Arbeitsschutz – Worum muss sich der Arbeitgeber kümmern? im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.

Ob im vermeintlich sicheren Bürojob oder im Hochrisikoberuf – der Arbeitsschutz betrifft alle Branchen und Arbeitsplätze. Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, die Gesundheit und Sicherheit ihrer Beschäftigten zu gewährleisten. Vernachlässigt ein Arbeitgeber den Arbeitsschutz, drohen nicht nur Unfälle und Gesundheitsgefahren für Mitarbeiter, sondern auch ernsthafte rechtliche Konsequenzen für das Unternehmen. Gerade in Deutschland existiert ein engmaschiges Netz an Vorschriften, das Arbeitgeber in die Pflicht nimmt. Dieser Beitrag gibt einen juristisch fundierten Überblick, worum sich Arbeitgeber im Arbeitsschutz kümmern müssen, welche Pflichten sie haben und welche Rechte Arbeitnehmer:innen und Betriebsräte dabei wahrnehmen können.

Rechtliche Grundlagen des Arbeitsschutzes

Der arbeitsrechtliche Gesundheitsschutz stützt sich auf eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen. Zentrale Grundlage ist das **Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)**¹. Es formuliert die Grundpflichten des Arbeitgebers, z.B. erforderliche Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit aller Beschäftigten zu treffen. Ergänzend zum ArbSchG gibt es spezielle Verordnungen und Regelwerke, u.a.:

  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) – Vorgaben zur Einrichtung und Ausstattung von Arbeitsstätten (z.B. Belüftung, Beleuchtung, Fluchtwege).
  • Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) – Regeln für den sicheren Betrieb von technischen Arbeitsmitteln und Anlagen.
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) – Besondere Schutzmaßnahmen beim Umgang mit gefährlichen Chemikalien oder Gefahrstoffen.
  • Unfallverhütungsvorschriften (DGUV-Regeln) der Berufsgenossenschaften – branchenspezifische Präventionsregeln, die für Mitgliedsbetriebe verbindlich sind.
  • Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) – Verpflichtet Arbeitgeber zur Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit.
  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG) – Regelt Höchstarbeitszeiten, Ruhepausen und -zeiten zum Schutz vor Überlastung.

Daneben existieren weitere Vorschriften (etwa das Jugendarbeitsschutzgesetz für unter 18-Jährige). Die Überwachung des staatlichen Arbeitsschutzes obliegt den Aufsichtsbehörden der Länder (Gewerbeaufsichtsämter bzw. Ämter für Arbeitsschutz). Diese Behörden dürfen Betriebe kontrollieren, bei Verstößen Auflagen erteilen und notfalls den Betrieb (teilweise) stilllegen. Die gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften) erlässt ebenfalls Vorschriften und kontrolliert deren Einhaltung im Betrieb.

Pflichten des Arbeitgebers im Arbeitsschutz

Das Arbeitsschutzgesetz und nachgeordnete Regelungen legen umfangreiche Pflichten für Arbeitgeber fest, um Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen zu verhindern. Im Folgenden die wichtigsten Arbeitgeberpflichten im Überblick:

Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation

Eine der Kernpflichten ist die Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG. Der Arbeitgeber muss systematisch ermitteln, welche Gefährdungen in den Arbeitsabläufen und Arbeitsbereichen für die Beschäftigten bestehen, und bewerten, wie wahrscheinlich und schwerwiegend mögliche Unfälle oder Gesundheitsschäden sind. Auf dieser Basis sind geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen. Beispiele für zu betrachtende Gefährdungsfaktoren sind: die Arbeitsplatzgestaltung, Maschinen und Arbeitsmittel, der Umgang mit gefährlichen Stoffen, physikalische Einwirkungen (Lärm, Hitze, etc.), ergonomische und psychische Belastungen (z.B. Stress oder Zeitdruck). Die Gefährdungsbeurteilung ist vor Aufnahme einer Tätigkeit durchzuführen und bei Änderungen (neue Arbeitsmittel, Prozesse, Unfälle, etc.) anzupassen. Die Ergebnisse müssen dokumentiert werden (vgl. § 6 ArbSchG), damit im Ernstfall nachweisbar ist, dass der Arbeitgeber seiner Beurteilungs- und Vorsorgepflicht nachgekommen ist.

Wichtig: Die Gefährdungsbeurteilung ist das zentrale Element des betrieblichen Arbeitsschutzes. Ohne diese systematische Analyse können Schutzmaßnahmen ins Leere gehen. Unfälle und Berufskrankheiten lassen sich nachweislich durch fundierte Gefährdungsbeurteilungen verhindern oder verringern.

Umsetzung von Schutzmaßnahmen und Arbeitsschutzorganisation

Aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleitete Maßnahmen muss der Arbeitgeber konsequent umsetzen. § 3 ArbSchGverpflichtet ihn, alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, ihre Wirksamkeit zu überprüfenund bei Bedarf anzupassen¹. Dazu zählen technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen, beispielsweise:

  • Technische Schutzmaßnahmen: Absicherungen an Maschinen (Schutzgitter, Not-Aus-Schalter), Absaugungen bei Stäuben oder Dämpfen, ergonomische Büromöbel, Abschirmungen bei Lärmquellen etc.
  • Organisatorische Maßnahmen: Klar geregelte Arbeitsabläufe, ausreichende Personalplanung zur Vermeidung überlanger Arbeitszeiten, Notfallpläne und Evakuierungsübungen, regelmäßige Wartung von Geräten, Bereitstellung von Erste-Hilfe-Material und ausgebildeten Ersthelfern (vgl. § 10 ArbSchG zu Notfallmaßnahmen).
  • Personenbezogene Maßnahmen: Angebot arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen (siehe § 11 ArbSchG), persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, Pausenregelungen einhalten (vgl. Arbeitszeitgesetz), und besondere Rücksichten für vulnerable Beschäftigtengruppen (z.B. Schwangere, Jugendliche).

Der Arbeitgeber muss eine geeignete Organisation sicherstellen (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG¹), d.h. Zuständigkeiten festlegen und ausreichende finanzielle sowie sachliche Mittel bereitstellen. Wichtig: Die Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen (§ 3 Abs. 3 ArbSchG¹). Schutzmaßnahmen müssen außerdem in die betrieblichen Führungsstrukturen eingebunden werden (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 ArbSchG), sodass Führungskräfte sie vorleben und überwachen. Arbeitgeber können zuverlässige und fachkundige Personen mit Aufgaben betrauen (z.B. Sicherheitsbeauftragte gem. § 13 ArbSchG). Sie bleiben aber in der Garantenstellung – d.h. sie müssen kontrollieren, dass alle Vorschriften tatsächlich eingehalten werden, und stehen rechtlich dafür ein.

Unterweisung der Beschäftigten

Schutzmaßnahmen greifen nur, wenn Beschäftigte über Risiken aufgeklärt sind und sicherheitsgerecht handeln. Deshalb schreibt § 12 ArbSchG vor, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter ausreichend und angemessen unterweisenmüssen – und zwar vor Aufnahme der Tätigkeit, bei Veränderungen im Aufgabenbereich und regelmäßig wiederkehrend. Diese Unterweisungen (inkl. Anleitungen zum richtigen Bedienen von Maschinen, zum Tragen von Schutzausrüstung, Verhalten im Notfall etc.) müssen in für die Beschäftigten verständlicher Form erfolgen (also ggf. in ihrer Muttersprache oder mit Hilfe von Übersetzungen, sofern Sprachbarrieren bestehen). Wichtig: Unterweisungen sind zu dokumentieren und möglichst vom Unterwiesenen schriftlich zu bestätigen, um im Streitfall den Nachweis zu haben. Arbeitgeber sollten auch für auffrischende Schulungen in angemessenen Abständen sorgen (üblich ist mindestens einmal jährlich, je nach Gefahrenlage). Nur durch ständige Sensibilisierung kann sich eine echte Sicherheitskultur im Betrieb entwickeln.

Bereitstellung von Schutzausrüstung und sicheren Arbeitsmitteln

Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten alle erforderlichen Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstungen (PSA) kostenfrei bereitstellen. Das umfasst z.B. geeignete Werkzeuge und Maschinen mit allen vorgeschriebenen Sicherheitsvorrichtungen sowie Schutzkleidung, Helme, Sicherheitsschuhe, Schutzbrillen, Gehörschutz usw., wenn dies zur Unfall- oder Gesundheitsprävention nötig ist. § 2 PSA-Benutzungsverordnung konkretisiert, dass der Arbeitgeber PSA auswählen muss, die den Vorschriften entspricht, und für Benutzung und Instandhaltung sorgen muss. Beschäftigte dürfen nicht aus Sparsamkeit auf eigene Kosten Ausrüstung kaufen müssen. Zudem gilt: Schutzeinrichtungen an Maschinen oder Anlagen dürfen nicht entfernt oder unwirksam gemacht werden. Der Arbeitgeber hat hier eine Doppelfunktion: Er muss zum einen die Infrastruktur für sicheres Arbeiten stellen, zum anderen aktiv überwachen, dass Schutzvorrichtungen auch benutzt und eingehalten werden. Werden zum Beispiel die vorgeschriebenen Sicherungen an einer Maschine manipuliert oder Schutzkleidung ignoriert, muss der Arbeitgeber einschreiten (durch Ermahnung, Unterweisung und notfalls disziplinarische Maßnahmen), um Unfälle zu verhindern.

Betriebsarzt und Fachkraft für Arbeitssicherheit

Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) sind viele Arbeitgeber verpflichtet, Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit zu bestellen. Diese Experten beraten das Unternehmen beim Arbeitsschutz. Der Betriebsarzt führt z.B. Vorsorgeuntersuchungen durch, kennt arbeitsmedizinische Risiken und hilft bei der Gestaltung gesundheitsgerechter Arbeitsplätze (Ergonomie, Bildschirmarbeit, Lärmschutz etc.). Die Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) unterstützt bei der technischen und organisatorischen Umsetzung von Sicherheitsmaßnahmen, z.B. bei der Beurteilung von Maschinen, der Planung von Schulungen oder der Untersuchung von Arbeitsunfällen. Wichtig: Auch Kleinbetriebe, die kein eigenes Personal dafür haben, müssen sich geeigneter externer Dienste bedienen, um diese Expertise sicherzustellen. In Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten ist zudem ein Arbeitsschutzausschuss zu bilden (ASiG § 11), in dem Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter (einschließlich Betriebsrat), der Betriebsarzt und die SiFa regelmäßig über Arbeitsschutzfragen beraten. So wird sichergestellt, dass Arbeitsschutz als kontinuierlicher Prozess im Betrieb verankert ist.

Pflichten der Beschäftigten im Arbeitsschutz

Auch wenn der Arbeitgeber die Hauptverantwortung trägt, sind Arbeitnehmer:innen nicht von Pflichten freigestellt. Gemäß § 15 ArbSchG sind Beschäftigte verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung für ihre eigene Sicherheit und die ihrer Kollegen zu sorgen². Konkret heißt das: Arbeitnehmer müssen die bereitgestellten Schutzvorrichtungen und PSA ordnungsgemäß verwenden und dürfen diese nicht willentlich außer Funktion setzen. Sie sollen außerdem Weisungen des Arbeitgebers zum Arbeitsschutz befolgen. *§ 16 ArbSchG verpflichtet Beschäftigte, festgestellte erhebliche Gefahren oder Mängel dem Arbeitgeber bzw. Vorgesetzten unverzüglich zu melden. Dadurch können Risiken schnell beseitigt werden.

Verstoßen Arbeitnehmer gegen Sicherheitsvorschriften oder verweigern schutzrelevante Anweisungen ohne rechtfertigenden Grund, kann dies arbeitsrechtliche Folgen haben. Der Arbeitgeber darf in solchen Fällen Abmahnungen aussprechen und bei schweren bzw. wiederholten Verstößen sogar eine Kündigung in Betracht ziehen. So entschied etwa das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein in einem Fall, dass die bewusste Missachtung von Sicherheitsanweisungen grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.08.2007 – 5 Sa 150/07). In dem Fall hatte ein Maschinenführer während Reinigungsarbeiten eine Presse manuell in Gang gesetzt, wodurch ein Kollege schwer verletzt wurde. Allerdings: Die Kündigung hielt letztlich vor Gericht nicht stand, weil der Arbeitgeber selbst die Sicherheitsregeln im Betrieb nicht klar genug vorgegeben und die riskante Praxis über Jahre geduldet hatte. Dieses Beispiel zeigt, dass Arbeitgeber ihre Schutzpflichten (klare Anweisungen, Unterweisungen und Überwachung) ernst nehmen müssen – andernfalls können sie im Haftungsfall selbst schlecht gegen fehlbares Verhalten von Beschäftigten argumentieren.

Hinweis: Arbeitnehmer:innen haben ein Zurückbehaltungsrecht an ihrer Arbeitsleistung, wenn die Ausführung der Arbeit eine unmittelbare und erhebliche Gefahr für Leib oder Leben bedeuten würde.³ Mit anderen Worten: Niemand muss eine offensichtlich lebensgefährliche Weisung befolgen. Grundlage hierfür ist die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (u.a. aus § 618 BGB) und das allgemeine zivilrechtliche Leistungsverweigerungsrecht in unzumutbaren Situationen (§ 275 Abs.3 BGB). In der Praxis sollte eine Arbeitnehmerin bei ernsten Sicherheitsmängeln den Arbeitgeber und ggf. den Betriebsrat informieren und Abhilfe verlangen. Die Arbeit kann verweigert werden, wenn objektiv eine erhebliche Gefahr besteht und der Arbeitgeber keine Schutzmaßnahmen ergreift. Dieses Recht sollte jedoch mit Bedacht ausgeübt werden – im Zweifel kann die zuständige Aufsichtsbehörde eingeschaltet werden, um den Missstand zu prüfen.

Mitbestimmung des Betriebsrats im Arbeitsschutz

In Betrieben mit Betriebsrat hat dieser eine wichtige Rolle beim Arbeitsschutz. Er wacht darüber, dass die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden, und hat Mitbestimmungsrechte: Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat bei allen Maßnahmen des Arbeitsschutzes und Gesundheitsschutzes beteiligen. Insbesondere bei der Einführung oder Änderung von betrieblichen Sicherheitsregeln, bei der Auswahl von PSA oder bei der Organisation von Unterweisungen kann der Betriebsrat mitbestimmen. Er kann Initiativen ergreifen, wenn ihm Missstände auffallen – etwa die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung einfordern oder auf bessere Schutzmaßnahmen dringen. Betriebsräte sollten eng mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit und dem Betriebsarzt kooperieren. Gibt es einen Arbeitsschutzausschuss (wie oben erwähnt für größere Betriebe vorgeschrieben), entsendet der Betriebsrat Vertreter in dieses Gremium.

Zudem ist der Betriebsrat berechtigt, Beschwer­den von Beschäftigten über Arbeitsschutzmängel aufzunehmen und gegenüber dem Arbeitgeber auf Abhilfe zu drängen (§ 85 BetrVG). Kommt der Arbeitgeber seinen Pflichten nicht nach, kann der Betriebsrat notfalls die Aufsichtsbehörde informieren oder, in gravierenden Fällen, sogar per Arbeitsgericht bestimmte Maßnahmen erzwingen. Für Betriebsräte und Beschäftigte gilt: Arbeitsschutz ist nicht verhandelbar – es geht um die körperliche Unversehrtheit aller Beteiligten. Ein guter Betriebsrat wird daher proaktiv die Einführung einer “Sicherheitskultur” unterstützen und darauf achten, dass Sicherheit nicht aus Kostengründen vernachlässigt wird.

Konsequenzen bei Verletzung der Arbeitsschutzpflichten

Die Nichteinhaltung von Arbeitsschutzvorschriften ist kein Kavaliersdelikt. Gesetzgeber und Rechtsprechung ziehen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer zur Verantwortung, wenn Pflichten missachtet werden:

Für Arbeitgeber (staatliche Sanktionen): Wird bei einer Betriebsüberprüfung ein Verstoß festgestellt, ordnet die Behörde in der Regel zuerst an, dass der Arbeitgeber innerhalb einer Frist den Mangel beseitigt. Geschieht das nicht, kann die Behörde Betriebsbereiche schließen oder die Verwendung unsicherer Arbeitsmittel untersagen. Zudem drohen Bußgelder von bis zu 5.000 € bzw. in bestimmten Fällen bis zu **30.000 €**⁴. Gerade wenn gegen eine behördliche Anordnung beharrlich verstoßen wird, wird das höhere Bußgeld fällig. Kommt es aufgrund von Vernachlässigungen zu einem schweren Arbeitsunfall, können auch strafrechtliche Folgen eintreten: Das Arbeitsschutzgesetz stellt es unter Strafe, wenn ein Arbeitgeber vorsätzlich gegen Arbeitsschutzvorschriften verstößt und dadurch Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet. Hier droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe⁵. Auch wiederholte grobe Verstöße trotz Warnung können diesen Straftatbestand erfüllen. Zusätzlich kommen allgemeine Strafgesetze zur Anwendung, z.B. kann bei fahrlässiger Verursachung von Todesfällen eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) im Raum stehen.

Für Arbeitnehmer: Missachten Beschäftigte Arbeitsschutzregeln, drohen innerbetriebliche Konsequenzen (wie oben erwähnt: Abmahnung, Kündigung im Extremfall). Verursachen sie vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Unfall, können sie zudem regresspflichtig gegenüber dem Arbeitgeber sein (etwa wenn diesem Sachschäden entstehen). Wichtig zu wissen: Verunglückt ein Arbeitnehmer, greift in aller Regel die gesetzliche Unfallversicherung, welche Heilbehandlung und Verletztengeld zahlt. Im Gegenzug sind gegen den Arbeitgeber direkte Schadenersatzansprüche des Arbeitnehmers für Personenschäden gesetzlich weitgehend ausgeschlossen (Haftungsprivileg der Berufsgenossenschaft nach § 104 SGB VII³) – es sei denn, der Arbeitgeber hat den Unfall vorsätzlich herbeigeführt. Sachschäden des Arbeitnehmers (z.B. beschädigte private Gegenstände) kann dieser allerdings ersetzt verlangen. Unabhängig von der zivilrechtlichen Haftung sind die Bußgeld- und Strafvorschriften (s.o.) gegen den Arbeitgeber möglich.

Die Erfahrung zeigt: Verstöße gegen den Arbeitsschutz zahlt sich nicht aus. Neben finanziellen Sanktionen und dem Imageschaden riskieren Arbeitgeber auch Produktionsausfälle und Motivationsverluste bei den Mitarbeitern. Arbeitsschutz lohnt sich dagegen in mehrfacher Hinsicht – Unfälle werden vermieden, Mitarbeiter bleiben gesund und motiviert, und das Betriebsklima profitiert.

Fazit

Arbeitsschutz ist Chefsache. Arbeitgeber müssen proaktiv alle nötigen Vorkehrungen treffen, um ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld zu gewährleisten. Von der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung über regelmäßige Unterweisungen bis zur Bereitstellung geeigneter Schutzmittel – die Anforderungen sind umfangreich, aber klar gesetzlich geregelt. Werden diese Pflichten ernst genommen, profitieren alle: die Beschäftigten, die sicher und gesund arbeiten können, und der Arbeitgeber, der von motivierten Mitarbeitern und geringerem Unfallrisiko profitiert. Arbeitnehmer:innen sollten ihre Rechte kennen und darauf achten, dass Schutzmaßnahmen umgesetzt werden – notfalls mit Unterstützung des Betriebsrats. Dieser wiederum hat starke Mitbestimmungsrechte, um den Arbeitsschutz im Betrieb durchzusetzen.

Für Arbeitgeber gilt abschließend: Die Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch Ausdruck einer verantwortungsvollen Unternehmensführung. Wer seine Fürsorgepflicht ernst nimmt, minimiert rechtliche Risiken und zeigt zugleich Wertschätzung für das wichtigste Kapital des Betriebs – die Mitarbeiter. Sollte Unsicherheit bestehen, welche Regeln im Einzelfall gelten, empfiehlt es sich, fachkundigen Rat (z.B. von Fachanwälten für Arbeitsrecht oder den Aufsichtsbehörden) einzuholen. So wird Arbeitsschutz nicht als Last, sondern als selbstverständlicher Bestandteil guter Unternehmenspraxis verankert.