Mitbestimmung des Betriebsrats beim Sozialplan

Bei einer Betriebsänderung drohen Entlassungen und andere Nachteile. Sie als Betriebsrat vertreten in dieser Situation die Interessen der Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber. Ihr wichtigstes Instrument ist die Verhandlung über den Sozialplan. Hier erfahren Sie, worauf Sie dabei achten müssen.

1. Muss der Betriebsrat über eine Betriebsänderung informiert werden?

Ja, unbedingt. Bei einer Betriebsänderung werden oft Arbeitnehmer entlassen, versetzt oder unter schlechteren Bedingungen weiterbeschäftigt.

Sie als Betriebsrat können in einer solchen Situation natürlich nur dann die Interessen der Arbeitnehmer vertreten, wenn Sie von der Betriebsänderung rechtzeitig Kenntnis erlangen.

Der Arbeitgeber muss Sie daher unter folgenden Voraussetzungen über eine geplante Betriebsänderung informieren (§ 111 BetrVG):

  1. Im Unternehmen müssen regelmäßig mehr als zwanzig Arbeitnehmer beschäftigt sein.
  2. Die Betriebsänderung muss wesentliche Nachteile für die Arbeitnehmer haben. Davon ist fast immer auszugehen.
  3. Die Betriebsänderung muss zumindest einen erheblichen Teil der Belegschaft betreffen. Man greift hier auf die Schwellwerten des § 17 Abs. 1 KSchG zurück. Die Pflicht zur Informierung des Betriebsrats entfällt auch nicht, wenn der Arbeitgeber die Betriebsänderung in mehrere kleine Wellen aufteilt, die jeweils die Schwelle des § 17 Abs. 1 KSchG unterschreiten. Folgen z.B. mehrere Entlassungswellen innerhalb weniger Monate aufeinander, werden zur Bestimmung des Schwellwerts alle betroffenen Mitarbeiter zusammengezählt.
Schwellwerte des § 17 Abs. 1 KSchG

2. Wie muss der Betriebsrat unterrichtet werden?

Der Arbeitgeber muss Sie als Betriebsrat sowohl rechtzeitigals auchumfassendüber die geplante Betriebsänderung unterrichten (§ 111 Satz 1 BetrVG). Grundsätzlich ist keine besondere Form vorgeschrieben. Der Arbeitgeber wird Sie aus Beweiszwecken aber meist schriftlich in Kenntnis setzen.

Der Arbeitgeber unterrichtet Sie nur dann rechtzeitig, wenn er mit der Umsetzung der Betriebsänderung bisher noch nicht begonnen hat. Sie müssen also vor dem ersten Umsetzungsakt (z.B. Entlassungen, Änderungsverträge,…) informiert werden.

Der Arbeitgeber hat Sie dabei so umfassend zu unterrichten, dass Sie sich ein genaues Bild von der geplanten Betriebsänderung und deren Folgen für die Arbeitnehmer machen können. Nur dann sind Sie in der Lage, Ihrer Aufgabe als Vertreter der Arbeitnehmer gerecht zu werden. Sie dürfen insbesondere notwendige Unterlagen verlangen, aus denen der Umfang und die Auswirkungen der Betriebsänderung hervorgehen. Der Arbeitgeber darf dies nicht mit dem Argument verweigern, dass seine Pläne geheimhaltungsbedürftig seien.

3. Was kann der Betriebsrat im Sozialplan für die Arbeitnehmer tun?

Bei einer Betriebsänderung ist es Ihre Aufgabe als Betriebsrat, die beruflichen und wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund ist der Arbeitgeber verpflichtet, sich mit Ihnen über die Betriebsänderung zu beraten.

Zunächst können Sie versuchen, mit dem Arbeitgeber einen Interessenausgleich und damit über das Ob, Wann und Wie der Betriebsänderung zu verhandeln. Bereits auf diesem Wege lassen sich im Vorhinein erhebliche Nachteile abwenden (z.B. per teilweisem Kündigungsverzicht).

Von größerer Bedeutung für die Arbeitnehmer ist jedoch die Vereinbarung eines Sozialplans. Dieser soll die wirtschaftlichen Folgen der Betriebsänderung abmildern und enthält meist konkrete Maßnahmen, um die Arbeitnehmer zu unterstützen. Er wirkt wie eine Betriebsvereinbarung (§ 112 I BetrVG).

Sie können beispielsweise versuchen, folgende Vorteile für die Arbeitnehmer auszuhandeln:

  • Abfindungen
  • Übernahme von Fahrtkosten zur neuen Arbeitsstelle
  • Erstattung von Bewerbungs-, Weiterbildung-, Umschulungs- und Umzugskosten
  • Lohnausgleich

Insbesondere die Abfindung wird für gekündigte Arbeitnehmer von allergrößter Bedeutung sein. Viele Arbeitnehmer haben ohne eine entsprechende Regelung im Sozialplan nur schlechte Aussichten auf eine Abfindung.

Mit den Stichworten sind nur beispielhaft einige Aspekte genannt, die im Sozialplan vereinbart werden können. Die möglichen Inhalte sind so vielfältig wie das Arbeitsleben selbst.

4. Kann der Betriebsrat einen Sozialplan erzwingen?

Ein guter Sozialplan kann für den Arbeitgeber kostspielig werden. Er wird sich Ihren Vorschlägen daher häufig verweigern. Droht deshalb der Sozialplan zu scheitern, können Sie wie folgt vorgehen (§ 112 BetrVG):

  • Sie schalten die Bundesagentur für Arbeit als Vermittlerin ein (selten).
  • Ist dies weder von Ihnen noch vom Arbeitgeber gewünscht oder ist die Vermittlung erfolglos, können Sie die Einigungsstelle anrufen. Auch diese versucht, ein letztes Mal zu vermitteln.
  • Ist auch diese Bemühung erfolglos, ersetzt die Einigungsstelle die Vereinbarung zwischen Ihnen und dem Arbeitgeber und erzwingtsomit einen Sozialplan. Sie beachtet hierbei sowohl die unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers als auch die Interessen der Arbeitnehmer.

Gut zu wissen

Ein Sozialplan ist nicht immer erzwingbar. Geht es bei der geplanten Betriebsänderung ausschließlich um die Entlassung von Arbeitnehmern, kann der Arbeitgeber bei kleineren Entlassungswellen einen Sozialplan umgehen. Die relevante Schwelle ergibt sich aus § 112a I BetrVG. Auch in neu gegründeten Unternehmen (nicht älter als vier Jahre) lässt sich ein Sozialplan nicht immer erzwingen.

5. Wie kann ein Anwalt dem Betriebsrat beim Sozialplan helfen?

Das Aushandeln eines Sozialplans ist auch für erfahrene Betriebsräte keine alltägliche Angelegenheit.

Sie können daher zu Ihrer Unterstützung einen fachkundigen Anwalt als Berater oder Sachverständigen hinzuziehen. Dieser

  • kann Sie im Hintergrund über sinnvolle Inhalte des Sozialplans und das richtige Vorgehen gegenüber dem Arbeitgeber beraten
  • und/oder die Verhandlungen gegenüber dem Arbeitgeber in enger Absprache mit Ihnen führen.
Wie können Sie einen Anwalt bei einem Sozialplan hinzuziehen?

Die Kosten des Anwalts hat meist der Arbeitgeber zu übernehmen. Es gilt folgende Regelung:

  • In Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern (vor der Betriebsänderung) dürfen Sie auf Kosten des Arbeitgebers einen Berater hinzuziehen (§ 111 Satz 3 BetrVG). Der Arbeitgeber kann nicht widersprechen. Dies gilt jedoch nur für die Beratung der Betriebsänderung selbst, nicht aber für die Sozialplanverhandlungen.
  • Im Übrigen können Sie einen Anwalt als Sachverständigen hinzuziehen, sofern dies zur Erfüllung Ihrer Aufgaben notwendig ist. Hier müssen Sie sich jedoch mit dem Arbeitgeber abstimmen (§ 80 Abs. 3 BetrVG).

Gut zu wissen

Aber verstehen Sie die Formulierung des § 80 Abs. 3 BetrVG nicht falsch! Sie dürfen einen Anwalt grundsätzlich hinzuziehen, wenn Sie andernfalls Ihre Pflichten als Betriebsrat nicht erfüllen können. Aufgrund der rechtlichen Komplexität einer Betriebsänderung und eines Sozialplans wird dies meist der Fall sein. Verweigert Ihr Arbeitgeber seine Zustimmung grundlos, kann sie durch das Arbeitsgericht ersetzt werden.

6. Unsere Empfehlung

Der Arbeitgeber muss Sie grundsätzlich von einer geplanten Betriebsänderung in Kenntnis setzen.Diese Unterrichtung muss umfassend und rechtzeitig erfolgen. Andernfalls begeht der Arbeitgeber eine Ordnungswidrigkeit.Sie können einen Interessenausgleich und einen Sozialplan mit dem Arbeitgeber vereinbaren.Der Sozialplan ist in den meisten Fällen erzwingbar. Er enthält Regelungen, die Nachteile der Betriebsänderung ausgleichen sollen (z.B. Abfindungen).In den meisten Fällen können Sie einen Anwalt als Berater oder Sachverständigen auf Kosten des Arbeitgebers hinzuziehen.

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