Annahmeverzugslohn im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.

Annahmeverzugslohn – Schneller Überblick

Annahmeverzugslohn: Ihr gutes Recht auf Lohn trotz Nichtarbeit.

In vielen Arbeitsverhältnissen gilt der Grundsatz: „Ohne Arbeit kein Lohn.“ Doch wie so oft im Recht, gibt es auch hier Ausnahmen – eine besonders wichtige ist der sogenannte Annahmeverzugslohn. Dieser Anspruch kann entstehen, wenn ein Arbeitnehmer bereit ist zu arbeiten, aber der Arbeitgeber ihn nicht beschäftigt. In solchen Fällen muss der Arbeitgeber das vereinbarte Gehalt zahlen – auch wenn keine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wurde.

Was bedeutet Annahmeverzug konkret?

Der Begriff „Annahmeverzug“ stammt aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 293 ff. BGB) und beschreibt einen Zustand, in dem der Arbeitgeber die vom Arbeitnehmer ordnungsgemäß angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt. Anders gesagt: Der Arbeitnehmer könnte arbeiten, will arbeiten, darf aber nicht arbeiten, weil der Arbeitgeber ihn daran hindert – sei es durch fehlende Einsatzplanung, fehlerhafte Kündigungen oder organisatorische Versäumnisse.

Voraussetzungen für einen Anspruch

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn entsteht nur unter bestimmten rechtlichen Bedingungen:

  • Fortbestehendes Arbeitsverhältnis: Es muss ein wirksamer Arbeitsvertrag bestehen, der noch nicht rechtskräftig beendet wurde.
  • Angebot der Arbeitsleistung: Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitskraft tatsächlich oder zumindest wörtlich anbieten – etwa durch Erscheinen im Betrieb oder ein entsprechendes Schreiben.
  • Arbeitsfähigkeit und -bereitschaft: Der Arbeitnehmer darf weder krank noch aus anderen Gründen arbeitsunfähig sein.
  • Nichtannahme durch den Arbeitgeber: Der Arbeitgeber verweigert die Beschäftigung – sei es stillschweigend oder ausdrücklich.

Wichtige Hinweise für Arbeitnehmer

Wenn Sie glauben, Ihr Arbeitgeber sei in Annahmeverzug geraten, ist ein rechtssicheres Vorgehen entscheidend. Hier einige praktische Empfehlungen:

  • Dokumentieren Sie Ihre Arbeitsbereitschaft – zum Beispiel durch schriftliche Angebote oder persönliche Anwesenheit am Arbeitsplatz.
  • Bleiben Sie einsatzbereit und gesund – eine Krankschreibung schließt den Anspruch auf Annahmeverzugslohn grundsätzlich aus.
  • Reagieren Sie auf Kündigungen – auch nach einer Kündigung kann ein Lohnanspruch bestehen, etwa wenn die Kündigung später für unwirksam erklärt wird.
  • Nebenverdienste anrechnen lassen – eventuelle Zwischenverdienste oder erhaltene Sozialleistungen werden auf den Annahmeverzugslohn angerechnet. Wer sich allerdings mutwillig einem Einkommen entzieht, riskiert, dass ein fiktives Einkommen gegengerechnet wird.

Folgen für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten den Annahmeverzug keinesfalls auf die leichte Schulter nehmen:

  • Lohnzahlungspflicht ohne Gegenleistung: Der Arbeitnehmer muss nicht nacharbeiten – das Risiko liegt beim Arbeitgeber.
  • Hohe Nachzahlungspflichten bei unwirksamer Kündigung: Wird eine Kündigung durch das Arbeitsgericht für unwirksam erklärt, können erhebliche Lohnnachzahlungen fällig werden – oft rückwirkend für Monate oder Jahre.
  • Kein Freifahrtschein bei Auftragsmangel: Selbst bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten, etwa Produktionsausfällen oder Auftragsmangel, bleibt der Arbeitgeber in der Pflicht – es sei denn, besondere Regelungen wie z. B. Kurzarbeit greifen.

Ihr Recht verdient Unterstützung

Wenn es um Ihren Lohn geht, sollten Sie sich nicht auf Vermutungen verlassen. Lassen Sie die Situation frühzeitig von einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen. Bei Pöppel Rechtsanwälte – Ihrer Kanzlei für Arbeitsrecht – erhalten Sie kompetente Unterstützung bei allen Fragen rund um den Annahmeverzugslohn.

Annahmeverzugslohn – In aller Tiefe

Annahmeverzugslohn

Definition: Der Annahmeverzugslohn ist ein Begriff aus dem deutschen Arbeitsrecht und bezeichnet den Lohn bzw. das Gehalt, den ein Arbeitnehmer erhält, obwohl er nicht gearbeitet hat, weil der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht angenommen hat. Grundsätzlich gilt im Arbeitsleben der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ (abgeleitet aus § 614 BGB), doch davon gibt es Ausnahmen. Eine dieser Ausnahmen ist der Annahmeverzug: Gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, muss er dem Arbeitnehmer trotzausgebliebener Arbeit die vereinbarte Vergütung zahlen. Diese Situation tritt beispielsweise ein, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung ordnungsgemäß anbietet, der Arbeitgeber aber die Arbeit nicht annimmt, obwohl er dazu verpflichtet wäre. Rechtsgrundlage ist § 615 BGB, der bestimmt, dass der Arbeitnehmer „für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen“ kann. Umgangssprachlich wird Annahmeverzugslohn auch als „Lohn ohne Arbeit“ bezeichnet. Im Ergebnis führt ein Annahmeverzug dazu, dass der Arbeitnehmer finanziell so gestellt wird, als hätte er gearbeitet – obwohl der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht abgerufen hat.

Voraussetzungen des Annahmeverzugs

Damit ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn entsteht, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Bestehendes Arbeitsverhältnis: Es muss ein gültiger Arbeitsvertrag vorliegen, und das Arbeitsverhältnis muss erfüllbar sein (d.h. es darf nicht wirksam beendet oder suspendiert sein). Beispielsweise kann Annahmeverzug nach einer unwirksamen Kündigung eintreten, weil das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterbesteht (siehe unten).
  • Angebot der Arbeitsleistung: Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber seine Arbeitsleistung tatsächlich anbieten – im Normalfall durch Erscheinen zur vereinbarten Zeit am Arbeitsplatz. Ein solches reales Angebot („tatsächliches Angebot“ nach § 294 BGB) ist im Regelfall erforderlich. Ausnahmen: Hat der Arbeitgeber bereits im Voraus eindeutig erklärt, dass er die Leistung nicht annehmen wird (z. B. durch Freistellung oder ein klares Arbeitsverbot), genügt ein wörtliches Angebot(ein klares Aussprechen der Arbeitsbereitschaft, § 295 BGB) oder kann in besonderen Fällen sogar entbehrlich sein. Beispiel: Kündigt der Arbeitgeber und macht unmissverständlich deutlich, dass der Arbeitnehmer bis auf Weiteres nicht mehr arbeiten soll (etwa durch schriftliche Freistellung), muss der Arbeitnehmer nicht jeden Tag aufs Neue erscheinen; ein einmaliges Angebot oder die Erklärung im Kündigungsschutzprozess genügt meist. Wichtig ist, dass der Arbeitnehmer seinen Willen zur Arbeitsleistung bekundet hat.
  • Arbeitsfähigkeit und Arbeitswille: Der Arbeitnehmer muss arbeitsfähig (gesund und in der Lage zu arbeiten) und arbeitsbereit sein. Kein Anspruch besteht, wenn der Arbeitnehmer aus persönlichen Gründen sowieso nicht hätte arbeiten können, etwa wegen Krankheit. In diesem Fall fehlt es an der Leistungsfähigkeit – der Arbeitgeber gerät dann nicht in Verzug, weil die Arbeitsleistung gar nicht möglich war. (Zu unterscheiden ist das von der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: Bei Krankheit zahlt der Arbeitgeber den Lohn aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlung, nicht wegen Annahmeverzugs.) Ebenso muss der Arbeitnehmer gewillt sein zu arbeiten; wer die Arbeit selbst verweigert, kann keinen Annahmeverzugslohn verlangen.
  • Ablehnung der Arbeitsleistung durch den Arbeitgeber: Schließlich muss der Arbeitgeber die angebotene Arbeit nicht angenommen haben, obwohl er dazu verpflichtet war. Das bedeutet: Es darf kein rechtmäßiger Grund vorliegen, der den Arbeitgeber von der Annahmepflicht befreit. Lehnt der Arbeitgeber grundlos ab, den Arbeitnehmer zu beschäftigen – sei es durch ausdrückliche Weigerung, durch Ausspruch einer unwirksamen Kündigung, durch ein unberechtigtes Hausverbot oder schlicht dadurch, dass er den Arbeitsplatz nicht bereitstellt – gerät er in Annahmeverzug. Nicht erforderlich ist ein Verschulden des Arbeitgebers; es genügt die objektive Nichtannahme der Leistung. Wichtig ist nur, dass der Grund der Nichtbeschäftigung beim Arbeitgeber liegt. Beispielsweise gerät der Arbeitgeber in Annahmeverzug, wenn er wegen Auftragsmangels keine Arbeit zuteilt oder den Betrieb vorübergehend schließt, ohne dass eine rechtliche Grundlage dafür besteht, die den Lohnanspruch entfallen ließe.

Erfüllen diese Voraussetzungen die Bedingungen des § 615 BGB, dann liegt Annahmeverzug vor und der Arbeitnehmer hat einen Anspruch auf Annahmeverzugslohn.

Rechtsfolgen: Lohnzahlung ohne Arbeit

Befindet sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug, hat das zentrale Rechtsfolgen für beide Seiten:

  • Lohnanspruch trotz Nichtarbeit: Der Arbeitnehmer kann die vereinbarte Vergütung verlangen, obwohl er nicht gearbeitet hat. Konkret muss der Arbeitgeber den Lohn bzw. das Gehalt nachzahlenfür die Zeit, in der er die angebotene Arbeit nicht angenommen hat. Der Lohnanspruch besteht in der gleichen Höhe, als wäre regulär gearbeitet worden (inklusive vertraglicher Zulagen, Prämien etc., soweit diese an die Arbeitsleistung gekoppelt sind). Wichtig: Der Arbeitnehmer muss die nicht geleistete Arbeit später nicht nachholen – es handelt sich um endgültigen Vergütungsanspruch. Das Prinzip “Ohne Arbeit kein Lohn” wird hier umgekehrt: „Ohne Arbeit trotzdem Lohn“, sofern der Arbeitgeber in Verzug ist.
  • Keine Nachleistungspflicht: Wie erwähnt, besteht keine Pflicht des Arbeitnehmers, die versäumte Arbeit nachträglich zu erbringen. Der Annahmeverzugslohn ist also echter Ersatzlohn, kein Vorschuss. Der Arbeitgeber trägt das sogenannte Betriebsrisiko: fällt Arbeit aus von seiner Seite, bleibt er dennoch zur Lohnzahlung verpflichtet (vergleichbar mit der Lohnfortzahlung etwa bei Betriebsstörungen, soweit kein anderer Rechtsgrund greift).
  • Anrechnung anderweitigen Verdienstes: Der Arbeitnehmer soll durch den Annahmeverzugslohn nicht besser gestellt werden als bei tatsächlicher Arbeit. Daher bestimmt das Gesetz, dass sich der Arbeitnehmer anrechnen lassen muss, was er in der betreffenden Zeit anderweitig verdient hat oder was er bewusst hätte verdienen können (§ 615 Satz 2 BGB). Konkret: Hat der Arbeitnehmer während des Verzugszeitraums bei einem anderen Arbeitgeber Einkünfte erzielt, werden diese vom Annahmeverzugslohn abgezogen. Gleiches gilt für Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld I (ALG I) oder Krankengeld – solche Leistungen werden entweder auf den Annahmeverzugslohn angerechnet oder der Arbeitgeber muss sie erstatten, damit keine Doppelleistung erfolgt (vgl. § 11 Nr. 3 KSchG, § 115 SGB X).
  • Böswillig unterlassener Verdienst: Besonders wichtig ist die Regelung, dass sich der Arbeitnehmer auch dasjenige anrechnen lassen muss, was er böswillig zu erwerben unterlässt. Das bedeutet: Hätte der Arbeitnehmer eine zumutbare anderweitige Arbeit aufnehmen können und verweigert dies ohne guten Grund, kann der hypothetische Verdienst abgezogen werden. Diese Vorschrift soll verhindern, dass der Arbeitnehmer tatenlos bleibt und den Schaden für den Arbeitgeber unnötig vergrößert. „Böswillig“ meint in diesem Zusammenhang vorsätzliche Arbeitsverweigerung in Kenntnis zumutbarer Möglichkeiten. Beispiel: Der Arbeitnehmer lehnt ein zumutbares Jobangebot ab, das ihm während des Kündigungsschutzprozesses vermittelt wurde – dann kürzt sich sein Lohnanspruch um das Gehalt, das er dort hätte erzielen können. Wichtig: Ob ein Verhalten böswillig ist, hängt von den Umständen ab (z.B. Art des angebotenen Jobs, Zumutbarkeit der Bedingungen, siehe unten im Abschnitt Mitwirkungspflichten).
  • Ersparte Aufwendungen: Theoretisch muss sich der Arbeitnehmer auch das anrechnen lassen, was er an Aufwendungen erspart hat (§ 615 Satz 2 BGB) – etwa gesparte Fahrkosten, Verpflegungskosten u.Ä.. In der Praxis spielen solche ersparten Kosten meist nur eine geringe Rolle und werden oft vernachlässigt. (Wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, verdrängt § 11 KSchG diese Regel sogar, so dass ersparte Aufwendungen gar nicht berücksichtigt werden.)
  • Zinsen und Verzug: Gerät der Arbeitgeber mit Lohnzahlungen in Verzug (was bei Annahmeverzug regelmäßig der Fall ist, da er ja nicht zahlt), schuldet er auch Verzugszinsen auf den rückständigen Lohn. Dies ist jedoch eher ein technisches Detail.
  • Weiterbeschäftigungsanspruch: Beachte, dass Annahmeverzug sich nur auf die Zahlungspflichtbezieht. Einen unmittelbaren Anspruch, tatsächlich weiterbeschäftigt zu werden, begründet er nicht – dieser ergibt sich ggf. aus anderen Vorschriften oder Urteilen (z.B. wenn eine Kündigung unwirksam ist, kann der Arbeitnehmer auf Weiterbeschäftigung bestehen). Der Annahmeverzugslohn gleicht in Geld aus, dass keine Arbeit stattfindet.

Zusammenfassend heißt das: Im Annahmeverzug muss der Arbeitgeber den Lohn zahlen, als ob gearbeitet worden wäre, aber der Arbeitnehmer muss keine Arbeit leisten. Allerdings wird alles angerechnet, was der Arbeitnehmer in der Zeit verdient hat oder böswillig nicht verdient hat, um Doppelleistungen oder „Vorteile“ zu vermeiden.

Pflichten und Mitwirkung des Arbeitnehmers

Obwohl der Arbeitgeber beim Annahmeverzug das Risiko trägt, hat auch der Arbeitnehmer Mitwirkungspflichten, um seinen Annahmeverzugslohnanspruch nicht zu gefährden. Folgende Punkte sollten Arbeitnehmer (und Arbeitgeber) kennen:

  • Arbeitsleistung anbieten: Wichtigste Mitwirkungspflicht ist das Angebot der Arbeitskraft. Der Arbeitnehmer muss grundsätzlich alles Zumutbare tun, um arbeiten zu können. Im ungekündigten Arbeitsverhältnis bedeutet das schlicht: pünktlich zur Arbeit erscheinen und Arbeitsbereitschaft signalisieren. Tut er das nicht, liegt kein Annahmeverzug vor (denn dann hat der Arbeitnehmer die Nichterbringung zu vertreten). Beispiel: Erscheint ein Arbeitnehmer unentschuldigt nicht zur Arbeit, kann er später keinen Lohn verlangen, weil er seine Leistung gar nicht angeboten hat. Bei einer Kündigungssituation gelten besondere Regeln: Spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus und schickt den Arbeitnehmer nach Hause, ist ein tatsächliches Erscheinen oft nicht mehr nötig, da die Kündigung als Ablehnung der weiteren Arbeitsleistung verstanden wird. In solchen Fällen reicht es, dass der Arbeitnehmer zu erkennen gibt, dass er weiter arbeiten würde (etwa durch die Erhebung der Kündigungsschutzklage). Tipp: Aus Vorsicht kann der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber schriftlich mitteilen, dass er auch nach der Kündigung seine Arbeitskraft anbietet – so geht er sicher, dass das Angebot dokumentiert ist. Im Fall der Freistellung (der Arbeitgeber stellt den Arbeitnehmer einseitig von der Arbeitspflicht frei) ist das Angebot ebenfalls entbehrlich, da der Arbeitgeber die Leistung ja ausdrücklich nicht abruft. Grundregel: Als Arbeitnehmer sollte man niemals ohne Rücksprache der Arbeit fernbleiben, sondern im Zweifel zumindest mündlich oder schriftlich die Bereitschaft zur Arbeit bekunden, um den Annahmeverzugsanspruch zu wahren.
  • Leistungsbereitschaft aufrechterhalten: Der Arbeitnehmer muss bereit und fähig bleiben zu arbeiten. Dazu gehört, dass er nichts tut, was ihn dauerhaft an der Arbeitsaufnahme hindert. Beispiel: Wer während eines Annahmeverzugszeitraums ohne Abstimmung länger ins Ausland verreist und dadurch nicht kurzfristig einsatzfähig wäre, riskiert den Annahmeverzugsschutz – denn der Arbeitgeber könnte argumentieren, der Arbeitnehmer sei nicht einsatzbereit gewesen. (Im Einzelfall kann aber selbst ein Auslandstrip unschädlich sein, solange der Arbeitnehmer erreichbar und zur Rückkehr bereit ist, wie Gerichte entschieden haben.) Klar ist: Bei eigener Krankheit oder anderen Hinderungsgründen ruht der Annahmeverzugslohnanspruch, da die Arbeitsfähigkeit fehlt.
  • Keine Pflicht zu Ersatzarbeit während der Kündigungsfrist: Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom Februar 2025 stellte klar, dass ein Arbeitnehmer, der vom Arbeitgeber unwiderruflich freigestellt wurde, nicht verpflichtet ist, während der laufenden Kündigungsfrist sofort eine neue Stelle zu suchen. Solange das Arbeitsverhältnis formal noch besteht (z.B. bis zum Ablauf der Kündigungsfrist), darf der Arbeitnehmer darauf vertrauen, vom bisherigen Arbeitgeber bezahlt zu werden. Entscheidend ist laut BAG: Wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht annimmt, bleibt der volle Vergütungsanspruch nach § 615 Satz 1 BGB bestehen. In der Freistellungsphase muss der Arbeitnehmer also nicht um jeden Preis anderweitig arbeiten. Aber:Nach Ende der Kündigungsfrist (wenn das Arbeitsverhältnis eigentlich enden würde) muss der Arbeitnehmer sich um eine neue Beschäftigung bemühen, sofern der Kündigungsrechtsstreit noch läuft. Das BAG betonte zugleich, dass dies kein „Freibrief“ ist: In besonderen Konstellationen kann auch während der Kündigungsfrist eine Pflicht bestehen, eine andere zumutbare Tätigkeit aufzunehmen – etwa in extremen Fällen, wenn der Arbeitnehmer ohne triftigen Grund einem Betriebsübergang widerspricht und dann während der Kündigungsfrist beim Betriebserwerber arbeiten könnte. Solche Fälle sind aber selten.
  • Zumutbare Zwischenbeschäftigungen annehmen: Arbeitnehmer dürfen zumutbare Jobangebote während des Annahmeverzugs nicht grundlos ablehnen. Das heißt, wenn der Arbeitgeber oder die Arbeitsagentur eine vergleichbare Stelle vorschlägt, die für den Arbeitnehmer zumutbar ist (ähnliche Tätigkeit, zumutbare Bedingungen), sollte der Arbeitnehmer diese Chance ergreifen – andernfalls läuft er Gefahr, dass ihm ein böswillig unterlassener Verdienst angerechnet wird. Wichtig: Zumutbar heißt nicht „jedes Angebot“. Eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen muss der Arbeitnehmer nicht hinnehmen. Beispielsweise muss niemand einen Job mit drastisch geringerem Lohn, deutlich unterqualifizierten Tätigkeiten oder an einem weit entfernten Arbeitsort annehmen, nur um den alten Arbeitgeber zu entlasten. Die Rechtsprechung (u.a. BAG-Urteil vom Januar 2025) hat klargestellt, dass Angebote, die eine erhebliche Herabsetzung von Arbeitszeit oder -ort bedeuten, unzumutbar sein können – lehnt der Arbeitnehmer solche Angebote ab, gilt dies nicht als böswilliges Unterlassen, und der Annahmeverzugslohn bleibt voll erhalten. Umgekehrt kann ein Arbeitnehmer, der ein gleichwertigesJobangebot ohne jeden Grund ausschlägt, seinen Lohnanspruch verlieren. Es kommt also auf eine angemessene Abwägung an.
  • Mitwirkung bei der Schadenminderung: Arbeitnehmer sind gehalten, aktiv nach zumutbarer Arbeit zu suchen, sobald klar ist, dass das alte Arbeitsverhältnis (vorerst) nicht mit Beschäftigung ausgefüllt wird – jedenfalls nach Ende der Kündigungsfrist. Wer Arbeitslosengeld beanspruchen könnte, sollte dies beantragen; wer Vermittlungsvorschläge von der Bundesagentur für Arbeit erhält, sollte sich ernsthaft bewerben. Unterlässt der Arbeitnehmer solche Bemühungen vollständig, kann ihm dies im Prozess negativ ausgelegt werden. Allerdings ist eine gewisse Zurückhaltung während laufender Kündigungsfristen – wie oben erwähnt – erlaubt. Grundsätzlich sollte sich der Arbeitnehmer aber arbeitswillig zeigen und zumutbare Chancen ergreifen.
  • Auskunftspflichten gegenüber dem Arbeitgeber: Eine wichtige Mitwirkungspflicht besteht darin, dem (ehemaligen) Arbeitgeber Auskunft über erzielte oder mögliche anderweitige Einkünfte zu geben. Das BAG hat 2020 entschieden (Urteil vom 27.05.2020 – Az. 5 AZR 387/19), dass der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer Auskunft über die von der Agentur für Arbeit unterbreiteten Vermittlungsvorschläge verlangen kann. Dieser Auskunftsanspruch des Arbeitgebers folgt aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) als Nebenpflicht im Arbeitsverhältnis. Praktisch bedeutet das: Wurde der Arbeitnehmer gekündigt und verlangt Annahmeverzugslohn, darf der Arbeitgeber fragen, welche Jobangebote das Arbeitsamt dem Arbeitnehmer geschickt hat. Der Arbeitnehmer muss diese Informationen wahrheitsgemäß mitteilen. Verweigert der Arbeitnehmer die Auskunft, kann das dazu führen, dass sein Lohnanspruch vor Gericht abgewiesen wird. Nach bisheriger höchstrichterlicher Linie führt fehlende Auskunft dazu, dass die Klage „zurzeit unbegründet“ ist – der Arbeitnehmer muss also erst Auskunft nachholen, um doch noch Lohn zu erhalten. Ein Arbeitsgericht hat 2023 sogar entschieden, dass bei beharrlicher Auskunftsverweigerung der Anspruch endgültig verloren gehen kann. Praxistipp: Als Arbeitnehmer sollte man im Kündigungsfall Nachweise über Bewerbungen und Jobangebote sammeln und bereithalten. Arbeitgeber können diese einfordern, um zu prüfen, ob der Arbeitnehmer böswillig Einkünfte unterlassen hat. Wer hier kooperiert und zeigen kann, dass er sich um Arbeit bemüht (oder keine zumutbaren Angebote vorlagen), stärkt seine Position erheblich.

Zusammengefasst muss der Arbeitnehmer also seine Arbeitsbereitschaft deutlich machen, zumutbare Alternativen prüfen und dem Arbeitgeber gegenüber transparent bleiben. Er muss nicht jede Arbeit annehmen und auch nicht während einer Freistellung panisch einen neuen Job suchen, aber er darf auch nicht untätig jedes Angebot ausschlagen, ohne den Annahmeverzugslohn zu gefährden. Der Arbeitgeber trägt zwar das finanzielle Risiko, aber der Arbeitnehmer hat eine Mitwirkungspflicht, dieses Risiko nicht mutwillig zu erhöhen.

Ausschlussfristen und Geltendmachung des Anspruchs

Achtung: Ansprüche auf Annahmeverzugslohn unterliegen wie andere Entgeltansprüche gewissen Fristen, die Arbeitnehmer kennen sollten:

  • Vertragliche oder tarifliche Ausschlussfristen: Viele Arbeitsverträge oder Tarifverträge enthalten sogenannte Ausschlussfristen (Verfallsfristen). Diese schreiben vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich geltend gemacht werden müssen, sonst verfallen sie. Typischerweise beträgt eine solche Frist 3 Monate (oder sogar nur 2 Monate) ab Fälligkeit. Ein Annahmeverzugslohnanspruch entsteht monatlich mit dem jeweiligen Lohnzahlungszeitraum. Wenn im Arbeitsvertrag z.B. steht, dass Ansprüche binnen 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich einzufordern sind, müsste der Arbeitnehmer spätestens 3 Monate nach dem jeweiligen Monat, in dem kein Lohn gezahlt wurde, seinen Anspruch anmelden. In Kündigungsfällen ist das tückisch: Läuft ein Kündigungsschutzprozess ein Jahr, könnten zwischenzeitlich die einzelnen Monatsansprüche verfallen, wenn nichts unternommen wird. Daher sollte der Arbeitnehmer vorsorglich die Annahmeverzugslohnansprüche schriftlich gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen, etwa durch einen Brief, in dem er die ausstehenden Gehälter für die jeweiligen Monate einfordert. Oft kann dies auch im Rahmen der Kündigungsschutzklage geschehen – in vielen Fällen werten Gerichte die rechtzeitige Zustellung der Klage an den Arbeitgeber als Wahrung der Ausschlussfrist für die Lohnansprüche (sofern die Klage auch Zahlungsansprüche umfasst oder zumindest klarstellt, dass Annahmeverzugslohn beansprucht wird). Um ganz sicherzugehen, sollte man aber aktiv schriftlich Ansprüche beziffern, sobald sie anfallen.
  • Gesetzliche Verjährung: Unabhängig von Ausschlussfristen gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren (§ 195 BGB) für Annahmeverzugslohn. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Das heißt, wenn kein vertraglicher Verfall greift, kann der Arbeitnehmer seinen Lohnanspruch noch bis zum 31. Dezember des dritten Folgejahres gerichtlich geltend machen. In der Praxis sind jedoch die vertraglichen Ausschlussfristen oft kürzer und relevanter als die Verjährung, deshalb haben diese Priorität.
  • Mindestlohn und Ausschlussfristen: Seit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns ist gesetzlich geregelt, dass Ansprüche auf den Mindestlohnanteil nicht durch vertragliche Ausschlussfristen verfallen dürfen. Sollte also eine Ausschlussklausel greifen, schützt sie zumindest den Anteil des Annahmeverzugslohns in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nicht. Mit anderen Worten: den Grundbetrag in Höhe des Mindestlohns kann der Arbeitgeber nicht wegen Fristversäumnis verweigern. Allerdings müsste der Arbeitnehmer für darüberhinausgehende Gehaltsanteile die Fristen wahren.
  • Geltendmachung und Klage: Erfahrungsgemäß zahlen Arbeitgeber Annahmeverzugslohn selten freiwillig, vor allem wenn ein Kündigungsstreit anhängig ist. Der Anspruch wird häufig erst durch Urteilfestgestellt oder im Vergleich geregelt. Es empfiehlt sich, bereits in der Kündigungsschutzklage den Annahmeverzugslohn mit einzuklagen (zumindest hilfsweise). Das Arbeitsgericht kann dann im Urteil nicht nur die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen, sondern auch gleich die Nachzahlung des Lohnes zusprechen. Tut der Arbeitnehmer das nicht, kann er den Lohnanspruch auch in einer separaten Zahlungsklage durchsetzen. Wichtig ist, die oben genannten Fristen einzuhalten, um keine Ansprüche zu verlieren. Im Zweifel sollte man frühzeitig rechtlichen Rat suchen.

Zusammengefasst: Arbeitnehmer sollten bei Annahmeverzug zügig handeln – Ansprüche schriftlich anmelden und, falls nötig, vor dem Arbeitsgericht einklagen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Ausschlussfristen verstreichen. Arbeitgeber wiederum sollten prüfen, ob eine Ausschlussfrist greift, um sich gegen sehr spät erhobene Forderungen zu verteidigen (aber Vorsicht: beim Mindestlohn greift die Verfallsfrist nicht).

Aktuelle Rechtsprechung zum Annahmeverzugslohn

Die Gerichte – insbesondere das Bundesarbeitsgericht (BAG) – haben in den letzten Jahren wichtige Entscheidungen zum Annahmeverzugslohn getroffen, die die Rechte und Pflichten beider Seiten konkretisieren:

  • BAG, Urteil vom 27.05.2020 (5 AZR 387/19)Auskunftsanspruch des Arbeitgebers: Erstmals hat das BAG klargestellt, dass Arbeitgeber während eines Kündigungsrechtsstreits einen Anspruch auf Auskunft über vermittelte Stellenangebote haben. Damit können Arbeitgeber erfragen, ob und welche Jobangebote der gekündigte Arbeitnehmer von der Agentur für Arbeit oder dem Jobcenter erhalten hat. Ziel dieser Rechtsprechung ist es, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs nachzuweisen. Diese Entscheidung stärkt die Position der Arbeitgeber, um im Annahmeverzugsfall mögliche Anrechnungstatbestände besser geltend machen zu können.
  • BAG, Urteil vom 15.01.2025 (5 AZR 135/24)Kein böswilliges Unterlassen bei unzumutbarem Angebot: In diesem aktuellen Fall hat das BAG einer Arbeitnehmerin Annahmeverzugslohn für einen langen Zeitraum zugesprochen, obwohl sie ein Arbeitsangebot ihres (ehemaligen) Arbeitgebers abgelehnt hatte. Hintergrund: Nach einer unwirksamen Änderungskündigung bot der Arbeitgeber ihr während des Kündigungsprozesses eine Zwischenbeschäftigung zu schlechteren Bedingungen an (weniger Stunden, anderer Arbeitsort). Die Arbeitnehmerin lehnte ab. Das BAG entschied, dass diese Ablehnung nicht als böswilliges Unterlassen anzurechnen war, da das Angebot unzumutbar war. Kerngedanke: Arbeitnehmer müssen erhebliche Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen nicht akzeptieren, um den Annahmeverzugslohn zu retten. Die Grenze zwischen zumutbar und unzumutbar ist im Einzelfall zu ziehen – hier hat das BAG zugunsten der Arbeitnehmerin entschieden.
  • BAG, Urteil vom 12.02.2025 (5 AZR 127/24)Keine frühzeitige Stellensuche bei Freistellung: In diesem Urteil hat das BAG klargestellt, dass ein Arbeitnehmer, der nach Kündigung unwiderruflich freigestellt ist, nicht sofort während der Kündigungsfrist auf externe Jobsuche gehen muss. Der Arbeitgeber hatte argumentiert, der Arbeitnehmer hätte sich unmittelbar nach Kündigung um neue Stellen bemühen müssen, um seinen Schaden zu mindern. Das BAG erteilte dem eine Absage: Während eines laufenden Kündigungsschutzverfahrens und bei Freistellung besteht keine Obliegenheit zur sofortigen Eigenkündigung woanders. Erst nach Ende der Kündigungsfrist bzw. wenn feststeht, dass das Arbeitsverhältnis nicht fortgesetzt wird, wird eine Eigeninitiative erwartet. Dieses Urteil schafft für Arbeitnehmer mehr Rechtssicherheit in der Freistellungsphase. Gleichzeitig betonte das BAG auch hier, dass kein völliger Selbstbehalt besteht – in Ausnahmefällen könne eine Pflicht zur Annahme anderer Arbeit bestehen (siehe oben).
  • Weitere Rechtsprechung: Die Landesarbeitsgerichte haben ebenfalls Beiträge geleistet. So hat z.B. das LAG Berlin-Brandenburg 2022 Indizien benannt, wann ein unzureichendes Bemühen um Arbeit vorliegt (bis hin zur Reduzierung des Lohnanspruchs auf Null). Das ArbG Stuttgart entschied 2023, dass fehlende Auskunft des Arbeitnehmers über Vermittlungsvorschläge zur vollständigen Abweisung der Lohnklage führen kann. Außerdem wurde durch die Rechtsprechung bestätigt, dass Ausschlussfristen zumindest den gesetzlichen Mindestlohnanteil nicht erfassen (LAG Baden-Württemberg 2019, bestätigt 2020). Insgesamt zeigt die aktuelle Rechtsprechung eine Tendenz, Pflichten und Rechte beim Annahmeverzug zu präzisieren: Arbeitnehmer werden angehalten, zumutbare Angebote anzunehmen und transparent zu sein, während Arbeitgeber ihr Risiko durch konkrete Angebote und Auskunftsersuchen begrenzen dürfen. Für beide Seiten lohnt es sich, diese Urteile im Blick zu behalten – Stichworte wie “BAG Urteil Annahmeverzug” sind in der HR-Praxis und bei Arbeitsgerichtsprozessen inzwischen von großer Bedeutung.

Fallbeispiele aus der Praxis

Zur Verdeutlichung folgen drei Fallbeispiele, die unterschiedliche Konstellationen des Annahmeverzugslohns veranschaulichen:

Fallbeispiel 1: Unwirksame Kündigung und Annahmeverzugslohn

Arbeitnehmer Thomas M. wird von seinem Arbeitgeber zum 30.06.2024 ordentlich gekündigt. Thomas ist der Meinung, die Kündigung sei rechtswidrig (keine soziale Rechtfertigung) und erhebt Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber stellt ihn nach Ausspruch der Kündigung frei und lässt ihn nicht mehr arbeiten. Thomas bietet schriftlich seine Arbeitskraft an, um auf Nummer sicher zu gehen, und meldet sich vorsorglich bei der Agentur für Arbeit. Der Prozess zieht sich über ein Jahr hin. Im August 2025 entscheidet das Arbeitsgericht rechtskräftig, dass die Kündigung unwirksam war. Damit steht fest, dass Thomas’ Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortbesteht. Folglich hätte der Arbeitgeber ihn weiter beschäftigen und bezahlen müssen. Da der Arbeitgeber ihn jedoch nicht beschäftigt hat, befand er sich ab dem 1.07.2024 im Annahmeverzug. Rechtsfolge: Der Arbeitgeber muss Thomas den entgangenen Lohn für Juli 2024 bis August 2025 nachzahlen. Thomas erhält also Annahmeverzugslohn für 14 Monate. Dabei werden die regulären Gehaltsbestandteile berücksichtigt, z.B. auch anteilig Urlaubsgeld oder Boni, sofern vertraglich geschuldet. Thomas hatte in der Zwischenzeit Arbeitslosengeld I bezogen – diese Zahlungen werden angerechnet: der Arbeitgeber muss den Nettobetrag an Thomas zahlen und einen Großteil des restlichen Bruttos an die Bundesagentur für Arbeit erstatten (damit kein Doppelbezug entsteht). Hätte Thomas in dieser Zeit woanders Geld verdient, würde auch dieses Einkommen abgezogen. In seinem Fall hat er jedoch keine anderweitige Beschäftigung gefunden. Ergebnis: Thomas bekommt vom alten Arbeitgeber eine Nachzahlung in Höhe von z.B. 14 × 3.000 € = 42.000 € brutto (wenn 3.000 € sein Monatsgehalt war), abzüglich der bereits bezogenen Arbeitslosengeldbeträge. Er muss diesen Annahmeverzugslohn normal versteuern, da es sich um nachträglich gezahlten Arbeitslohn handelt. Wichtig: Da Thomas den Prozess gewonnen hat, besteht das Arbeitsverhältnis weiter; er hat also Anspruch, wieder beschäftigt zu werden, und sammelt auch für die ausgefallene Zeit Urlaubsansprüche an, als ob er gearbeitet hätte (ein weiterer Nebeneffekt des Annahmeverzugs). Dieses Beispiel zeigt, dass eine unwirksame Kündigung für Arbeitgeber sehr teuerwerden kann – sie müssen Lohnfortzahlung ohne Arbeitsleistung leisten. Arbeitnehmer wie Thomas sollten aber darauf achten, ihre Arbeitsbereitschaft zu dokumentieren (z.B. durch Angebot der Leistung in Schriftform oder konkludent durch die Klage), um den Annahmeverzug zu begründen.

Fallbeispiel 2: Betriebsflaute – Arbeitgeber nimmt Arbeit nicht ab

Die Meyer GmbH, ein Hersteller von Maschinen, erlebt einen plötzlichen Auftragsrückgang. Der Arbeitgeber teilt den Mitarbeitern mit, sie sollen für zwei Wochen zu Hause bleiben, da es „nichts zu tun gibt“. Eine rechtliche Grundlage (wie Kurzarbeit mit Zustimmung oder Betriebsferien) besteht nicht – es ist eine einseitige Anordnung. Arbeitnehmerin Sabine K. bietet gleichwohl an, zu arbeiten: Sie erscheint am ersten Tag wie gewohnt im Betrieb. Der Arbeitgeber schickt sie heim mit der Begründung, es gäbe keine Arbeit. Sabine muss für die folgenden Tage nicht mehr kommen. Nach zwei Wochen nimmt die Produktion wieder Fahrt auf und Sabine arbeitet normal weiter. Auf ihrer nächsten Gehaltsabrechnung fehlen jedoch die zwei Wochen Lohn – der Arbeitgeber hat für diese Zeit kein Gehalt gezahlt, da ja keine Arbeit erfolgte. Sabine wendet sich an den Betriebsrat und einen Anwalt. Die Rechtslage ist hier klar: Die Nichtbeschäftigung aus Auftragsmangel fällt in den Risikobereich des Arbeitgebers. Sabine hat ihre Arbeitsleistung angeboten, der Arbeitgeber hat sie nicht angenommen – also befindet er sich im Annahmeverzug. Sabine hat Anspruch auf Annahmeverzugslohn für die zwei Wochen. Sie fordert schriftlich die Nachzahlung. Die Meyer GmbH lenkt ein und zahlt das ausstehende Gehalt. (Würde sie das nicht tun, müsste Sabine Klage beim Arbeitsgericht einreichen.) Wichtig: In so einem Fall gibt es keine zumutbare Alternativarbeit, die Sabine hätte annehmen können – sie war ja weiterhin bei Meyer GmbH angestellt und konnte nur dort arbeiten. Es gibt daher auch keine Anrechnung anderweitiger Einkommen. Sabine musste lediglich bereit sein, die Arbeit zu leisten – was sie war. Dieser Fall zeigt, dass betriebliche Gründe (wie Auftragsflaute) den Arbeitgeber nicht von der Zahlungspflicht entbinden, solange kein besonderer Rechtsmechanismus (z.B. Kurzarbeit mit Entgeltausgleich) vereinbart ist. Arbeitgeber können nicht einseitig „unbezahlten Zwangsurlaub“ anordnen, ohne in Annahmeverzug zu geraten. Arbeitnehmer sollten in solchen Situationen klar ihre Arbeitsbereitschaft signalisieren – etwa am ersten Tag erscheinen oder schriftlich mitteilen, dass man arbeiten möchte. So ist man für eine eventuelle Auseinandersetzung gerüstet. Im Zweifelsfall hilft die Einschaltung des Betriebsrats oder rechtlicher Beistand, um den Anspruch durchzusetzen.

Fallbeispiel 3: Zwischenbeschäftigung angeboten – was ist zumutbar?

Arbeitnehmer Daniel F. wird zum 31.12.2024 betriebsbedingt gekündigt. Er erhebt Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber, um das Risiko eines hohen Annahmeverzugslohns zu reduzieren, bietet Daniel für die Dauer des Rechtsstreits eine befristete Zwischenbeschäftigung an: Er könnte in einer Tochterfirma bis zur Klärung des Prozesses weiterarbeiten. Diese Zwischenstelle ist der bisherigen vergleichbar – gleiche Bezahlung, ähnliche Tätigkeit, nur anderer Standort 30 km entfernt. Daniel lehnt das Angebot ohne besonderen Grund ab, da er hofft, den Prozess zu gewinnen und lieber zu Hause bleiben möchte. Später – der Kündigungsschutzprozess zieht sich hin – gewinnt Daniel tatsächlich vor Gericht; die Kündigung war unwirksam. Nun verlangt er Annahmeverzugslohn für die Zeit von Januar bis Oktober 2025. Der Arbeitgeber beruft sich auf Daniels Ablehnung des Jobs in der Tochterfirma. Ergebnis: Vor Gericht wird entschieden, dass Daniels Anspruch gekürzt wird. Begründung: Daniel hat es böswillig unterlassen, einen zumutbaren anderweitigen Verdienst zu erzielen. Die angebotene Stelle war inhaltlich und finanziell nahezu gleichwertig und daher zumutbar – Daniels Ablehnung war ohne sachlichen Grund. Somit muss er sich den Lohn anrechnen lassen, den er in der Tochterfirma hätte verdienen können (nahezu sein volles Gehalt). Im Endeffekt geht Daniel für diesen Zeitraum leer aus, da sein hypothetischer Verdienst den Annahmeverzugslohn vollständig aufzehrt. – Anderes Szenario: Arbeitnehmerin Eva L. erlebt Ähnliches, allerdings ist das Angebot ihres Arbeitgebers deutlich schlechter: Nach einer Kündigung (ebenfalls im Streit) bietet man ihr nur einen Job zu 50% der bisherigen Stunden und an einem Arbeitsort 100 km entfernt an. Eva lehnt ab. In ihrem Kündigungsschutzprozess erkennt der Arbeitgeber schließlich die Unwirksamkeit der Kündigung an. Eva fordert Annahmeverzugslohn. Hier wird ihr die Ablehnung nicht angelastet: Die Gerichte würden mutmaßlich sagen, das Angebot war nicht zumutbar – weniger als die Hälfte der Arbeitszeit und ein völlig anderer Einsatzort stellen eine erhebliche Verschlechterung dar. Eva erhält also den vollen Lohnnachzahlungsanspruch, ohne Abzüge für das abgelehnte Angebot. – Diese Beispiele verdeutlichen, wie entscheidend die Zumutbarkeit eines Alternativangebots ist. Ein gleichwertiges Angebot sollte man als Arbeitnehmer annehmen, da man sonst den Lohnanspruch riskiert. Ein schlechteres Angebot hingegen darf man ablehnen, ohne seine Rechte zu verlieren. Im Zweifel sollte man sich beraten lassen, ob ein Angebot angemessen ist. Arbeitgebern ist zu raten, im Kündigungsfall nur solche Zwischenbeschäftigungen anzubieten, die dem Arbeitnehmer zumutbar sind – dann kann ein ablehnender Arbeitnehmer später tatsächlich keinen Lohn verlangen. Arbeitnehmer sollten jedes Angebot prüfen: Ist es zumutbar, könnte es sinnvoll sein, es anzunehmen (man behält Einkommen und vermeidet Rechtsnachteile); ist es unzumutbar, sollte man dokumentieren, warum es unzumutbar ist (z.B. deutlich geringerer Lohn, weite Anfahrt, nicht vergleichbare Position), um im Prozess gewappnet zu sein.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Annahmeverzugslohn

  1. Unter welchen Voraussetzungen habe ich Anspruch auf Annahmeverzugslohn?
    Ein Anspruch entsteht, wenn Ihr Arbeitgeber in Verzug mit der Annahme Ihrer Arbeitsleistung gerät. Konkret müssen Sie einen gültigen Arbeitsvertrag haben und arbeitspflichtig sein (also z.B. nicht wirksam gekündigt oder krank). Sie müssen Ihre Arbeit ordnungsgemäß anbieten (normalerweise durch Erscheinen zur Arbeit, außer der Arbeitgeber verzichtet ausdrücklich darauf) und arbeitsfähig sowie arbeitsbereit sein. Lehnt der Arbeitgeber Ihr Leistungsangebot ab oder verhindert Ihre Beschäftigung, ohne dass Sie etwas falsch gemacht haben, liegt Annahmeverzug vor. Typische Fälle sind: Ihr Chef schickt Sie grundlos nach Hause, es gibt eine unwirksame Kündigung oder der Betrieb wird ohne Regelung dichtgemacht. Dann haben Sie Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss Ihnen Lohn zahlen, als hätten Sie gearbeitet.
  2. Muss ich als Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs etwas Besonderes tun (z.B. zur Arbeit gehen oder mich woanders bewerben)?
    Sie sollten alles Zumutbare tun, um Ihrer Arbeitspflicht nachzukommen, zumindest formal. Das heißt: Bieten Sie Ihre Arbeitskraft an! Wenn Sie nicht sicher am Arbeitsplatz erscheinen können (etwa weil man Sie bereits freigestellt hat oder ein Hausverbot vorliegt), genügt ein schriftliches oder mündliches Angebot. Zum Beispiel können Sie Ihrem Arbeitgeber schreiben: „Ich bin weiterhin bereit und in der Lage zu arbeiten.“ Im Kündigungsfall wird oft schon die Kündigungsschutzklage als Zeichen gesehen, dass Sie weiter arbeiten wollen. Während des Annahmeverzugs müssen Sie nicht tatsächlich arbeiten – der Arbeitgeber lässt Sie ja gerade nicht. Aber Sie sollten erreichbar und einsatzbereit bleiben. Wichtig ist auch, dass Sie keine eigenen Hindernisse schaffen: Bleiben Sie z.B. nicht unerreichbar und gehen Sie keiner anderweitigen Vollzeittätigkeit nach, die Sie an der Rückkehr hindert, ohne Absprache. Was Bewerbungen angeht: Während einer laufenden Kündigungsfrist mit Freistellung müssen Sie sich laut neuester BAG-Rechtsprechung nicht sofort woanders bewerben. Nach Ende der Kündigungsfrist bzw. wenn absehbar ist, dass Sie dort nicht weiterarbeiten, sollten Sie sich aber umsehen, um Ihren Schaden gering zu halten. Melden Sie sich am besten frühzeitig bei der Arbeitsagentur arbeitsuchend – das ist ohnehin Pflicht, um Arbeitslosengeld zu erhalten, und zeigt auch, dass Sie sich kümmern. Kurz gesagt: Bleiben Sie willig, aufmerksam und verfügbar, aber Sie müssen nicht unter Wert sofort einen neuen Job annehmen, solange Ihr alter Arbeitgeber noch zur Zahlung verpflichtet ist.
  3. Muss ich eine andere Arbeit annehmen, um meinen Annahmeverzugslohn nicht zu verlieren?
    Nicht zwingend jede Arbeit, aber zumutbare Angebote sollten Sie annehmen. Das Gesetz verlangt, dass Sie sich das anrechnen lassen müssen, was Sie böswillig nicht verdienen. Böswillig bedeutet hier: Sie lehnen ohne guten Grund zumutbare Arbeit ab. Wenn Ihnen also z.B. die Arbeitsagentur oder sogar Ihr bisheriger Arbeitgeber eine vergleichbare Stelle anbietet – gleiche Qualifikation, zumutbare Bedingungen – und Sie lehnen grundlos ab, dann riskieren Sie Ihren Lohnanspruch für die entsprechende Zeit. Ein Beispiel: Ihr Arbeitgeber kündigt Sie, bietet Ihnen aber an, bis zum Prozessende in einer anderen Abteilung weiterzuarbeiten. Ist dieses Angebot fair (ähnliches Gehalt, Aufgaben okay), sollten Sie es annehmen. Wenn nicht, könnte ein Gericht später sagen, Sie haben mutwillig eine Verdienstmöglichkeit ausgeschlagen, und Ihnen den Annahmeverzugslohn kürzen. Aber: Sie müssen kein Angebot akzeptieren, das unzumutbar ist. Eine deutliche Verschlechterung – etwa viel weniger Lohn, wesentlich weiterer Pendelweg, Tätigkeiten weit unter Ihrer Qualifikation oder ein befristeter Job, der Ihre Karriere schädigen könnte – dürfen Sie ablehnen, ohne dass man Ihnen Böswilligkeit vorwerfen kann. Die Gerichte achten genau auf die Zumutbarkeit. Im Zweifel sollten Sie begründen, warum ein Angebot unzumutbar ist (z.B. halber Lohn, doppelte Entfernung etc.). Es gilt also: Zumutbare Zwischenbeschäftigung – ja, annehmen; unzumutbare – nein, ablehnen.Und falls Sie unsicher sind, holen Sie Rat ein.
  4. Wie wird der Annahmeverzugslohn berechnet und werden andere Einkünfte angerechnet?
    Der Annahmeverzugslohn entspricht grundsätzlich Ihrem normalen Gehalt. Alles, was Sie vertraglich an Vergütung erhalten hätten (Grundlohn, regelmäßige Zuschläge, Prämien, Provisionen, die sicher angefallen wären), muss der Arbeitgeber zahlen. Nicht eingerechnet werden natürlich Dinge, die an tatsächliche Arbeit gekoppelt waren (z.B. Überstundenvergütung, wenn die Überstunden ohne Arbeit nicht anfielen – es sei denn, sie wären fest vereinbart gewesen). Von dem Bruttolohnanspruch werden andere Einkünfte abgezogen, die Sie im gleichen Zeitraum hatten oder böswillig nicht genutzt haben. Angerechnet werden zum Beispiel: Einkommen aus einem neuen Job, Zwischenverdienst aus selbständiger Tätigkeit, und auch Arbeitslosengeld I (das ist zwar kein Verdienst, wird aber quasi wie Einkommen behandelt, damit Sie nicht doppelt profitieren). Wenn Sie während der Zeit arbeitslos gemeldet waren, wird meist der Netto-Lohn an Sie gezahlt und die Agentur für Arbeit erhält den erstatteten Teil für das gezahlte ALG I – so läuft das im Hintergrund ab. Wichtig: Sollten Sie Nebenverdienste gehabt haben (z.B. Minijob behalten), werden diese nur angerechnet, wenn Sie sie neu aufgenommen haben. Einen schon vor der Kündigung bestehenden Nebenjob dürfen Sie meist behalten, ohne dass sein Einkommen angerechnet wird, weil das kein anderweitiger Verdienst im Sinne des Gesetzes ist. Keine Anrechnung erfolgt auch für Leistungen wie Krankengeld, wenn Sie während des Annahmeverzugs krank waren – dann ruht der Lohnanspruch ohnehin während der Krankheit, und es greift die Entgeltfortzahlung bzw. Krankengeldregelung. Berechnung: Im Endeffekt schaut man, wie viel Bruttolohn Sie vom alten Arbeitgeber bekommen hätten und zieht ab, was Sie woanders brutto verdient haben. Was übrig bleibt, wird ausbezahlt (abzüglich Steuern/Sozialabgaben wie üblich). Ist das, was Sie woanders verdient haben, höher als Ihr ursprünglicher Lohn, dann erhalten Sie natürlich nichts vom alten Arbeitgeber – mehr als 100 % des entgangenen Lohns können Sie nicht herausbekommen. In den meisten Fällen führt Annahmeverzugslohn dazu, dass man am Ende genau das herausbekommt, was man ohne die ganze Sache an Nettolohn gehabt hätte (nur zeitverzögert). Verhindert wird lediglich, dass man durch den Prozess weniger hat. Beachten Sie: Wenn Sie gar nichts unternehmen, um Einkommen zu erzielen, und es gäbe zumutbare Möglichkeiten, kann man Ihnen fiktiv etwas abziehen (siehe vorige Frage zum böswilligen Unterlassen). Die Steuern führt der Arbeitgeber auf die Nachzahlung ab, als wäre es normaler Lohn – ggf. kommt es durch die Zusammenballung zu einer etwas höheren Steuerprogression in dem Jahr der Nachzahlung, was man aber beim Finanzamt (über eine § 34 EStG „Fünftelregelung“) etwas abmildern kann, falls große Summen für mehrere Jahre auf einmal fließen. Das ist jedoch eher ein steuerliches Detail.
  5. Kann der Anspruch auf Annahmeverzugslohn verfallen oder abgelehnt werden?
    Ja, es gibt einige Fälle, in denen der Anspruch untergeht oder nicht durchsetzbar ist:
  • Nichteinhaltung von Fristen: Viele Arbeitsverträge haben Ausschlussfristen. Wenn Sie diese verstreichen lassen, kann Ihr Anspruch verfallen, selbst wenn er eigentlich bestand. Beispiel: Ihr Vertrag verlangt, Ansprüche innerhalb von 3 Monaten schriftlich geltend zu machen. Dann müssen Sie spätestens 3 Monate nach Fälligkeit (z.B. nach dem jeweiligen Monat ohne Lohn) den Anspruch anmelden, sonst ist er weg. Daher unbedingt die Fristen prüfen und einhalten! (Hinweis: Der Mindestlohnanteil verfällt dabei nicht, aber alles darüber kann verfallen.) Außerdem verjähren Ansprüche nach 3 Jahren (§ 195 BGB) – aber die Ausschlussfristen sind meist relevanter, da kürzer.
  • Auskunftsverweigerung: Wie oben erläutert, müssen Sie auf Verlangen Auskunft über anderweitige Bemühungen und Verdienste geben. Kommen Sie dem nicht nach, kann ein Gericht Ihre Klage als unbegründet abweisen. Das heißt, Sie verlieren faktisch den Anspruch, bis Sie die Infos nachliefern. Verweigern Sie dauerhaft, riskieren Sie den Anspruch ganz.
  • Eigenes Verschulden: Kein Annahmeverzug entsteht, wenn Sie selbst der Grund sind, warum nicht gearbeitet wurde. Wenn Sie also etwa unentschuldigt fehlen, streiken (legaler Streik ist allerdings Sonderfall) oder selbst kündigen und dann nicht arbeiten, können Sie keinen Annahmeverzugslohn verlangen. Auch bei einer von Ihnen verschuldeten fristlosen Kündigung (etwa wegen gravierenden Fehlverhaltens) werden Sie keinen Annahmeverzug geltend machen können, weil die Kündigung dann wirksam ist oder ein Annahmeverzug ausgeschlossen wird (§ 297 BGB: der Gläubigerverzug entfällt, wenn der Schuldner – also Sie – nicht leistungsfähig/-bereit ist).
  • Ablehnung zumutbarer Arbeit: Wenn der Arbeitgeber nachweist, dass Sie ohne guten Grund eine zumutbare anderweitige Arbeit abgelehnt haben, kann Ihr Annahmeverzugslohnanspruch entsprechend abgelehnt oder gekürzt werden. Er zahlt dann schlicht nicht für die Zeiten, in denen Sie hätten arbeiten können.
  • Kein Bestehen des Arbeitsverhältnisses: Natürlich besteht kein Anspruch, wenn das Arbeitsverhältnis rechtmäßig beendet ist. Annahmeverzugslohn gibt es nur, wenn das Arbeitsverhältnis an sich (weiter) besteht, aber die Arbeit nicht abgerufen wird. Bei einer rechtmäßigen Kündigung endet Ihr Lohnanspruch mit Ablauf der Kündigungsfrist (ab dann gibt es ggf. Arbeitslosengeld, aber keinen Lohn von dem Arbeitgeber mehr).

Kurz gesagt: Holen Sie Ihre Ansprüche rechtzeitig und korrekt ein, arbeiten Sie dem Gericht nicht gegen sich selbst (geben Sie die nötigen Infos), und sorgen Sie dafür, dass Sie Ihrer Mitwirkungspflicht genüge tun. Dann stehen die Chancen sehr gut, dass Ihr Annahmeverzugslohn nicht verloren geht. Im Zweifel sollten Sie sich juristisch beraten lassen, um keine Fehler zu machen – gerade bei Fristen und formalen Anforderungen.

„Annahmeverzugslohn“ ist damit ein zentrales Stichwort im deutschen Arbeitsrecht, wenn es um Lohnansprüche ohne Arbeitsleistung geht. Für Arbeitnehmer bietet er finanziellen Schutz bei unberechtigtem Arbeitsplatzverlust oder Beschäftigungsentzug. Arbeitgeber hingegen müssen dieses Institut ernst nehmen, da Fehlentscheidungen – wie unwirksame Kündigungen – schnell zu erheblichen Nachzahlungspflichten führen können. Aktuelle BAG-Urteile zum Annahmeverzug haben die Rechte beider Seiten geschärft und gezeigt: Mit kluger Prävention (z.B. zumutbare Zwischenbeschäftigung anbieten, Ausschlussfristen vereinbaren) lässt sich das Risiko steuern, während Arbeitnehmer durch kooperatives Verhalten (Arbeitsbereitschaft zeigen, zumutbare Angebote annehmen) ihre Ansprüche sichern können. Beide Seiten sollten die Entwicklungen in der Rechtsprechung – etwa zu „BAG Urteil Annahmeverzug Lohn“ – im Blick behalten, um ihre Handlungsspielräume optimal zu nutzen. Letztlich dient der Annahmeverzugslohn der Fairness im Arbeitsleben: Kein Lohn ohne Arbeit – aber auch keine Arbeit ohne Lohn, wenn der Arbeitgeber dies zu verantworten hat.