Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.


Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz – Rechte, Pflichten und Konsequenzen

Einleitung

Alkohol und Drogen am Arbeitsplatz sind nicht nur ein Sicherheitsrisiko, sondern können auch arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Doch welche Rechte und Pflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Wie kann man Verdachtsfälle richtig handhaben? In diesem Artikel erfahren Sie, was Sie wissen müssen.

Rechtliche Grundlagen

Arbeitsrechtliche Vorgaben

Der Konsum von Alkohol oder Drogen kann arbeitsrechtlich gravierende Folgen haben. Arbeitnehmer sind verpflichtet, ihre Arbeitsleistung ordnungsgemäß zu erbringen. Eine Beeinträchtigung durch Suchtmittel kann daher ein Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten sein. Arbeitgeber haben wiederum die Pflicht, für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen (§ 618 BGB, ArbSchG).

Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften

Das Arbeitsschutzgesetz verpflichtet Unternehmen, Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen vermieden werden. Dies betrifft insbesondere Tätigkeiten mit Maschinen, Fahrzeugen oder gefährlichen Stoffen. Wer unter Alkohol- oder Drogeneinfluss arbeitet, kann eine Gefahr für sich und andere darstellen.

Strafrechtliche Konsequenzen

In manchen Fällen kann Alkoholkonsum am Arbeitsplatz strafrechtlich relevant werden, etwa wenn es zu einem Arbeitsunfall mit Personenschaden kommt (§ 222 StGB – Fahrlässige Tötung). Auch das Führen von Firmenfahrzeugen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Typische Problemfelder

Leistungsabfall und Sicherheitsrisiken

Alkoholisierte oder berauschte Mitarbeiter sind weniger konzentriert, reagieren langsamer und können Fehler machen, die zu Unfällen oder Schäden führen. In sicherheitskritischen Berufen kann dies lebensgefährlich sein.

Belastung des Betriebsklimas

Ein regelmäßiger Missbrauch von Suchtmitteln kann das Arbeitsklima belasten. Kollegen müssen Mehrarbeit übernehmen, was zu Frustration führt. Außerdem steigt das Risiko von Konflikten am Arbeitsplatz.

Rechtliche Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Arbeitgeber können verpflichtet sein, Maßnahmen wie Alkohol- und Drogentests durchzuführen. Arbeitnehmer riskieren Abmahnungen oder sogar eine fristlose Kündigung, wenn der Konsum ihre Arbeit beeinträchtigt oder gegen betriebliche Vorschriften verstößt.

Fünf Fallbeispiele aus der Praxis

Fall 1: Arbeitnehmer erscheint betrunken zur Arbeit

Ein Mitarbeiter kommt sichtlich alkoholisiert zur Arbeit. Der Arbeitgeber hat das Recht, ihn nach Hause zu schicken und eine Abmahnung auszusprechen. Wiederholtes Fehlverhalten kann zur Kündigung führen.

Fall 2: Drogenkonsum während der Arbeitszeit

Ein Lagerarbeiter wird beim Konsum von Cannabis auf dem Firmengelände erwischt. Da dies nicht nur gegen das Arbeitsrecht, sondern möglicherweise auch gegen das Betäubungsmittelgesetz verstößt, drohen arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen.

Fall 3: Verdachtsmoment – was kann der Arbeitgeber tun?

Ein Vorgesetzter bemerkt unsicheres Verhalten eines Mitarbeiters, kann aber keinen Beweis für eine Beeinträchtigung liefern. Ein Verdachtskündigungsverfahren könnte rechtlich schwierig sein. In einem solchen Fall sind dokumentierte Gespräche und ärztliche Untersuchungen ratsam.

Fall 4: Unfall am Arbeitsplatz unter Alkoholeinfluss

Ein Gabelstaplerfahrer verursacht einen Unfall mit Sachschaden. Es stellt sich heraus, dass er unter Alkoholeinfluss stand. Die Berufsgenossenschaft kann Leistungen kürzen, und der Fahrer haftet möglicherweise für Schäden.

Fall 5: Prävention und Maßnahmen im Unternehmen

Ein Unternehmen führt ein striktes Alkohol- und Drogenverbot ein, gekoppelt mit Präventionsmaßnahmen und Schulungen. Die Zahl der Vorfälle geht daraufhin deutlich zurück.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Welche Tests darf ein Arbeitgeber verlangen?

Ein genereller Alkohol- oder Drogentest ohne Zustimmung ist unzulässig. Besteht jedoch ein konkreter Verdacht, kann der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen.

Kann eine Abmahnung oder Kündigung erfolgen?

Ja, insbesondere wenn der Konsum die Arbeitsleistung beeinträchtigt oder gegen betriebliche Regeln verstößt. Wiederholtes Fehlverhalten kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Welche Rechte hat der Arbeitnehmer bei Verdacht?

Arbeitnehmer müssen sich nicht ohne Weiteres Tests unterziehen, haben aber eine Mitwirkungspflicht, wenn der Verdacht begründet ist.

Was passiert, wenn Alkohol bei Betriebsfeiern erlaubt ist?

Ein moderater Konsum ist oft erlaubt, aber exzessives Trinken mit negativen Auswirkungen auf die Arbeit kann arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.

Wie können Unternehmen Prävention betreiben?

Durch klare Regeln, regelmäßige Schulungen und betriebliches Gesundheitsmanagement kann Missbrauch verhindert werden.


Detaillierte Beiträge zu den FAQs

1. Kann der Arbeitgeber Alkohol- oder Drogentests anordnen?


Das Thema Alkohol- oder Drogentests am Arbeitsplatz ist hochsensibel und bewegt sich an der Schnittstelle von Arbeitsrecht und Persönlichkeitsrechten der Arbeitnehmer. Während Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einem sicheren Arbeitsumfeld haben, genießen Arbeitnehmer umfassenden Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte.

Analyse des Falls:
Ein Arbeitgeber kann Drogentests nicht willkürlich anordnen. Eine solche Maßnahme stellt einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dar. Insbesondere in nicht sicherheitsrelevanten Berufen ist ein Test ohne konkreten Verdacht oder vertragliche Vereinbarung nicht zulässig.

Rechtliche Einordnung:
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in mehreren Entscheidungen betont, dass eine anlasslose Testung ohne Zustimmung des Arbeitnehmers unzulässig ist (vgl. BAG, Urteil vom 12.08.2008 – 9 AZR 1112/06). Ein solcher Test ist nur in wenigen Fällen zulässig, etwa wenn eine gesetzliche Grundlage existiert (z. B. im Straßenverkehr nach § 3 Fahrerlaubnisverordnung) oder wenn eine konkrete Gefährdung anderer besteht (z. B. bei Piloten oder Lokführern).

Fallbeispiele:

  1. LAG Hamm, Urteil vom 23.11.2017 – 18 Sa 936/17: Ein Maschinenführer verweigerte einen Drogentest nach einem Unfall. Das Gericht entschied, dass die Weigerung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigte, da eine Gefährdung anderer vorlag.
  2. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 14.03.2019 – 1 Sa 64/18: Ein Krankenpfleger wurde nach einem positiven Drogentest entlassen. Die Kündigung wurde für unwirksam erklärt, da kein konkreter Verdacht vorlag und die Einwilligung unter Druck erfolgte.

Abschließende Zusammenfassung:
Arbeitgeber können Drogentests nicht ohne weiteres anordnen. Nur bei konkretem Verdacht, einer vertraglichen Regelung oder in sicherheitskritischen Berufen sind sie zulässig. Arbeitnehmer haben jedoch das Recht, einen solchen Test zu verweigern, wenn kein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers besteht.


2. Kann Alkohol- oder Drogenkonsum zur Kündigung führen?


Die Frage, ob der Konsum von Alkohol oder Drogen am Arbeitsplatz eine Kündigung rechtfertigt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere vom Grad der Beeinträchtigung und den Folgen für den Betrieb.

Analyse des Falls:
Eine Kündigung ist nicht automatisch gerechtfertigt, wenn ein Arbeitnehmer einmalig unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht. Vielmehr kommt es auf die Auswirkungen auf die Arbeitsleistung und das Gefährdungspotenzial an. Während in sicherheitsrelevanten Berufen eine Null-Toleranz-Politik zulässig ist, muss in anderen Berufen eine Abmahnung erfolgen, bevor eine Kündigung rechtens ist.

Rechtliche Einordnung:
Laut Bundesarbeitsgericht (BAG) kann eine verhaltensbedingte Kündigung nur bei wiederholtem oder erheblichem Pflichtverstoß erfolgen (BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 2 AZR 186/12). Bei einer Suchterkrankung kann eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommen, wenn keine Aussicht auf Besserung besteht (BAG, Urteil vom 13.12.1990 – 2 AZR 336/90).

Fallbeispiele:

  1. LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.02.2017 – 19 Sa 1080/16: Ein Busfahrer wurde fristlos entlassen, nachdem er mit Restalkohol zur Schicht erschienen war. Das Gericht bestätigte die Kündigung, da eine erhebliche Gefährdung bestand.
  2. LAG Köln, Urteil vom 10.06.2021 – 6 Sa 529/20: Ein Büroangestellter wurde nach mehrmaligem Alkoholkonsum während der Arbeitszeit abgemahnt und schließlich gekündigt. Das Gericht hielt die Kündigung für unwirksam, da keine konkrete Gefährdung vorlag und eine Abmahnung ausgereicht hätte.

Abschließende Zusammenfassung:
Ob Alkohol- oder Drogenkonsum zur Kündigung führt, hängt von der Schwere des Vorfalls und den betrieblichen Konsequenzen ab. Sicherheitsrelevante Berufe haben strengere Regeln, während in anderen Bereichen eine Abmahnung erforderlich ist.


3. Haftet der Arbeitgeber für Unfälle unter Alkohol- oder Drogeneinfluss?


Unfälle, die durch Alkohol- oder Drogeneinfluss am Arbeitsplatz verursacht werden, werfen komplexe haftungsrechtliche Fragen auf. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können betroffen sein.

Analyse des Falls:
Grundsätzlich haftet der Arbeitnehmer für Schäden, wenn er fahrlässig oder vorsätzlich handelt. Der Arbeitgeber haftet nur, wenn er seine Überwachungspflichten verletzt hat, beispielsweise indem er offensichtlichen Alkoholmissbrauch duldet.

Rechtliche Einordnung:
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass ein Arbeitgeber nicht für Schäden haftet, wenn er keine Kenntnis vom Alkoholkonsum des Arbeitnehmers hatte oder keine Pflichtverletzung vorliegt (BAG, Urteil vom 18.10.2018 – 8 AZR 446/17).

Fallbeispiele:

  1. BAG, Urteil vom 17.03.2015 – 9 AZR 43/14: Ein Betriebshaftpflichtversicherer verweigerte die Zahlung, weil ein Mitarbeiter unter Alkohol einen Gabelstaplerunfall verursachte. Das Gericht entschied, dass der Arbeitnehmer voll haftet.
  2. LAG Hamm, Urteil vom 22.11.2019 – 3 Sa 957/18: Ein Unternehmen wurde zur Zahlung von Schmerzensgeld verurteilt, weil es einen alkoholkranken Mitarbeiter ohne Schutzmaßnahmen weiterarbeiten ließ.

Abschließende Zusammenfassung:
Arbeitnehmer haften für alkoholbedingte Unfälle, wenn sie fahrlässig handeln. Arbeitgeber haften nur, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzen.


4. Ist eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung möglich?


Eine fristlose Kündigung wegen Alkohol oder Drogen erfordert eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass ihm eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist.

Analyse des Falls:
Eine fristlose Kündigung setzt gemäß § 626 BGB einen wichtigen Grund voraus. Dies ist meist nur gegeben, wenn eine erhebliche Gefährdung anderer besteht oder der Arbeitnehmer trotz Abmahnungen weiter konsumiert.

Rechtliche Einordnung:
Das BAG urteilte, dass eine fristlose Kündigung nur dann zulässig ist, wenn das Fehlverhalten schwerwiegend und eine Abmahnung nicht zumutbar ist (BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 2 AZR 186/12).

Fallbeispiele:

  1. LAG Hessen, Urteil vom 08.11.2018 – 9 Sa 146/18: Ein Lagerarbeiter wurde fristlos gekündigt, weil er betrunken zur Arbeit erschien. Die Kündigung war unwirksam, da keine vorherige Abmahnung vorlag.
  2. LAG Düsseldorf, Urteil vom 10.01.2020 – 8 Sa 197/19: Ein Chirurg wurde fristlos entlassen, nachdem er operierte, obwohl er unter Alkoholeinfluss stand. Die Kündigung war wirksam, da eine erhebliche Gefährdung vorlag.

Abschließende Zusammenfassung:
Eine fristlose Kündigung ist nur bei schwerwiegenden Fällen oder nach vorheriger Abmahnung möglich.


5. Muss der Arbeitgeber eine Therapie ermöglichen?

Nein, aber eine Fürsorgepflicht kann unter bestimmten Umständen bestehen. Unternehmen sollten betroffene Mitarbeiter unterstützen, bevor drastische Maßnahmen wie Kündigungen ergriffen werden.

Dieser Artikel soll Ihnen erste Orientierung geben. Kontaktieren Sie uns für eine individuelle Beratung!