Was wird aus den Windhorst Werften?

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Die Werften von Lars Windhorst in Flensburg und Rendsburg haben turbulente Zeiten hinter sich. Nach finanziellen Schwierigkeiten, fehlenden Aufträgen und schließlich der Insolvenz stehen nun neue Investoren bereit, um die Werften zu übernehmen. Doch was bedeutet das für die Arbeitnehmer? Welche arbeitsrechtlichen Fragen ergeben sich aus der Übernahme? Und welche Chancen und Risiken bringt der Neustart mit sich?

Die Insolvenz der Windhorst Werften – Ein Überblick

Die Insolvenz der Windhorst Werften kam nicht überraschend. Bereits seit Monaten hatten sich finanzielle Probleme angestaut, es fehlte an Material und ausstehende Sozialversicherungsbeiträge führten zu ernsthaften Konsequenzen. Sozialversicherungsträger und Gläubiger sahen sich gezwungen, Insolvenzanträge zu stellen. Mit über 150 Zwangsvollstreckungsschreiben war die Situation klar: Die Insolvenz war nicht mehr abzuwenden.

Doch Insolvenz bedeutet nicht das Ende. Für die Werften und ihre Mitarbeiter beginnt nun eine neue Phase – mit Chancen, aber auch Herausforderungen.

Neue Investoren: Lürssen und Heinrich-Rönner-Gruppe übernehmen

Für die Beschäftigten und die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein gibt es Hoffnung: Die Heinrich-Rönner-Gruppe übernimmt die Flensburger Schiffbau-Gesellschaft (FSG), während die Lürssen-Gruppe die Nobiskrug-Werft in Rendsburg übernimmt. Beide Investoren haben Erfahrung im Schiffbau und planen, die Standorte weiterzuführen.

Die entscheidende Frage für die Arbeitnehmer ist: Wie geht es weiter? Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB, bei dem alle bisherigen Arbeitsverhältnisse bestehen bleiben, kommt in diesem Fall nicht in vollem Umfang in Betracht. Stattdessen müssen viele Beschäftigte erst in eine Transfergesellschaft wechseln, bevor sie beim neuen Arbeitgeber eine Chance erhalten.

Arbeitsrechtliche Auswirkungen für die Mitarbeiter

Die Unsicherheit für die rund 500 Beschäftigten ist groß. Ohne direkten Betriebsübergang bedeutet die Insolvenz oft den Verlust des Arbeitsplatzes, zumindest vorübergehend.

1. Kündigungen und Sozialpläne

Viele Beschäftigte erhalten Kündigungen, sind jedoch über Sozialpläne abgesichert. Wer in eine Transfergesellschaft wechselt, kann dort überbrückende Qualifizierungsmaßnahmen erhalten. Doch die Bedingungen sind oft schlechter als im bisherigen Arbeitsverhältnis.

2. Transfergesellschaft: Ein Muss oder eine Chance?

Transfergesellschaften sollen Beschäftigten helfen, schnell eine neue Stelle zu finden. Doch oft bedeutet der Wechsel auch Einbußen beim Gehalt. Arbeitnehmer haben das Recht, sich für oder gegen die Teilnahme zu entscheiden – eine sorgfältige Prüfung der individuellen Situation ist ratsam.

3. Neue Arbeitsverträge – Was Arbeitnehmer beachten sollten

Wenn der neue Investor Arbeitsplätze schafft, werden den Beschäftigten neue Verträge angeboten. Dabei können sich die Konditionen ändern – weniger Gehalt, neue Probezeiten oder andere Tätigkeiten sind möglich. Arbeitnehmer sollten sich vor der Unterschrift beraten lassen.

Arbeitsrechtlicher Schutz und Handlungsmöglichkeiten

Arbeitnehmer in Insolvenzfällen haben bestimmte Rechte.

Kündigungsschutz in der Insolvenz

• Eine Kündigung ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich.

• Die Kündigungsfrist kann in der Insolvenz verkürzt werden (§ 113 InsO).

• Es lohnt sich, die Kündigung arbeitsrechtlich prüfen zu lassen.

Betriebsübergang und Arbeitsrecht

• Gibt es einen Betriebsübergang nach § 613a BGB, bleiben Arbeitsverträge bestehen.

• Ohne Betriebsübergang müssen Arbeitnehmer individuell neue Verträge abschließen.

Anspruch auf Abfindung?

• Eine Abfindung gibt es nur, wenn ein Sozialplan sie vorsieht oder eine Kündigungsschutzklage erfolgreich ist.

• Arbeitnehmer sollten sich rechtzeitig arbeitsrechtlich beraten lassen.

Fallbeispiele aus der Praxis

Fall 1: Kündigung nach Insolvenz – Welche Fristen gelten?

Ein Arbeitnehmer erhält die Kündigung und fragt sich, ob er diese anfechten kann. Grundsätzlich gilt eine Frist von drei Wochen für eine Kündigungsschutzklage. Doch in der Insolvenz gelten oft kürzere Fristen.

Fall 2: Abfindung bei Betriebsübergang?

Nicht jeder Arbeitnehmer erhält eine Abfindung. Nur wenn ein Sozialplan existiert oder eine Kündigungsschutzklage erfolgreich ist, kann eine Abfindung gezahlt werden.

Fall 3: Welche Rechte haben Betriebsräte in der Insolvenz?

Der Betriebsrat muss bei Kündigungen einbezogen werden. In Insolvenzverfahren sind seine Mitbestimmungsrechte jedoch oft eingeschränkt.

Fall 4: Arbeitsvertrag beim neuen Eigentümer – Muss ich zustimmen?

Arbeitnehmer müssen einen neuen Arbeitsvertrag nicht unterschreiben, sollten aber die Konsequenzen abwägen.

Fall 5: Kurzarbeit oder Freistellung – Was bedeutet das für Arbeitnehmer?

Viele Arbeitnehmer werden in Kurzarbeit geschickt oder freigestellt. Doch was bedeutet das für Lohnansprüche und Sozialversicherungsbeiträge?


Die Übernahme der Windhorst Werften bringt Licht und Schatten. Einerseits gibt es neue Investoren und damit eine Zukunft für die Werften. Andererseits stehen Arbeitnehmer vor großen Herausforderungen, insbesondere in Bezug auf Kündigungen, neue Arbeitsverträge und Sozialpläne. Wer betroffen ist, sollte sich rechtzeitig rechtlich beraten lassen, um keine wichtigen Fristen zu verpassen.

FAQs

Eine arbeitsrechtliche Beratung ist dringend zu empfehlen. Bekomme ich weiterhin mein Gehalt?

Wenn ein Unternehmen Insolvenz anmeldet, ist eine der größten Sorgen der Arbeitnehmer, ob ihr Gehalt weiterhin gezahlt wird. Die Unsicherheit ist verständlich, da in vielen Fällen Zahlungen ausbleiben oder nur teilweise erfolgen.

Im Fall der Windhorst Werften bedeutet die Insolvenz zunächst, dass das Unternehmen zahlungsunfähig ist. Doch das bedeutet nicht automatisch, dass Mitarbeiter sofort ohne Gehalt dastehen. Es gibt gesetzliche Regelungen, die Arbeitnehmer in dieser Situation schützen.

Rechtlich betrachtet greift in Deutschland das sogenannte Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III). Dieses wird von der Agentur für Arbeit gezahlt und deckt rückständige Gehälter für bis zu drei Monate ab, vorausgesetzt, der Arbeitgeber hat in dieser Zeit keine Löhne gezahlt. Nach Ablauf dieser Frist hängt die weitere Gehaltszahlung davon ab, ob das Unternehmen fortgeführt wird oder die Beschäftigten entlassen werden.

Fallbeispiel 1: Ein Werftmitarbeiter, der bereits seit drei Monaten keinen Lohn erhalten hat, meldet Insolvenzgeld an. Die Agentur für Arbeit übernimmt die Zahlung der ausstehenden Beträge, sodass er rückwirkend abgesichert ist.

Fallbeispiel 2: Ein anderer Mitarbeiter wird nach Ablauf der Insolvenzgeldphase weiterbeschäftigt, doch der neue Investor benötigt noch einige Monate, um die Produktion wieder aufzunehmen. In dieser Zeit erhält der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, das 60–67 % des bisherigen Nettolohns beträgt.

Das Gehalt ist für die ersten drei Monate über Insolvenzgeld abgesichert. Danach kommt es darauf an, ob die Werften weitergeführt werden oder ob eine Transfergesellschaft eingerichtet wird, in der andere Lohnregelungen gelten.

Muss ich in die Transfergesellschaft wechseln?

Viele Arbeitnehmer stehen nach einer Insolvenz vor der Entscheidung, ob sie in eine Transfergesellschaft eintreten sollen. Diese wird oft als Brücke zu einer neuen Beschäftigung dargestellt, doch es gibt Vor- und Nachteile.

Die Transfergesellschaft ist eine befristete Lösung, in der Arbeitnehmer für eine begrenzte Zeit (meist sechs bis zwölf Monate) weiterbeschäftigt werden. Während dieser Zeit erhalten sie ein reduziertes Einkommen, oft in Höhe des Arbeitslosengeldes plus einem Zuschuss vom ehemaligen Arbeitgeber. Der Vorteil ist, dass sie sozialversichert bleiben und Qualifizierungsmaßnahmen nutzen können. Der Nachteil: Nach Ablauf der Transferphase gibt es keine Jobgarantie.

Rechtlich betrachtet ist der Wechsel in eine Transfergesellschaft freiwillig. Niemand kann gezwungen werden, eine solche Maßnahme anzunehmen. Allerdings bedeutet eine Ablehnung oft, dass die Arbeitnehmer direkt arbeitslos werden und nur das reguläre Arbeitslosengeld erhalten.

Fallbeispiel 1: Ein Angestellter der Werft entscheidet sich für die Transfergesellschaft. Er erhält 80 % seines letzten Nettogehalts und kann sich während der Zeit weiterqualifizieren. Nach sechs Monaten findet er eine neue Stelle.

Fallbeispiel 2: Eine andere Mitarbeiterin lehnt die Transfergesellschaft ab, da sie bereits ein Jobangebot von einem anderen Unternehmen hat. Sie wechselt direkt in ein neues Arbeitsverhältnis und vermeidet so eine Phase der Unsicherheit.

Die Transfergesellschaft kann eine sinnvolle Lösung sein, ist aber nicht zwingend die beste Option für jeden Arbeitnehmer. Eine individuelle Abwägung der finanziellen und beruflichen Perspektiven ist wichtig.

Kann ich mich gegen die Kündigung wehren?

Eine Kündigung im Zuge einer Insolvenz bedeutet nicht automatisch, dass sie rechtlich wirksam ist. Arbeitnehmer haben das Recht, eine Kündigungsschutzklage einzureichen und sich gegen den Verlust ihres Arbeitsplatzes zu wehren.

Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden (§ 4 KSchG). In einem Insolvenzverfahren gelten zudem verkürzte Kündigungsfristen (§ 113 InsO). Dennoch müssen Kündigungen sozial gerechtfertigt sein, und Fehler im Verfahren können sie unwirksam machen.

Fallbeispiel 1: Ein Arbeitnehmer mit 20 Jahren Betriebszugehörigkeit wird entlassen, obwohl jüngere Kollegen mit kürzerer Betriebszugehörigkeit bleiben dürfen. Er erhebt Klage und gewinnt, weil die Sozialauswahl fehlerhaft war.

Fallbeispiel 2: Ein anderer Mitarbeiter wird entlassen, doch das Unternehmen bietet ihm keine alternative Stelle an, obwohl entsprechende Positionen frei sind. Das Gericht stellt fest, dass die Kündigung unwirksam ist.

Wer Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer Kündigung hat, sollte sich schnell anwaltlich beraten lassen. Eine Klage kann den Arbeitsplatz retten oder zumindest eine Abfindung sichern.

Gibt es einen Anspruch auf Abfindung?

Viele Arbeitnehmer hoffen nach einer Insolvenz auf eine Abfindung. Doch ein gesetzlicher Anspruch darauf besteht nicht automatisch. Eine Abfindung gibt es nur, wenn sie im Sozialplan vorgesehen ist oder durch eine Kündigungsschutzklage erstritten wird.

Ein Sozialplan wird oft zwischen Insolvenzverwalter und Betriebsrat verhandelt. Darin kann eine Abfindung für entlassene Mitarbeiter festgelegt werden, oft abhängig von Betriebszugehörigkeit und Alter. Falls kein Sozialplan besteht, bleibt als einzige Möglichkeit eine individuelle Verhandlung mit dem Insolvenzverwalter oder ein gerichtlicher Vergleich.

Fallbeispiel 1: Ein langjähriger Mitarbeiter erhält laut Sozialplan eine Abfindung von 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr. Bei 10 Jahren Betriebszugehörigkeit sind das fünf Monatsgehälter.

Fallbeispiel 2: Ein anderer Mitarbeiter klagt gegen seine Kündigung. Das Gericht schlägt eine Einigung vor: Der Arbeitgeber zahlt eine Abfindung, und der Arbeitnehmer zieht die Klage zurück.

Eine Abfindung ist möglich, aber nicht garantiert. Wer eine solche Zahlung erhalten möchte, sollte prüfen, ob eine Klage oder eine Verhandlung sinnvoll ist.

Wie sollte ich mich arbeitsrechtlich absichern?

Die Unsicherheit nach einer Insolvenz ist groß, und viele Arbeitnehmer fragen sich, wie sie sich am besten schützen können. Die richtige Strategie hängt von der individuellen Situation ab.

Zunächst sollte geprüft werden, ob eine Kündigungsschutzklage sinnvoll ist. Wer entlassen wurde, kann sich anwaltlich beraten lassen, um Chancen auf eine Abfindung oder eine Weiterbeschäftigung auszuloten. Außerdem sollte das Thema Transfergesellschaft genau analysiert werden – ist sie finanziell vorteilhaft oder gibt es bessere Alternativen?

Ein weiterer Punkt ist das Arbeitslosengeld. Wer arbeitslos wird, sollte sich sofort bei der Agentur für Arbeit melden, um keine Fristen zu versäumen. Falls ein neuer Arbeitsvertrag mit dem Investor angeboten wird, sollte er sorgfältig geprüft werden, da oft geänderte Bedingungen gelten.

Fallbeispiel 1: Ein Mitarbeiter erkennt, dass er ungerechtfertigt entlassen wurde. Er lässt sich anwaltlich beraten, klagt erfolgreich gegen die Kündigung und erhält eine hohe Abfindung.

Fallbeispiel 2: Eine Mitarbeiterin überlegt, in die Transfergesellschaft zu wechseln, entscheidet sich aber dagegen, weil sie eine besser bezahlte neue Stelle findet.

Eine frühzeitige arbeitsrechtliche Beratung ist entscheidend. Arbeitnehmer sollten ihre Rechte kennen und aktiv nutzen, um finanziell und beruflich abgesichert zu sein.

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