Kündigung beim Betriebsübergang im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.

Kündigung beim Betriebsübergang – Bei einem Betriebsübergang (§ 613a BGB) übernimmt ein neuer Inhaber den Betrieb. Arbeitsverträge gehen automatisch auf ihn über, die Arbeitnehmer behalten ihren Arbeitsplatz. Eine Kündigung allein wegen des Betriebsübergangs ist verboten und unwirksam. Arbeitnehmer können dem Übergang widersprechen.
Was bedeutet „Kündigung beim Betriebsübergang“ im Arbeitsrecht?
Wenn ein Unternehmen verkauft oder übertragen wird, fragen sich viele Beschäftigte, was mit ihren Arbeitsplätzen geschieht. Der Begriff Kündigung beim Betriebsübergang beschreibt die besondere Situation, in der ein Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Übernahme eines Betriebs (Betriebsübergang) Arbeitsverhältnisse beendet. Im deutschen Arbeitsrecht sind Arbeitnehmer in solchen Fällen besonders geschützt. Das Gesetz (insbesondere § 613a Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) stellt klar, dass ein neuer Inhaber in die bestehenden Arbeitsverhältnisse eintritt und ein Kündigungsverbot wegen des Übergangs besteht. Trotzdem kommen Kündigungen im Umfeld von Betriebsübergängen vor – etwa bei Umstrukturierungen oder Stellenabbau. In diesem Artikel erklären wir verständlich, welche Kündigungen unzulässig sind, wann Kündigungen trotz Betriebsübergang möglich sein können und welche Rechte Arbeitnehmer haben, einschließlich des Widerspruchsrechts gegen den Übergang. So gewinnen Sie Rechtssicherheit in einer für viele unsicheren Situation. (Für weitergehende Fragen stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit beratend zur Seite.)
Was ist ein Betriebsübergang? – Gesetzliche Grundlagen und Folgen
Kurz zusammengefasst: Ein Betriebsübergang liegt vor, wenn ein Betrieb oder Betriebsteil von einem neuen Inhaber übernommen wird. Grundlage ist § 613a BGB, der regelt, dass alle Arbeitsverhältnisse mit ihren Rechten und Pflichten automatisch auf den Erwerber übergehen. Für die Beschäftigten bedeutet das: Sie behalten ihren Job und alle vertraglichen Bedingungen. Der alte und der neue Arbeitgeber müssen die Mitarbeiter rechtzeitig über den Übergang informieren. Außerdem dürfen wegen des Übergangs keine Kündigungen ausgesprochen werden (gesetzliches Kündigungsverbot).
Definition Betriebsübergang: Von einem Betriebsübergang spricht man, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen neuen Eigentümer übergeht (§ 613a Abs.1 BGB). Typische Beispiele sind der Verkauf eines Unternehmens, die Übernahme durch einen anderen Betrieb, die Fusion zweier Firmen oder auch die Ausgliederung(Outsourcing) von Unternehmensteilen. Wichtig ist, dass eine wirtschaftliche Einheit mit ihrer Identität übergeht – also der neue Inhaber im Wesentlichen die gleichen Funktionen oder Aufgaben weiterführt. Keine Rolle spielt es hingegen, ob der Betrieb durch einen Verkauf, Pacht, Fusion oder auf anderem Weg übergeht – entscheidend ist der Wechsel der Rechtsperson des Arbeitgebers. Bei einem reinen Share Deal (Kauf von Unternehmensanteilen) liegt dagegen meist kein Betriebsübergang im Sinne des Gesetzes vor, da sich nur die Eigentümerstruktur ändert, aber der Arbeitgeber als juristische Person derselbe bleibt.
Automatischer Übergang der Arbeitsverhältnisse: Findet ein Betriebsübergang statt, so tritt der neue Inhaber nahtlos in alle bestehenden Arbeitsverhältnisse ein (§ 613a Abs.1 BGB). Das bedeutet, der Arbeitsvertrag bleibt in Kraft, nur anstelle des alten Arbeitgebers tritt der neue Arbeitgeber. Kündigungsfristen, Gehalt, Urlaubstage, Betriebszugehörigkeit und alle anderen Rechte und Pflichten setzen sich unverändert fort. Selbst Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, die beim alten Arbeitgeber galten, wirken beim neuen Inhaber weiter. Dieser Vertragsschutz ist zentral, damit Arbeitnehmer durch den Inhaberwechsel keine Nachteile erleiden.
Veränderungssperre für ein Jahr: Häufig haben Arbeitnehmer gehört, dass nach einem Betriebsübergang „für ein Jahr“ nichts geändert werden dürfe. Tatsächlich enthält § 613a BGB eine Ein-Jahres-Frist, allerdings bezieht sie sich nicht auf Kündigungen, sondern auf kollektivrechtliche Vereinbarungen. Konkret dürfen Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge, die durch den Übergang Teil des Arbeitsvertrags geworden sind, innerhalb des ersten Jahres nach dem Betriebsübergang vom neuen Arbeitgeber nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer geändert werden. Dieses Jahr ist also eine Art Bestandsschutz für bestehende Arbeitsbedingungen. Einen generellen Kündigungsschutz von einem Jahrgibt es hingegen nicht – Kündigungen sind zeitlich nicht verboten, solange sie nicht wegen des Betriebsübergangserfolgen.
Informationspflicht an die Arbeitnehmer: Der bisherige Arbeitgeber oder der Erwerber muss die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer schriftlich informieren (§ 613a Abs.5 BGB). In diesem Unterrichtungsschreiben müssen der Zeitpunkt oder geplante Datum des Übergangs, der Grund für den Betriebsübergang sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen für die Arbeitnehmer erläutert werden. Auch eventuelle Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Übergang geplant sind (z. B. Umstrukturierungen, Standortwechsel, Kündigungen oder neue Arbeitsbedingungen), müssen angegeben werden. Diese Informationen sollen den Beschäftigten Klarheit verschaffen und sie in die Lage versetzen, ihr weiteres Vorgehen abzuwägen – insbesondere im Hinblick auf das folgende Widerspruchsrecht.
Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer: Arbeitnehmer können dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf den neuen Inhaber widersprechen (§ 613a Abs.6 BGB). Hierfür haben sie ab Zugang der schriftlichen Information über den Betriebsübergang einen Monat Zeit. Der Widerspruch bedarf der Schriftform und kann entweder gegenüber dem alten oder dem neuen Arbeitgeber erklärt werden. Übt ein Mitarbeiter fristgerecht sein Widerspruchsrecht aus, bleibt sein Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber bestehen, anstatt auf den Erwerber überzugehen. Welche Konsequenzen das im Einzelfall hat – insbesondere hinsichtlich einer möglichen Kündigung durch den alten Arbeitgeber – erläutern wir weiter unten ausführlich (siehe Abschnitt Widerspruch gegen den Übergang).
Kündigungsschutz beim Betriebsübergang: Das gesetzliche Kündigungsverbot
Kurz zusammengefasst: Arbeitnehmer dürfen nicht wegen eines Betriebsübergangs gekündigt werden. Dieses Kündigungsverbot nach § 613a Abs.4 BGB schützt alle Betroffenen – unabhängig von Betriebsgröße oder persönlichem Kündigungsschutz. Unwirksam ist jede Kündigung, bei der der Betriebsübergang der ausschlaggebende Grund ist. Das Verbot gilt sowohl für ordentliche (fristgemäße) Kündigungen als auch für außerordentliche Kündigungen und sogar Änderungskündigungen. Selbst ein Aufhebungsvertrag, der nur wegen des Übergangs nahegelegt wird, ist kritisch zu betrachten. Kurz: Ein Betriebsübergang allein rechtfertigt keine Entlassung.
Gesetzliches Verbot der „Betriebsübergangs-Kündigung“: § 613a Abs.4 Satz 1 BGB enthält ausdrücklich ein Kündigungsverbot: Die Kündigung eines Arbeitsvertrags durch den bisherigen Arbeitgeber oder den neuen Inhaber wegen des Betriebsübergangs ist unzulässig. Dieses Verbot soll verhindern, dass der Schutz der Arbeitnehmer ausgehöhlt wird. Ohne diese Regelung könnte ein Arbeitgeber z. B. kurz vor einem Unternehmensverkauf allen Mitarbeitern kündigen, um den Betrieb „freizubekommen“, oder ein Betriebserwerber könnte direkt nach der Übernahme unliebsame Arbeitnehmer loswerden, nur weil er den Betrieb übernommen hat. Solche Kündigungen sind durch § 613a Abs.4 BGB verboten und im Ergebnis nichtig (rechtlich unwirksam).
Umfang des Kündigungsschutzes: Der besondere Schutz gilt für alle Arbeitnehmer, die vom Betriebsübergang erfasst sind – unabhängig davon, ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) normalerweise Anwendung findet. Das heißt: Auch Beschäftigte in kleinen Betrieben (mit zehn oder weniger Mitarbeitern) oder mit kurzer Betriebszugehörigkeit (unter 6 Monaten) sind vor einer Kündigung wegen des Betriebsübergangs geschützt. Ebenso umfasst das Verbot alle Arten von Kündigungen. Sowohl ordentliche Kündigungen (mit Frist) als auch außerordentliche Kündigungen (fristlos aus wichtigem Grund) fallen darunter. Selbst Änderungskündigungen, bei denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig die Fortsetzung zu geänderten Bedingungen anbietet, dürfen nicht ausgesprochen werden, wenn der Beweggrund der Übergang des Betriebs ist. Arbeitgeber sollen nicht versuchen können, mittels Änderungskündigung Verschlechterungen unter dem Deckmantel des Betriebsübergangs durchzusetzen. Auch Aufhebungsverträge kommen in die Schutzzone, soweit sie allein wegen des Übergangs forciert werden – diese sind zwar freiwillige Vereinbarungen, doch wenn ein Mitarbeiter nur deshalb zum Vertrag gedrängt wird, um eine eigentlich unzulässige Kündigung zu umgehen, bewegt man sich rechtlich in einer Grauzone.
„Wegen des Betriebsübergangs“ – was heißt das? Entscheidend ist, warum der Arbeitgeber kündigt. Verboten ist die Kündigung, wenn der Betriebsübergang nicht nur der äußere Anlass, sondern der tragende Grund für die Entscheidung zur Entlassung ist. In der Praxis sind die Motive nicht immer offen erkennbar. Ein auffälliger Zeitpunkt (z. B. Kündigungen genau zum Übernahmestichtag) kann ein Indiz sein. Oft werden jedoch andere Gründe vorgeschoben. Die Rechtsprechung (insbesondere das Bundesarbeitsgericht, BAG) verlangt eine umfassende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls: War die Betriebsübertragung das hauptsächliche Motiv für den Personalabbau? Oder gab es unabhängig davon einen dringenden Bedarf zur Kündigung? Arbeitgeber werden in einem Kündigungsschutzprozess darlegen, dass Gründe vorlagen, die nichts mit dem Betriebsübergang zu tun hatten. Gelingt dieser Nachweis nicht, unterstellt das Gericht, dass der Übergang ausschlaggebend war – dann greift das Kündigungsverbot.
Beispiel: Ein mittelständischer Verlag ist hoch verschuldet und soll an einen Konkurrenten verkauft werden. Der Käufer macht zur Bedingung, dass die Belegschaft vor Übernahme halbiert wird. Daraufhin kündigt der alte Arbeitgeber kurz vor dem Verkaufsdatum zahlreichen Mitarbeitern. Hier liegt offenkundigeine Kündigung wegen des Betriebsübergangs vor – der Verkauf (Betriebsübergang) ist der tragende Grund für die Entlassungen. Solche Kündigungen sind unwirksam. Die betroffenen Mitarbeiter könnten vor dem Arbeitsgericht erfolgreich Kündigungsschutzklage erheben.
Folgen einer unzulässigen Kündigung: Wird trotz des gesetzlichen Verbots „wegen Betriebsübergang“ gekündigt, hat das erhebliche rechtliche Konsequenzen. Die Kündigung ist nichtig, das Arbeitsverhältnis besteht fort, als wäre die Kündigung nie ausgesprochen worden. In der Praxis bedeutet das: Der Arbeitnehmer kann Weiterbeschäftigung verlangen oder – falls der Arbeitgeber die Kündigung nicht zurücknimmt – eine Kündigungsschutzklage einreichen, um die Unwirksamkeit gerichtlich feststellen zu lassen. Oft enden solche Verfahren mit Wiedereinstellung oder einem Vergleich, bei dem der Arbeitnehmer gegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhält. Wichtig: Trotz der offensichtlichen Rechtswidrigkeit einer „Betriebsübergangs-Kündigung“ müssen sich Arbeitnehmer an die dreiwöchige Klagefrist halten. Nach § 4 KSchG gilt, dass eine Kündigung innerhalb von 3 Wochen nach Zugang per Klage angefochten werden muss – sonst wird selbst eine unwirksame Kündigung rechtsbeständig, wenn man untätig bleibt. Daher sollte man umgehend rechtlichen Rat suchen, wenn eine Kündigung im Umfeld eines Betriebsübergangs ins Haus flattert.
Kündigungen aus anderen Gründen: Wann sind Entlassungen trotz Betriebsübergang zulässig?
Kurz zusammengefasst: Nicht jede Kündigung rund um einen Betriebsübergang ist automatisch unwirksam. Der Arbeitgeber darf weiterhin kündigen – aber nur aus anderen, triftigen Gründen, die nicht im Betriebsübergang selbst liegen. In Frage kommen etwa betriebsbedingte Gründe (z. B. Stellenabbau aufgrund von Auftragsrückgang), verhaltensbedingte Gründe (schwerwiegendes Fehlverhalten eines Mitarbeiters) oder personenbedingte Gründe (z. B. dauerhafte Krankheit). Entscheidend ist, dass der Betriebsübergang nicht der Hauptgrund der Kündigung ist. Allerdings werden solche Kündigungen genau geprüft, denn oft ist der Übergang zumindest mittelbar im Spiel. Arbeitnehmer sollten daher mögliche Vorgeschobenheit des Kündigungsgrundes im Blick haben und im Zweifel eine Kündigungsschutzklage erwägen.
Kündigung bleibt möglich – aber nicht wegen des Übergangs: Das Gesetz stellt klar: Der Betriebsübergang an sich ist kein Kündigungsgrund. Unberührt bleibt jedoch das Recht des Arbeitgebers, aus anderen legitimen Gründen eine Kündigung auszusprechen (§ 613a Abs.4 Satz 2 BGB). Einfach gesagt: Was vorher ein Kündigungsgrund war, bleibt es auch nach dem Betriebsübergang. Die Übernahme ändert nichts daran, dass ein Mitarbeiter bei schwerem Fehlverhalten gefeuert werden kann oder dass betriebsbedingte Kündigungen möglich sind, wenn Arbeitsplätze aus wirtschaftlichen Gründen entfallen. Entscheidend ist die Motivation: Jede Kündigung muss sachlich gerechtfertigt sein – und zwar losgelöst vom Betriebsübergang.
Zulässige Kündigungsgründe im Überblick: Grundsätzlich kommen im Arbeitsrecht drei Arten von Kündigungsgründen in Betracht:
- Verhaltensbedingte Kündigung: Sie setzt ein erhebliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers voraus (z. B. Diebstahl, wiederholte unentschuldigte Fehlzeiten). Ein Betriebsübergang ändert daran nichts – klares Fehlverhalten kann auch nach einer Übernahme zur fristlosen oder fristgerechten Kündigung führen, sofern die bekannten Voraussetzungen (Abmahnung, Verhältnismäßigkeit usw.) erfüllt sind.
- Personenbedingte Kündigung: Diese liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung aus Gründen in seiner Person auf absehbare Zeit nicht (mehr) erbringen kann – klassisches Beispiel ist die lang andauernde Erkrankung ohne Aussicht auf Besserung. Auch solche Kündigungen sind trotz Betriebsübergangs möglich, wenn die betrieblichen Interessen erheblich beeinträchtigt sind (und keine milderen Mittel greifen).
- Betriebsbedingte Kündigung: Hierbei entfällt der Arbeitsplatz aus dringenden betrieblichen Erfordernissen, etwa aufgrund von Auftragsmangel, Umstrukturierungen oder Betriebsschließungen. Betriebsbedingte Kündigungen sind im Umfeld von Betriebsübergängen die häufigste Kategorie – zum Beispiel, wenn der neue Inhaber im Zuge der Umstrukturierung manche Positionen streicht.
Vorsicht bei betriebsbedingten Kündigungen im Zuge der Übernahme: Gerade beim Stellenabbau infolge eines Inhaberwechsels ist die Grenze zum Kündigungsverbot fließend. Arbeitgeber argumentieren oft mit „betriebsbedingten Gründen“, die jedoch eng mit dem Betriebsübergang verknüpft sind. Ein klassischer Fall: Nach der Übernahme stellt der neue Eigentümer fest, dass bestimmte Abteilungen doppelt vorhanden sind und will deshalb Personal abbauen (Synergieeffekte). Die Frage lautet dann: Hätte der Arbeitsplatz auch wegfallen müssen, wenn es keinen Betriebsübergang gegeben hätte? War z. B. der Umsatzrückgang oder die Rationalisierung bereits vor dem Verkauf geplant oder unvermeidbar, können Kündigungen legitim sein. Erfolgt der Stellenabbau jedoch ausschließlich aufgrund der Integration in den neuen Betrieb (also gerade weil der Erwerber schon eine eigene Abteilung hat), liegt der Verdacht nahe, dass der Betriebsübergang eigentlich der Grund für die Kündigung ist. In solchen Fällen schauen Gerichte sehr genau hin.
Beispiel 1: Eine Maschinenbaufirma wird von einem Wettbewerber übernommen. Beide Unternehmen hatten bislang eigene Einkaufsabteilungen. Der neue Inhaber entscheidet, dass eine der beiden Einkaufsabteilungen aufgelöst wird, da eine einzige zentralisierte Abteilung ausreicht. Einige Mitarbeiter dieser Abteilung erhalten daraufhin betriebsbedingte Kündigungen wegen Wegfalls ihres Arbeitsplatzes. Hier handelt es sich um betriebsbedingte Kündigungen, die indirekt durch die Fusion veranlasst sind. Ob das Kündigungsverbot greift, hängt davon ab, ob dieser Personalüberhang auch ohne den Betriebsübergang entstanden wäre. Die Gerichte prüfen im Streitfall genau, ob tatsächliche dringendebetriebliche Gründe vorliegen oder ob die Übernahme der eigentliche Auslöser war.
Beispiel 2: Ein Unternehmen veräußert einen unrentablen Geschäftsbereich an einen Investor. Bereits Monate vor dem Verkauf steht fest, dass in diesem Bereich aus Kostengründen Stellen abgebaut werden müssen, weil Aufträge weggebrochen sind. Noch vor dem Betriebsübergang kündigt der alte Arbeitgeber einigen Mitarbeitern aus betriebsbedingten Gründen (Auftragsrückgang). In diesem Fall ist der Kündigungsgrund – Auftragsmangel – nicht durch den Betriebsübergang geschaffen, sondern besteht unabhängig davon. Die Kündigungen dienen einer Rationalisierung, die so oder so nötig gewesen wäre. Solange der Arbeitgeber dies plausibel darlegen kann (z. B. anhand von Geschäftszahlen), sind diese Kündigungen trotz des bevorstehenden Betriebsübergangs zulässig.
Prüfung und Sozialauswahl: Wenn betriebsbedingte Kündigungen im Raum stehen, greifen selbstverständlich die allgemeinen Regeln des Kündigungsschutzes (sofern das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist). Das bedeutet: Der Arbeitgeber muss darlegen, dass ein dringendes betriebliches Erfordernis zum Wegfall der Stelle führt. Zudem muss er eine Sozialauswahl durchführen, also prüfen, ob andere vergleichbare Arbeitnehmer mit kürzerer Betriebszugehörigkeit, höherem Alter oder weniger Unterhaltspflichten eher kündbar wären. Ein Betriebsübergang setzt diese Pflichten nicht außer Kraft. Sollte z. B. der neue Inhaber Personal abbauen, muss er – genau wie jeder Arbeitgeber – fair und nach sozialen Gesichtspunkten auswählen, wen es trifft. Ansonsten ist die Kündigung unwirksam, selbst wenn sie nicht wegen des Betriebsübergangs erfolgte.
Zeitlicher Zusammenhang: Eine Kündigung kann sowohl vor als auch nach dem Betriebsübergang ausgesprochen werden. Entscheidend für die Wirksamkeit ist nicht der Zeitpunkt, sondern der Kündigungsgrund. Kündigt der alte Arbeitgeber unmittelbar vor der Übernahme, wird man genau hinsehen, ob dies geschah, um unliebsame Mitarbeiter nicht „mitgeben“ zu müssen (dann unwirksam), oder ob echte betriebliche Gründe vorlagen. Kündigt der neue Arbeitgeber kurz nach der Übernahme, gilt das Gleiche: Entlassungen auf Vorrat „weil man übernommen hat“ sind untersagt, während durch andere Umstände bedingte Kündigungen erlaubt sind. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Übergang fällt der Nachweis natürlich schwerer, dass eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs erfolgt ist – aber ausgeschlossen ist es nicht. Daher kann auch noch Monate nach einer Übernahme im Prozess herauskommen, dass eigentlich der Übergang das Hauptmotiv war. Letztlich zählt immer die nachvollziehbare Begründung.
Zusätzliche Hürden bei größeren Entlassungen: Sollten im Zuge eines Betriebsübergangs Massenentlassungenstattfinden (etwa die Schließung eines großen Betriebsteils mit vielen Kündigungen), müssen Arbeitgeber zudem die Vorgaben des § 17 KSchG beachten und eine Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit erstatten. Auch ein Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Betriebsrat ist bei größeren Umstrukturierungen oft erforderlich (§ 111 BetrVG). Diese Instrumente dienen ebenfalls dem Schutz der Mitarbeiter und greifen unabhängig davon, ob ein Betriebsübergang vorliegt oder nicht.
Widerspruch gegen den Betriebsübergang: Rechte der Arbeitnehmer
Kurz zusammengefasst: Arbeitnehmer müssen einen Betriebsübergang nicht hinnehmen. Sie haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats zu widersprechen. Der Widerspruch hat zur Folge, dass der Arbeitsvertrag beim alten Arbeitgeber bleibt. Doch Vorsicht: In vielen Fällen führt ein solcher Widerspruch dazu, dass der alte Arbeitgeber mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit eine betriebsbedingte Kündigung ausspricht. Das Widerspruchsrecht sollte daher gut überlegt und idealerweise mit fachkundigem Rat ausgeübt werden.
Recht auf Widerspruch (§ 613a Abs.6 BGB): Jeder von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer kann Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses einlegen. Dieses Recht ist bedingungslos – es muss kein besonderer Grund für den Widerspruch vorliegen. Einige Arbeitnehmer möchten z. B. nicht für den neuen Inhaber arbeiten, sei es aus persönlichen Gründen oder wegen Unsicherheit über dessen Zuverlässigkeit. Durch den fristgerechten Widerspruch bleibt der Arbeitsvertrag mit dem ursprünglichen Arbeitgeber bestehen, als hätte es den Betriebsübergang nicht gegeben. Wichtig: Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen (einfache Schriftform, also eigenhändig unterschriebenes Schreiben genügt) und innerhalb eines Monats, nachdem der Arbeitnehmer das Unterrichtungsschreiben über den Betriebsübergang erhalten hat. Verpasst man diese Frist, geht das Arbeitsverhältnis automatisch über, und ein späterer Widerspruch ist in der Regel unwirksam.
Folge des Widerspruchs – Verbleib beim alten Arbeitgeber: Übt ein Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht fristgemäß aus, bedeutet das juristisch: Sein Arbeitsverhältnis geht nicht über, sondern bleibt beim alten Arbeitgeber. Zunächst klingt das nach einer sicheren Lösung, wenn man den neuen Arbeitgeber meiden möchte. Allerdings muss der alte Arbeitgeber nach dem Betriebsübergang ja gerade ohne den übergegangenen Betriebsteil auskommen. Oftmals existiert der alte Betrieb (oder der entsprechende Betriebsteil) faktisch nicht mehr – er wurde ja verkauft oder stillgelegt. Damit stellt sich die Frage: Wie soll der alte Arbeitgeber den widersprechenden Arbeitnehmer noch beschäftigen? In vielen Fällen hat er dazu keine Möglichkeit, weil der Arbeitsplatz des Mitarbeiters Bestandteil des veräußerten Betriebs war.
Mögliches Risiko: Kündigung durch den alten Arbeitgeber: Kann der alte Arbeitgeber dem widersprechenden Arbeitnehmer keinen anderen zumutbaren Arbeitsplatz anbieten, bleibt ihm häufig nur, betriebsbedingt zu kündigen. Dieser Fall ist ausdrücklich im Gesetz vorgesehen: Kündigungen aus dringenden betrieblichen Gründen, die nicht mit dem Betriebsübergang zusammenhängen, sind trotz Widerspruch erlaubt (§ 613a Abs.4 Satz 2 BGB). In der Praxis ist der Widerspruch damit oft ein Pyrrhussieg für den Arbeitnehmer – er verhindert zwar den Übergang zu dem neuen Inhaber, verliert aber anschließend seinen Job, weil der alte Arbeitgeber keine Verwendung mehr für ihn hat. Eine solche Kündigung durch den alten Arbeitgeber ist dann nicht wegen des Betriebsübergangs, sondern wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes zulässig. Natürlich muss auch hier der Arbeitgeber alle Anforderungen einer betriebsbedingten Kündigung einhalten (Sozialauswahl, ggf. Beteiligung des Betriebsrats etc.).
Ausnahmen: Wann ein Widerspruch sinnvoll sein kann: Es gibt Konstellationen, in denen ein Widerspruch lohnenswert sein kann. Etwa wenn nicht der gesamte Betrieb übergeht, sondern nur ein Teilbetrieb. Beispielsweise könnte ein Mitarbeiter, der sowohl im übergehenden Betriebsteil als auch in einem verbleibenden Geschäftsbereich tätig war, nach einem Widerspruch eventuell im verbleibenden Bereich weiterarbeiten. Oder der alte Arbeitgeber ist ein großes Unternehmen, das den verkauften Betriebsteil abstößt, selbst aber fortbesteht – dann besteht zumindest theoretisch die Chance auf eine Weiterbeschäftigung in einer anderen Abteilung. Auch im öffentlichen Dienst kann ein Widerspruch relevant sein, wenn jemand nicht aus dem Beamten- oder Tarifbereich in ein privates Unternehmen wechseln will. In solchen Fällen sollte jedoch unbedingt individuell geprüft werden, wie die Chancen stehen, beim alten Arbeitgeber weiterbeschäftigt zu werden.
Beispiel 1: Eine Bank gliedert ihre IT-Abteilung aus und verkauft sie an ein externes Softwareunternehmen. Einige IT-Mitarbeiter möchten nicht in die Privatwirtschaft wechseln und widersprechen dem Betriebsübergang. Die Bank verfügt jedoch über andere IT-Teams in der Zentrale. Ergebnis: Die Bank kann einen Teil der widersprechenden Beschäftigten in anderen IT-Bereichen weiterbeschäftigen, da deren Know-how dort gebraucht wird. In diesem Fall führt der Widerspruch nicht zum Jobverlust, sondern die Arbeitnehmer bleiben bei ihrem ursprünglichen Arbeitgeber in einer vergleichbaren Position.
Beispiel 2: Der Reinigungsdienst eines Krankenhauses wird an einen externen Dienstleister übertragen. Alle Reinigungskräfte sollen zum Dienstleister wechseln. Frau M. entschließt sich, dem Betriebsübergang zu widersprechen, da sie Bedenken gegenüber dem neuen Arbeitgeber hat. Folge: Ihr Arbeitsverhältnis verbleibt zwar formal beim Krankenhaus, aber dort gibt es nach der Ausgliederung keine Reinigungsabteilung mehr. Das Krankenhaus spricht daher nach Ablauf der Widerspruchsfrist eine betriebsbedingte Kündigung gegenüber Frau M. aus, da ihr Arbeitsplatz weggefallen ist. Frau M. verliert ihren Job – ihr Widerspruch hat lediglich dazu geführt, dass sie vom alten Arbeitgeber gekündigt wurde, anstatt automatisch mit zum neuen Dienstleister zu wechseln.
Frist und formale Aspekte: Wie erwähnt, beträgt die Widerspruchsfrist einen Monat ab Zugang der ordnungsgemäßen Information über den Betriebsübergang. Wird nicht, falsch oder unvollständig informiert, kann die Frist gar nicht erst beginnen. In solchen Fällen besteht das Widerspruchsrecht unter Umständen über den Monat hinaus fort. Theoretisch könnten Arbeitnehmer dann noch lange nach dem Übergang widersprechen. Allerdings gibt es Grenzen: Wer zu lange zuwartet und zunächst beim neuen Arbeitgeber weiterarbeitet, riskiert die Verwirkung seines Widerspruchsrechts. Gerichte erkennen einen verspäteten Widerspruch etwa dann nicht mehr an, wenn er treuwidrigerscheint – zum Beispiel, wenn ein Arbeitnehmer erst nach Jahren widerspricht, nur um sich einen Vorteil zu verschaffen. In jedem Fall ist es ratsam, die Entscheidung über einen Widerspruch zügig und gut beraten zu treffen.
Gut überlegen und beraten lassen: Das Widerspruchsrecht ist ein scharfes Schwert, das mit Vorsicht eingesetzt werden sollte. Arbeitnehmer sollten sich fragen: Was gewinne ich durch den Widerspruch und was riskiere ich? Oft ist der Wunsch nachvollziehbar, nicht für den neuen Besitzer arbeiten zu wollen. Doch wenn die Alternative Arbeitslosigkeit heißt, kann es sinnvoller sein, erst einmal mit zum neuen Arbeitgeber zu gehen und dort abzuwarten – zumal auch dort Kündigungsschutz und alle Rechte gelten. Jeder Fall ist anders gelagert. Daher unser Rat: Holen Sie juristischen Rat ein, bevor Sie übereilt widersprechen. Ein Fachanwalt kann einschätzen, wie die Aussichten auf Weiterbeschäftigung beim alten Arbeitgeber stehen und ob andere Optionen (z. B. ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung) besser sind.
Praxis-Tipps: Was tun bei Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang?
Kurz zusammengefasst: Eine Kündigung im Umfeld eines Betriebsübergangs sollte man nie vorschnell akzeptieren. Prüfen Sie genau, ob die Kündigung vielleicht unwirksam ist – insbesondere, wenn sie zeitlich mit einer Betriebsübernahme zusammenfällt. In vielen Fällen lohnt es sich, Kündigungsschutzklage einzureichen. Beachten Sie die 3-Wochen-Frist! Holen Sie bei Bedarf frühzeitig rechtlichen Rat ein. Oft lassen sich im Rahmen eines Verfahrens Abfindungen oder Weiterbeschäftigungen erzielen. Auch bei Abfindungsangeboten oder Aufhebungsverträgen sollten Sie gut abwägen: Nicht vorschnell unterschreiben, sondern die Vor- und Nachteile kennen.
Kündigung erhalten – was jetzt? Wenn Sie als Arbeitnehmer im Zuge eines Betriebsübergangs eine Kündigung bekommen, heißt es zunächst: Ruhe bewahren, aber schnell handeln. Jede Kündigung – ob sie nun wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen wurde oder aus anderen Gründen – kann vor dem Arbeitsgericht überprüft werden. Es ist wichtig, die strenge Klagefrist von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung einzuhalten. Verpassen Sie diese Frist, wird selbst eine eigentlich rechtswidrige Kündigung wirksam. Zögern Sie also nicht, sich umgehend beraten zu lassen. Ein Anwalt kann einschätzen, ob die Kündigung angreifbar ist und welche Erfolgsaussichten eine Klage hat.
Chancen einer Kündigungsschutzklage: Im Kontext eines Betriebsübergangs stehen die Chancen häufig gut, sich gegen eine Kündigung zu wehren:
- Handelt es sich um eine unzulässige Kündigung wegen des Betriebsübergangs, wird das Gericht sie aufheben. Das Arbeitsverhältnis besteht dann fort. Sie hätten Anspruch, weiterhin (beim Erwerber) beschäftigt zu werden.
- Auch wenn „andere Gründe“ angegeben sind (betriebsbedingt etc.), lohnt eine Prüfung. Nicht selten entpuppen sich vorgeschobene Gründe oder Verfahrensfehler (z. B. Fehler bei der Sozialauswahl, fehlende Anhörung des Betriebsrats) im Prozess. Dann ist die Kündigung unwirksam.
- Selbst im Falle einer rechtmäßig ausgesprochenen Kündigung führt die Klage oft zu Verhandlungen. Arbeitgeber sind bei Unsicherheiten häufig zu einem Vergleich bereit, um den Rechtsstreit abzukürzen. Dabei wird regelmäßig eine Abfindungszahlung ausgehandelt, damit der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt.
Abfindung und Aufhebungsvertrag – annehmen oder nicht? Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob sie auf ein Abfindungsangebot eingehen oder einen angebotenen Aufhebungsvertrag unterschreiben sollten. Eine pauschale Antwort gibt es nicht, aber einige Leitlinien:
- Kein Automatismus: Anders als oft vermutet, besteht kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung. Abfindungen sind Verhandlungssache oder Ergebnis eines Sozialplans bzw. einer gerichtlichen Einigung. Wenn Ihr Arbeitgeber Ihnen eine Abfindung anbietet, dann meist, um im Gegenzug Ihre Kündigungsschutzklage zu vermeiden.
- Vor- und Nachteile abwägen: Ein Aufhebungsvertrag mit Abfindung kann attraktiv sein, weil er Planungssicherheit bietet und oft höher dotiert ist als eine Sozialplan-Abfindung. Allerdings hat er Tücken: Wer selbst einen Vertrag unterschreibt, riskiert eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (in der Regel 12 Wochen), da die Arbeitsagentur unterstellt, man habe die Arbeitslosigkeit freiwillig mit herbeigeführt. Zudem verzichtet man mit der Unterschrift auf eine Kündigungsschutzklage und damit auf die Chance, vielleicht doch den Arbeitsplatz zu erhalten oder eine bessere Abfindung zu erstreiten.
- Im Zweifel verhandeln: Fühlen Sie sich nicht unter Druck gesetzt, sofort zu unterschreiben. Nehmen Sie sich die Zeit, das Angebot juristisch prüfen zu lassen. Häufig lässt sich die Abfindungssumme noch erhöhen oder zumindest im Vertrag festhalten, dass die Kündigung vom Arbeitgeber initiiert wurde (um Sperrzeiten zu vermeiden). Denken Sie auch an die Freistellung oder ein gutes Arbeitszeugnis – solche Punkte können in einer Aufhebungsvereinbarung geregelt werden.
Sozialplan und Transfergesellschaft: Bei größeren Betriebsübergängen – etwa wenn ein ganzer Betrieb dicht gemacht oder veräußert wird – kommt es oft zu Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über einen Sozialplan. In einem Sozialplan werden Abfindungen und Hilfsmaßnahmen (z. B. Transfergesellschaft, Outplacement) für die betroffenen Mitarbeiter festgelegt. Informieren Sie sich, ob es einen Sozialplan gibt und welche Ansprüche Ihnen daraus zustehen. Eine Sozialplan-Abfindung ist zwar meist fix und oft nicht übermäßig hoch, aber sie ist sicher, da sie kollektiv vereinbart wurde.
Fazit: Wer im Zuge eines Betriebsübergangs eine Kündigung erhält, sollte aktiv werden. Es lohnt sich, die Kündigung rechtlich prüfen zu lassen – insbesondere im Hinblick auf das Verbot der „Betriebsübergangs-Kündigung“. Viele Kündigungen in solchen Situationen halten einer gerichtlichen Überprüfung nicht stand oder können zumindest durch Verhandlungen abgemildert werden. Wichtig sind schnelles Handeln und gute Beratung. Unsere Empfehlung: Suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit einem Fachanwalt, um Ihre Optionen – Weiterbeschäftigung, Kündigungsschutzklage, Abfindung, Aufhebungsvertrag etc. – gründlich abzuwägen.
Häufige Fragen zur Kündigung beim Betriebsübergang (FAQ)
Darf der Arbeitgeber wegen eines Betriebsübergangs kündigen?
Frage einleiten: Viele Arbeitnehmer sind verunsichert, ob ihr Arbeitgeber ihnen im Zuge eines Betriebsübergangs kündigen darf. Diese Frage zielt darauf ab, ob der bloße Wechsel des Betriebsinhabers ein Kündigungsgrund sein kann.
Analyse: Ein Betriebsübergang bedeutet, dass ein neuer Inhaber die Firma oder einen Betriebsteil übernimmt. Arbeitnehmer fürchten oft, bei so einer Übernahme „aussortiert“ zu werden. Die Kernfrage ist, ob der Arbeitgeber – sei es der alte oder der neue – eine Kündigung allein mit dem Argument rechtfertigen kann, es finde ein Betriebsübergang statt. Ohne besonderen Schutz könnten Arbeitgeber die Gelegenheit eines Inhaberwechsels nutzen, um Personal abzubauen.
Rechtliche Einordnung: Das deutsche Arbeitsrecht verbietet eine Kündigung wegen des Betriebsübergangsausdrücklich. § 613a Abs.4 BGB stellt klar: Eine Kündigung, die ausschließlich durch den Betriebsübergang begründet ist, ist unwirksam. Weder der bisherige Arbeitgeber noch der Betriebserwerber dürfen einem Arbeitnehmer nur deshalb kündigen, weil der Betrieb den Besitzer wechselt. Dieses Verbot dient dem Bestandsschutz der Arbeitnehmer und setzt die europäische Richtlinie zum Betriebsübergang in nationales Recht um. Somit behalten Beschäftigte bei einem Betriebsverkauf oder einer Fusion grundsätzlich ihren Arbeitsplatz – der neue Chef „erbt“ sozusagen die Belegschaft.
Fallbeispiele:
- Beispiel 1 (Unzulässige Kündigung): Ein Transportunternehmen verkauft seine gesamte Fuhrpark-Abteilung an eine andere Spedition. Der alte Arbeitgeber kündigt allen Fahrern kurz vor dem Übergang, da der Käufer nur das materielle Betriebskapital (die LKW) übernehmen will, nicht aber das Personal. Rechtliche Bewertung: Diese Kündigungen sind unwirksam. Sie wurden allein ausgesprochen, weil der Betriebsübergang anstand und die Arbeitnehmer nicht mit übergehen sollten. Die Fahrer könnten erfolgreich gegen die Kündigung klagen.
- Beispiel 2 (Erlaubte Kündigung?): In derselben Situation behält der Erwerber alle Fahrer, möchte aber einen davon entlassen, weil dieser wiederholt durch grobe Verkehrsverstöße aufgefallen ist. Hier liegt der Kündigungsgrund im Verhalten des Mitarbeiters, nicht im Betriebsübergang. Rechtliche Bewertung: Eine solche Kündigung wäre – vorbehaltlich der üblichen Voraussetzungen (Abmahnungen etc.) – auch während des Betriebsübergangs-Prozesses zulässig, da sie nichts mit dem Inhaberwechsel zu tun hat.
Fazit: Nein, der Arbeitgeber darf nicht wegen des Betriebsübergangs kündigen. Der reine Umstand, dass ein Betrieb den Inhaber wechselt, rechtfertigt keine Kündigung. Versucht ein Arbeitgeber es dennoch, ist die Kündigung rechtlich unwirksam. Arbeitnehmer behalten also ihren Job trotz Betriebsübergang. Wichtig ist aber, echte von vorgeschobenen Gründen zu unterscheiden: Kündigungen aus anderen Gründen (etwa verhaltens- oder betriebsbedingt) sind weiterhin möglich – nur eben nicht mit dem Argument des Betriebsübergangs.
Stimmt es, dass nach einem Betriebsübergang ein Jahr lang nicht gekündigt werden darf?
Frage einleiten: Ein weit verbreiteter Irrglaube unter Arbeitnehmern ist, dass sie nach einer Betriebsübernahme für eine gewisse Zeit – oft wird ein Jahr genannt – vor Kündigungen geschützt seien. Woher kommt diese Annahme, und was ist wirklich dran?
Analyse: Die Vorstellung eines besonderen Ein-Jahres-Kündigungsschutzes nach einem Betriebsübergang klingt zunächst beruhigend: Arbeitnehmer glauben, für zwölf Monate unkündbar zu sein. Dieser Glaube rührt vermutlich von der erwähnten Jahresfrist in § 613a BGB her. Allerdings wird diese Frist missverstanden. Sie betrifft nicht das Kündigungsrecht, sondern andere Aspekte (kollektive Arbeitsbedingungen). In der Praxis zeigt sich: Auch im ersten Jahr nach einem Betriebsübergang können betriebsbedingte Kündigungen oder andere Entlassungen ausgesprochen werden – solange sie nicht wegen des Übergangs erfolgen. Arbeitnehmer sollten sich daher nicht in falscher Sicherheit wiegen.
Rechtliche Einordnung: Tatsächlich gibt es keine zeitliche Sperre für Kündigungen nach einem Betriebsübergang. Weder § 613a BGB noch andere Gesetze sehen ein generelles Kündigungsverbot für eine bestimmte Dauer vor. Die erwähnte Jahresfrist in § 613a Abs.1 BGB bezieht sich ausschließlich auf die Unveränderbarkeit von kollektivrechtlichen Regelungen (Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge) zu Lasten der Arbeitnehmer im ersten Jahr. Kündigungen hingegen unterliegen keiner solchen Schonfrist. Das bedeutet: Ein neuer Betriebsinhaber darf grundsätzlich auch innerhalb des ersten Jahres nach der Übernahme Kündigungen aussprechen – allerdings nur aus sachlichen Gründen und nicht aufgrund des Übergangs an sich. Selbst direkt am Tag nach dem Betriebsübergang könnte theoretisch eine wirksame Kündigung ausgesprochen werden, etwa wenn ein Arbeitnehmer grob vertragswidrig handelt oder wenn dringende betriebliche Erfordernisse es erfordern.
Fallbeispiele:
- Beispiel 1 (Kündigung kurz nach Übergang): Ein Unternehmen wird zum 1. Januar übernommen. Am 1. April kündigt der neue Chef einer Mitarbeiterin betriebsbedingt, weil ein Auftrag weggefallen ist und ihre Stelle nicht mehr benötigt wird. Die Mitarbeiterin beruft sich auf den „Jahresschutz“. Rechtliche Bewertung: Die Kündigung ist zulässig, sofern der Stellenwegfall tatsächlich besteht. Es gibt keine Regel, die Kündigungen in den ersten 12 Monaten verbietet. Entscheidend ist nur, dass der Betriebsübergang nicht der Grund war, sondern der Auftragsrückgang.
- Beispiel 2 (Irrtum über Jahresfrist): In einem anderen Fall wartet ein Arbeitgeber absichtlich mit geplanten Entlassungen bis ein Jahr nach der Übernahme, aus Sorge vor rechtlichen Konsequenzen. Tatsächlich hätte er die betroffenen Arbeitsverhältnisse – aus validen betrieblichen Gründen – auch früher beenden dürfen. Rechtliche Bewertung: Die Vorsicht war übertrieben. Hätte er z. B. bereits nach sechs Monaten eine nicht übergangsbedingte Kündigung ausgesprochen, wäre diese bei Vorliegen aller Voraussetzungen wirksam gewesen. Die Jahresfrist bot hier keinen zusätzlichen Schutz für die Arbeitnehmer, da die Gründe nichts mit dem Betriebsübergang zu tun hatten.
Fazit: Nein, es gibt keinen generellen einjährigen Kündigungsschutz nach einem Betriebsübergang. Dies ist ein Missverständnis. Kündigungen sind zeitlich nicht verboten – der Arbeitgeber muss lediglich die üblichen gesetzlichen Vorgaben einhalten und darf nicht den Betriebsübergang als Kündigungsgrund nehmen. Arbeitnehmer sollten sich daher trotz Betriebsübergang nicht allein auf einen vermeintlichen Jahresschutz verlassen, sondern jede Kündigung individuell prüfen (lassen).
Kann der alte Arbeitgeber kurz vor dem Betriebsübergang kündigen?
Frage einleiten: Manchmal versuchen Unternehmen, im Vorfeld eines Betriebsübergangs „reinen Tisch“ zu machen. Beschäftigte fragen sich dann, ob der alte Arbeitgeber noch vor der Übernahme kündigen darf, vielleicht um unbequeme Mitarbeiter loszuwerden, bevor der Betrieb den Besitzer wechselt.
Analyse: Ein Betriebsübergang kündigt sich oft an – durch Gerüchte, Verhandlungen mit Investoren oder offizielle Ankündigungen. In dieser Phase kommt es vor, dass der bisherige Inhaber Kündigungen ausspricht. Aus Arbeitnehmersicht stellt sich die Situation so dar: Steht die Kündigung in Zusammenhang mit dem bevorstehenden Übergang? Will der alte Arbeitgeber gezielt Personal reduzieren, damit der Käufer weniger übernehmen muss? Oder gibt es legitime betriebliche Gründe, die unabhängig vom Verkauf sind? Die Unterscheidung ist entscheidend, denn vom Ergebnis hängt ab, ob die Kündigung wirksam ist.
Rechtliche Einordnung: Das Gesetz macht keinen Unterschied, ob eine Kündigung vor oder nach dem Betriebsübergang erfolgt – maßgeblich ist allein der Grund. Kündigt der alte Arbeitgeber „wegen des Betriebsübergangs“, so ist die Kündigung unwirksam (egal ob sie Wochen vor oder kurz nach dem Übergang ausgesprochen wurde). Kündigt er hingegen aus anderen nachvollziehbaren Gründe, kann die Kündigung rechtmäßig sein. Besonders häufig berufen sich alte Arbeitgeber vor der Übergabe auf betriebsbedingte Gründe – zum Beispiel, dass bestimmte Bereiche stillgelegt oder verkleinert werden müssen. Hier gilt: War die Entscheidung zur Stellenstreichung bereits unabhängig vom Verkauf wirtschaftlich geboten, ist die Kündigung zulässig. War sie jedoch allein motiviert, das Unternehmen für den Käufer attraktiver zu machen (Stichwort „Braut schmücken“), dann dürfte es sich um eine unzulässige Maßnahme wegen des Übergangs handeln. Die Beweislage kann knifflig sein: Mitarbeiter bekommen selten offengelegt, ob z. B. ein Käufer verlangt hat, bestimmte Leute zu kündigen. Im Prozess müssen dann Indizien und interne Dokumente herangezogen werden.
Fallbeispiele:
- Beispiel 1 (Vorweggenommener Personalabbau): Ein Familienunternehmen möchte an einen Konkurrenten verkaufen. Noch bevor der Vertrag unterschrieben ist, entlässt der bisherige Chef mehrere ältere Mitarbeiter, um den Personalstamm „zu verjüngen“ und Lohnkosten zu senken – in der Hoffnung, so den Kaufpreis zu erhöhen. Rechtliche Bewertung: Diese Kündigungen erfolgen im Vorfeld des Betriebsübergangs und offensichtlich, um die Übernahme zu erleichtern. Sie sind wegen des Betriebsübergangs motiviert und damit unwirksam. Die betroffenen Arbeitnehmer könnten gegen diese Kündigungen klagen und ihre Weiterbeschäftigung fordern.
- Beispiel 2 (Echte Stilllegung vor Verkauf): Ein Unternehmen trennt sich von einer unrentablen Produktlinie und schließt die entsprechende Produktionsabteilung. Diese Entscheidung wird getroffen, bevor ein Käufer für den Restbetrieb gefunden ist. Einige Zeit später kommt es zum Verkauf des verbleibenden Betriebs. Rechtliche Bewertung: Die vorherigen Kündigungen in der aufgegebenen Abteilung waren betriebsbedingt und unabhängig vom späteren Verkauf. Sie bleiben wirksam, da der alte Arbeitgeber hier eine echte unternehmerische Entscheidung (Stilllegung) umgesetzt hat, die nicht bloß dem Zweck diente, den Betrieb übergangsfit zu machen.
Fazit: Der alte Arbeitgeber darf vor einem Betriebsübergang kündigen – aber nicht aus Gründen, die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang stehen. Kündigt er zum Beispiel, weil es den Betrieb (oder Betriebsteil) objektiv nicht mehr gibt oder drastische Verluste dies erzwingen, kann das rechtmäßig sein. Kündigt er jedoch, um den Käufer zufriedenzustellen oder das Personal gezielt zu reduzieren, weil eine Übernahme ansteht, verstößt er gegen das Kündigungsverbot. Für Arbeitnehmer ist es schwierig, die Hintergründe zu erkennen – bei Verdacht auf unlautere Motive sollte man die Kündigung gerichtlich überprüfen lassen.
Was passiert, wenn ich dem Betriebsübergang widerspreche?
Frage einleiten: Arbeitnehmer haben beim Betriebsübergang die Möglichkeit, ihr Arbeitsverhältnis nicht auf den neuen Eigentümer übergehen zu lassen. Viele möchten wissen, welche Folgen es hat, wenn sie von diesem Widerspruchsrecht Gebrauch machen – bleiben sie dann im alten Unternehmen oder riskieren sie ihre Stelle?
Analyse: Der Gedanke hinter dem Widerspruchsrecht ist, Arbeitnehmer nicht zwangsweise einem neuen Chef zu unterstellen, wenn sie das nicht möchten. In der Praxis ist die Situation aber verzwickt: Das alte Unternehmen gibt den Betrieb ja gerade ab. Wer dem Übergang widerspricht, stellt den bisherigen Arbeitgeber vor das Problem, ihn weiterbeschäftigen zu müssen, obwohl der zugehörige Betriebsteil weg ist. Arbeitnehmer stehen daher vor einer Abwägung: Ziehe ich es vor, beim alten Arbeitgeber zu bleiben (Widerspruch) – auch wenn ungewiss ist, ob es dort noch Arbeit für mich gibt? Oder gehe ich lieber mit zum neuen Inhaber, um meine Jobperspektive zu erhalten?
Rechtliche Einordnung: Widerspricht ein Arbeitnehmer fristgerecht, bleibt sein Arbeitsverhältnis beim alten Arbeitgeber. Juristisch verhindert der Widerspruch also den Übergang, als hätte er einen „Stop“ für seinen Vertrag eingelegt. Der neue Inhaber darf diesen Arbeitnehmer dann nicht beschäftigen. Stattdessen ist der alte Arbeitgeber weiterhin der Vertragspartner. Dieser muss im Prinzip den Arbeitnehmer zu unveränderten Konditionen weiterbeschäftigen – jedenfalls theoretisch. In der Praxis allerdings hat der alte Arbeitgeber oft das Recht, dem widersprechenden Arbeitnehmer betriebsbedingt zu kündigen, wenn keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit besteht. Das Gesetz erlaubt dem alten Arbeitgeber eine Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen (siehe § 613a Abs.4 Satz 2 BGB). Und der dringende Grund liegt meist darin, dass der Betrieb oder Betriebsteil nun fehlt. Mit anderen Worten: Der Arbeitnehmer verhindert zwar den Übergang auf den neuen Arbeitgeber, aber er kann nicht verhindern, dass sein Arbeitsplatz durch die Betriebsveräußerung weggefallen ist. Viele Gerichte bezeichnen das Widerspruchsrecht deshalb als risikoreich – es bewahrt zwar vor dem neuen Arbeitgeber, aber nicht unbedingt vor Arbeitslosigkeit.
Fallbeispiele:
- Beispiel 1 (Widerspruch mit anschließendem Erhalt des Arbeitsplatzes): Die Produktionssparte eines Konzerns wird verkauft. Frau K. arbeitet zur Hälfte in der Produktion (die übergeht) und zur anderen Hälfte in der Qualitätskontrolle, die beim alten Unternehmen verbleibt. Sie widerspricht dem Übergang. Folge: Ihr Arbeitsvertrag bleibt beim alten Arbeitgeber, der noch eine Qualitätsabteilung hat. Frau K. wird vollständig dieser Abteilung zugeteilt und behält ihren Job. Hier hat sich der Widerspruch ausgezahlt – sie vermeidet den Arbeitgeberwechsel und bleibt beschäftigt.
- Beispiel 2 (Widerspruch führt zu Kündigung): Die gesamte Logistikabteilung eines Betriebs wird an ein externes Logistikunternehmen übertragen. Herr L. möchte nicht für den Logistikdienstleister arbeiten und widerspricht dem Übergang. Folge: Sein Vertrag bleibt bei der bisherigen Firma, doch diese hat nach der Auslagerung keine eigene Logistik mehr. Sie kündigt Herrn L. daher kurze Zeit später betriebsbedingt. Trotz Widerspruchs verliert Herr L. also faktisch seinen Arbeitsplatz, statt einfach zum neuen Dienstleister zu wechseln, wo er vielleicht weiterbeschäftigt worden wäre.
Fazit: Wenn Sie dem Betriebsübergang widersprechen, bleiben Sie zwar formal bei Ihrem alten Arbeitgeber – riskieren aber in vielen Fällen eine spätere Kündigung. Das Widerspruchsrecht ist wichtig, etwa um nicht ungewollt in schlechtere Arbeitsbedingungen zu geraten. Doch die Kehrseite ist: Wo kein Betrieb mehr ist, gibt es oft keine Verwendung für den widersprechenden Arbeitnehmer. Jeder sollte daher genau prüfen, ob ein Widerspruch sinnvoll ist. Gibt es beim alten Arbeitgeber noch eine realistische Jobperspektive (z. B. in einem anderen Bereich)? Wenn nein, könnte es besser sein, zunächst mit zum neuen Arbeitgeber zu gehen und dort unter dem Schutz des Arbeitsrechts zu schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Bei Unsicherheit gilt: Vor dem Widerspruch unbedingt beraten lassen, um keine vorschnellen Entscheidungen zu treffen.
Habe ich Anspruch auf eine Abfindung bei Kündigung im Zuge eines Betriebsübergangs?
Frage einleiten: Im Zusammenhang mit Kündigungen hört man häufig das Wort Abfindung. Arbeitnehmer, die bei einer Betriebsübernahme entlassen werden, fragen oft: Steht mir nicht wenigstens eine Abfindung zu? Wie sehen die Chancen aus, eine Entschädigung zu bekommen?
Analyse: Die Vorstellung, dass man bei Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält, ist verbreitet. Bei Betriebsübergängen kommt hinzu, dass Arbeitnehmer vermuten, es gäbe vielleicht spezielle Regelungen oder generöse Zahlungen, wenn im Zuge einer Übernahme Personal abgebaut wird. In Wirklichkeit ist das Thema Abfindung auch hier eine Frage von Verhandlung, Rechtsanspruch oder betrieblichen Vereinbarungen. Weder der alte noch der neue Arbeitgeber zahlt automatisch Geld, nur weil ein Betriebsübergang stattfindet. Allerdings gibt es Konstellationen, in denen Abfindungen faktisch häufig gezahlt werden – zum Beispiel im Rahmen eines Sozialplans oder eines gerichtlichen Vergleichs.
Rechtliche Einordnung: Grundsätzlich haben Arbeitnehmer keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung, selbst wenn ihnen im Zuge eines Betriebsübergangs gekündigt wird. Das Gesetz sieht Abfindungen nur in wenigen Ausnahmefällen zwingend vor (etwa § 1a KSchG bei betriebsbedingter Kündigung mit Abfindungsangebot und Verzicht auf Klage, oder als Teil eines Sozialplans nach § 112 BetrVG). In den meisten Fällen sind Abfindungen das Ergebnis von freiwilligen Vereinbarungen. Bei einem Betriebsübergang kommt es jedoch häufig zu Situationen, in denen Abfindungen gezahlt werden:
- Gibt es einen Sozialplan, erhalten betroffene Mitarbeiter die dort vereinbarte Abfindung (meist nach Formel X Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr).
- Bieten Arbeitgeber im Zuge eines Personalabbaus freiwillige Aufhebungsverträge mit Abfindung an, um Kündigungen zu vermeiden, können Mitarbeiter individuell darauf eingehen.
- Erhebt ein Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage, endet der Rechtsstreit sehr oft mit einem Vergleich, der eine Abfindungszahlung vorsieht. Dies passiert vor allem, wenn die Erfolgsaussichten der Klage gut sind – z. B. weil die Kündigung vermutlich unwirksam war (möglicherweise wegen Verstoßes gegen § 613a BGB). Arbeitgeber zahlen dann lieber eine Abfindung, als das Prozessrisiko einzugehen oder einen ungewollten Mitarbeiter weiter beschäftigen zu müssen.
Fallbeispiele:
- Beispiel 1 (Keine Abfindung mangels Anspruch): Ein kleiner Betrieb wird verkauft, und der neue Inhaber kündigt drei Mitarbeitern betriebsbedingt. Es gibt keinen Betriebsrat und keinen Sozialplan. Die Arbeitnehmer nehmen die Kündigung hin und fragen bei der Personalabteilung nach einer Abfindung. Ergebnis: Sie erhalten keine Abfindung, da kein Anspruch besteht und der Arbeitgeber freiwillig nichts anbietet. Die Mitarbeiter hätten nur über eine Kündigungsschutzklage eine Chance auf Verhandlung gehabt.
- Beispiel 2 (Verhandlung führt zur Abfindung): In einem größeren Unternehmen kommt es nach einer Fusion zu Entlassungen. Die Betroffenen klagen gegen die Kündigungen, da sie teils für unzulässig gehalten werden (Stichwort „wegen Betriebsübergang“). Vor dem Arbeitsgericht schließen viele einen Vergleich: Der Arbeitgeber zahlt Abfindungen in Höhe von z. B. 0,5 Monatsgehältern pro Jahr der Betriebszugehörigkeit, und die Arbeitsverhältnisse enden einvernehmlich. Ergebnis: Obwohl kein automatischer Abfindungsanspruch bestand, haben die Arbeitnehmer durch den rechtzeitigen Widerspruch und die Klage eine Kompensation ausgehandelt. Zusätzlich gab es einen Sozialplan, der allen Gekündigten eine Grundabfindung bot – die Vergleichssummen lagen teils darüber. So erhielten die meisten Mitarbeiter eine finanzielle Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes.
Fazit: Einen automatischen Abfindungsanspruch bei Kündigung im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang gibt es nicht. Trotzdem ist eine Abfindung häufig erzielbar – sei es durch einen Sozialplan, ein Abfindungsangebot im Kündigungsschreiben oder durch Verhandlungen im Kündigungsschutzprozess. Entscheidend ist, dass Arbeitnehmer aktiv werden. Wer einfach abwartet, geht womöglich leer aus. Daher: Informieren Sie sich über eventuelle Sozialplan-Regelungen und ziehen Sie in Erwägung, gegen eine fragwürdige Kündigung zu klagen. Mit Unterstützung eines Anwalts lassen sich die Chancen auf eine Abfindung deutlich erhöhen.
Schlusswort: Betriebsübergänge sind für Arbeitnehmer eine herausfordernde Zeit. Wichtig zu wissen: Ihr Arbeitsplatz ist grundsätzlich geschützt – ein neuer Inhaber darf Sie nicht einfach aufgrund der Übernahme vor die Tür setzen. Sollte es dennoch zu Kündigungen kommen oder Unsicherheiten bestehen, zögern Sie nicht, rechtlichen Rat einzuholen. Unser erfahrenes Team im Arbeitsrecht steht Ihnen gerne zur Seite. Bei weiteren Fragen oder wenn Sie eine individuelle Beratung wünschen, können Sie sich jederzeit an unsere Kanzlei wenden – wir helfen Ihnen engagiert und kompetent weiter.
Meta-Description (Einleitung): Kündigung beim Betriebsübergang: Wann ist eine Kündigung unzulässig, wann zulässig? Welche Rechte haben Arbeitnehmer – vom Widerspruch bis zur Abfindung?