Kündigung durch Sozialplan: Was tun?

Zu einem Sozialplan kommt es, wenn Ihr Arbeitgeber den Betrieb umgestaltet. Man spricht von einer Betriebsänderung. Häufig fallen dabei Arbeitsplätze weg. Hier erfahren Sie, wie Sie nach einer Kündigung mit Sozialplan am besten vorgehen.

Kurz und knapp

  • Bei einer Betriebsänderung gestaltet Ihr Arbeitgeber sein Unternehmen oder Teile des Unternehmens grundlegend um.
  • Sie können grundsätzlich betriebsbedingt gekündigt werden. Ihr Arbeitgeber muss jedoch Ihren Kündigungsschutz beachten und insbesondere eine korrekte Sozialauswahl durchführen. Dabei macht er oft Fehler.
  • Ein Interessenausgleich mit Namensliste erleichtert Ihrem Arbeitgeber Ihre Kündigung. Sie können sich trotzdem wehren.
  • Ein Sozialplan kann die wirtschaftlichen Nachteile der Kündigung abmildern. Häufig ist eine Abfindung enthalten. Ist sie gering, sollten Sie nachverhandeln.
  • Es gelten die gewöhnlichen Kündigungsfristen (§ 622 BGB). Eine fristlose Kündigung ist nicht möglich.
  • Gegen Ihre Kündigung mit Sozialplan müssen Sie innerhalb von drei Wochen klagen! Sonst ist der Arbeitsplatz verloren.

1. Was ist eine Betriebsänderung?

Von einer Betriebsänderung spricht man, wenn Ihr Arbeitgeber sein Unternehmen oder Teile des Unternehmens grundlegend umgestaltet.

Das Gesetz nennt u.a. folgende Formen der Betriebsänderung:

  • Einschränkung und Stilllegung des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile
  • Verlegung des Betriebs oder wesentlicher Betriebsteile
  • Zusammenschluss von Betrieben
  • Spaltung von Betrieben
  • Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation
  • Einführung neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren

Daneben gibt es natürlich weitere Typen von Betriebsänderungen.

Für Sie als Arbeitnehmer schaffen diese Umgestaltungen zwangsläufig Unsicherheit.  Es kommt zwar nicht in allen, aber in vielen der genannten Fälle zum Wegfall von Arbeitsplätzen. Um deren Folgen abzumildern, verhandelt der Betriebsrat in aller Regel einen Interessenausgleich und einen Sozialplan mit dem Arbeitgeber. In den folgenden Abschnitten erfahren Sie, was Sie davon haben.

2. Kann ich wegen einer Betriebsänderung gekündigt werden?

Die schlechte Nachricht zuerst: Ja, eine Kündigung ist nicht ausgeschlossen. Ihr Arbeitgeber kann aufgrund seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit den Betrieb recht frei umgestalten. Die Grenzen sind erst erreicht, wenn er ganz und gar unvernünftig handelt. Fallen durch die Umgestaltung Arbeitsplätze weg, spricht man von betriebsbedingten Kündigungen.

Die gute Nachricht: Sie sind nicht schutzlos! Die betriebsbedingte Kündigung unterliegt hohen Anforderungen. Ihr Arbeitgeber hat bei Ihrer Entlassung daher das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu beachten. Ihre Kündigung muss daher insbesondere folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Ihr Arbeitgeber kündigt Ihnen aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse. Ihr Arbeitsplatz muss daher dauerhaftwegfallen. Außerdem ist die Kündigung nur zulässig, wenn Ihr Arbeitgeber Sie auch nicht auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Betrieb weiterbeschäftigen kann.
  • Ihr Arbeitgeber hat eine korrekte Sozialauswahl durchgeführt (s.u.).
  • Die Kündigung erfolgte schriftlich mit Unterschrift.
  • Ihr Betriebsrat wurde zur Kündigung angehört.
  • Werden zahlreiche Mitarbeiter gleichzeitig entlassen, muss der Arbeitgeber diese sog. Massenentlassung der zuständigen Arbeitsagentur anzeigen.

Schon dieser grobe Überblick zeigt, dass eine Kündigung keinesfalls immer oder auch nur leicht möglich ist. Insbesondere die Sozialauswahl ist komplex und soll sicherstellen, dass zunächst die Arbeitnehmer gekündigt werden, die die Kündigung am ehesten verkraften können.

Wie aber funktioniert die Sozialauswahl?

Im Rahmen der Sozialauswahl muss Ihr Arbeitgeber Sie und Ihre Kollegen erfassen und nach folgenden Kriterien bewerten:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung

Erfasst werden hierbei nur Arbeitnehmer, die vergleichbare Tätigkeiten ausüben. Der Lagerarbeiter und die Buchhalterin würden so beispielsweise nicht miteinander verglichen werden.

Ihr Arbeitgeber muss nun zunächst diejenigen Arbeitnehmer entlassen, die am wenigsten schutzwürdig erscheinen.

Beispiel

A ist 50 Jahre alt und hat zwei Kinder. B ist 30 Jahre alt und hat ein Kind. Beide arbeiten als Elektroinstallateure im Außendienst.

Der Arbeitgeber muss nun zunächst B entlassen, da dieser jünger ist und geringere Unterhaltspflichten hat. Entlässt er stattdessen A, ist die Kündigung rechtswidrig.

Dieses Beispiel kann nur einen ersten Eindruck davon vermitteln, was eine Sozialauswahl ist. Sie können sich aber sicher vorstellen, dass die Auswahl gerade in größeren Unternehmen und bei umfangreichen Restrukturierungen aufwändig und fehleranfällig ist. Die betriebsbedingte Kündigung kann daher in vielen Fällen erfolgreich angegriffen und der Arbeitsplatz gerettet werden.

5 häufige Fehler, die bei einer Kündigung mit Sozialplan gemacht werden können

3. Was ist ein Interessenausgleich mit Namensliste?

Vor einer Betriebsänderung verhandeln Ihr Arbeitgeber und der Betriebsrat grundsätzlich einen sog. Interessenausgleich aus. Darin einigen sie sich über die wesentlichen Eckpunkte zum Ob, Wie und Wann der Betriebsänderung.

Taucht Ihr Name in der Liste auf, ist Ihr Kündigungsschutz reduziert

Bei einem solchen Interessenausgleich sprechen Betriebsrat und Arbeitgeber meist auch über die zu entlassenden Arbeitnehmer. Sie können diese namentlich im Interessenausgleich bezeichnen. Werden Sie in einem solchen „Interessenausgleich mit Namensliste“ genannt, ist Ihr Kündigungsschutz reduziert. Insbesondere müssen Sie folgende Nachteile in Kauf nehmen:

  • Es wird vermutet, dass Ihre Kündigung auf dringenden betrieblichen Erfordernissen beruht (sprich: der Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt ist). Vor Gericht müssen Sie nun das Gegenteil beweisen. Klassischerweise ist es umgekehrt.
  • Die Sozialauswahl (s.o.) ist nur auf grobe Fehler überprüfbar. Die Fehler müssen dem Gericht also förmlich ins Auge springen.

Trotzdem sollten Sie Ihre Kündigung nicht einfach hinnehmen, wenn Sie in einem Interessenausgleich mit Namensliste genannt werden. Unsere Erfahrung zeigt, dass auch in solchen Fällen der Arbeitsplatz noch gerettet oder eine höhere Abfindung erzielt werden kann. Das liegt zum Beispiel an diesen häufigen Fehlern:

  • Vor jeder Kündigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat anhören. Gerade im Rahmen einer Massenentlassung sind die Parteien ohnehin ständig im Gespräch. Daher glaubt der Arbeitgeber gelegentlich, schon durch Verhandlungen über einen Interessenausgleich o.ä. sei die Anhörung des Betriebsrats vollzogen. Das stimmt allerdings nicht. Erst Anfang 2020 hat so auch das LAG Hamm entschieden (3 Sa 1194/19).
  • Zwar vergisst der Arbeitgeber selten die Anzeige der Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit; mitunter unterlaufen ihm allerdings Fehler. Dies ist jüngst erst bei Air Berlin passiert (BAG, 8 AZR 215/19). Die Entlassungen zahlreicher Piloten waren daher unwirksam.
  • Die Nachteile eines Interessenausgleichs mit Namensliste treten nur ein, wenn eine Betriebsänderung vorliegt. Nicht jede Umgestaltung des Betriebs ist allerdings eine Betriebsänderung im rechtlichen Sinne. Hier lohnt daher ein genauer Blick. 

4. Wie kann mir ein Sozialplan helfen?

Während der Interessenausgleich die Modalitäten der Betriebsänderung regelt, soll ein Sozialplan ihre wirtschaftlichen Folgen für die Belegschaft abmildern. Auch der Sozialplan wird zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbart.

Im Sozialplan werden meist ganz konkrete Maßnahmen festgehalten, wie Ihnen geholfen werden soll. Folgende Regelungen werden beispielsweise oft getroffen:

  • Abfindungen
  • Outplacement-Maßnahmen (professionelle Unterstützung bei der Suche einer Neuanstellung)
  • Übernahme von Umzugskosten
  • Zahlung von Bewerbungs-, Weiterbildung und Umschulungskosten

5. Gibt es bei jeder Betriebsänderung einen Sozialplan und Interessenausgleich?

Ihr Arbeitgeber ist unter folgenden Voraussetzungen verpflichtet, mit Ihrem Betriebsrat über einen Sozialplan und Interessenausgleich zu verhandeln.

  • Ihr Unternehmen hat in der Regel mehr als zwanzig Arbeitnehmer.
  • Die Betriebsänderung bringt wesentliche Nachteile mit sich.
  • Sie betrifft zumindest erhebliche Teile der Belegschaft.
  • Es gibt einen Betriebsrat.

Zunächst einmal ist Ihr Arbeitgeber nur zu Verhandlungen verpflichtet. Die Einigung auf einen Interessenausgleich ist keine Pflicht. Ein Sozialplan hingegen kann vom Betriebsrat meist erzwungen werden.

6. Welche Kündigungsfristen gelten bei einem Sozialplan?

Auch bei einer Kündigung aufgrund einer Betriebsänderung gelten die normalen Kündigungsfristen.

Diese ergeben sich aus § 622 BGB. Ihr Arbeitgeber muss eine umso längere Kündigungsfrist einhalten, je länger Sie für ihn tätig waren. Entscheidend ist also die Dauer der Betriebszugehörigkeit.

Beachten Sie aber, dass Arbeits- oder Tarifvertrag im Einzelfall andere Kündigungsfristen festlegen können.

7. Ist eine fristlose Kündigung möglich?

Nein, eine fristlose Kündigung wegen einer Betriebsänderung ist nicht möglich.

Eng verwandt mit dem Begriff der fristlosen Kündigung ist die außerordentliche Kündigung. Diese ist zwar ausnahmsweise auch im Rahmen einer Betriebsänderung möglich (z.B. bei Stilllegung). Allerdings hat der Arbeitgeber dann eine sog. soziale Auslauffrist zu beachten. Das Arbeitsverhältnis endet also auch hier nicht von einem Tag auf den anderen. All dies betrifft allenfalls Arbeitnehmer, die mit der gewöhnlichen ordentlichen Kündigung nicht entlassen werden können.

8. Soll ich einen Aufhebungsvertrag unterschreiben?

Ihr Arbeitgeber kann Ihnen anstatt der Kündigung auch einen Aufhebungsvertrag anbieten. Während die Kündigung einseitig erfolgt, unterschreiben Sie den Aufhebungsvertrag freiwillig.

Für Ihren Arbeitgeber hat der Aufhebungsvertrag einige Vorteile:

  • Er muss keine Sozialauswahl durchführen und auch die sonstigen Anforderungen einer betriebsbedingten Kündigung nicht beachten.
  • Ihr Betriebsrat muss nicht angehört werden.
  • Da Sie freiwillig zustimmen, können Sie nicht klagen.

Aber auch für Sie können sich aus dem Aufhebungsvertrag Chancen ergeben:

  • Sie können das Datum Ihres Ausscheidens frei festlegen, nahtlos an einen neuen Arbeitsplatz wechseln und so Lücken im Lebenslauf vermeiden.
  • Sie können unter Umständen eine höhere Abfindung aushandeln.
  • Sie können ggf. ein gutes Arbeitszeugnis verlangen.

Worauf sich Ihr Arbeitgeber genau einlassen wird, hängt maßgeblich davon ab, wie leicht oder schwer er Sie kündigen könnte. Sind Sie beispielsweise aufgrund Ihrer langen Betriebszugehörigkeit nur schwer kündbar, werden Sie einiges herausholen können.

Bedenken Sie aber, dass Sie mit Ihrer Unterschrift auf Ihren Kündigungsschutz verzichten. Auch bei der Sozialplanabfindung und dem Arbeitslosengeld können sich Schwierigkeiten ergeben.

Es hängt daher vom Einzelfall ab, ob ein Aufhebungsvertrag für Sie die bessere Wahl ist. Sie sollten sich anwaltlich beraten lassen.

9. Sollte ich trotz Sozialplan selbst kündigen?

Dieser Entschluss kommt z.B. in Betracht, wenn Sie schon vor dem eigentlichen Entlassungsdatum eine neue Stelle antreten können. Nur in diesem Fall sollten Sie eine sog. Eigenkündigung in Erwägung ziehen. Andernfalls drohen nämlich u.a. diese Nachteile:

  • Die Agentur für Arbeit verhängt unter Umständen eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.
  • Sie können Ihre Sozialplanabfindung verlieren.
  • Sie verzichten ohne Gegenleistung (Abfindung!) auf Ihren Kündigungsschutz.

Selbst wenn Sie eine neue Stelle sicher in Aussicht haben, ist der Aufhebungsvertrag häufig die bessere Wahl. Sie sollten sich daher vor einer Eigenkündigung anwaltlich beraten lassen.

10. Wie wehre ich mich gegen eine Kündigung mit Sozialplan?

Sie sollten möglichst kurzfristig einen Termin bei uns vereinbaren. Das hat folgenden Grund: Klagen Sie nicht innerhalb von drei Wochen gegen Ihre Entlassung, ist Ihr Arbeitsplatz endgültig verloren. Nach Ablauf der Frist gibt Ihnen das Gesetz (außer in seltenen Ausnahmefällen) keine Möglichkeit an die Hand, die Kündigung aus der Welt zu schaffen.

Häufig werden Leistungen aus dem Sozialplan nur ausgeschüttet, wenn Sie auf Ihre Klage verzichten. Ob Sie sich dem beugen sollten oder die Vorteile einer Klage überwiegen, legen wir Ihnen im Rahmen unserer Beratung dar.

In vielen Fällen ist die Sozialplanabfindung zu gering angesetzt. Dann sollten Sie in individuelle Verhandlung mit Ihrem Arbeitgeber treten. Auch deshalb lohnt sich der Termin bei uns.

Das sollten Sie nach einer Kündigung mit Sozialplan tun

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