Muss ich mich in der Kündigungsfrist um einen neuen Job bemühen?

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Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist für viele Arbeitnehmer ein einschneidendes Erlebnis. Neben der Unsicherheit über die berufliche Zukunft stellt sich oft die Frage: Muss ich mich in der Kündigungsfrist aktiv um eine neue Stelle bemühen? Oder kann ich die Zeit nutzen, um mich zu erholen oder neu zu orientieren? In diesem Artikel klären wir anhand einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 127/24 –, welche Rechte und Pflichten Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist haben, was die Rechtsprechung dazu sagt und welche Fallstricke zu beachten sind.

Eine Kündigung kann aus verschiedenen Gründen erfolgen – sei es betriebsbedingt, verhaltensbedingt oder aufgrund persönlicher Umstände. In den meisten Fällen bleibt jedoch eine Kündigungsfrist bestehen, in der das Arbeitsverhältnis formal weiterläuft. Während dieser Zeit stellt sich für viele Arbeitnehmer die Frage: Muss ich aktiv nach einem neuen Job suchen oder kann ich die Zeit anders nutzen?

Die gute Nachricht: Eine gesetzliche Verpflichtung zur sofortigen Jobsuche besteht in der Regel nicht. Allerdings gibt es Situationen, in denen eine unterlassene Arbeitsaufnahme finanzielle Folgen haben kann.


Arbeitsrechtliche Grundlagen zur Kündigungsfrist

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sowie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regeln, wie Kündigungsfristen ausgestaltet sind. Grundsätzlich bleibt das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Frist bestehen.

Je nach Kündigungsart kann es Unterschiede geben:

  • Ordentliche Kündigung: Einhaltung der vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfrist.
  • Außerordentliche Kündigung: Sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, in der Regel nur bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen.
  • Freistellung durch den Arbeitgeber: In manchen Fällen kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter Fortzahlung des Gehalts freistellen.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer aktuellen Entscheidung klargestellt, dass eine Verpflichtung zur Arbeitssuche nicht automatisch besteht.


Verpflichtung zur Arbeitssuche während der Kündigungsfrist?

Grundsätzlich gilt: Wenn ein Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist freigestellt ist, muss er sich nicht aktiv um eine neue Stelle bemühen. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber keine Anrechnung anderweitigen Verdienstes vorsieht.

Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wer eine zumutbare neue Tätigkeit bewusst ablehnt, kann nach § 615 BGB und § 11 KSchG als „böswillig“ handelnd betrachtet werden, was den Anspruch auf Gehaltsfortzahlung beeinflussen kann.

Drei Szenarien im Überblick:

  1. Freistellung ohne Anrechnung: Arbeitnehmer erhält volles Gehalt ohne Verpflichtung zur Arbeitssuche.
  2. Freistellung mit Anrechnung: Neuer Verdienst wird auf das Restgehalt angerechnet.
  3. Keine Freistellung: Arbeitnehmer muss bis zum letzten Tag arbeiten.

Sozialrechtliche Aspekte bei Kündigung

Neben den arbeitsrechtlichen Aspekten spielt auch das Sozialrecht eine Rolle. Das Arbeitsamt verlangt eine frühzeitige Meldung der Arbeitslosigkeit, um Sperrzeiten zu vermeiden.

Drei wichtige Punkte:

  • Arbeitslosmeldung: Spätestens drei Monate vor Vertragsende bei der Agentur für Arbeit melden.
  • Sperrzeit vermeiden: Wer ohne wichtigen Grund kündigt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
  • Neue Anstellung und Abfindung: Ein neuer Job kann sich auf eine vereinbarte Abfindung auswirken.

Praktische Tipps für Arbeitnehmer in der Kündigungsfrist

  • Nutzen Sie die Zeit zur Weiterbildung oder beruflichen Neuorientierung.
  • Prüfen Sie sorgfältig, ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist.
  • Lassen Sie sich rechtlich beraten, wenn Unklarheiten bestehen.

Häufige Irrtümer rund um die Kündigungsfrist

„Ich muss mich sofort um einen neuen Job kümmern!“
Nein, es gibt keine allgemeine Pflicht zur aktiven Arbeitssuche während der Kündigungsfrist.

„Ich verliere mein Gehalt, wenn ich mich nicht bewerbe!“
Nur wenn eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes vereinbart ist, kann das passieren.


Fallbeispiele aus der Praxis

  • Arbeitnehmer A wurde freigestellt, aber nicht verpflichtet, eine neue Stelle zu suchen – sein Gehalt wurde trotzdem weitergezahlt.
  • Arbeitnehmer B nahm noch während der Kündigungsfrist eine neue Stelle an und musste sein Gehalt teilweise zurückzahlen.

Was Arbeitnehmer wissen sollten

Die Kündigungsfrist ist eine Übergangszeit, in der es keine allgemeine Pflicht zur Jobsuche gibt. Wer freigestellt wird, kann die Zeit sinnvoll nutzen. Allerdings gibt es Fallstricke, insbesondere beim Arbeitslosengeld oder bei einer neuen Anstellung.


FAQ – Häufig gestellte Fragen

1. Bin ich verpflichtet, mich während der Kündigungsfrist zu bewerben?

Nein, es sei denn, der Arbeitgeber fordert aktiv eine Anrechnung. Für viele Arbeitnehmer stellt sich nach einer Kündigung die Frage, ob sie sich während der Kündigungsfrist aktiv um eine neue Stelle bemühen müssen. Die Unsicherheit ist verständlich, denn niemand möchte finanzielle Einbußen riskieren oder gegen rechtliche Vorgaben verstoßen.

Grundsätzlich gibt es im deutschen Arbeitsrecht keine generelle Verpflichtung, während der Kündigungsfrist Bewerbungen zu schreiben oder eine neue Beschäftigung anzutreten. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer freigestellt hat. Allerdings kann es Ausnahmen geben: Wenn der Arbeitsvertrag oder eine individuelle Vereinbarung eine sogenannte Anrechnungsklausel enthält, kann ein neuer Verdienst auf das Gehalt angerechnet werden. Auch das Sozialrecht stellt Anforderungen, insbesondere wenn ein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer Entscheidung klargestellt, dass Arbeitnehmer, die während einer Freistellung kein neues Beschäftigungsverhältnis eingehen, nicht automatisch „böswillig“ handeln. Solange der Arbeitgeber keine entsprechende Klausel in den Vertrag aufgenommen hat, bleibt das Gehalt bestehen. Wer jedoch Arbeitslosengeld beantragt, muss sich an die Vorgaben der Agentur für Arbeit halten und Eigenbemühungen nachweisen.

Ein Beispiel ist der Fall eines IT-Consultants, der nach seiner betriebsbedingten Kündigung drei Monate freigestellt wurde. Da sein Vertrag keine Anrechnung vorsah, erhielt er sein volles Gehalt und begann erst nach der Kündigungsfrist mit der Jobsuche. In einem anderen Fall wurde eine Sachbearbeiterin zur Stellensuche verpflichtet, weil ihr Arbeitsvertrag eine Anrechnungsklausel enthielt. Sie fand nach sechs Wochen eine neue Stelle, woraufhin ihr ehemaliger Arbeitgeber die Zahlungen kürzte.

Es besteht also keine generelle Verpflichtung zur Jobsuche, es aber aber möglich, dass es individuelle vertragliche und sozialrechtliche Pflichten gibt. Arbeitnehmer sollten daher genau prüfen, welche Regelungen für sie gelten.


2. Darf ich während der Kündigungsfrist einen anderen Job annehmen?

Ja, aber prüfen Sie Ihren Arbeitsvertrag auf mögliche Klauseln. Viele Arbeitnehmer überlegen, während der Kündigungsfrist eine neue Beschäftigung aufzunehmen – sei es aus finanziellen Gründen oder weil sie bereits ein neues Angebot haben. Doch nicht immer ist dies ohne Weiteres möglich.

Ob ein Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist eine andere Tätigkeit aufnehmen darf, hängt davon ab, ob er noch zur Arbeitsleistung verpflichtet ist oder freigestellt wurde. Ist die Kündigungsfrist mit Freistellung verbunden, besteht in der Regel kein Hindernis für eine neue Anstellung. Allerdings kann eine Anrechnungsklausel dazu führen, dass das neue Gehalt mit dem bisherigen verrechnet wird. Ohne Freistellung bleibt der Arbeitnehmer verpflichtet, bis zum letzten Tag für den bisherigen Arbeitgeber zu arbeiten – eine parallele Beschäftigung wäre in diesem Fall nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.

Arbeitsrechtlich gibt es keine generelle Sperre für eine neue Tätigkeit während der Kündigungsfrist. Ein wichtiger Punkt ist jedoch das Wettbewerbsverbot. Wer während der Kündigungsfrist für ein Konkurrenzunternehmen arbeitet, kann eine Vertragsstrafe oder eine Abmahnung riskieren. Zudem sollten Arbeitnehmer prüfen, ob sie Resturlaub nehmen können, um früher aus dem alten Arbeitsverhältnis auszuscheiden.

Ein Beispiel: Ein Vertriebsmitarbeiter wurde betriebsbedingt gekündigt und freigestellt. Er nahm sofort eine neue Stelle an, musste aber auf sein altes Gehalt verzichten, da sein neuer Verdienst angerechnet wurde. In einem anderen Fall bewarb sich eine Marketingmanagerin während der Kündigungsfrist, konnte jedoch erst nach Ende ihres Vertrags anfangen, da ihr Arbeitgeber sie nicht freistellte.

Eine neue Anstellung ist möglich, wenn der Arbeitnehmer freigestellt wurde. Ohne Freistellung muss entweder eine Nebenbeschäftigung erlaubt sein oder eine frühzeitige Auflösung des alten Vertrags erfolgen.


3. Hat eine neue Stelle Auswirkungen auf mein Gehalt?

Nur bei einer Freistellung mit Anrechnung anderweitigen Verdienstes. Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob sie trotz Kündigungsfrist ihr volles Gehalt erhalten, wenn sie währenddessen eine neue Stelle antreten. Hier kommt es auf die konkrete Vertragsgestaltung und die Art der Freistellung an.

Bei einer Kündigung bleibt das Arbeitsverhältnis bis zum letzten Tag bestehen. Wird der Arbeitnehmer jedoch freigestellt, kann der Arbeitgeber in vielen Fällen eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes vornehmen. Das bedeutet, dass das Gehalt aus der neuen Tätigkeit vom alten Arbeitgeber verrechnet wird – Arbeitnehmer erhalten dann nur noch die Differenz. Ist eine solche Klausel nicht vereinbart, darf der gekündigte Mitarbeiter sein Gehalt behalten und zusätzlich verdienen.

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass eine solche Anrechnung nur möglich ist, wenn sie vertraglich oder tariflich geregelt wurde. Ohne eine solche Klausel darf der Arbeitnehmer auch bei neuer Anstellung weiterhin sein volles Gehalt erhalten.

Ein Beispiel: Ein Ingenieur wurde mit sechs Monaten Gehaltsfortzahlung freigestellt. Er nahm nach zwei Monaten eine neue Stelle an, sein altes Gehalt wurde jedoch nicht gekürzt, da sein Vertrag keine Anrechnung vorsah. In einem anderen Fall musste ein Produktionsleiter, der nach vier Wochen eine neue Stelle fand, auf sein restliches Gehalt verzichten, weil eine Anrechnungsklausel bestand.

Wer während der Kündigungsfrist eine neue Stelle antritt, sollte seinen alten Vertrag prüfen. Ohne Anrechnungsklausel bleibt das volle Gehalt bestehen, andernfalls kann der neue Verdienst angerechnet werden.


4. Was passiert, wenn ich mich nicht beim Arbeitsamt melde?

Es kann zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld kommen. Arbeitnehmer, die gekündigt wurden, müssen sich frühzeitig bei der Agentur für Arbeit melden – andernfalls droht eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Doch was genau passiert, wenn die Meldung nicht rechtzeitig erfolgt?

Wer arbeitslos wird, muss sich spätestens drei Monate vor Vertragsende bei der Arbeitsagentur arbeitsuchend melden. Ist die Kündigung kurzfristig erfolgt, gilt eine Frist von drei Tagen nach Erhalt der Kündigung. Wird diese Frist nicht eingehalten, kann eine Sperrzeit von bis zu drei Monaten verhängt werden, in der kein Arbeitslosengeld gezahlt wird.

Das Sozialgesetzbuch (§ 38 SGB III) sieht vor, dass Arbeitnehmer sich frühzeitig melden, um Fördermaßnahmen zu nutzen. Wer sich nicht meldet, riskiert nicht nur eine Sperrzeit, sondern verliert möglicherweise auch Fördermittel wie Bewerbungskosten oder Weiterbildungszuschüsse.

Beispiel: Ein Verwaltungsangestellter meldete sich erst nach Ablauf der Kündigungsfrist bei der Arbeitsagentur und erhielt für zwei Monate kein Arbeitslosengeld. Eine Bankkauffrau meldete sich dagegen rechtzeitig, konnte an einem Bewerbungscoaching teilnehmen und fand noch vor dem Vertragsende eine neue Stelle.

Die rechtzeitige Meldung beim Arbeitsamt ist essenziell, um finanzielle Nachteile zu vermeiden.


5. Kann ich während der Kündigungsfrist eine Weiterbildung machen?

Ja, das kann eine sinnvolle Investition in die Zukunft sein. Viele Arbeitnehmer überlegen, die Kündigungsfrist sinnvoll für eine Weiterbildung zu nutzen – doch ist das überhaupt erlaubt?

Eine Weiterbildung während der Kündigungsfrist kann eine gute Möglichkeit sein, sich beruflich weiterzuentwickeln. Ob sie möglich ist, hängt von der Art der Kündigung ab: Wer weiterhin zur Arbeit verpflichtet ist, benötigt für eine Weiterbildung die Zustimmung des Arbeitgebers oder muss Urlaub nehmen. Bei einer Freistellung gibt es keine Einschränkungen.

Arbeitsrechtlich spricht nichts gegen eine Weiterbildung, solange die Arbeitszeit eingehalten wird. Auch die Agentur für Arbeit unterstützt Qualifizierungsmaßnahmen während der Arbeitslosigkeit, sodass Arbeitnehmer Förderungen beantragen können.

Ein Beispiel: Eine Softwareentwicklerin nutzte ihre Freistellung für eine Weiterbildung in Künstlicher Intelligenz und bekam anschließend eine besser bezahlte Stelle. Ein Projektmanager wurde nicht freigestellt und konnte nur an Abendkursen teilnehmen.

Eine Weiterbildung ist möglich und oft sinnvoll – bei laufender Arbeitspflicht mit Zustimmung des Arbeitgebers, bei Freistellung ohne Einschränkungen.


Hier die aktuelle Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts:

Pressemitteilung Nr. 6/25 – Freistellung während der Kündigungsfrist – böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes

 

 

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis ordentlich und stellt den Arbeitnehmer trotz dessen Beschäftigungsanspruchs von der Arbeit frei, unterlässt der Arbeitnehmer in der Regel nicht böswillig iSd. § 615 Satz 2 BGB anderweitigen Verdienst, wenn er nicht schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis eingeht.

Der Kläger war seit November 2019 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Senior Consultant gegen eine monatliche Vergütung von 6.440,00 Euro brutto. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. März 2023 ordentlich zum 30. Juni 2023 und stellte den Kläger unter Einbringung von Resturlaub unwiderruflich von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung frei. Der vom Kläger erhobenen Kündigungsschutzklage gab das Arbeitsgericht am 29. Juni 2023 statt, die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht am 11. Juni 2024 zurückgewiesen.

Nach Zugang der Kündigung meldete sich der Kläger Anfang April 2023 arbeitssuchend und erhielt von der Agentur für Arbeit erstmals Anfang Juli Vermittlungsvorschläge. Die Beklagte übersandte ihm hingegen schon im Mai und Juni 2023 insgesamt 43 von Jobportalen oder Unternehmen online gestellte Stellenangebote, die nach ihrer Einschätzung für den Kläger in Betracht gekommen wären. Auf sieben davon bewarb sich der Kläger, allerdings erst ab Ende Juni 2023. Nachdem die Beklagte dem Kläger für Juni 2023 keine Vergütung mehr zahlte, hat er diese mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und eingewendet, der Kläger sei verpflichtet gewesen, sich während der Freistellung zeitnah auf die ihm überlassenen Stellenangebote zu bewerben. Weil er dies unterlassen habe, müsse er sich für Juni 2023 nach § 615 Satz 2 BGB fiktiven anderweitigen Verdienst in Höhe des bei der Beklagten bezogenen Gehalts anrechnen lassen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht ihr stattgegeben. Die dagegen erhobene Revision der Beklagten blieb vor dem Fünften Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Die Beklagte befand sich aufgrund der von ihr einseitig erklärten Freistellung des Klägers während der Kündigungsfrist im Annahmeverzug und schuldet dem Kläger nach § 615 Satz 1 BGB iVm. § 611a Abs. 2 BGB die vereinbarte Vergütung für die gesamte Dauer der Kündigungsfrist. Nicht erzielten anderweitigen Verdienst muss sich der Kläger nicht nach § 615 Satz 2 BGB anrechnen lassen. Der durch eine fiktive Anrechnung nicht erworbenen Verdienstes beim Arbeitnehmer eintretende Nachteil ist nur gerechtfertigt, wenn dieser wider Treu und Glauben (§ 242 BGB) untätig geblieben ist. Weil § 615 Satz 2 BGB eine Billigkeitsregelung enthält, kann der Umfang der Obliegenheit des Arbeitnehmers zu anderweitigem Erwerb nicht losgelöst von den Pflichten des Arbeitgebers beurteilt werden. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass ihr die Erfüllung des aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden, auch während der Kündigungsfrist bestehenden Beschäftigungsanspruchs des Klägers unzumutbar gewesen wäre. Ausgehend hiervon bestand für ihn keine Verpflichtung, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist zur finanziellen Entlastung der Beklagten ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 127/24 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Kammern Freiburg, Urteil vom
3. Mai 2024 – 9 Sa 4/24 –

 

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