Formfehler bei der Kündigung: Wann ist eine Kündigung unwirksam?

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Nicht jede Kündigung beendet ein Arbeitsverhältnis wirksam – selbst wenn inhaltlich ein nachvollziehbarer Grund vorliegt. Häufig scheitern Kündigungen an Formfehlern, also an Verstößen gegen gesetzliche Formalien. Eine fehlende Original-Unterschrift, die falsche Übermittlungsform (etwa E-Mail statt Brief) oder eine unterlassene Anhörung des Betriebsrats: Schon kleine Versäumnisse des Arbeitgebers können eine Kündigung unwirksam machen. Arbeitnehmer:innen und Betriebsräte sollten deshalb genau hinschauen. Wer rechtzeitig reagiert, kann unter Umständen seinen Arbeitsplatz retten oder zumindest bessere Konditionen aushandeln. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Formfehler bei Kündigungen häufig auftreten, welche rechtlichen Folgen sie haben und wie Sie als Betroffene richtig darauf reagieren.

 

Kurz & Knapp:

  • Schriftform erforderlich: Eine Kündigung muss schriftlich auf Papier mit Original-Unterschrift erfolgen (§ 623 BGB). E-Mail, WhatsApp, Fax oder mündliche Kündigungen sind unwirksam.
  • Berechtigte Unterzeichnung: Gültig kündigen darf nur, wer dazu befugt ist. Die Kündigungserklärung muss von einer vertretungsberechtigten Person eigenhändig unterschrieben und eindeutig als Beendigung des Arbeitsverhältnisses formuliert sein.
  • Betriebsratsanhörung: Besteht ein Betriebsrat, muss dieser vor jeder Kündigung ordnungsgemäß angehörtwerden (§ 102 BetrVG).
  • Wirkung von Formfehlern: Fehlerhafte Kündigungen sind nichtig – das Arbeitsverhältnis besteht fort, als hätte es keine Kündigung gegeben (Anspruch auf Weiterbeschäftigung und Lohnnachzahlung).
  • Schnell handeln: Trotz Formfehler sollte binnen 3 Wochen Kündigungsschutzklage eingereicht werden (§ 4 KSchG), um Rechte zu wahren.

Was ist ein Formfehler bei der Kündigung – und warum ist das wichtig?

Ein Formfehler liegt vor, wenn bei der Kündigung gesetzliche oder vertragliche Vorgaben zur Form oder zum Verfahren verletzt werden. Anders als bei inhaltlichen Mängeln (z. B. fehlender Kündigungsgrund) kann schon ein rein formaler Fehler zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Das heißt: Das Arbeitsverhältnis besteht weiter, als wäre keine Kündigung ausgesprochen worden – unabhängig davon, ob eigentlich ein Sachgrund vorlag.

Die wichtigsten gesetzlichen Grundlagen zu den Formvorschriften sind u. a.:

  • § 623 BGB: Schriftform der Kündigung (Kündigung muss schriftlich erfolgen)
  • § 102 BetrVG: Betriebsratsanhörung (Pflicht zur Anhörung des Betriebsrats vor Kündigung)
  • § 126 BGB: Formvorschrift zur eigenhändigen Unterschrift (Schriftstück mit handschriftlicher Namensunterschrift)
  • § 174 BGB: Vertretung und Zurückweisung bei fehlender Vollmachtsvorlage (Berechtigung des Unterzeichnenden)

Diese und weitere Vorschriften sollen sicherstellen, dass Kündigungen klar, geprüft und authentisch erfolgen. In besonderen Fällen greifen darüber hinaus Schutzgesetze: Beispielsweise darf eine Kündigung gegenüber einer schwerbehinderten Person nur mit vorheriger Zustimmung des Integrationsamts ausgesprochen werden (§ 168 SGB IX), und eine Kündigung während Schwangerschaft oder Elternzeit erfordert die Zustimmung der zuständigen Behörde (MuSchG, BEEG). Fehlen solche Genehmigungen, ist die Kündigung ebenfalls unwirksam.

Folgen eines Formfehlers

Ein Formfehler hat gravierende rechtliche Folgen für beide Seiten:

  • Die Kündigung ist nichtig (rechtlich unwirksam).
  • Das Arbeitsverhältnis besteht ununterbrochen fort, als wäre nie gekündigt worden.
  • Der/Die Arbeitnehmer:in behält alle Ansprüche – insbesondere auf Weiterbeschäftigung und Lohnzahlung für die Zeit nach der „Kündigung“.
  • Bei einer später erneut ausgesprochenen Kündigung können sich die Voraussetzungen für den Arbeitgeber verschlechtern (z. B. Eintritt des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz oder Schwangerschaft der Mitarbeiterin).

Typische Irrtümer:

  • „Es reicht doch eine mündliche Kündigung.“Nein: Ohne schriftliches Kündigungsschreiben mit Unterschrift ist die Kündigung unwirksam. Schriftform ist zwingend vorgeschrieben.
  • „Eine Kündigung per E-Mail geht schneller.“Ja, aber rechtlich wirkungslos: Eine elektronische Kündigung (E-Mail, WhatsApp, SMS etc.) erfüllt nicht die Form und beendet das Arbeitsverhältnis nicht.

Wann ist eine Kündigung wegen fehlender Schriftform unwirksam?

Grundregel: Eine Kündigung ist unwirksam, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nicht eingehalten wird. Nach § 623 BGB müssen Arbeitskündigungen schriftlich erfolgen und vom Aussteller eigenhändig mit Original-Unterschrift unterzeichnet sein. Fehlt diese „harte“ Schriftform, ist die Kündigung nichtig – unabhängig von ihrem Inhalt. Elektronische oder mündliche Mitteilungen reichen nicht aus.

Unwirksame Formen einer Kündigung

Folgende Formen der Kündigungsübermittlung sind rechtlich unwirksam (Schriftformmangel):

  • Mündliche Kündigung: z. B. im Personalgespräch gesagtes „Sie sind gefeuert.“
  • Telefonisch übermittelte Kündigung
  • Kündigung per E-Mail (auch mit Scan der Unterschrift)
  • Kündigung per Messenger (WhatsApp, SMS o. Ä.)
  • Kündigung per Telefax (Fax)

In all diesen Fällen fehlt es an einem schriftlichen Originaldokument mit eigenhändiger Unterschrift. Die Kündigung entfaltet dann keine Wirkung, egal ob der/die Arbeitnehmer:in davon Kenntnis nimmt oder nicht.

Anforderungen an die Unterschrift

Auch ein schriftlicher Brief ist nur wirksam, wenn er richtig unterschrieben ist:

  • Die Unterschrift muss eigenhändig erfolgen, idealerweise mit vollem Vor- und Zunamen (der Schriftzug muss als Name erkennbar sein).
  • Sie muss unter dem Kündigungstext stehen (nach dem ausformulierten Kündigungswillen).
  • Nicht ausreichend sind Stempel, bloße Maschinenschrift des Namens, eingescannte oder kopierte Unterschriften, ein Handzeichen (Paraphe) oder Namenskürzel. Es muss ein individueller Namenszug vorliegen.

Fehlt eine solche gültige Unterschrift, ist die Kündigung formunwirksam. Das gilt selbst dann, wenn der/die Unterzeichnende erkennbar war – ohne Originalsignatur keine Wirksamkeit.

Praxisbeispiel: Ein Arbeitnehmer erhält per WhatsApp die Nachricht seines Chefs: „Sie brauchen ab morgen nicht mehr zur Arbeit zu kommen – wir kündigen hiermit.“ Diese elektronische Mitteilung ist unwirksam. Es fehlt die gesetzlich verlangte Schriftform (ein eigenhändig unterschriebener Brief). Das Arbeitsverhältnis besteht in diesem Fall fort, als wäre keine Kündigung erfolgt.


Welche inhaltlichen Mindestanforderungen muss das Kündigungsschreiben erfüllen?

Damit ein Schreiben rechtlich als Kündigung gilt, muss es eine eindeutige Beendigungsabsicht zum Ausdruck bringen. Der Arbeitgeber muss unmissverständlich erklären, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll. Unklare oder verklausulierte Formulierungen können dazu führen, dass das Schreiben nicht als Kündigung gewertet wird.

Klare Kündigungserklärung erforderlich

Die Kündigungserklärung sollte klar und direkt formuliert sein. Empfehlenswert ist z. B. die Formulierung: „Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zum [Datum].“ Alternativ kann auch „… zum nächstmöglichen Termin“ geschrieben werden, wenn das genaue Enddatum eindeutig bestimmbar ist (etwa durch Angabe der Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag). Wichtig ist, dass für die/den Arbeitnehmer:in kein Zweifel besteht, dass das Arbeitsverhältnis beendet werden soll.

Unzureichend wäre z. B. eine vage Aussage wie: „Wir müssen uns wohl trennen“ oder eine bloße Bestätigung einer früheren mündlichen Kündigung („hiermit bestätigen wir das Gespräch, in dem wir das Arbeitsverhältnis beendet haben“). Solche Schreiben sind nicht eindeutig – im Zweifel gilt das Arbeitsverhältnis als nicht gekündigt.

Keine Begründungspflicht – mit Ausnahmen

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber keinen Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben angeben. Eine ordentliche Kündigung kann kurz und formal erfolgen, ohne Erklärung des „Warum“. Aber Achtung: Es gibt Ausnahmen und Sonderfälle, in denen eine Begründung doch erforderlich ist:

  • Keine Angabe nötig: In den meisten Fällen besteht keine Pflicht, den Kündigungsgrund im Schreiben zu nennen. Erst auf Verlangen oder im späteren Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber die Gründe darlegen (z. B. nach § 1 Abs. 3 KSchG auf Anfrage oder nach § 626 BGB bei einer fristlosen Kündigung).
  • Außerordentliche (fristlose) Kündigung: Hier muss im Schreiben selbst zwar kein Grund stehen, aber auf Verlangen der gekündigten Person ist der Kündigungsgrund unverzüglich mitzuteilen (§ 626 Abs. 2 BGB). Es empfiehlt sich oft, den Grund bereits im Kündigungsschreiben grob zu umreißen, um Missverständnissen vorzubeugen – verpflichtend ist dies jedoch nicht (außer in den folgenden Sonderfällen).
  • Tarif- oder arbeitsvertragliche Vorgaben: In manchen Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Arbeitsverträgen ist vereinbart, dass Kündigungsgründe angegeben werden müssen. In solchen Fällen stellt ein Fehlen der Begründung einen Verstoß dar.
  • Gesetzliche Sonderfälle: Bei bestimmten Personengruppen schreibt das Gesetz eine Begründung vor. Auszubildende nach der Probezeit (§ 22 Abs. 3 BBiG) und Schwangere im Mutterschutz (§ 17 Abs. 2 S. 2 MuSchG) müssen im Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund genannt bekommen. Wird in diesen Fällen kein Grund schriftlich mitgeteilt (oder nur mündlich/vage), ist die Kündigung unwirksam.

In allen übrigen Fällen gilt: Es besteht kein genereller Anspruch der Arbeitnehmerseite, die Gründe im Kündigungsschreiben zu erfahren. Oft ist es taktisch sogar klüger, wenn der Arbeitgeber im Schreiben schweigt – so können im Prozess noch alle möglichen Gründe vorgebracht werden.

Keine bedingten Kündigungen

Eine Kündigung darf nicht unter einer einseitigen Bedingung stehen. Unzulässig ist es, die Beendigung vom Eintritt eines Ereignisses abhängig zu machen, das in der Hand des Arbeitgebers liegt. Beispiel: „Wenn der erwartete Großauftrag ausbleibt, kündigen wir hiermit zum Monatsende.“ – Eine solche Kündigung auf Vorrat wäre unwirksam, da unklar ist, ob die Bedingung überhaupt eintritt.

Der/die Arbeitnehmer:in muss Klarheit haben, ob das Arbeitsverhältnis endet oder nicht. Bedingungen, die vom Arbeitgeber gesteuert werden können, untergraben diese Klarheit. Folge: Eine an eine solche Bedingung geknüpfte Kündigung wäre nichtig.

Ausnahme – Änderungskündigung: Zulässig ist die sogenannte Änderungskündigung. Hierbei spricht der Arbeitgeber eine Kündigung aus, bietet der gekündigten Person aber gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an. Nimmt die Person das Änderungsangebot an, bleibt sie im Betrieb (zu neuen Konditionen); lehnt sie ab, greift die Kündigung. Diese Art von „Bedingung“ (Akzeptanz der Änderung) ist erlaubt, da sie dem/der Arbeitnehmer:in eine Wahl lässt und im Kündigungsschreiben klar formuliert wird.

Was gilt bei Schwangerschaft, Elternzeit oder Schwerbehinderung?

Bestimmte Personengruppen genießen besonderen Kündigungsschutz, der über die normalen Formvorschriften hinausgeht. Hier führen bereits Verstöße gegen die zusätzlichen Schutzvorschriften zur Unwirksamkeit der Kündigung:

  • Schwangere und frisch gebackene Mütter: Während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung ist eine Kündigung grundsätzlich verboten (§ 17 MuSchG). Eine Ausnahme ist nur mit vorheriger behördlicher Zustimmung möglich. Die zuständige Landesbehörde muss die Kündigung ausdrücklich genehmigen – ohne diese Genehmigung darf die Kündigung gar nicht erst ausgesprochen werden. Erfolgt dennoch eine Kündigung (ohne Genehmigung), ist sie nichtig.
  • Elternzeit: Ähnlich gilt während der Elternzeit ein Kündigungsverbot (§ 18 BEEG). Auch hier kann nur in besonderen Ausnahmefällen und mit behördlicher Zustimmung gekündigt werden.
  • Schwerbehinderte Menschen: Bei Arbeitnehmer:innen mit einem anerkannten Schwerbehindertengrad (GdB ≥ 50) muss der Arbeitgeber vor einer Kündigung die Zustimmung des Integrationsamtes einholen (§ 168 SGB IX). Ohne diese vorherige behördliche Zustimmung ist eine Kündigung unwirksam.

In all diesen Fällen handelt es sich strenggenommen nicht um „Formfehler“ im klassischen Sinne, sondern um Verletzungen besonderer Kündigungsschutzgesetze. Die Wirkung ist jedoch dieselbe: Ohne Beachtung der Sondervorschriften hat die Kündigung keine Rechtswirksamkeit. Arbeitnehmer:innen, die unter diesen Schutz fallen, sollten jeden Kündigungsversuch sofort anfechten. Arbeitgeber sollten wiederum äußerst sorgfältig die Zustimmung einholen, bevor sie einer geschützten Person kündigen – formale Fehler können hier sehr teuer werden.

Was passiert, wenn der Betriebsrat nicht oder fehlerhaft angehört wurde?

In Betrieben mit Betriebsrat schreibt § 102 BetrVG zwingend vor, dass vor jeder Kündigung der Betriebsrat angehört werden muss. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat umfassend über die geplante Kündigung informieren (insbesondere über Person und Gründe) und dessen Stellungnahme abwarten. Wird diese Anhörungspflicht verletzt – sei es, dass der Betriebsrat überhaupt nicht beteiligt wurde oder unvollständig/zu spät – ist die Kündigung unwirksam.

Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG

Die Beteiligung des Betriebsrats ist obligatorisch, sofern im Unternehmen ein gewählter Betriebsrat existiert. Es spielt keine Rolle, ob es eine ordentliche (fristgerechte) oder außerordentliche (fristlose) Kündigung ist – vor jeder Kündigung muss der Betriebsrat informiert werden. Lediglich die Fristen unterscheiden sich:

  • Ordentliche Kündigung: Der Betriebsrat hat eine Woche Zeit ab Informationszugang, um Bedenken oder Widerspruch zu äußern.
  • Außerordentliche Kündigung: Der Betriebsrat muss sehr rasch reagieren – hier beträgt die Frist nur drei Kalendertage.

Der Arbeitgeber darf die Kündigung erst nach Ablauf dieser Anhörungsfrist aussprechen (bzw. vorher, wenn der Betriebsrat ausdrücklich vorher zustimmt oder mitteilt, dass er keine Einwände hat).

Möglichkeiten des Betriebsrats

Der Betriebsrat kann im Rahmen der Anhörung zustimmen, schweigen oder Widerspruch einlegen:

  • Zustimmung oder Schweigen: Äußert der Betriebsrat innerhalb der Frist keine Einwände, darf der Arbeitgeber die Kündigung nach Fristablauf wirksam aussprechen. Ein Nicht-Reagieren gilt praktisch als „kein Widerspruch“.
  • Widerspruch: Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist schriftlich widersprechen – allerdings nur aus bestimmten, gesetzlich definierten Gründen (z. B. Sozialwidrigkeit, Verstoß gegen Auswahlrichtlinien usw.). Ein Widerspruch des Betriebsrats verhindert die Kündigung nicht; der Arbeitgeber kann trotzdem kündigen. Doch der Widerspruch kann dem/der Arbeitnehmer:in später helfen: Der schriftliche Widerspruch muss dem Kündigungsschreiben beigefügt werden (§ 102 Abs. 4 BetrVG). Mit einem formgerechten Widerspruch in der Hand kann der/die Arbeitnehmer:in im Kündigungsschutzprozess eine Weiterbeschäftigung bis zum Prozessende beantragen, was den Druck auf den Arbeitgeber erhöht.

Wichtig zu wissen: Auch ein fehlendes Stellung nehmen des Betriebsrats macht die Kündigung nicht unwirksam – der Arbeitgeber muss nur die Woche (bzw. 3 Tage) abwarten. Unwirksam wird die Kündigung nur, wenn der Arbeitgeber gar keine oder eine unvollständige Anhörung durchführt.

Formfehler bei der Anhörung

Einige typische Fehler im Anhörungsverfahren, die zur Unwirksamkeit der Kündigung führen können:

  • Der Arbeitgeber ignoriert den Betriebsrat komplett und kündigt ohne Info – in einem mitbestimmten Betrieb ist das Kündigungsschreiben dann nichtig.
  • Der Arbeitgeber informiert den Betriebsrat zwar, kündigt aber vor Ablauf der Anhörungsfrist – auch das macht die Kündigung unwirksam (Verstoß gegen Wartefrist).
  • Der Arbeitgeber gibt dem Betriebsrat nicht alle relevanten Informationen (z. B. verschweigt wichtige Umstände, falsche oder unvollständige Angaben zur Person, Sozialdaten oder Kündigungsgrund). Eine unvollständige Anhörung ist rechtlich wie keine Anhörung zu bewerten – die Kündigung ist dann anfechtbar.

Für Arbeitnehmer:innen bedeutet das: Wenn ein Betriebsrat besteht, sollte man immer hinterfragen, ob dieser korrekt angehört wurde. Im Prozess kann der Arbeitgeber detailliert nachweisen müssen, wann und mit welchen Infos er den Betriebsrat beteiligt hat. Formfehler hierbei gehen zu Lasten des Arbeitgebers.

Hinweis: In Betrieben ohne Betriebsrat (insbesondere Kleinbetriebe) entfällt die Anhörungspflicht natürlich. Fehlt ein Betriebsrat, kann dieser Formfehler nicht auftreten. Allerdings gelten die übrigen Formalien (Schriftform etc.) auch im Kleinbetrieb uneingeschränkt.


Wer darf überhaupt kündigen – und was ist bei Vertretung zu beachten?

Ein weiterer häufiger Formfehler ist die Kündigung durch eine unbefugte Person. Grundsätzlich muss eine Kündigung vom richtigen Vertragspartner ausgesprochen werden – also vom Arbeitgeber selbst (bei einer Firma durch das vertretungsberechtigte Organ) oder einem dazu bevollmächtigten Vertreter. Wenn jemand kündigt, der dazu keine Berechtigung hat, kann die Kündigung zurückgewiesen und damit unwirksam werden.

Kündigungsberechtigung

Kündigungsberechtigt auf Arbeitgeberseite sind in der Regel die gesetzlichen Vertreter:innen der Arbeitgeber-Partei. Bei einer GmbH etwa ist das der/die Geschäftsführer:in, bei einer AG der Vorstand. Diese Personen dürfen ohne weitere Nachweise Kündigungen unterschreiben. Auch Inhaber:in eines Einzelunternehmens oder die Personalleitung mit ausdrücklicher Vollmacht gehören dazu.

Nicht automatisch kündigungsberechtigt sind hingegen rangniedere Vorgesetzte oder Sachbearbeiter:innen, sofernihnen nicht ausdrücklich eine Vollmacht erteilt wurde. Eine Teamleiterin oder ein Abteilungsleiter darf nur kündigen, wenn sie das Unternehmen wirksam vertreten dürfen. Andernfalls fehlt die Kündigungsbefugnis.

Vertretung durch Dritte

Der Arbeitgeber kann Dritte bevollmächtigen, für ihn Kündigungen auszusprechen – zum Beispiel einen Personalleiter, Prokuristen oder Anwalt. Wichtig ist dann § 174 BGB: Legt der Vertreter der Kündigung keine Vollmachtsurkunde im Original bei, und ist die Vertretungsmacht dem/der Arbeitnehmer:in nicht ohnehin bekannt, kann der/die Arbeitnehmer:in die Kündigung zurückweisen. Die Zurückweisung muss unverzüglich erfolgen (d. h. ohne schuldhaftes Zögern, i. d. R. binnen einer Woche). Erfolgt die rechtzeitige Zurückweisung wegen fehlender Vollmacht, ist die Kündigung nichtig – der Arbeitgeber muss dann ggf. erneut (diesmal korrekt bevollmächtigt) kündigen.

Praxis: In großen Firmen ist es häufig bekannt, dass z. B. Personalleiter:innen oder Prokurist:innen kündigen dürfen – in solchen Fällen braucht keine Vollmacht beigefügt zu werden. Ist die kündigende Person dagegen unbekannt oder eher untypisch (z. B. „i. A. Müller“ aus der Verwaltung), sollte man genau hinschauen.

Unterschrift mit „i. V.“ vs. „i. A.“

Oft finden sich unter Kündigungsschreiben Zusätze bei der Unterschrift, zum Beispiel „i. V.“ (in Vertretung) oder „i. A.“ (im Auftrag). Der Unterschied ist relevant:

  • „i. V.“ (in Vertretung): Dieser Zusatz wird üblicherweise von zeichnungsberechtigten Vertreter:innen genutzt. Er signalisiert, dass die Person in vertretungsbefugter Position unterschreibt (z. B. Prokurist:in mit Handelsregistervollmacht). Eine Kündigung mit „i. V.“ ist wirksam, sofern die Person tatsächlich Vertretungsmacht hat.
  • „i. A.“ (im Auftrag): Dieser Vermerk deuten eher darauf hin, dass jemand im Auftrag eines Vorgesetzten handelt, ohne eigene Vertretungsmacht. Unterschreibt z. B. eine Sekretärin „i. A.“ für den Geschäftsführer, fehlt ihr die eigene Kündigungsbefugnis – die Kündigung kann unwirksam sein. Faustregel: Kündigungen „i. A.“ sind riskant und oft angreifbar, wenn nicht klar ist, dass die Person eine Vollmacht hatte.

Als Arbeitnehmer:in sollte man bei Erhalt eines Kündigungsschreibens auf solche Zusätze achten. Bei Unklarheit kann man vorsorglich die Vollmachtsvorlage verlangen oder die Kündigung zurückweisen.

Sonderfall Genehmigung

Hat tatsächlich eine unberechtigte Person die Kündigung unterzeichnet (und wurde keine Vollmacht mitgeschickt), kommt es – wie oben beschrieben – zur Unwirksamkeit nach § 174 BGB, sofern der/die Arbeitnehmer:in rechtzeitig zurückweist. Der Arbeitgeber hat dann nur noch eine Rettungsmöglichkeit: Er kann die ohne Vollmacht ausgesprochene Kündigung nachträglich genehmigen. Die Genehmigung muss dem/der Arbeitnehmer:in zugehen.

Wichtig: Die Genehmigung wirkt wie eine erneute Kündigungserklärung. Nach herrschender Rechtsprechung beginnt in so einem Fall die dreiwöchige Klagefrist (§ 4 KSchG) erst mit Zugang der Genehmigung neu zu laufen. Für Arbeitnehmer:innen kann das taktisch relevant sein – man gewinnt Zeit. Allerdings: Verlässt man sich darauf, muss die Rechtslage klar sein. Im Zweifel sollte immer innerhalb von 3 Wochen nach der ursprünglichen Kündigung eine Klage eingereicht werden, um auf Nummer sicher zu gehen.

 

Wann gilt die Kündigung als zugegangen – und was passiert bei Zustellungsfehlern?

Eine Kündigung entfaltet ihre Wirkung erst, wenn sie dem/der Arbeitnehmer:in zugegangen ist. Der Zugangmarkiert zudem den Startpunkt wichtiger Fristen (insbesondere der dreiwöchigen Klagefrist nach dem KSchG). Aber was bedeutet „Zugang“ genau? Juristisch gilt eine schriftliche Kündigung als zugegangen, sobald sie so in den Machtbereich des/der Empfängers:in gelangt ist, dass unter gewöhnlichen Umständen mit der Möglichkeit der Kenntnisnahme zu rechnen ist.

In der Praxis heißt das: Die Kündigung muss z. B. im Briefkasten liegen, an der Haustür übergeben oder auf dem Büroschreibtisch des Mitarbeiters platziert werden – eben dort, wo der/die Arbeitnehmer:in üblicherweise Post empfängt. Sobald der Brief an diesem Ort ist und nach der Verkehrsauffassung davon auszugehen ist, dass der Empfänger ihn zeitnah zur Kenntnis nehmen kann, ist der Zugang erfolgt.

Beispiele für den Zugang

  • Persönliche Übergabe: Wird die Kündigung dem/der Arbeitnehmer:in direkt ausgehändigt (idealerweise gegen Unterschrift oder vor Zeugen), ist der Zugang sofort gegeben – Datum und Uhrzeit stehen fest.
  • Übergabe im Betrieb: Eine Übergabe im Büro oder auf dem Werksgelände gilt ebenfalls als sofortiger Zugang (wichtig: sicherstellen, dass die Person das Schreiben tatsächlich erhält, z. B. durch Boten mit Zeugen).
  • Einwurf in den Hausbriefkasten: Sobald das Kündigungsschreiben in den privaten Briefkasten eingelegt ist, gilt es als zugestellt. Zeitpunkt: am gleichen Tag, wenn der Einwurf vor der üblichen letzten Postentnahme erfolgt (üblicherweise gegen Abend). Wenn der Brief spät abends eingeworfen wird (nach der gewöhnlichen Leerungszeit), zählt der Zugang erst am nächsten Tag.
  • Einschreiben mit Rückschein: Hier kommt es darauf an, wann der/die Arbeitnehmer:in das Einschreiben tatsächlich in den Händen hält. Wird das Einschreiben z. B. bei der Post hinterlegt, weil niemand angetroffen wurde, und holt der Empfänger es nicht ab, gilt die Kündigung nicht zugegangen. Achtung: Diese Versandart ist riskant für Arbeitgeber – ein nicht abgeholtes Einschreiben kann die Kündigung vereiteln.
  • Einwurf-Einschreiben: Besser für den Arbeitgeber ist das sog. Einwurf-Einschreiben. Dabei dokumentiert der Postbote den Einwurf in den Briefkasten. Der Zugang gilt damit (nach Poststempel/Scan) als erfolgt, selbst wenn der Empfänger gerade nicht zuhause ist.
  • Zustellung durch Boten: Manche Arbeitgeber nutzen Kuriere oder Boten mit Zeugen. Der Bote wirft das Schreiben ein oder übergibt es – der/die Zeuge kann Datum, Uhrzeit und Übergabe bestätigen. Auch hier ist der Zugang mit dem tatsächlichen Einwurf/der Übergabe erreicht.

Probleme in der Praxis

In der Realität können diverse Situationen den Zugang und seine Nachweisbarkeit erschweren:

  • Abwesenheit (Urlaub, Krankenhaus): Auch wenn der/die Arbeitnehmer:in z. B. im Urlaub ist oder im Krankenhaus liegt, geht eine Kündigung zu, sobald sie in seinem/ihrem Machtbereich ist. Heißt: Ein Brief im heimischen Briefkasten gilt als zugestellt, auch wenn der Empfänger gerade nicht da ist, um ihn zu lesen. (Denn „unter normalen Umständen“ würde er den Briefkasten leeren.) – Ausnahme: Hält sich der Arbeitnehmer nachweislich woanders auf und der Arbeitgeber weiß das, müsste an den Aufenthaltsort zugestellt werden. Im Regelfall zählt jedoch der Zugang im normalen Briefkasten.
  • Adresse und Umzug: Arbeitnehmer:innen sind verpflichtet, dem Arbeitgeber die aktuelle Anschrift mitzuteilen. Schickt der Arbeitgeber die Kündigung an die zuletzt bekannte Adresse und ist der Arbeitnehmer inzwischen umgezogen, ohne Bescheid zu geben, geht die Kündigung trotzdem zu. Versäumt es der/die Arbeitnehmer:in, die Adresse zu aktualisieren, trägt er/sie das Risiko.
  • Annahme verweigert: Lehnt es der/die Arbeitnehmer:in ab, ein Kündigungsschreiben entgegenzunehmen (z. B. persönliche Übergabe: „Ich nehme den Brief nicht!“), kann das als Zugang gewertet werden. Wer die Annahme verweigert, hat trotzdem Kenntnis vom Kündigungswillen erlangt. Allerdings sollte der Arbeitgeber in solchen Fällen unbedingt Zeugen haben.
  • Wochenende/Feiertag: Wird ein Brief am Samstag zugestellt, gilt er an diesem Tag als zugegangen – auch wenn man vielleicht erst am Montag reinschaut. Für die Fristberechnung zählt der tatsächliche Zugangstag.

Beweislast: Der Arbeitgeber muss im Streitfall den Zugang und den Zeitpunkt beweisen. Deshalb werden Kündigungen oft per Einwurf-Einschreiben oder Boten zugestellt. Als Arbeitnehmer:in sollte man nicht vorschnell behaupten, man habe nichts erhalten – wenn der Arbeitgeber z. B. einen Einwurfsbeleg oder Zeugen hat, hätte eine solche Behauptung vor Gericht keinen Bestand. Stattdessen sollte man sich auf die inhaltlichen und formalen Angriffspunkte konzentrieren.

Wichtig: Ab dem Datum des Zugangs läuft die Drei-Wochen-Frist für eine Kündigungsschutzklage (§ 4 KSchG). Wer die Kündigung anfechten will, sollte also den Zustelltag genau notieren und unverzüglich rechtlichen Rat einholen, damit die Frist eingehalten wird.


Was kann ich als Arbeitnehmer bei Formfehlern tun?

Stellt man als Arbeitnehmer:in fest, dass die erhaltene Kündigung einen möglichen Formfehler aufweist, sollte man schnell handeln. Auch bei einem offensichtlichen Formmangel (z. B. Kündigung per E-Mail oder fehlende Unterschrift) gilt: Zur rechtlichen Durchsetzung muss fristgerecht eine Kündigungsschutzklage erhoben werden. In den meisten Fällen ist eine Kündigung nämlich trotz Unwirksamkeit anzufechten, da ansonsten nach Ablauf von 3 Wochen die Kündigung als wirksam gelten kann (§§ 4, 7 KSchG).

Kündigungsschutzklage einreichen

Die Klagefrist beträgt drei Wochen ab Zugang der Kündigung (§ 4 KSchG). Innerhalb dieser 3 Wochen muss die/der Arbeitnehmer:in beim zuständigen Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erheben, dass die Kündigung unwirksam ist. Versäumt man diese Frist, greift in vielen Fällen die Wirksamkeitsfiktion des § 7 KSchG – d. h. die Kündigung gilt dann trotz Formfehlers als gültig.

Ausnahme: Hat es gar keine schriftliche Kündigung gegeben (z. B. nur eine mündliche Mitteilung), läuft die 3-Wochen-Frist nicht an, weil § 4 KSchG ausdrücklich einen Zugang einer „schriftlichen Kündigung“ voraussetzt. Dennoch sollte man sich nie darauf verlassen! Im Zweifel immer binnen 3 Wochen Klage einreichen, um auf Nummer sicher zu gehen. Gerichte erkennen einen Formfehler zwar an, aber die Abgrenzung, ob etwas als „Kündigung“ zu werten war, kann heikel sein – daher: Frist wahren.

Rechtsfolgen der Klage

Reicht der/die Arbeitnehmer:in rechtzeitig Kündigungsschutzklage ein und stellt sich der Formfehler vor Gericht heraus, spricht das Arbeitsgericht ein entsprechendes Urteil: Die Kündigung wird für unwirksam erklärt. Konsequenzen:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht ohne Unterbrechung fort. Man hat rechtlich nie aufgehört zu arbeiten.
  • Der Arbeitgeber gerät mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug – es besteht Anspruch auf Nachzahlung des entgangenen Lohns/Gehalts für die Zeit seit dem ursprünglichen Kündigungstermin (abzüglich evtl. erhaltenem Arbeitslosengeld).
  • Ggf. muss der Arbeitgeber den Betriebsrat nachträglich ordnungsgemäß anhören oder andere Formvorschriften nachholen, bevor er einen neuen Kündigungsversuch unternehmen kann. Oft überlegt er es sich aber zweimal, da mittlerweile die Hürden höher sein können (z. B. genießt der/die Arbeitnehmer:in inzwischen besonderen Schutz, oder ein befristetes Projekt ist vorbei usw.).

In vielen Fällen einigen sich Arbeitgeber und -nehmer im Kündigungsschutzprozess gütlich, etwa auf einen Vergleich mit Abfindung, um die Weiterbeschäftigung zu vermeiden. Ein Formfehler verbessert dabei die Verhandlungsposition der Arbeitnehmerseite erheblich (siehe nächster Abschnitt).

Tipps für Arbeitnehmer

  • Jede Kündigung prüfen lassen: Egal ob die Kündigung auf den ersten Blick „ordnungsgemäß“ aussieht – lassen Sie sie von einer fachkundigen Stelle (Gewerkschaft, Anwalt für Arbeitsrecht) überprüfen. Formfehler erkennt man als Laie nicht immer sofort.
  • Nicht vorschnell aufgeben: Unterschreiben Sie nicht direkt einen Aufhebungsvertrag und verzichten Sie nicht ohne Prüfung auf eine Klage. Selbst wenn Sie an einer Abfindung interessiert sind, steigert eine eingereichte Klage oft den Druck auf den Arbeitgeber, eine höhere Abfindung zu zahlen.
  • Fristen einhalten: Markieren Sie sich den Klageablauf (21 Tage) im Kalender. Warten Sie nicht bis zum letzten Tag, um aktiv zu werden. Bedenken Sie, dass z. B. ein Anwalt auch Zeit zur Vorbereitung benötigt.
  • Sperrzeit vermeiden: Wenn Sie eine offensichtlich unwirksame Kündigung einfach hinnehmen, riskieren Sie eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld (die Agentur für Arbeit wertet das evtl. als „Mitwirkung“ an der Arbeitslosigkeit). Durch eine Kündigungsschutzklage zeigen Sie, dass Sie Ihren Arbeitsplatz erhalten wollen – so umgehen Sie die Sperrzeit.

Unterstützung durch den Betriebsrat

Falls es einen Betriebsrat gibt, sollten gekündigte Arbeitnehmer:innen Kontakt zum Betriebsrat aufnehmen. Dieser kann zunächst prüfen, ob das gesetzliche Anhörungsverfahren korrekt ablief oder ob hier ein Angriffspunkt (Formfehler) besteht. Oft hat der Betriebsrat Einblick, welche Formalien der Arbeitgeber eingehalten hat oder nicht.

Der Betriebsrat kann dem/der Arbeitnehmer:in auch beratend zur Seite stehen – sei es durch Hinweise auf Fachanwälte, Begleitung zu Güteverhandlungen oder als Zeuge im Prozess (z. B. wenn strittig ist, ob er ordnungsgemäß angehört wurde). Insbesondere bei formalen Themen ist der Betriebsrat ein wichtiger Ansprechpartner, da er die Abläufe im Betrieb kennt.

Wichtig: Der Betriebsrat selbst kann keine Kündigungsschutzklage für den Arbeitnehmer führen, aber er darf auf Wunsch zur Unterstützung beim Arbeitsgerichtsverfahren beigezogen werden. In vielen Fällen arbeiten Betriebsräte mit erfahrenen Anwälten zusammen und können den Kontakt herstellen. Zögern Sie also nicht, den Rat Ihres Betriebsrats einzuholen.


Welche Vorteile bringt ein Formfehler im Kündigungsschutzverfahren?

Ein nachweisbarer Formfehler verschafft Arbeitnehmer:innen im Kündigungsschutzprozess eine starke Position. Schließlich liegt ein klarer Rechtsverstoß des Arbeitgebers vor. Das hat mehrere positive Effekte:

Verhandlungstaktik

Für den Arbeitgeber bedeutet ein offensichtlicher Formfehler, dass seine Kündigung voraussichtlich keinen Bestandhaben wird. Die Karten liegen also schlecht für ihn. In so einer Situation sind Arbeitgeber oft vergleichsbereit:

  • Häufige Folge: Eine höhere Abfindung. Wenn der Arbeitgeber weiß, dass er den Prozess verlieren wird (weil z. B. die Kündigung mangels Schriftform null und nichtig ist), wird er eher bereit sein, dem/der Arbeitnehmer:in entgegenzukommen, um das Arbeitsverhältnis doch zu beenden – z. B. durch Zahlung einer attraktiven Abfindung in einem Aufhebungsvertrag oder gerichtlichen Vergleich.
  • Alternativ: Rücknahme der Kündigung. Manche Arbeitgeber ziehen die unwirksame Kündigung freiwillig zurück, um einen Prozess zu vermeiden. Für Arbeitnehmer:innen kann das bedeuten, dass sie ihren Job behalten (manchmal verbunden mit einer Versetzung oder dem Angebot neuer Konditionen).
  • Besseres Verhandlungsklima: Ist der Formfehler eindeutig, spart man sich lange Streitigkeiten über Kündigungsgründe. Der Prozess dreht sich dann meist nur um die Frage, wie die Trennung einvernehmlich gestaltet werden kann. Das kann schneller zu einer Einigung führen.

Kurz gesagt: Mit einem Formfehler auf Ihrer Seite sitzen Sie am längeren Hebel. Im Idealfall bedeutet das entweder die Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen oder eine deutliche finanzielle Kompensation, falls Sie das Unternehmen verlassen möchten.

Arbeitsagentur und Sperrzeit

Ein oft übersehener Aspekt ist der Einfluss auf das Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit verhängt eine sogenannte Sperrzeit (in der Regel 12 Wochen), wenn Arbeitnehmer:innen ihre Arbeitslosigkeit ohne wichtigen Grund selbst herbeiführen. Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber droht normalerweise keine Sperrzeit – außer, man verzichtet ohne Not auf den Arbeitsplatz.

Wichtig: Wenn eine Kündigung offensichtlich unwirksam ist (z. B. nur mündlich oder per WhatsApp) und der/die Arbeitnehmer:in trotzdem keine Klage einreicht, kann die Arbeitsagentur dies so werten, als habe man freiwillig auf den Job verzichtet. Folge: Es kann eine Sperrzeit beim ALG I eintreten.

Daher ist es auch aus dieser Perspektive sinnvoll, gegen eine formfehlerhafte Kündigung vorzugehen. Durch die Kündigungsschutzklage signalisiert man, dass man den Arbeitsplatz erhalten will – die Voraussetzung für eine Sperrzeit entfällt dann. Sollte man sich später dennoch auf eine Beendigung (mit Abfindung) einigen, kann man zumindest belegen, dass man zunächst um den Erhalt der Stelle gekämpft hat. Die Bundesagentur für Arbeit prüft solche Konstellationen im Detail, aber grundsätzlich gilt: Klagt man bei einer offensichtlich unwirksamen Kündigung nicht, riskiert man die Leistungen.

Beispielhafte Konstellation:
Ein Mitarbeiter erhält ein Kündigungsschreiben, das nur von einer Teamleiterin „i. A.“ (im Auftrag) unterzeichnet ist. Eine Vollmacht lag nicht bei. Der Mitarbeiter reagiert umgehend und reicht innerhalb der Frist Kündigungsschutzklage ein. Im Prozess stellt sich heraus, dass die Teamleiterin keine Kündigungsbefugnis hatte und der Mitarbeiter die Kündigung korrekt nach § 174 BGB zurückgewiesen hatte – Formfehler also eindeutig. Das Gericht erklärt die Kündigung für unwirksam; der Mitarbeiter behält seinen Arbeitsplatz und erhält den seit Kündigungsdatum einbehaltenen Lohn nachgezahlt. Der Arbeitgeber sieht ein, dass ein neuer Kündigungsversuch riskant wäre. Tatsächlich ist der Mitarbeiter inzwischen länger als 6 Monate beschäftigt, steht also nun unter vollem Kündigungsschutz des KSchG – eine erneute Kündigung müsste sozial gerechtfertigt sein. Ohne Klage wäre das Arbeitsverhältnis bereits beendet, der Mitarbeiter arbeitslos und wegen der offensichtlichen Unwirksamkeit womöglich mit einer ALG-Sperrzeit belegt worden. Dieses Beispiel zeigt: Formfehler können Arbeitnehmerrechte retten und die Ausgangslage deutlich verbessern.


Fazit: Formfehler bei Kündigungen können Ihre Rechte retten

Formfehler sind keine Lappalie – sie entscheiden oft über Bestand oder Ende eines Arbeitsverhältnisses. Für Arbeitnehmer:innen lohnt es sich daher, jede Kündigung sorgfältig prüfen zu lassen. Schon eine fehlende Unterschrift oder eine unterlassene Betriebsratsanhörung kann genügen, um die Kündigung zu Fall zu bringen. Betriebsräte sollten ebenso wachsam sein und darauf achten, dass Arbeitgeber alle Formalien einhalten.

Wenn Sie Zweifel an der Wirksamkeit einer Kündigung haben, zögern Sie nicht, fachkundigen Rat einzuholen. Wichtig ist, dass Sie schnell reagieren, da Fristen laufen. Eine rechtzeitig erhobene Kündigungsschutzklage kann Ihren Arbeitsplatz sichern oder zumindest Ihre Verhandlungsposition erheblich stärken. Die Kanzlei Pöppel Rechtsanwälte steht Ihnen dabei zur Seite – kompetent, erfahren und bundesweit tätig.


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Haben Sie eine Kündigung erhalten und vermuten einen Formfehler? Dann sollten Sie zügig handeln. Wir prüfen Ihre Kündigung und vertreten Ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber und vor dem Arbeitsgericht. Nehmen Sie gern unverbindlich Kontakt zu uns auf – die Kanzlei Pöppel Rechtsanwälte unterstützt Sie kompetent und vertraulich.


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