen Anwälte Ihnen gerne mit einer persönlichen Beratung weiter.
Was bedeutet „Zugang der Kündigung“? (Definition und Bedeutung)
Kurzübersicht: Eine Kündigung ist eine sogenannte empfangsbedürftige Willenserklärung. Das bedeutet, sie entfaltet ihre rechtliche Wirkung erst, wenn sie dem Empfänger – hier also dem Arbeitnehmer – zugegangen ist. Vor dem Zugang hat die Kündigung keine Wirkung. Deshalb kommt es entscheidend darauf an, wann und wie das Kündigungsschreiben den Arbeitnehmer erreicht. Hierbei gelten klare gesetzliche Regeln und Grundsätze aus der Rechtsprechung.
Rechtliche Definition: Nach § 130 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gilt eine Erklärung (wie eine Kündigung) als zugegangen, sobald sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme gerechnet werden kann. Einfach ausgedrückt: Der Brief oder das Dokument muss dem Arbeitnehmer tatsächlich erreichbar vorliegen – etwa in seinem Briefkasten oder in der hand – sodass er normalerweise die Chance hat, den Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Auf das tatsächliche Lesen kommt es nicht an; es reicht, dass die Möglichkeit besteht.
Wirksamkeit erst bei Zugang: Eine Kündigung im Arbeitsrecht wird also erst wirksam, wenn sie zugegangen ist. Gibt der Arbeitgeber die Kündigung zwar ab, aber der Arbeitnehmer erhält sie nicht (z.B. weil der Brief verloren geht oder an die falsche Adresse geschickt wurde), ist die Kündigung rechtlich nicht erfolgt. Ebenso kann die Uhr für Fristen (z.B. die dreiwöchige Klagefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz) erst ticken, wenn der Zugang stattgefunden hat. Vorher ist der Arbeitnehmer formal weiterhin beschäftigt.
Formvorschrift – Schriftform erforderlich: Wichtig zu wissen: Eine Kündigung muss in Deutschland schriftlicherfolgen (§ 623 BGB). Das heißt, sie muss als Papierdokument mit eigenhändiger Unterschrift des Arbeitgebers vorliegen. Kündigungen per E-Mail, Fax oder SMS sind unwirksam, selbst wenn sie zugehen, weil die gesetzliche Form nicht eingehalten ist. Daher bezieht sich der „Zugang der Kündigung“ immer auf ein physisches Schreiben (Original oder notfalls eine beglaubigte Kopie), das dem Arbeitnehmer übermittelt wird.
Beispiel: Ein Arbeitgeber erstellt am 1. März ein Kündigungsschreiben und schickt es per Post an den Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhältnis soll laut Schreiben zum 30. April enden. Das Schreiben kommt jedoch nie beim Arbeitnehmer an (es geht bei der Post verloren). Ergebnis: Ohne Zugang gibt es keine wirksame Kündigung – das Arbeitsverhältnis besteht fort, als wäre nie gekündigt worden. Der Arbeitgeber müsste erneut kündigen und den Zugang diesmal sicherstellen.
Zeitpunkt des Zugangs: Wann gilt eine Kündigung als zugegangen?
Kurzübersicht: Der Zeitpunkt, an dem eine Kündigung als zugegangen gilt, hängt von der Art der Zustellung ab. Grundsätzlich ist eine Kündigung sofort zugegangen, wenn sie dem Arbeitnehmer persönlich übergeben wird. Bei Zustellung per Post oder Bote gilt das Schreiben in dem Moment als zugegangen, in dem es in den Hausbriefkasten des Empfängers eingeworfen wurde und nach den Gepflogenheiten damit zu rechnen ist, dass der Empfänger den Briefkasten leert. Entscheidend sind dabei die üblichen Umstände – zum Beispiel die ortsüblichen Postzustellzeiten.
Persönliche Übergabe an den Arbeitnehmer
Die sicherste Methode für einen sofortigen Zugang ist die persönliche Übergabe des Kündigungsschreibens. Überreicht der Arbeitgeber (oder ein Bevollmächtigter) dem Arbeitnehmer das Kündigungsschreiben persönlich und der Arbeitnehmer nimmt es entgegen, so ist der Zugang im Moment der Übergabe erfolgt. Es spielt rechtlich keine Rolle, ob der Arbeitnehmer das Schreiben sofort liest oder nicht – bereits mit der Aushändigung hat er die Möglichkeit zur Kenntnisnahme.
- Beispiel: Der Vorgesetzte bittet einen Mitarbeiter zu einem Gespräch und übergibt ihm dort das schriftliche Kündigungsschreiben. Der Mitarbeiter steckt es ungeöffnet in die Tasche. Obwohl er es noch nicht gelesen hat, gilt die Kündigung in diesem Augenblick als zugegangen – er könnte sie ja lesen. Ab diesem Zeitpunkt laufen Fristen, etwa für die Kündigungsschutzklage.
Wichtig: Zeitpunkt und Beweis lassen sich bei persönlicher Übergabe gut festhalten. Oft lässt sich der Erhalt quittieren oder es sind Zeugen anwesend, sodass später nachweisbar ist, wann das Schreiben übergeben wurde.
Einwurf in den Hausbriefkasten
Sehr häufig werden Kündigungen per Post oder Boten zugestellt und im Hausbriefkasten des Arbeitnehmers eingeworfen. Auch dies führt zum Zugang, allerdings nicht unbedingt exakt zum Einwurfzeitpunkt, sondern sobald nach der Verkehrsanschauung (also der allgemeinen Gewohnheit) mit der nächsten Leerung des Briefkastens zu rechnen ist. Die Gerichte stellen dabei auf die üblichen Postzustellzeiten und Gepflogenheiten ab:
- Übliche Tageszeit: Wird der Brief während der üblichen Zustellzeit eingeworfen – also typischerweise vormittags oder mittags, wenn die Post kommt – dann kann man noch am selben Tag mit einer Leerung des Briefkastens rechnen. In diesem Fall gilt der Kündigungsbrief am gleichen Tag als zugegangen.
- Später Einwurf: Erfolgt der Einwurf erst nach dem gewöhnlichen Zustellzeitpunkt (z.B. abends oder am späten Nachmittag, wenn normalerweise keine Post mehr kommt), dann ist es nach der allgemeinen Erfahrung unwahrscheinlich, dass der Empfänger den Kasten am selben Tag nochmal leert. In so einem Fall wird der Zugang erst am nächsten Werktag angenommen, nämlich mit der frühestmöglichen Leerung am kommenden Tag.
Die genaue Grenze kann je nach den örtlichen Gegebenheiten variieren. Ein praktisches Beispiel aus der Rechtsprechung: An einem Wohnort endete die tägliche Postzustellung gewöhnlich gegen 11:00 Uhr vormittags. Eine Kündigung wurde aber erst gegen 13:30 Uhr in den Briefkasten geworfen. Hier entschied das Bundesarbeitsgericht, dass unter normalen Umständen der Empfänger um 13:30 Uhr seinen Briefkasten nicht mehr am selben Tag leert – der Zugang erfolgte somit erst am folgenden Tag. Es kommt also darauf an, wann üblicherweise die Post durch ist und die meisten Leute ihre Briefe holen.
- Merke: Kein individuelles Abwarten: Es wird nicht darauf abgestellt, wann der einzelne Arbeitnehmer tatsächlich den Kasten leert (das könnte ja stark variieren), sondern auf einen objektiven Maßstab. Selbst wenn der Arbeitnehmer im konkreten Fall abends doch noch nachschaut – rechtlich zählt, was allgemein üblich ist. Umgekehrt verzögert ein Urlaub oder eine Abwesenheit des Empfängers den Zugang nicht (dazu später mehr).
Zustellung durch Einschreiben oder Kurier
Viele Arbeitgeber nutzen Einschreiben oder Kuriere, um den Zugang zu dokumentieren. Hier gelten besondere Überlegungen:
- Einwurf-Einschreiben: Beim Einwurf-Einschreiben dokumentiert der Postbote, dass er das Kündigungsschreiben in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen hat. Rechtlich gesehen ist der Zugang damit genauso erfolgt, wie beim gewöhnlichen Briefeinwurf – also in dem Moment, in dem nach der Verkehrsanschauung eine Leerung des Briefkastens zu erwarten ist. Der Vorteil für den Arbeitgeber: Er hat einen Einlieferungsbeleg und einen Zustellnachweis (Scan) der Post, dass der Brief in den Kasten kam. Wichtig: Das Einwurf-Einschreiben gilt auch dann als zugegangen, ohne dass der Empfänger etwas unterschreiben muss.
- Übergabe-Einschreiben (Einschreiben mit Rückschein): Hier versucht der Postbote, das Schreiben persönlich zu übergeben und lässt den Empfang quittieren. Wird der Empfänger angetroffen und unterschreibt, ist der Zugang natürlich im Moment der Aushändigung erfolgt. Problematisch wird es, wenn der Empfänger nicht anzutreffen ist: Der Postbote hinterlässt dann meist einen Abholschein, und das Kündigungsschreiben liegt zur Abholung bei der Post bereit. In diesem Fall ist die Kündigung noch nicht zugegangen. Der Zugang erfolgt erst, wenn der Empfänger den Brief bei der Post abholt und der Brief ihm ausgehändigt wird. Holt er das Schreiben gar nicht ab, bleibt es theoretisch unzugestellt – was die Kündigung unwirksam machen kann. Aus Arbeitgebersicht ist diese Methode also riskant, wenn man den Zugang sicherstellen muss.
- Kurier/Bote: Manche Arbeitgeber schicken Kuriere oder Boten (z.B. Mitarbeiter), um ein Kündigungsschreiben zuzustellen. Ein Bote kann das Schreiben entweder persönlich übergeben (Zugang sofort bei Übergabe) oder in den Briefkasten einwerfen (Zugang wie oben beschrieben, abhängig von der Zeit). Vorteil eines Boten ist, dass dieser im Streitfall als Zeuge auftreten kann, um den Einwurf und Zeitpunkt zu bestätigen. Arbeitgeber sollten den Boten den Vorgang genau dokumentieren lassen (Zeit, Ort, ggf. Foto des Briefkastens).
Tipp: Für Arbeitgeber ist das Einwurf-Einschreiben oft die bevorzugte postalische Zustellungsmethode, weil der Zugang auch ohne Unterschrift erfolgt und dokumentiert ist. Das Übergabe-Einschreiben dagegen bietet zwar einen Rückschein, birgt aber die Gefahr, dass der Brief bei Nichtantreffen nicht sofort zugeht. Im Zweifelsfall – gerade bei knappen Fristen – sollte immer entweder persönlich oder per Bote/Einschreiben-Einwurf rechtzeitig zugestellt werden.
Unzulässige oder ungewöhnliche Zustellwege
Wie erwähnt, sind E-Mails, Faxe oder SMS zur Kündigungsübermittlung im Arbeitsrecht nicht erlaubt, da die Schriftform fehlt. Selbst wenn ein Arbeitnehmer z.B. eine Kündigung per E-Mail erhalten würde, hätte diese keinerechtliche Wirkung – es ist kein wirksamer Zugang, weil die Kündigung formunwirksam ist. Der Arbeitnehmer könnte die Kündigung ignorieren oder zurückweisen. Der Arbeitgeber müsste in so einem Fall schriftlich (auf Papier) kündigen, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen.
In Zeiten von Homeoffice kommt die Frage auf, ob z.B. PDF-Dokumente oder digitale Signaturen ausreichen. Nach aktuellem Recht nicht: Es muss ein eigenhändig unterschriebenes Papier sein (bzw. notariell beglaubigt, was in der Praxis selten vorkommt). Daher spielen elektronische Zugangsformen beim Kündigungszugang keine Rolle – sie sind schlicht unwirksam.
Besondere Umstände: Annahmeverweigerung, Abwesenheit und falsche Adresse
Kurzübersicht: Nicht immer läuft die Zustellung der Kündigung reibungslos. Manchmal versuchen Arbeitnehmer, den Zugang zu verhindern (etwa durch Annahmeverweigerung), oder sie sind gar nicht anwesend (z.B. im Urlaub oder krank). Auch eine falsche oder alte Adresse kann Probleme bereiten. Grundsätzlich gilt: Der Zugang einer Kündigung lässt sich nicht unbegrenzt hinauszögern. Das Recht kennt Konzepte wie die Zugangsvereitelung, um Missbrauch zu verhindern. Dennoch kommt es auf die Umstände an, ob und wann eine Kündigung trotz Hindernissen als zugegangen gilt.
Verweigerte Annahme des Schreibens
Was passiert, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung bewusst nicht entgegennehmen will? Ein klassisches Szenario: Der Arbeitgeber übergibt im Büro oder vor Zeugen das Kündigungsschreiben, doch der Arbeitnehmer schlägt die Hand aus oder lässt den Brief fallen und geht weg. Hier ist wichtig zu wissen: Eine ausdrückliche Annahme des Schreibens ist nicht erforderlich. Es reicht, dass der Arbeitgeber die Kündigung anbietet und sie in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangen könnte.
- Wenn der Arbeitnehmer im Gespräch die Annahme verweigert, kann der Arbeitgeber das Schreiben z.B. auf den Tisch legen oder in der Nähe zurücklassen. Liegt das Schreiben griffbereit vor dem Arbeitnehmer, gilt es als zugegangen – auch wenn er es nicht in die Hand nehmen möchte. In einem Gerichtsfall (BAG, Urt. v. 26.03.2015) verließ eine Arbeitnehmerin nach Ausspruch der Kündigung demonstrativ den Raum, ohne das Schreiben zu nehmen; der Arbeitgeber legte es dort ab. Die Gerichte deuteten an, dass hier eine sogenannte treuwidrige Zugangsvereitelung vorlag – die Mitarbeiterin wusste vom Schreiben, verweigerte es aber absichtlich. Folge: Die Kündigung wäre trotzdem am selben Tag zugegangen.
- Anders wäre es, wenn der Arbeitgeber das Schreiben nach verweigerter Annahme wieder mitnimmt. Dann ist nichts im Machtbereich des Arbeitnehmers geblieben – vorerst kein Zugang. Doch in so einem Fall kann der Arbeitgeber zeitnah einen neuen Zustellversuch unternehmen (z.B. noch am selben Tag per Boten in den Briefkasten werfen). Versucht der Arbeitnehmer auch das zu verhindern, wird es schnell als unredlich gewertet.
Generell gilt: Grundlose Annahmeverweigerung schützt nicht vor dem Zugang. Wer sich weigert, die Kündigung entgegenzunehmen, muss sich so behandeln lassen, als hätte er sie erhalten. Der Arbeitgeber hat aber die Beweispflicht, dass der Arbeitnehmer die Annahme vereitelt hat. Deshalb sollte er Zeugen hinzuziehen. Bei Einschreiben gilt: Verweigert der Empfänger die Annahme an der Tür grundlos, wird dies meist als Zugang gewertet, da er die Zustellung absichtlich verhindert hat.
Abwesenheit: Urlaub, Krankheit oder Dienstreise
Viele Arbeitnehmer glauben, dass eine Kündigung nicht zugehen kann, wenn sie gerade im Urlaub sind oder krank zuhause im Bett liegen und die Post nicht lesen. Doch das ist ein Irrtum. Der Zugang hängt nicht von der persönlichen Anwesenheit ab. Entscheidend ist, ob das Schreiben in den Machtbereich gelangt. Ist der Arbeitnehmer verreist und das Kündigungsschreiben landet in seinem Hausbriefkasten, gilt es trotzdem als zugegangen, sobald mit der gewöhnlichen Briefkastenleerung zu rechnen war. Es spielt keine Rolle, dass der Arbeitnehmer im Moment faktisch keine Kenntnis nehmen konnte. Der Gesetzgeber nimmt in Kauf, dass jemand im Urlaub erst später tatsächlich davon erfährt – der rechtliche Zugang war gleichwohl schon erfolgt.
- Beispiel: Frau M. fliegt für zwei Wochen in den Urlaub. Während ihrer Abwesenheit, am 10. des Monats, wirft ihr Arbeitgeber eine Kündigung in ihren Hausbriefkasten ein. Die Postzustellung ist in ihrer Gegend mittags gegen 12 Uhr abgeschlossen. Damit gilt die Kündigung am 10. um circa 12 Uhr als zugegangen – obwohl Frau M. erst nach ihrer Rückkehr am 20. den Briefkasten öffnet und das Schreiben findet. Die dreiwöchige Klagefrist lief ab dem 11. des Monats, und Frau M. hat einen Großteil der Frist unbemerkt verstreichen lassen. (In solch einer Situation kann man unter Umständen beantragen, die Klage nachträglich zuzulassen, wenn man unverschuldet verhindert war – dazu später mehr.)
Eine Krankheit oder sonstige Verhinderung ändert ebenso nichts am Zugang. Sobald der Brief im Briefkasten liegt oder übergeben wurde, ist er rechtlich da. Es ist die Verantwortung des Arbeitnehmers, dennoch rechtzeitig zu reagieren (ggf. über Vertreter). Lediglich in extremen Ausnahmefällen – z.B. man lag nachweislich im Koma – wäre eine verspätete Reaktion ohne Verschulden denkbar (was eine nachträgliche Klagezulassung möglich machen könnte).
Tipp: Wer länger abwesend ist, sollte idealerweise Vertrauenspersonen bitten, den Briefkasten zu leeren oder den Arbeitgeber über eine zustellungsbevollmächtigte Person informieren. So können wichtige Schreiben nicht unbemerkt liegenbleiben.
Falsche Adresse oder unbekannt verzogen
Ein weiterer Sonderfall: Die Kündigung wird an eine alte Adresse gesendet, weil der Arbeitgeber die neue Anschrift des Arbeitnehmers nicht kennt. Geht die Kündigung an der alten Adresse zu? In der Regel nein, wenn der Arbeitnehmer dort nicht mehr wohnt und keinen Zugang mehr zu dem Briefkasten hat. Der Brief würde vermutlich als unzustellbar zurückkommen – kein Zugang erfolgt.
Allerdings muss der Arbeitnehmer seiner Mitteilungspflicht nachkommen: Er sollte dem Arbeitgeber immer die aktuelle Adresse bekanntgeben. Versäumt er das und zieht um, kann er unter Umständen nicht davon profitieren. Wenn der Arbeitgeber nach Treu und Glauben alles ihm Zumutbare getan hat, um den Brief an die letzte bekannte Anschrift zu senden, liegt die Verantwortung für die fehlende Zustellung beim Arbeitnehmer. Dennoch: Ohne tatsächlichen Zugang ist die Kündigung (noch) nicht wirksam. Der Arbeitgeber müsste, sobald er von der neuen Adresse erfährt, erneut zustellen.
Empfangsboten (Dritte Personen): Mitunter übergibt der Zusteller das Schreiben an eine andere Person, etwa einen Familienangehörigen in der Wohnung. Hier greift das Konzept des Empfangsboten: Personen, die in ständigem Lebensverhältnis mit dem Empfänger stehen (z.B. Ehepartner, erwachsene Familienmitglieder im gleichen Haushalt), gelten als ermächtigt, Erklärungen entgegenzunehmen. Einem Ehegatten übergeben, ist die Kündigung also grundsätzlich zugegangen. Allerdings nicht zwingend sofort bei der Übergabe an den Ehegatten: Der Zugang erfolgt, sobald nach den Umständen mit einer Weitergabe an den Arbeitnehmer zu rechnen ist. In der Praxis wird man annehmen, dass Ehegatten einander die Post am selben Tag übergeben, wenn möglich. Ähnliches gilt für z.B. volljährige Kinder im Haushalt.
Nicht als Empfangsboten zählen dagegen unzuverlässige Dritte: Gibt der Postbote das Kündigungsschreiben etwa bei einem Nachbarn ab, der nicht vom Arbeitnehmer damit betraut ist, ist das kritisch – hier kann der Zugang fraglich sein (in der Regel würde dies nicht als Zugang anerkannt, da ein Nachbar keine Obliegenheit hat, die Post weiterzugeben). Der Arbeitgeber sollte also nur den eigentlichen Adressaten oder anerkannte Empfangsboten nutzen.
Rechtliche Folgen des Zugangs: Fristen, Klage und Beendigung
Kurzübersicht: Ab dem Zeitpunkt, an dem die Kündigung zugegangen ist, laufen wichtige Fristen. Der Zugang entscheidet zum Beispiel darüber, wann das Arbeitsverhältnis endet (insbesondere bei fristgerechter Kündigung mit Kündigungsfrist) und bis wann der Arbeitnehmer spätestens Klage beim Arbeitsgericht einreichen muss. Wer den Zugangszeitpunkt falsch einschätzt, kann leicht seine Rechte verlieren – zum Beispiel, wenn die dreiwöchige Klagefrist unbemerkt abläuft. Auch für den Arbeitgeber ist der Zugang relevant: Er muss Fristen einhalten (z.B. Kündigungsfristen zum Monatsende) und im Streitfall den Zugang beweisen können.
Start der 3-Wochen-Frist für die Kündigungsschutzklage
Die wichtigste Folge für Arbeitnehmer: Mit dem Zugang der schriftlichen Kündigung beginnt die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Innerhalb von drei Wochen muss eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht eingereicht (und dem Gericht zugegangen) sein, sonst gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam – selbst wenn sie eigentlich unwirksam wäre (z.B. wegen fehlender Sozialauswahl oder ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats). Diese Frist ist also enorm wichtig.
- Fristberechnung: Die Frist beginnt am Tag nach dem Zugang zu laufen. Beispiel: Geht die Kündigung dem Arbeitnehmer am 1. Juni zu, so startet die Frist am 2. Juni und endet mit Ablauf des 22. Juni (3 Wochen = 21 Tage). Fällt das Ende der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert es sich bis zum nächsten Werktag. Wichtig: Nicht die Absendung der Klage zählt, sondern der fristgerechte Eingang bei Gericht.
- Versäumnis der Frist: Verpasst der Arbeitnehmer diese 3-Wochen-Frist, kann er die Kündigung in der Regel nicht mehr gerichtlich angreifen. Die Kündigung gilt dann als wirksam, selbst wenn formale oder inhaltliche Fehler vorlagen. Nur in Ausnahmefällen kann das Gericht eine verspätete Klage nachträglich zulassen (§ 5 KSchG) – nämlich wenn der Arbeitnehmer unverschuldet verhindert war, rechtzeitig Klage zu erheben. Ein klassischer Fall wäre, wenn er vom Zugang der Kündigung gar nichts wusste (z.B. weil der Brief unverschuldet verspätet in die Hände kam) oder schwer erkrankt war. Aber auch dann muss der Arbeitnehmer sofort, sobald das Hindernis wegfällt, die Klage nachträglich einreichen und den Antrag stellen. Die Anforderungen dafür sind hoch – im Normalfall ist nach drei Wochen der Zug abgefahren.
Wirkung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses
Der Zugangszeitpunkt kann sich auch darauf auswirken, wann das Arbeitsverhältnis endet. Bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung beendet die Kündigung das Arbeitsverhältnis im Grunde sofort mit Zugang (wenn kein anderer Termin im Schreiben genannt ist). Zum Beispiel: Zugang am 10. Juli – das Arbeitsverhältnis ist mit diesem Tag beendet (der Arbeitnehmer wird ab Zugang faktisch freigestellt, sofern nichts anderes vereinbart).
Bei einer ordentlichen Kündigung mit Kündigungsfrist ist der Zugang wichtig, um die Frist zu berechnen. In vielen Arbeitsverträgen oder nach Gesetz (§ 622 BGB) gelten Kündigungsfristen, meist zum Monatsende oder zum 15. eines Monats. Entscheidend ist, wann die Kündigung zugegangen ist:
- Wird die Kündigung rechtzeitig zugestellt, sodass die Frist noch im gewünschten Zeitraum endet, dann endet das Arbeitsverhältnis zum vorgesehenen Datum. Beispiel: Der Arbeitgeber will zum 30. September kündigen und es gilt eine vierwöchige Frist. Das Kündigungsschreiben muss dann spätestens am 2. September zugehen, damit die vier Wochen bis 30.09. voll sind. Geht es erst am 5. September zu, würde die Frist bis 5. Oktober laufen – das Arbeitsverhältnis würde also erst zum 31. Oktober enden (nächstmöglicher Termin).
- Frist verpasst: Kommt das Schreiben zu spät beim Arbeitnehmer an, schiebt sich der Beendigungstermin automatisch nach hinten. Eine zu spät zugegangene Kündigung gilt als zum nächst zulässigen Terminausgesprochen. Im obigen Beispiel wäre die Kündigung, die am 5. September zuging, eben erst zum 31. Oktober wirksam. Das kann für den Arbeitgeber misslich sein und dem Arbeitnehmer einen längeren Verbleib im Betrieb bescheren (inklusive Lohnzahlung bis dahin).
- Keine Rückwirkung: Wichtig ist, dass eine Kündigung nicht rückwirkend gelten kann. Selbst wenn das Schreiben z.B. am 3. August datiert ist, aber erst am 10. August zugeht, kann die Beendigung nicht auf den 31. August „zurückdatiert“ werden, falls das zu spät war. Es zählt allein der tatsächliche Zugang für die Fristberechnung, nicht das Ausstellungsdatum.
Weitere Folgen: Gehalt, Zeugnis, Arbeitslosmeldung
Sobald die Kündigung zugegangen ist, wissen beide Seiten, dass das Arbeitsverhältnis enden wird (sofern keine Klage erhoben oder ein Rücktritt erfolgt). Daraus ergeben sich weitere Pflichten:
- Meldung bei der Arbeitsagentur: Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich unverzüglich arbeitssuchend zu melden, spätestens jedoch innerhalb von 3 Tagen nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts. Diese „3-Tage-Frist“ beginnt mit Zugang der Kündigung. Meldet man sich zu spät, kann eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld drohen. Daher sollte nach Erhalt einer Kündigung sofort die Agentur für Arbeit kontaktiert werden.
- Zeugnisanspruch: Mit Zugang der Kündigung entsteht für den Arbeitnehmer das Recht, ein Zwischenzeugnisoder spätestens ein Endzeugnis zum letzten Arbeitstag zu verlangen. Auch sollte man klären, ob Resturlaub gewährt oder ausgezahlt wird, da der Austrittstermin feststeht.
- Weiterbeschäftigung bis zum Ende: Bei einer ordentlichen Kündigung läuft das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter. Bis dahin muss der Arbeitnehmer grundsätzlich arbeiten, es sei denn, er wird freigestellt. Der Arbeitgeber muss bis zum letzten Tag den Lohn zahlen. Wäre der Zugang verspätet erfolgt, verlängert sich entsprechend die Zeit der Lohnzahlungspflicht.
- Sonderfälle: In einigen Situationen können nach Zugang noch Verhandlungen folgen, z.B. über einen Aufhebungsvertrag oder eine Abfindung. Auch diese möglichen Schritte sollten sehr zeitnah nach Zugang eingeleitet werden, da eben die Klagefrist läuft und sonst Druck beim Arbeitgeber fehlt, etwas anzubieten.
Tipps für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zum Kündigungszugang
Kurzübersicht: Der richtige Umgang mit dem Zugang einer Kündigung ist für beide Seiten wichtig. Arbeitnehmersollten wissen, wie sie im Falle einer Kündigung reagieren müssen und worauf zu achten ist, um keine Rechte zu verlieren. Arbeitgeber müssen den Zugang sicher gestalten und im Streitfall beweisen können. Hier einige praxisnahe Tipps:
Ratschläge für Arbeitnehmer
- Post im Blick behalten: Leeren Sie Ihren Briefkasten regelmäßig, insbesondere wenn Sie Schwierigkeiten im Job haben oder mit einer Kündigung rechnen. Teilen Sie Ihrem Arbeitgeber immer Ihre aktuelle Anschrift mit. Wenn Sie in Urlaub fahren oder länger abwesend sind, organisieren Sie jemanden, der die Post checkt. So vermeiden Sie, dass Sie vom Zugang einer Kündigung zu spät erfahren.
- Bei Zugang sofort handeln: Sobald Ihnen eine Kündigung zugegangen ist (sei es durch Übergabe oder im Briefkasten gefunden), notieren Sie sich Datum und Uhrzeit des Zugangs. Bewahren Sie den Umschlag auf – er kann den Poststempel oder Zustellzeitpunkt verraten, was im Zweifel hilfreich ist. Melden Sie sich umgehend bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend (innerhalb 3 Tagen!). Suchen Sie auch frühzeitig rechtlichen Rat, insbesondere wenn Sie die Kündigung anfechten möchten, da die 3-Wochen-Frist knapp bemessen ist.
- Keine Panik, aber Fristen wahren: Lassen Sie sich nicht dazu drängen, vorschnell etwas zu unterschreiben (z.B. Empfangsbestätigungen oder gar Aufhebungsverträge), ohne Beratung. Die bloße Annahme des Schreibens schadet nicht – Sie bestätigen damit nur den Erhalt, nicht die Rechtmäßigkeit. Falls die Frist versäumt ist aus Gründen, die Sie nicht zu vertreten haben, informieren Sie sich sofort über die Möglichkeit einer nachträglichen Klagezulassung.
- Nachfragen bei Unklarheiten: Wenn Sie z.B. erfahren, dass Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Kündigung geschickt haben will, Sie diese aber nicht erhalten haben, haken Sie nach. Bleiben Sie aber vorsichtig: Sollte wirklich nichts zugegangen sein, befinden Sie sich formal noch im Job. Holen Sie in solchen Fällen unbedingt anwaltlichen Rat ein.
Ratschläge für Arbeitgeber
- Zugang sicherstellen: Wählen Sie eine Zustellmethode, bei der der Zugang möglichst nachweisbar und zeitnah erfolgt. Die beste Variante ist oft die persönliche Übergabe vor Zeugen. Wenn das nicht geht, ist ein Bote oder Einwurf-Einschreiben sinnvoller als ein Übergabe-Einschreiben. Planen Sie genügend Zeit ein, damit das Schreiben vor einem wichtigen Stichtag (z.B. Monatsende) zugeht. Warten Sie nicht bis ultimo – sonst riskieren Sie Fristprobleme.
- Dokumentation: Halten Sie den exakten Zeitpunkt des Zugangs fest. Lassen Sie sich den Empfang quittieren, wenn möglich. Bei Einwurf durch Boten kann dieser eine kurze schriftliche Notiz verfassen (Datum, Uhrzeit, Beobachtung) und unterschreiben. Auch ein Foto vom eingeworfenen Brief im Briefkasten (mit sichtbarer Adresse) kann als Nachweis dienen. Je mehr Belege, desto besser für einen späteren Prozess.
- Betriebsrat und zeitliche Planung: Beachten Sie, dass vor Ausspruch der Kündigung ggf. der Betriebsratanzuhören ist (bei Betrieben mit Betriebsrat, nach § 102 BetrVG). Holen Sie diese Anhörung rechtzeitig ein, um die Kündigung fristgerecht zustellen zu können. Der Zugang muss nach Abschluss der Betriebsratsanhörung erfolgen, sonst ist die Kündigung unwirksam.
- Keine Tricks bei der Adresse: Senden Sie das Schreiben an die letzte bekannte Wohnanschrift des Arbeitnehmers. Falls Sie wissen, dass er vorübergehend woanders ist (z.B. Projekt im Ausland), können Sie zusätzlich an diese Adresse eine Kopie schicken – aber die offizielle Zustellung sollte an den Heimatwohnsitz gehen, es sei denn, es wurde etwas anderes vereinbart. Vermeiden Sie es, „kreativ“ zuzustellen (z.B. über Dritte, die keine Empfangsboten sind), um nicht den Zugang zu gefährden.
- Im Zweifel fachlichen Rat einholen: Fehler beim Kündigungszugang können teuer werden (z.B. weitere Gehaltszahlungen, wenn die Frist falsch berechnet wurde, oder ein Gerichtsverfahren bei Zugangsstreit). Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht beraten, insbesondere in schwierigen Konstellationen (krankgeschriebener Mitarbeiter, Verweigerungshaltung etc.). Eine rechtssichere Zustellung ist der erste Schritt zu einer wirksamen Kündigung.
Häufige Fragen zum Zugang der Kündigung (FAQ)
1. Wann gilt ein Kündigungsschreiben als zugegangen?
Einleitung: Diese Frage beschäftigt viele Arbeitnehmer: Ab welchem Moment ist meine Kündigung eigentlich rechtswirksam zugestellt? Gemeint ist hier der konkrete Zeitpunkt des Zugangs. Es kommt darauf an, über welchen Weg die Kündigung überbracht wird.
Analyse: Ein Kündigungsschreiben gilt als zugegangen, wenn es so in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt, dass dieser unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen kann. In der Praxis unterscheiden wir z.B. zwischen persönlicher Übergabe und Zustellung per Post. Bei persönlicher Übergabe ist der Zugang sofort erfolgt, sobald der Brief übergeben wurde. Bei postalischer Zustellung – etwa Einwurf in den Briefkasten – ist der Zugang hergestellt, sobald nach der allgemeinen Verkehrsanschauung mit einer Leerung des Briefkastens zu rechnen war. Individuelle Faktoren (ob der Empfänger gerade zu Hause ist) spielen grundsätzlich keine Rolle.
Rechtliche Einordnung: Nach deutschem Recht (insbesondere § 130 BGB) wird der Zugang nicht auf den wirklichenKenntniszeitpunkt, sondern auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme abgestellt. Das heißt, eine Kündigung ist am Tag X zugegangen, auch wenn der Arbeitnehmer sie erst später liest – entscheidend ist, dass er sie hätte lesen können. Zum Beispiel: Ein Brief im Hausbriefkasten am Nachmittag gilt an diesem Tag als zugegangen, sofern die Post normalerweise schon da war. Liegt er erst spätabends drin, erst am nächsten Tag.
Beispiel 1: Ein Arbeitnehmer erhält am 15. eines Monats morgens um 9 Uhr im Büro das Kündigungsschreiben überreicht. Er steckt es ungeöffnet ein. Rechtslage: Die Kündigung ging am 15. um 9 Uhr zu. Dass der Mitarbeiter es noch nicht gelesen hat, ist irrelevant – er könnte es lesen. Die 3-Wochen-Frist für eine Klage beginnt am 16. des Monats.
Beispiel 2: Ein Unternehmen versendet eine ordentliche Kündigung per Post. Der Briefträger wirft das Schreiben am Samstag, 28. in den Hausbriefkasten der Arbeitnehmerin. Normalerweise kommt die Post in ihrem Viertel vormittags. Da Samstag ein Werktag mit Zustellung ist, gilt der Brief am 28. als zugegangen – man kann davon ausgehen, dass sie am Samstag ihren Briefkasten üblicherweise noch leert. Wäre der Einwurf erst spät abends erfolgt (außerhalb der normalen Zeiten), würde der Zugang erst am Montag, 30., angenommen werden. Im Ergebnis bedeutet der Zugang am 28., dass die Arbeitnehmerin ab dem 29. drei Wochen Zeit für eine Klage hat. Ihr Arbeitsverhältnis würde – unter Einhaltung der Kündigungsfrist – voraussichtlich zum Monatsende des nächsten Monats enden (je nach Fristregel).
Fazit: Eine Kündigung gilt als zugegangen, sobald sie dem Arbeitnehmer so übermittelt wurde, dass er unter gewöhnlichen Bedingungen davon Kenntnis nehmen kann. Bei persönlicher Aushändigung ist das sofort der Fall, bei Einwurf in den Briefkasten kommt es auf den Zeitpunkt an (meist derselbe Tag, wenn während der Postzeiten). Wichtig ist, dass nicht das tatsächliche Lesen, sondern die Möglichkeit dazu zählt. Arbeitnehmer sollten sich den Zugangszeitpunkt genau notieren, denn ab dann laufen Fristen.
2. Was passiert, wenn ich die Kündigung nicht erhalte oder die Annahme verweigere?
Einleitung: Manchmal kommt es vor, dass ein Arbeitnehmer behauptet, er habe nie eine Kündigung bekommen, oder er weigert sich bewusst, das Schreiben anzunehmen. Was bedeutet das für die Wirksamkeit der Kündigung und die Fristen?
Analyse: Es gibt zwei Konstellationen: (a) Die Kündigung kommt nicht an – etwa weil sie an die falsche Adresse geschickt oder bei der Post verloren wurde. (b) Der Arbeitnehmer verweigert die Annahme – z.B. er nimmt den Brief nicht entgegen oder holt ein Einschreiben absichtlich nicht von der Post ab. Im ersten Fall (nicht erhalten) ist zunächst kein Zugang erfolgt, also keine wirksame Kündigung. Im zweiten Fall (Verweigerung) kommt das Konzept der Zugangsvereitelung ins Spiel.
Rechtliche Einordnung: Wenn der Arbeitgeber alles richtig gemacht hat und nur das Verhalten des Arbeitnehmers den Zugang verhindert, kann die Rechtsprechung den Zugang dennoch fingieren (so behandeln, als wäre er erfolgt). Voraussetzung: Der Arbeitnehmer hat grundlos und bewusst die Annahme vereitelt. Beispiel: Jemand weigert sich grundlos, das Einschreiben vom Postboten anzunehmen – dann gilt es trotzdem als zugestellt am Tag des Weigerns. Allerdings muss der Arbeitgeber im Streitfall beweisen, dass keine Unverschuldetheit vorlag. Wenn die Kündigung wirklich nie ankam, liegt das Risiko beim Arbeitgeber – er muss neu zustellen und die Frist läuft dann ab dem späteren Zugang.
Beispiel 1: Ein Mitarbeiter erfährt, dass eine Kündigung unterwegs ist. Als der Postbote klingelt, um ein Einschreiben zu übergeben, lehnt er die Annahme ab mit den Worten „Empfange ich nicht“. Hier liegt eine willentliche Verweigerung vor. Die Kündigung wird rechtlich als am diesem Tag zugegangen betrachtet, weil der Mitarbeiter sie absichtlich nicht entgegennehmen wollte. Seine 3-Wochen-Frist startet also dennoch, und er kann sich später nicht darauf berufen, nichts erhalten zu haben.
Beispiel 2: Eine Arbeitnehmerin zieht um und vergisst, ihrem Arbeitgeber die neue Anschrift mitzuteilen. Die Kündigung wird fristgerecht an die alte Adresse geschickt, kommt aber als unzustellbar zurück. Hier hat die Arbeitnehmerin zwar ihre Mitwirkungspflicht verletzt (Adresse mitzuteilen), aber faktisch ist der Brief nie in ihren Machtbereich gelangt – kein Zugang. Die Kündigung ist deshalb vorerst unwirksam. Der Arbeitgeber muss erneut kündigen, nun an die richtige Adresse. Die Fristen (z.B. die Kündigungsfrist oder Klagefrist) richten sich dann nach dem neuen Zugang.
Fazit: Wenn eine Kündigung den Arbeitnehmer gar nicht erreicht, ist sie noch nicht wirksam – der Arbeitgeber muss nachlegen. Verweigert der Arbeitnehmer jedoch mutwillig den Empfang, schützt ihn das nicht: Die Kündigung gilt dann als zugegangen, als hätte er sie angenommen. Arbeitnehmer sollten also nie absichtlich die Augen vor einem Kündigungsschreiben verschließen; stattdessen ist es klüger, das Schreiben anzunehmen und dann ggf. rechtlich dagegen vorzugehen. Umgekehrt sollten Arbeitgeber bei Zustellung per Einschreiben oder Boten vorsorgen und notfalls Zeugen haben, um eine mögliche Verweigerung dokumentieren zu können.
3. Gilt die Kündigung auch im Urlaub oder bei Krankheit als zugegangen?
Einleitung: Viele Arbeitnehmer sind verunsichert, ob eine Kündigung sie „erreichen“ kann, wenn sie gerade abwesend sind – zum Beispiel auf einer Reise, im Krankenhaus oder in Reha. Kann ein Schreiben zugehen, obwohl man es gar nicht liest, weil man weg ist?
Analyse: Die kurze Antwort lautet: Ja, eine Kündigung kann auch während Ihrer Abwesenheit rechtlich zugehen. Der Grund ist, dass es auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme unter normalen Umständen ankommt, nicht auf Ihre tatsächliche Anwesenheit. Ihr Briefkasten zu Hause wird quasi zum Stellvertreter: Landet dort das Schreiben, gilt es als zugestellt, egal ob Sie gerade am Strand liegen oder im Krankenhausbett. Das kann dazu führen, dass Fristen laufen, während Sie es gar nicht wissen.
Rechtliche Einordnung: Weder Urlaub noch Krankheit schieben den Zugangszeitpunkt hinaus. Die Gerichte argumentieren, dass es auf den objektiven Zeitpunkt ankommt. Es liegt in Ihrer Verantwortung, Vorkehrungen zu treffen (z.B. Nachsendeauftrag, jemanden mit der Post beauftragen). Allerdings gibt es die Möglichkeit der nachträglichen Klagezulassung: Wenn Sie unverschuldet verhindert waren, rechtzeitig Klage zu erheben (z.B. weil Sie erst nach Urlaub von der Kündigung erfuhren), können Sie beim Arbeitsgericht beantragen, die verspätete Klage dennoch zuzulassen. Das geht aber nur, wenn Sie wirklich keinerlei Verschulden trifft und Sie sofort nach Kenntnis gehandelt haben.
Beispiel 1: Herr K. ist drei Wochen auf Weltreise. In der ersten Woche seiner Abwesenheit erhält er zu Hause eine Kündigung in den Briefkasten (Zugang z.B. am 5. Juli). Herr K. erfährt davon allerdings erst nach seiner Rückkehr am 20. Juli, als er den Stapel Post durchsieht. Zu diesem Zeitpunkt ist die 3-Wochen-Frist für die Klage bereits um (sie lief bis 26. Juli). Herr K. hat die Frist versäumt, ohne es zu wissen. Er kann nun versuchen, eine nachträgliche Klagezulassung zu erreichen, da er unverschuldet über die Frist war. Die Erfolgschancen hängen davon ab, ob das Gericht ihm das Abwesenheitsargument abnimmt; in der Regel wird zumindest ein kurzer Urlaub nicht als Entschuldigung für Fristversäumnis gewertet, da man hätte vorsorgen können.
Beispiel 2: Frau L. liegt aufgrund eines Unfalls im Krankenhaus, geschäftsunfähig (im Koma) vom 1. bis 30. Juni. Am 5. Juni stellt ihr Arbeitgeber ihr Kündigungsschreiben per Boten zu, indem er es in den Hausbriefkasten wirft. Rechtlich geht die Kündigung am 5. Juni zu – auch wenn Frau L. es nicht wissen kann. In diesem Extremfall könnte sie jedoch nach Genesung argumentieren, sie habe unverschuldet die Frist versäumt und gemäß §5 KSchG die nachträgliche Zulassung der Klage beantragen. Die Gerichte würden hier wahrscheinlich zustimmen, weil man im Koma keine Vorsorge treffen kann. Gleichwohl war der Zugang am 5. Juni erfolgt, und das Arbeitsverhältnis endete zum Ablauf der (ggf. einzuhaltenden) Kündigungsfrist.
Fazit: Auch während Urlaub oder Krankheit gilt eine Kündigung als zugegangen, wenn sie in Ihren Einflussbereich gelangt (z.B. Zuhause im Briefkasten liegt). Ihre persönliche Abwesenheit stoppt die rechtlichen Uhren also nicht. Daher ist es ratsam, bei längerer Abwesenheit jemanden zu haben, der Ihre Post checkt oder dem Arbeitgeber eine alternative Zustellmöglichkeit mitzuteilen. Kommen Sie unverschuldet erst spät an die Information, gibt es die Möglichkeit, manche Fristen nachträglich retten zu lassen – darauf sollte man sich aber nicht verlassen.
4. Welche Fristen beginnen mit dem Zugang der Kündigung?
Einleitung: Der Zugang der Kündigung löst eine Reihe von Fristen und Terminen aus. Besonders bekannt ist die dreiwöchige Klagefrist. Aber es gibt auch andere Fristen, z.B. für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses an sich. Hier klären wir, welche zeitlichen Folgen der Zugang einer Kündigung hat.
Analyse: Sobald die Kündigung zugegangen ist, tickt die Kündigungsschutzklage-Frist (3 Wochen). Verpasst man diese, ist juristisch kaum noch etwas zu machen. Ferner bestimmt der Zugang, ab wann die Kündigungsfrist zu laufen beginnt (bei ordentlicher Kündigung) und somit, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis endet. Auch organisatorische Fristen beginnen: Ein Arbeitnehmer muss sich binnen 3 Tagen arbeitssuchend melden. Er hat bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf Gehalt oder ggf. Freistellung.
Rechtliche Einordnung: Nach § 4 KSchG muss die Klage in 3 Wochen nach Zugang eingereicht sein. Das ist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Die Kündigungsfrist wiederum ergibt sich aus Vertrag oder Gesetz (§ 622 BGB); der Zeitpunkt des Zugangs entscheidet, ob die Kündigung z.B. noch zum Monatsende wirksam werden kann oder erst später. Wichtig: Eine zu spät zugegangene Kündigung verschiebt den Beendigungszeitpunkt automatisch. Außerdem hat der Arbeitnehmer ab Zugang bestimmte Rechte und Pflichten (Arbeitsagentur-Meldung, ggf. Anspruch auf Resturlaub, Zeugnis etc.).
Beispiel 1: Ein Arbeitgeber kündigt mit Schreiben vom 20. Januar zum nächstmöglichen Termin. Der Brief geht dem Arbeitnehmer aber erst am 2. Februar zu. Nach dem Arbeitsvertrag hätte bei Zugang bis 31. Januar das Arbeitsverhältnis zum 31. März geendet (2 Monate Kündigungsfrist). Durch den späteren Zugang im Februar verschiebt sich das Ende nun auf den 30. April. Die Kündigungsfrist läuft ab 3. Februar. Gleichzeitig endet die Klagefrist am 23. Februar (3 Wochen ab 3.2.). Der Arbeitnehmer hat sich am 5. Februar bei der Agentur gemeldet (innerhalb der 3-Tages-Meldepflicht nach Kenntnis).
Beispiel 2: Eine Arbeitnehmerin erhält am 10. Oktober die Kündigung. Sie hat 4 Wochen Frist zum 15. oder Monatsende, also wird ihr Arbeitgeber vermutlich zum 30. November beenden wollen. Weil Zugang am 10.10. war, reicht das locker bis 30.11. (Frist läuft bis 7.11. um den 15.11. zu erreichen, oder bis 31.10. für 30.11. – beides eingehalten). Die dreiwöchige Klagefrist läuft bis zum 31. Oktober. In der Zeit überlegt sie, ob sie klagt, und nimmt noch Urlaub, der ihr zusteht. Sie meldet sich am 12. Oktober bei der Arbeitsagentur. Da sie nicht klagt, endet ihr Arbeitsverhältnis am 30. November; bis dahin erhält sie normal Gehalt oder Urlaubsabgeltung für nicht genommenen Urlaub. Ein Zeugnis wird ihr zum Ende ausgestellt. Hätte sie die Klagefrist verpasst, wäre die Kündigung so oder so wirksam geblieben.
Fazit: Mit dem Zugang einer Kündigung beginnen entscheidende Fristen: Die 3-Wochen-Klagefrist ist für alle, die sich wehren wollen, ausschlaggebend. Zudem wird durch den Zugangszeitpunkt die Berechnung der Kündigungsfrist und damit des Beendigungsdatums bestimmt. Arbeitnehmer sollten sofort die Kalender prüfen: Bis wann muss Klage eingereicht werden? Wann endet mein Job? Und habe ich mich schon bei der Arbeitsagentur gemeldet? Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass der Zugang so erfolgt, dass geplante Termine (z.B. Vertragsende zum Monatsende) eingehalten sind.
5. Wer muss den Zugang der Kündigung beweisen?
Einleitung: Oft steht vor Gericht Aussage gegen Aussage: Der Arbeitgeber behauptet, die Kündigung sei zugegangen (z.B. per Post eingeworfen am bestimmten Datum). Der Arbeitnehmer sagt vielleicht, er habe nichts erhalten. Wer muss nun den Beweis erbringen, und wie kann das gelingen?
Analyse: Im Arbeitsrecht gilt wie allgemein: Der Absender der Kündigung – also der Arbeitgeber – trägt das Risiko und die Beweislast für den Zugang. Kann der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass und wann die Kündigung zuging, wird im Zweifel angenommen, dass kein wirksamer Zugang erfolgte. Das heißt, im Prozess würde die Kündigung dann als unwirksam gelten und der Arbeitnehmer hätte gewonnen. Aus diesem Grund sind Arbeitgeber gut beraten, den Zugang sehr sorgfältig vorzubereiten und zu dokumentieren.
Rechtliche Einordnung: Beweislast heißt: Der Arbeitgeber muss im Prozess darlegen und beweisen, dass das Kündigungsschreiben in den Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt ist (und wann). Er kann das durch Zeugenaussagen (z.B. Bote, der den Einwurf bestätigt) oder Urkunden (Einwurf-Einschreiben Beleg, Empfangsquittung) tun. Ein bloßer Absendebeleg der Post reicht nicht, da dieser den tatsächlichen Zugang nicht garantiert. Gibt es Zweifel, geht das Risiko zu Lasten des Arbeitgebers. Arbeitnehmer müssen ihrerseits bestreiten, das Schreiben erhalten zu haben, falls dem so ist. Sie müssen aber nicht beweisen, dass es nicht kam – diese Negativbeweise sind unzumutbar.
Beispiel 1: Ein Arbeitgeber schickt die Kündigung nur als einfachen Brief. Der Arbeitnehmer bestreitet den Erhalt. Vor Gericht hat der Arbeitgeber außer seiner Behauptung keine Nachweise. Ergebnis: Er kann den Zugang am behaupteten Datum nicht beweisen. Das Gericht wird wahrscheinlich entscheiden, dass die Kündigung nicht ordnungsgemäß zugegangen ist – sie war damit unwirksam und das Arbeitsverhältnis besteht fort. Der Arbeitgeber muss erneut kündigen (und hat ggf. die erste Frist verpasst, was teuer werden kann).
Beispiel 2: Ein Arbeitgeber übergibt die Kündigung vor Zeugen im Betrieb. Der Arbeitnehmer behauptet später, er habe nichts bekommen. Der Zeuge (z.B. ein Kollege aus der Personalabteilung) sagt jedoch glaubhaft aus, dass er bei der Aushändigung anwesend war und das Schreiben übergeben wurde. Hier hat der Arbeitgeber gute Beweise. Das Gericht wird dem Arbeitgeber glauben, dass die Kündigung am betreffenden Tag zugegangen ist. Damit beginnt die Klagefrist ab dann, und wenn der Arbeitnehmer die Frist verstreichen ließ, ist die Klage unzulässig.
Fazit: Die Beweislast für den Zugang liegt beim Arbeitgeber. Arbeitnehmer haben damit einen gewissen Schutz – sie können, wenn tatsächlich nichts zugegangen ist, relativ sicher darauf bauen, dass die Kündigung unwirksam bleibt. Allerdings sollten sie nie ins Blaue hinein bestreiten; unwahre Behauptungen vor Gericht sind riskant. Arbeitgeber sollten jeden Kündigungsvorgang so gestalten, dass sie im Zweifel belegen können, wann und wie das Schreiben zuging (Zeugen, Einschreiben-Belege, Dokumentation). So vermeiden sie, dass eine Kündigung aus formalen Gründen scheitert.
Sie haben weitere Fragen zum Zugang einer Kündigung oder allgemein zum Arbeitsrecht? Zögern Sie nicht, uns anzusprechen. Unsere erfahrenen Fachanwälte für Arbeitsrecht beraten Sie gerne persönlich und unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte zu wahren und die richtigen Schritte einzuleiten.