Verdachtskündigung im Arbeitsrecht im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.

Verdachtskündigung: Außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber wegen eines begründeten, aber nicht bewiesenen Verdachts auf eine schwere Pflichtverletzung (z. B. Diebstahl, Betrug) (§ 626 BGB). Sie setzt einen dringenden Verdacht voraus, der das Vertrauensverhältnis so stark erschüttert, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar erscheint.

Im Arbeitsrecht kommt es manchmal vor, dass ein Arbeitgeber kündigt, obwohl ein Pflichtverstoß des Mitarbeiters nicht eindeutig nachgewiesen ist. Dies ist die sogenannte Verdachtskündigung – ein Vorgang, der für viele Arbeitnehmer zunächst unverständlich und belastend sein kann. In diesem Artikel erfahren Sie für die Zielgruppe der Mitarbeiter und Betriebsräte verständlich erklärt, unter welchen Voraussetzungen eine solche Kündigung möglich ist, welche Fristen zu beachten sind und welche Rechte Sie als Arbeitnehmer haben. Zum Abschluss weisen wir darauf hin, dass unsere Fachanwälte für Arbeitsrecht Sie gern beraten, um die Rechtmäßigkeit einer ausgesprochene Verdachtskündigung prüfen zu lassen und Ihre Interessen zu vertreten.

Gesetzliche Grundlagen und Fristen

Kurzinfo: Die Verdachtskündigung ist eine Form der außerordentlichen Kündigung. Für eine fristlose Kündigung setzt das Gesetz in § 626 BGB u. a. eine Zwei-Wochen-Frist nach Kenntnis des Verdachts voraus. Besteht allgemeiner Kündigungsschutz (z. B. mindestens 6 Monate Betriebszugehörigkeit und mehr als 10 Mitarbeiter), greift zudem das Kündigungsschutzgesetz. Zudem ist der Betriebsrat gem. §102 BetrVG zu beteiligen.

Nach §626 Abs. 2 BGB muss eine fristlose Kündigung „unverzüglich“ (i. d. R. innerhalb von zwei Wochen) ab Kenntnis des Kündigungsgrundes erfolgen. Das bedeutet: Hat der Arbeitgeber einen Verdacht auf eine schwere Pflichtverletzung, muss er innerhalb von 14 Tagen nach Aufklärung des Sachverhalts das Arbeitsverhältnis beenden, sonst verliert er den Kündigungsgrund. Während der Frist darf der Arbeitgeber den Verdacht aufklären, z. B. durch Ermittlungen oder Gespräche mit Zeugen.

Gleichzeitig unterliegt jede Kündigung, auch die Verdachtskündigung, in Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern (nach Probezeit und länger als sechs Monaten Beschäftigung) dem Kündigungsschutz des Gesetzes. In solchen Fällen muss die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Das kann bei Verdachtskündigungen problematisch sein, da kein erwiesener Pflichtenverstoß vorliegt. Reichen Verdachtsmomente nicht aus, kann das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam erklären.

Unabhängig davon muss der Arbeitgeber bei jeder Kündigung den Betriebsrat ordnungsgemäß anhören. Nach §102 BetrVG ist der Betriebsrat über den konkreten Kündigungsgrund und die Ergebnisse der Anhörung des Arbeitnehmers zu informieren. Nur wenn der Betriebsrat rechtzeitig angehört wurde, ist die Kündigung wirksam; bei Verstoß muss der Arbeitgeber ggf. mit der Unwirksamkeit rechnen. In der Praxis räumt man dem Betriebsrat in der Regel eine Woche Frist ein (in Betrieben unter 21 Mitarbeitern drei Tage), um seine Stellungnahme abzugeben.

Voraussetzungen einer Verdachtskündigung

Kurzinfo: Entscheidend ist ein dringender Verdacht auf eine erhebliche Pflichtverletzung. Der Arbeitgeber muss den Sachverhalt lückenlos aufklären und den betroffenen Arbeitnehmer anhören. Erst wenn das erforderliche Vertrauensverhältnis unwiderruflich zerstört ist und keine milderen Maßnahmen (z. B. Versetzung, Abmahnung) mehr möglich sind, kann eine Verdachtskündigung gerechtfertigt sein.

Eine Verdachtskündigung darf nur ausgesprochen werden, wenn sehr strenge Voraussetzungen erfüllt sind. Das Bundesarbeitsgericht verlangt in solchen Fällen einen begründeten Verdacht: Die Verdachtsmomente müssen auf konkreten, objektiven Tatsachen beruhen (z. B. beobachtetes Fehlverhalten, ein anschlägiger Zeuge oder ein Fingerabdruck) und von solcher Qualität sein, dass sie bei verständiger Betrachtung auf ein schweres Fehlverhalten schließen lassen. Bloße Mutmaßungen oder zufällige Indizien genügen nicht; der Arbeitgeber muss nachvollziehbar darlegen können, was ihn so sehr misstrauisch macht.

Die Kündigung kommt zudem nur in Betracht, wenn alle zumutbaren Aufklärungsmaßnahmen ergriffen wurden. Das heißt: Der Arbeitgeber muss den Sachverhalt eingehend untersuchen – z. B. vorliegende Beweismittel auswerten und insbesondere den Arbeitnehmer anhören. Bei der Anhörung muss der Beschuldigte ausreichend über die Vorwürfe informiert werden und Gelegenheit zur Stellungnahme bekommen. Der Arbeitgeber darf nicht wichtige Informationen vorenthalten; im Gegenteil, er ist verpflichtet, dem Mitarbeiter alle relevanten Erkenntnisse mitzuteilen, damit dieser sich verteidigen kann. Verletzt er diese Anhörungspflicht schuldhaft, wird die Kündigung oft unwirksam erklärt.

Schließlich ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zwingend erforderlich. Der Arbeitgeber muss sorgfältig abwägen, ob mildere Maßnahmen zur Konfliktbeseitigung (wie etwa eine Versetzung oder eine Abmahnung) möglich gewesen wären. Nur wenn – unter Berücksichtigung der Interessen beider Seiten – eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers wirklich unzumutbar ist, kann die Verdachtskündigung gerechtfertigt sein. Zudem darf die Kündigung nur ausgesprochen werden, wenn der entstandene Verdacht das für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauen nachhaltig zerstört. Ein geringer Anlass (z. B. ein geringwertiger Diebstahl) rechtfertigt nur in Ausnahmefällen und zumeist nur bei Vorliegen vorheriger Warnungen eine sofortige Kündigung.

  • Dringender Tatverdacht: Der Verdacht muss auf handfesten Fakten beruhen und objektiv nachvollziehbar sein. Er muss das Vertrauensverhältnis in erheblichem Maße erschüttern.
  • Pflicht zur Anhörung und Aufklärung: Vor der Kündigung ist der Arbeitnehmer anzuhören und mit den konkreten Anschuldigungen zu konfrontieren. Der Arbeitgeber hat den gesamten Sachverhalt möglichst gründlich aufzuklären.
  • Verhältnismäßigkeit: Geringere Maßnahmen wie Abmahnung oder Versetzung müssen ausgeschlossen sein. Es muss eine Interessenabwägung durchgeführt werden; überwiegen die Interessen des Arbeitgebers am sofortigen Ende das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, ist eine Verdachtskündigung zulässig.

Erfüllt ein Verdacht diese Voraussetzungen nicht, ist eine Verdachtskündigung unwirksam. Besonders das Unterlassen der Anhörung führt in der Praxis regelmäßig zur Nichtigkeit der Kündigung.

Fristen und Form

Kurzinfo: Bei einer fristlosen Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber nach § 626 Abs. 2 BGB innerhalb von zwei Wochen nach Aufklärung des Sachverhalts kündigen. Im Hinblick auf eine mögliche Kündigungsschutzklage gilt die allgemeine Drei-Wochen-Frist. Jede Verdachtskündigung muss schriftlich erfolgen.

Ist der Arbeitgeber zum Verdachtszeitpunkt handlungsbereit, muss er die Kündigung schriftlich aussprechen und dabei die Zwei-Wochen-Frist (§ 626 Abs. 2 BGB) genau beachten. Die Frist beginnt in der Regel mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Arbeitgeber der Verdacht vollständig bekannt ist (z. B. nach Abschluss der Anhörung). Erfolgt die Kündigung erst nach Ablauf von zwei Wochen, kann der gute Grund als verwirkt gelten.

Parallel dazu gilt: Reicht der gekündigte Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage ein, muss er dies binnen drei Wochen nach Erhalt der Kündigung tun. Versäumt er diese Klagefrist (§ 4 KSchG), gilt die Kündigung rechtlich als wirksam, selbst wenn sie fehlerhaft war.

Bei der Form gibt das Gesetz vor, dass jede Kündigung – also auch die auf Verdacht – schriftlich zu erfolgen hat. Eine mündliche oder elektronische Kündigung ist unwirksam. In der Regel spricht man bei Verdachtskündigungen von einer fristlosen Kündigung. Ausnahme: Der Arbeitgeber kann in seltenen Fällen auch eine außerordentliche, fristgerechte Kündigung mit Ablauf einer regulären Kündigungsfrist verbinden, um den Arbeitnehmer noch für kurze Zeit zu beschäftigen.

Rolle des Betriebsrats

Kurzinfo: Der Arbeitgeber muss gemäß §102 BetrVG den Betriebsrat vor der Kündigung umfassend informieren und anhören. Eine fehlende oder mangelhafte Betriebratsanhörung kann die Kündigung unwirksam machen.

Auch bei einer Verdachtskündigung ist der Betriebsrat zwingend zu beteiligen. Das Gesetz schreibt vor, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat über den Kündigungsgrund und den Verdachtsmoment sowie über das Ergebnis der Anhörung des Arbeitnehmers aufklären muss. Erst dann kann der Betriebsrat Stellung nehmen.

Kommt der Betriebsrat seiner Anhörungspflicht nach, kann er innerhalb einer Woche (bzw. drei Tagen in Kleinbetrieben) beanstanden. Ergibt sich in der Stellungnahme, dass z. B. entscheidende Informationen fehlen, kann der Betriebsrat der Kündigung formell widersprechen. Allerdings hat dieses Widerspruchsrecht im Geltungsbereich des KSchG nur verzögernde Wirkung; das Arbeitsgericht kann die Kündigung trotzdem für zulässig erklären.

Wichtig ist: Unterlässt der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats, kann dies die Wirksamkeit der Kündigung gefährden. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass eine unzureichende oder fehlende Beteiligung des Betriebsrats dazu führen kann, dass der Richter die Kündigung als rechtswidrig einstuft. Arbeitnehmer sollten daher prüfen, ob der Betriebsrat korrekt informiert wurde.

Rechte und Rechtsfolgen für Arbeitnehmer

Kurzinfo: Betroffene Arbeitnehmer können gegen eine Verdachtskündigung gerichtlich vorgehen. Innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung kann eine Kündigungsschutzklage eingereicht werden. Ist die Kündigung unwirksam, besteht Anspruch auf Wiedereinstellung und gegebenenfalls Schadensersatz.

Erhält man eine Verdachtskündigung, stehen einem als Arbeitnehmer verschiedene Schutzrechte zu. Zunächst besteht – wie bei jeder Kündigung – das Recht, binnen drei Wochen eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Mit dieser Klage kann man die Wirksamkeit der Kündigung vor dem Arbeitsgericht überprüfen lassen. Kommt das Gericht in der Hauptverhandlung zum Schluss, dass die Verdachtskündigung nicht rechtmäßig war (etwa wegen mangelnder Anhörung oder unzureichender Verdachtsgründe), wird die Kündigung als unwirksam aufgehoben.

Im Fall einer rechtswidrigen Kündigung kann der Arbeitnehmer die Wiedereinstellung verlangen – das Arbeitsverhältnis muss so fortbestehen, als ob nie gekündigt worden wäre. Alternativ oder ergänzend kann das Gericht auch eine finanzielle Entschädigung (Schadensersatz) zusprechen, etwa den Verdienst bis zum nächsten Kündigungstermin bzw. bis zu einer möglichen Abfindungsregelung. Eine Abfindung kann auch in einem Vergleich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden.

Weitere Rechte ergeben sich aus Verfahrenspflichten: Schon die verfahrensmäßige Anhörung des Arbeitnehmers (und des Betriebsrats) steht im Arbeitsgericht oft zur Debatte. Wurde die Anhörung versäumt oder fehlerhaft durchgeführt, kann dies zur Unwirksamkeit führen. Arbeitnehmer sollten in jedem Fall zeitnah juristischen Rat suchen, um Fristen zu wahren und ihre Ansprüche geltend zu machen.

Wichtige Urteile zur Verdachtskündigung

  • BAG 26.03.1992 – Az. 2 AZR 519/91: Entscheidung zur Unterscheidung von Tat- und Verdachtskündigung. Nach BAG muss bei Tatkündigung der Verstoß bewiesen sein, bei der Verdachtskündigung genügt ein dringender Verdacht.
  • BAG 06.09.2007 – Az. 2 AZR 264/06: Verdeutlichung der Anforderungen an den Verdacht: Ein dringender Verdacht erfordert „hohe Wahrscheinlichkeit“ eines Fehlverhaltens.
  • BAG 23.06.2009 – Az. 2 AZR 474/07: Hier wurde klargestellt, dass der Arbeitgeber den Verdacht umfassend aufklären und den Arbeitnehmer anhören muss. Kommt er dieser Pflicht nicht nach, ist die Kündigung unwirksam.
  • BAG 04.06.1964 – Az. 2 AZR 310/63: Hier wurde ein Entschädigungsanspruch des Arbeitnehmers bejaht, dessen Verdacht sich im Nachhinein als unbegründet herausstellte (Recht auf Wieder-Einstellung bzw. Schadensersatz).

Diese und andere Urteile zeigen, dass das Recht eine Verdachtskündigung nur unter sehr engen Bedingungen zulässt. Arbeitgeber nehmen ein hohes Risiko in Kauf, und Arbeitnehmer können ihr Schicksal notfalls vor Gericht überprüfen lassen.

Abgrenzung zu anderen Kündigungsarten

Kurzinfo: Die Verdachtskündigung ist eine spezielle Form der außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung. Anders als bei einer Tatkündigung muss das Fehlverhalten nicht bewiesen sein. Sie wird – zumeist fristlos – ausgesprochen, wenn der Arbeitgeber aufgrund des Verdachts das Ende des Arbeitsverhältnisses für unausweichlich hält.

Während bei einer verhaltensbedingten Tatkündigung das vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers nachgewiesen sein muss, reicht bei der Verdachtskündigung bereits ein hoher Verdachtsgrad aus. Die Tatkündigung setzt Beweise oder eine überwiegende Indizienlage voraus; die Verdachtskündigung hingegen baut allein auf dem (noch unbestätigten) Verdacht auf. Beide Kündigungsformen sind jedoch „außerordentliche Kündigungen“ – sie lösen das Arbeitsverhältnis sofort aus wichtigen Gründen.

Im Gegensatz dazu stehen personenbedingte Kündigungen (z. B. wegen langanhaltender Krankheit), bei denen es nicht um das Verhalten des Arbeitnehmers geht, sondern um seine persönliche Eignung. Die Verdachtskündigung ist hingegen ein Unterfall der verhaltensbedingten Kündigungen. Anders als bei personenbedingter oder betriebsbedingter Kündigung braucht es also kein Verschulden im engeren Sinne, sondern allein die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses.

Üblich ist die Verdachtskündigung als fristlose Kündigung. In seltenen Fällen kann der Arbeitgeber aber auch eine fristgemäße Ausführung wählen: Er spricht außerordentlich mit der üblichen Frist (sogenannte Auslauffrist), wenn er etwa eine ordentliche Kündigung vorsorglich ausspricht, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten.

In jedem Fall kann der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben, egal ob die Kündigung fristlos oder mit Frist erfolgt ist. So vermeidet das Arbeitsgericht, dass ein Arbeitnehmer allein wegen eines unbewiesenen Verdachts langfristig sein Job verloren geht. Bei einer einvernehmlichen Trennung (Aufhebungsvertrag) wäre ein gesetzlicher Kündigungsschutz zudem nicht gegeben; eine Verdachtskündigung bleibt jedoch ein Kündigungsbegehren, bei dem das KSchG greift.

FAQ – Häufige Fragen

Ist eine Verdachtskündigung immer fristlos?

Eine Verdachtskündigung erfolgt in der Praxis meist fristlos, weil das Vertrauensverhältnis sofort gebrochen sein soll. Rechtlich ist aber beides möglich: In Einzelfällen kann der Arbeitgeber eine Verdachtskündigung mit ordentlicher Frist erklären (indem er z. B. gleichzeitig eine Auslauffrist ausspricht). Entscheidend ist der Umstand, dass die Kündigung wegen des Verdachts erfolgt, nicht die Form.

Analyse:
Üblicherweise spricht der Arbeitgeber bei Verdacht eine fristlose (außerordentliche) Kündigung aus. Das entspricht dem Grundgedanken, dass weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist. Es ist jedoch ausdrücklich nicht gesetzlich vorgeschrieben, dass eine Verdachtskündigung zwangsläufig fristlos sein muss. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass auch ein außerordentlicher Kündigungsgrund mit Frist möglich ist – etwa wenn der Arbeitgeber einen „sozialen Auslauffrist“ gewährt, um noch Planungssicherheit zu geben. In der Praxis geschieht dies jedoch selten, da man üblicherweise einen konkreten Vertrauensbruch sofort ahnden will.

Rechtliche Einordnung:
Wichtig ist die Zwei-Wochen-Frist des § 626 BGB bei fristloser Kündigung. Spricht der Arbeitgeber jedoch eine Verdachtskündigung mit Frist aus, gilt diese wie eine ordentliche Kündigung (sog. „Außerordentliche fristgemäße Kündigung“). Dann müssen Arbeitgeber die längeren Fristen und sozialen Kriterien beachten.

Beispiel 1:
Ein Techniker wird des Diebstahls beschuldigt. Der Chef ist sich sehr sicher, wartet aber noch die entscheidende Arbeitsgerätekontrolle ab. Er kündigt dem Mitarbeiter mit einem Monat Kündigungsfrist, statt sofort fristlos. Das Gericht prüft später: Weil der Austritt „sozial“ gestaltet war, behandelt es die Kündigung als ordentliche Kündigung. Da aber das Kündigungsschutzgesetz gilt, muss auch dieser Kündigungsgrund sozial gerechtfertigt sein (und entsprechende Fristen eingehalten werden).
Bewertung: Eine solche „fristgemäße Verdachtskündigung“ war möglich. Sie verschafft dem Mitarbeiter zwar noch einen kurzen Schonraum, verändert aber die rechtliche Prüfung nicht grundsätzlich – sie muss weiterhin einen wichtigen Grund haben.

Beispiel 2:
Ein Lagerist wird unter dem Verdacht verhaftet, Medikamente gestohlen zu haben. Der Arbeitgeber möchte das Arbeitsverhältnis nicht sofort aufkündigen, gibt aber nach kurzer Frist eine außerordentliche Kündigung unter sofortiger Wirkung. Später zeigt sich, dass eine Kollegin die Tat begangen hat. Der gekündigte Mitarbeiter klagt auf Wiedereinstellung. Das Arbeitsgericht stellt fest: Die Kündigung war als fristlose Verdachtskündigung möglich, weil dem Arbeitgeber ein dringender Verdacht vorlag. Hätte der Arbeitgeber aber zunächst eine ordentliche Kündigung mit kürzestmöglicher Frist ausgesprochen, hätte der Arbeitnehmer eventuell ein starkes Argument für sozialen Kündigungsschutz gehabt. In beiden Fällen bleibt es dabei, dass eine gerichtliche Prüfung der Gründe erfolgt.
Bewertung: In diesem Beispiel nutzte der Arbeitgeber die normale Methode (fristlos). Eine alternative Vorgehensweise (ordentliche Frist) wäre ebenfalls zulässig gewesen. Letztlich kommt es auf den Kündigungsgrund an. Die Gerichtspraxis betont, dass im Zweifel ein angemessener Auslauffrist gewährt werden kann, wenn ein ganz geringer Tatverdacht besteht – ansonsten ist man in der Regel fristlos erfolgreich.

Fazit: Grundsätzlich ist die Verdachtskündigung fristlos – es handelt sich um eine außerordentliche Kündigung. Nur in Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber eine „Auslauffrist“ gewähren.

Ist vor einer Verdachtskündigung eine Abmahnung erforderlich?

In der Regel nicht. Anders als bei vielen verhaltensbedingten Kündigungen macht eine vorherige Warnung beim bloßen Verdacht wenig Sinn. Eine Verdachtskündigung wird genau dann ausgesprochen, wenn das Vertrauen in den Mitarbeiter weg ist, ohne dass ein konkreter Verstoß bewiesen ist. Eine Abmahnung, die auf bewiesenem Fehlverhalten basiert, kann hier kaum etwas ändern.

Analyse:
Da bei der Verdachtskündigung der Grundgedanke ein Vertrauensverlust aufgrund des Verdachts ist, wird üblicherweise auf Abmahnungen verzichtet. Eine Abmahnung soll informieren und warnen, wenn ein Fehlverhalten wiederholt werden könnte. Bei Verdacht aber ist ja gerade unklar, ob ein konkreter Verstoß überhaupt vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung gilt daher: Im Normalfall ist keine Abmahnung nötig und oft auch sinnlos. Lediglich in Konstellationen mit Bagatellvorwürfen (etwa Verdacht eines Kleinstdiebstahls) kann ein Gericht unter Umständen verlangen, dass zuvor wenigstens verwarnend mit einer Abmahnung reagiert wurde.

Rechtliche Einordnung:
Einige Gerichte sehen die Verdachtskündigung sogar als Sonderfall der personenbedingten Kündigung, bei der es nicht auf Schuld des Arbeitnehmers ankommt. In jedem Fall fehlt es am Kern der Abmahnung – einer konkreten Vertragsverletzung. Ist der (rein vermutete) Schaden gering und waren keine vorherigen Verfehlungen bekannt, kann eine fehlende Abmahnung problematisch sein. Meist aber erklärt sich das Arbeitsgericht damit einverstanden, dass bei Verdacht ausnahmsweise sofort gekündigt wird.

Beispiel 1:
Eine Buchhalterin wird verdächtigt, Dokumente manipuliert zu haben. Der Arbeitgeber verfügt jedoch über keine eindeutigen Beweise. Er kündigt sofort ohne Abmahnung. Später gelingt es der Arbeitnehmerin, die Anschuldigungen zu entkräften. Das Arbeitsgericht prüft, ob die vorherige Abmahnung fehlte. Weil die Verdachtslage so schwerwiegend war, erkennt das Gericht dennoch die Rechtmäßigkeit der Kündigung an.
Bewertung: Hier zeigt sich: Bei einem gravierenden Verdacht wie Manipulation ist keine Abmahnung erforderlich. Es bleibt bei einer ordnungsgemäßen Verdachtskündigung nach den strengen Regeln.

Beispiel 2:
Ein Lagerist wird verdächtigt, ein paar Euro aus der Kasse gestohlen zu haben. Der Arbeitgeber kennt lediglich Indizien (kein Zeuge, nur geringwertiges Gut). Er kündigt ohne Vorwarnung. Vor Gericht verteidigt er dies damit, dass der Verdacht tief sitzt. Die Arbeitnehmerin hält dagegen, es handele sich um eine Bagatelle ohne vorherige Abmahnung – ähnlich dem berühmten „Emmely-Fall“. Die Richter prüfen: Nach BAG-Urteil (Emmely) ist ein einmaliger geringwertiger Diebstahl ohne Abmahnung oft keine ausreichende Grundlage. Sie argumentieren, dass auch bei Verdacht eines Bagatelldiebstahls eine Abmahnung nötig gewesen wäre, da der Verdachtsgrad nicht hoch genug ist. Schließlich erklären sie die Kündigung für unwirksam.
Bewertung: Dieses Beispiel zeigt einen Grenzfall: Der Verdacht war schwach (Bagatelldiebstahl) und die Richtlinien nach dem Emmely-Urteil sprechen meist gegen sofortige Kündigung. Das Gericht hätte sogar erwarten können, dass der Arbeitgeber zuerst eine Abmahnung ausspricht. Der Entscheidung liegt zugrunde, dass nicht jeder Verdacht ohne Abmahnung kündigungsreif ist. In solch eng begrenzten Fällen sollte ein Arbeitgeber Abwägung walten lassen.

Fazit: In den allermeisten Fällen ist vor einer Verdachtskündigung keine Abmahnung nötig. Lediglich bei sehr geringfügigem Verdacht oder früheren Verstößen kann eine Abmahnung verlangt werden.

Was passiert, wenn sich der Verdacht als falsch herausstellt?

Ein vermeintlicher Fehlverdacht kann sich im Nachhinein als unbegründet erweisen. In diesem Fall bleibt oft die Frage, ob die Verdachtskündigung dennoch wirksam war.

Analyse:
Grundsätzlich gilt: Ist zum Kündigungszeitpunkt ein ernsthafter Verdacht vorhanden gewesen, bleibt die Kündigung – trotz späterer Unschuld – gültig. Das BAG erklärt, dass die Wirksamkeit der Kündigung am Zeitpunkt des Ausspruchs gemessen wird. Allerdings hat ein unschuldig entlassener Arbeitnehmer Anspruch, im Kündigungsschutzprozess seine Wiedereinstellung bzw. Entschädigung zu fordern. Zeigt sich erst nachträglich, dass der Verdacht völlig falsch war, spricht man von einem Widerrufsvorbehalt: Der Arbeitnehmer kann gegebenenfalls rückwirkend Zugang zum Arbeitsplatz verlangen.

Rechtliche Einordnung:
Arbeitsrechtlich kann der Arbeitnehmer bei unberechtigter Verdachtskündigung eine Wiedereinstellung verlangen oder Schadensersatz (Entschädigung für entgangenen Lohn) verlangen. Maßgeblich ist § 626 Abs. 2 BGB: Im Verfahren kann der Arbeitnehmer seine Unschuld darlegen, und das Gericht kann die Kündigung für unwirksam erklären. Nach einem alten BAG-Urteil (1964) kann ein Arbeitnehmer, dessen Unschuld erst später bewiesen wird, die Rückkehr an den Arbeitsplatz verlangen.

Beispiel 1:
Ein Monteur wird aufgrund eines Tatverdachts fristlos gekündigt. Später klagt er und legt Nachweise vor, dass er zur Tatzeit nicht am Tatort war. Das Gericht erkennt: Zum Zeitpunkt der Kündigung bestand ein hinreichender Verdacht, daher war die Kündigung an sich rechtmäßig. Da sich die Unschuld erst später herausstellte, gewährt das Gericht dem Monteur dennoch eine Schadensersatzzahlung.
Bewertung: Hier war die Kündigung formal zulässig, weil der Arbeitgeber guten Grund zum Verdacht hatte. Trotzdem erhält der Unschuldige finanzielle Entschädigung, wenn er erfolgreich klagt.

Beispiel 2:
Eine Verkäuferin wird beschuldigt, Geld einbehalten zu haben. Der Chef kündigt ihr umgehend. Die Frau legt im Verfahren detailliert dar, dass sie unschuldig ist und ihre Buchungen korrekt waren. Das Arbeitsgericht prüft den Fall und stellt fest: Dem Arbeitgeber lagen zum Kündigungszeitpunkt hinreichende Indizien vor, sodass er einen dringenden Verdacht haben durfte. Die Kündigung sei daher nicht allein wegen Unschuld unwirksam. Allerdings bemängelt das Gericht erhebliche Verfahrensfehler (der Arbeitgeber hat die Mitarbeiterin unzureichend angehört). Es erklärt die Kündigung insgesamt für unwirksam. Die Arbeitnehmerin bekommt einen Anspruch auf Wiedereinstellung oder zumindest eine Abfindung zugesprochen.
Bewertung: Dieses Beispiel zeigt, dass es zwei Ebenen der Prüfung gibt. Zum einen kam es hier nicht darauf an, ob die Anschuldigung zutraf, sondern allein auf die Verdachtslage und die korrekte Verfahrensdurchführung. Weil die Anhörung mangelhaft war, scheitert die Kündigung trotz des zunächst ausreichend scheinenden Verdachts. Das spricht dafür, bei späterem Freispruch Chancen auf Wiedereinstellung zu haben, wenn der Arbeitgeber formelle Fehler gemacht hat.

Fazit: Selbst wenn sich ein Verdacht als falsch erweist, kann die Kündigung Bestand haben, solange zum Kündigungszeitpunkt ein wichtiger Grund vorlag. Ist die Kündigung jedoch unwirksam (etwa wegen Verfahrensfehlern), kann der Arbeitnehmer Wiedereinstellung oder Schadensersatz fordern.

Welche Rechte habe ich als Arbeitnehmer und wie kann ich mich wehren?

Wurde eine Verdachtskündigung ausgesprochen, sollten Sie umgehend Ihre Rechte prüfen und ggf. rechtliche Schritte einleiten.

Analyse:
Zentral ist die Kündigungsschutzklage. Innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung können Sie beim Arbeitsgericht Klage erheben. Damit können Sie erreichen, dass das Gericht die Kündigung auf ihre Rechtmäßigkeit prüft. Gelingt es dem Gericht, die Verdachtskündigung als unwirksam einzustufen, erhalten Sie meist Wiedereinstellung oder eine finanzielle Entschädigung.

Außerdem haben Sie – wie beschrieben – Anspruch auf Anhörung (mit einem fairen Verfahren) und auf ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats. Wird dabei ein Fehler festgestellt, kann dies der Kündigung die Grundlage entziehen.

Bei einer KSchKlage können Sie bis zum Schluss darlegen, dass der Verdacht nicht tragfähig war. Auch Anwälte von Arbeitnehmerseite weisen darauf hin, dass oft übersehen wird, den Kündigungsgrund scharf zu prüfen. Generell ist es empfehlenswert, eine Kündigungsschutzklage anzustreben, wenn die Verdachtskündigung fraglich erscheint: Selbst ein Vergleich (Abfindung) kann günstiger sein, als einfach hinzunehmen.

Beispiel 1:
Ein Entwickler erhält überraschend eine fristlose Verdachtskündigung. Er kontaktiert sofort einen Fachanwalt, der binnen Wochenfrist Klage einreicht. Im Prozess weist der Anwalt darauf hin, dass der Arbeitgeber seine Anhörungspflicht verletzt hat. Der Arbeitgeber räumt daraufhin Fehler ein und bietet eine Abfindung an. Der Arbeitnehmer nimmt an, um schnell vor einer unsicheren Gerichtsentscheidung Sicherheit zu haben.
Bewertung: Dieses Szenario zeigt, dass man schnell reagieren muss. Die Anhörungspflicht und Fristversäumnisse sind oft Ansatzpunkte. Selbst wenn man die Kündigung nicht vollständig kippt, kann ein Vergleich mit Abfindung erzielt werden, wenn rechtliche Mängel vorliegen.

Beispiel 2:
Ein Schichtarbeiter wird nach einer längeren internen Untersuchung wegen Verdachts einer Schwarzarbeit gekündigt. Er reicht wie geboten eine Kündigungsschutzklage ein, weil sein Anwalt von Beginn an an der Rechtmäßigkeit zweifelt. Während des Verfahrens zeigt sich, dass die Beweislage dünn war: Es gibt keine eindeutigen Daten über Überstundenbuchungen. Das Gericht ordnet eine Revision an und kommt zur Auffassung, dass der Arbeitgeber seinen Aufklärungspflichten nicht nachgekommen war. Die fristlose Kündigung wird für unwirksam erklärt. Der Schichtarbeiter erhält Wiedereinstellung und zusätzlich sechs Monate Gehalt als Schadensersatz.
Bewertung: Hier wurde die Verdachtskündigung vom Gericht vollständig zurückgewiesen. Dies schützte den Arbeitnehmer – trotz des anfänglichen Verdachts – vor Jobverlust. Besonders wirksam war der Hinweis auf mangelhafte interne Klärung durch den Arbeitgeber. Der Fall verdeutlicht, dass man sich nicht allein auf den Vorwurf verlassen darf, sondern die Durchsetzung der eigenen Rechte erwirken kann.

Kurz und Knapp: Wenn Sie eine Verdachtskündigung erhalten haben, sollten Sie möglichst umgehend eine Kündigungsschutzklageerwägen, um Ihre Rechtsposition zu sichern. So können Sie Wiedereinstellung, Abfindung oder Schadensersatz erreichen, falls die Kündigung nicht hält.

Die Verdachtskündigung ist im Arbeitsrecht eine außerordentliche Maßnahme, die nur unter sehr engen Voraussetzungen erlaubt ist. Kommt ein Arbeitnehmer nach einer solchen Kündigung zu Ihnen mit Fragen, ist schnelle Klärung ratsam. Unsere erfahrenen Fachanwälte für Arbeitsrecht prüfen in einem kostenlosen Erstgespräch, ob der Verdacht ausreicht und die formalen Voraussetzungen eingehalten wurden. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen – sei es durch eine Kündigungsschutzklage oder eine einvernehmliche Lösung. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, wenn Sie unsicher sind. Wir helfen Ihnen gern weiter.