Hitze am Arbeitsplatz – diese Rechte haben Arbeitnehmer

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Der Sommer bringt oft Hitzerekorde, aber im Berufsalltag gibt es kein automatisches „Hitzefrei“. Einen generellen Rechtsanspruch, wegen Hitze früher Feierabend zu machen, gibt es nicht. Gleichzeitig dürfen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter:innen nicht schutzlos extremer Wärme aussetzen. In diesem Ratgeber erfahren Arbeitnehmer:innen und Betriebsräte, welche Höchsttemperaturen in Büros gelten, welche Schutzmaßnahmen der Arbeitgeber treffen muss und welche individuellen Rechte (z. B. für Schwangere oder Eltern) bei großer Hitze am Arbeitsplatz bestehen.


Kurz und Knapp

  • Kein automatisches Hitzefrei: Es gibt keinen allgemeinen Anspruch, der Arbeit bei Hitze fernzubleiben. Arbeitnehmer:innen dürfen nicht einfach eigenmächtig nach Hause gehen – Abmahnung oder Kündigung drohen.
  • Temperatur-Regeln: Laut Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und Technischer Regel ASR A3.5 soll die Raumtemperatur 26 °C nicht überschreiten. Steigt sie über 26 °C, muss der Arbeitgeber Gegenmaßnahmen ergreifen (z. B. Jalousien schließen, lüften, Getränke anbieten). Ab 30 °C sind zusätzliche Schutzmaßnahmen Pflicht. Über 35 °C gilt ein Büro ohne spezielle Kühltechnik als nicht mehr geeignet für Arbeit.
  • Pflichten des Arbeitgebers: Arbeitgeber müssen Sonnenschutz anbringen, Arbeitszeiten anpassen (z. B. früherer Feierabend, „Siesta“-Pausen), Ventilatoren/Klimageräte bereitstellen, Kleiderordnungen lockern und ausreichende Getränke anbieten. Arbeitnehmer:innen können notfalls den Betriebsrat oder die Arbeitsschutzbehörde einschalten, falls nichts passiert.
  • Homeoffice: Ein generelles Recht auf Homeoffice bei Hitze gibt es nicht. Im Homeoffice sind Beschäftigte selbst für ein angenehmes Raumklima verantwortlich (Lüften, Verdunkeln, Ventilator). Der Arbeitgeber kann jedoch freiwillig Homeoffice anbieten, wenn es im Büro unerträglich heiß ist.
  • Sonderfälle: Schwangere, stillende Mütter oder gesundheitlich vorbelastete Beschäftigte haben besondere Schutzrechte. Mit ärztlichem Attest können sie hitzefrei bekommen (§ 16 MuSchG). Müssen Schulkinder hitzefrei nach Hause, dürfen berufstätige Eltern in der Regel kurzfristig der Arbeit fernbleiben (§ 616 BGB), müssen dies aber unverzüglich melden.

Gibt es Hitzefrei am Arbeitsplatz?

Antwort: Nein, im deutschen Arbeitsrecht gibt es kein generelles Hitzefrei. Arbeitnehmer:innen haben keinen gesetzlichen Anspruch, einfach wegen Hitze die Arbeit niederzulegen. Auch eine offizielle Hitzewarnung berechtigt nicht dazu, ohne Absprache der Arbeit fernzubleiben. Arbeitgeber wiederum dürfen ihre Fürsorgepflicht nicht vernachlässigen: Sie müssen Schutzmaßnahmen ergreifen, wenn die Temperaturen steigen. Aber einen klaren Schwellenwert, ab dem automatisch „Schluss für heute“ ist, gibt es nicht.

Viele glauben fälschlich, ab etwa 30 °C oder 35 °C im Büro gelte automatisch ein Arbeitsverbot. Das stimmt so nicht. Zwar gilt: Wenn ohne Kühlung dauerhaft mehr als 35 °C in Innenräumen herrschen, ist der Raum als Arbeitsplatz ungeeignet. In der Fachliteratur wird vertreten, dass Beschäftigte bei konkreter erheblicher Gesundheitsgefahr (z. B. > 35 °C ohne Schutzmöglichkeiten) die Arbeit vorübergehend verweigern dürfen. Höchstrichterlich ist das aber nicht entschieden. Wer eigenmächtig einfach zu Hause bleibt, riskiert jedenfalls arbeitsrechtliche Sanktionen – von der Abmahnung bis zur Kündigung. Ausnahmefälle können bei besonders schutzbedürftigen Personen greifen: Schwangere, chronisch Kranke oder ältere Beschäftigte können bei ärztlich attestierter Gefährdung bezahlte Freistellung erhalten. Das sollte jedoch immer mit dem Arbeitgeber abgesprochen und ärztlich belegt sein.

Mythos „Hitzefrei ab 30 °C“:

Es gibt keine starre Temperaturgrenze, bei der Arbeitnehmer einfach nach Hause gehen dürfen. Selbst Schulen schließen bei Hitze oft ab mittags, aber für Arbeitnehmer:innen gilt das nicht automatisch. Nur wenn die Gesundheit akut gefährdet ist und der Arbeitgeber keine Abhilfe schafft, käme ein Verlassen des Arbeitsplatzes in Betracht – in der Praxis ein sehr hoher Ausnahmefall. Wer einfach geht, ohne Zustimmung, handelt auf eigenes Risiko. Tipp: Sprechen Sie Probleme mit großer Hitze rechtzeitig an, statt allein zu handeln.

Betriebsrat einschalten:

Beschäftigte sollten bei unerträglicher Hitze zuerst das Gespräch mit Vorgesetzten suchen. Bleibt ohne Ergebnis alles beim Alten, ist der Betriebsrat der nächste Ansprechpartner. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei Regelungen zum Gesundheitsschutz. Er kann Maßnahmen wie Hitzepausen, Lockerung der Kleiderordnung oder klimafreundliche Arbeitszeiten einfordern. In einigen Fällen haben Betriebsräte sogar eigenmächtig Hitzepausen empfohlen – z. B. verteilte ein Betriebsrat 2018 Info-Blätter, jede Stunde 10 Minuten Pause zu machen. Der Arbeitgeber klagte dagegen, doch das Landesarbeitsgericht Nürnberg wertete dies nicht als grobe Pflichtverletzung. Wichtig: In Betrieben ohne Betriebsrat können sich Beschäftigte direkt an die zuständige Arbeitsschutzaufsichtsbehörde (Gewerbeaufsichtsamt) wenden, wenn der Arbeitgeber trotz Beschwerden keine Schutzmaßnahmen ergreift.

 

Ab welcher Temperatur greifen Schutzvorschriften?

Antwort: Maßstab ist 26 °C. Die Arbeitsstättenverordnung fordert in Arbeitsräumen eine „gesundheitlich zuträgliche Temperatur“ (ArbStättV § 3 Abs. 1). Konkretisiert wird das durch die Technische Regel für Arbeitsstätten ASR A3.5: Danach soll die Lufttemperatur 26 °C nicht überschreiten. Liegt die Außenlufttemperatur allerdings selbst über 26 °C, darf es ausnahmsweise auch etwas wärmer werden – vorausgesetzt, der Arbeitgeber hat bauliche oder organisatorische Maßnahmen getroffen (z. B. Wärmedämmung, Sonnenschutz an Fenstern).

Steigt die Raumtemperatur über 26 °C, müssen Gegenmaßnahmen erfolgen: z. B. effektives Abdunkeln, frühmorgendliches Lüften, lockern der Kleiderordnung und Bereitstellen von Getränken. Ab 30 °C im Raum muss der Arbeitgeber aktiv die Hitzebelastung verringern. Das kann zusätzliche Pausen in kühleren Räumen bedeuten, Ventilatoren aufstellen, Gleitzeit ausweiten oder notfalls mobile Klimageräte einsetzen. Eine starre gesetzliche „Hitzefrei-Grenze“ gibt es zwar nicht, aber über 35 °C gilt: Ohne spezielle Kühlmaßnahmen ist ein normaler Arbeitsraum nicht mehr zum Arbeiten geeignet. Dann dürfte der Arbeitgeber seine Leute dort gar nicht mehr arbeiten lassen – er muss entweder für Abkühlung sorgen oder die Mitarbeiter woanders einsetzen bzw. ganz freistellen.

  • Ozon und Smog: Zusätzlich zur Hitze kann hohe Ozonbelastung (über den Schwellenwerten des Umweltbundesamts) zum Thema werden. Dann sollten schwere körperliche Arbeiten möglichst vermieden oder in die kühleren Morgenstunden verlegt werden. Arbeitgeber sind gehalten, Hinweise der Behörden zu beachten (z. B. „Ozon-Alarm“ am Nachmittag) und entsprechend Schichtpläne anzupassen, um gesundheitliche Risiken zu minimieren.

Welche Schutzmaßnahmen muss der Arbeitgeber treffen?

Antwort: Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht (§ 618 BGB, § 3 ArbSchG), die auch Hitzeschutz umfasst. Er ist verpflichtet, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, damit Beschäftigte bei hoher Wärmebelastung keinen Gesundheitsschaden erleiden. Die Arbeitsstättenregel ASR A3.5 nennt hierfür konkrete Beispiele. Zunächst sollten bauliche und technische Mittel voll ausgeschöpft werden: Sonnenschutz an Fenstern (Jalousien, Rollos) und frühzeitiges Lüften in den Morgenstunden sind Pflicht. Zudem müssen interne Wärmequellen reduziert werden – etwa indem Geräte wie Drucker oder Beleuchtung ausgeschaltet werden, wenn nicht benötigt.

Steigen die Temperaturen deutlich über 26 °C, sind weitere Schritte geboten. Arbeitgeber sollen flexible Arbeitszeitenermöglichen (z. B. Arbeitsbeginn in den kühleren frühen Morgen legen, „Siesta“ über Mittag einplanen) oder Zusatzpausen gewähren. Gleitzeitregelungen können in Hitzephasen großzügiger gehandhabt werden. Ventilatorenoder mobile Klimageräte sollten bereitgestellt werden, sofern vorhanden. Auch das Getränkeangebot ist wichtig: Bei großer Hitze muss der Arbeitgeber ausreichend Trinkwasser zur Verfügung stellen. Zwar gibt es keinen Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme – aber auf wirksamen Schutz. Kostenlose kühle Getränke (Wasser, Schorlen) sind quasi alternativlos, um Dehydrierung oder Hitzschlag vorzubeugen.

Alt: Ventilator im Büro (Symbolbild für Hitzefrei am Arbeitsplatz).

H3: Büro- und Pausenregelungen: Der Arbeitgeber darf und sollte bei Hitze etwa die Kleiderordnung lockern (leichtere Kleidung statt Anzugspflicht). Achtung: Arbeitsschutz geht aber vor. Persönliche Schutzausrüstung wie Helme, Sicherheitsschuhe oder Laborkittel müssen weiterhin getragen werden – hier gibt es keine Ausnahmen, da sonst Unfallgefahr droht. Während der Arbeit können dafür z. B. Krawatten oder Jacketts entfallen, wenn kein Kundenkontakt besteht. In den Pausen sollten Mitarbeiter:innen Gelegenheit haben, sich an kühleren Orten zu erholen (Kellerraum, klimatisierter Bereich). Mehrere kurze Erholungspausen (5–10 Minuten) über den Tag verteilt sind sinnvoller als eine lange Pause in der prallen Mittagshitze.

Arbeiten im Freien:

Für Beschäftigte unter freiem Himmel (Bauarbeiter, Landwirtschaft, Müllabfuhr etc.) gelten besondere Schutzpflichten. Arbeitgeber müssen Schattenplätze einrichten (z. B. Sonnensegel, Pavillons) und auf geeignete Arbeitskleidung achten: helle, leichte und atmungsaktive Kleidung, Kopfbedeckung, Sonnenbrille. Sonnenschutzmittel (hoher Lichtschutzfaktor) sollten bereitgestellt oder deren Nutzung zumindest angeraten werden. Außerdem wichtig: Trinkpausen! Gerade bei schwerer körperlicher Arbeit in der Sonne sind regelmäßige Pausen und viel Wasser Pflicht. Die Arbeitszeiten können hier ggf. sehr früh beginnen und in der größten Hitze (Nachmittagszeit) unterbrochen werden. Übrigens hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen 2018 entschieden, dass in einer Behinderten-Werkstatt bei über 26 °C Raumtemperatur die Arbeit behördlich untersagt werden kann – das zeigt, wie ernst Hitzeschutz genommen wird.

Schwangere, Kranke, Ältere:

Schwangere und stillende Mütter stehen unter dem besonderen Schutz des Mutterschutzgesetzes. Sie dürfen keiner unverantwortbaren Hitze ausgesetzt werden. Ein Arzt kann z. B. attestieren, dass Temperaturen über (etwa) 30 °C unzumutbar sind – dann muss der Arbeitgeber entweder für entsprechende Kühlung sorgen oder die Betroffene bezahlt freistellen (§ 16 MuSchG). Ähnliches gilt für Arbeitnehmer:innen mit bestimmten Vorerkrankungen (z. B. Herz-Kreislauf-Probleme) oder ältere Beschäftigte, die hitzeempfindlich sind. Hier sollte man frühzeitig mit dem Arbeitgeber sprechen und ggf. ein ärztliches Attest vorlegen. Im Zweifel kann auch der Betriebsarzt einschalten werden, um individuelle Schutzmaßnahmen (wie einen klimatisierten Arbeitsplatz oder öftere Pausen) zu veranlassen.


Dürfen Arbeitszeit und Homeoffice an die Hitze angepasst werden?

Antwort: Ja. Flexible Modelle sind ein wichtiger Schlüssel, um mit Sommerhitze umzugehen. Arbeitgeber können vorübergehend die Arbeitszeiten anpassen, z. B. Gleitzeit erweitern, früheren Feierabend oder Schichttausch ermöglichen. Viele Unternehmen handhaben es pragmatisch: Wenn nachmittags das Büro zur Sauna wird, dürfen Beschäftigte etwa schon um 15 Uhr gehen und fehlende Zeiten morgens nachholen. Rechtlich ist das unproblematisch, solange das Arbeitszeitgesetz (max. 10 Std./Tag, Ruhezeiten) eingehalten wird und der Betriebsrat zustimmt. Der Gesetzgeber schreibt solche Anpassungen zwar nicht explizit vor, aber im Rahmen der Fürsorgepflicht sind Arbeitgeber gut beraten, hier Entgegenkommen zu zeigen.

Extra-Pausen einlegen:

In Hitzewellen empfiehlt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz ausdrücklich zusätzliche Erholungspausen. Ein Beispiel ist die „Siesta“: Eine längere Mittagspause (evtl. 12–15 Uhr) kann eingelegt werden, während der heißesten Phase des Tages. Diese Zeit wird entweder vor- oder nachgearbeitet, oder man vereinbart an solchen Tagen kürzere Arbeitszeiten insgesamt. Auch ohne formelle Regelung dürfen Vorgesetzte ad hoc Hitzepausen gewähren, wenn die Produktivität sowieso leidet – das verbessert oft sogar die Gesamtergebnisse, als wenn erschöpfte Mitarbeiter durchschuften.

Homeoffice bei Hitze:

Ein Recht darauf, bei Hitze zu Hause arbeiten zu dürfen, gibt es grundsätzlich nicht. Wer im Büro schwitzt, kann nicht einfach verlangen: „Ich bleibe heute im Homeoffice.“ Wenn jedoch betrieblich Homeoffice möglich ist (und ggf. durch Betriebsvereinbarung oder individuelle Absprache erlaubt), kann der Arbeitgeber aus Kulanz an sehr heißen Tagen Homeoffice anbieten. Achtung: Im Homeoffice gilt der Arbeitsschutz zwar grundsätzlich weiter (§ 3 ArbSchG), aber praktisch hat der Arbeitgeber dort wenig Eingriffsmöglichkeiten. Er muss nicht überprüfen, ob es in der privaten Wohnung 30 °C hat. Auch muss er keine Klimageräte oder Ventilatoren fürs Homeoffice bereitstellen. Vielmehr sind Beschäftigte da selbst verantwortlich, z. B. morgens zu lüften, die Rollos runterzulassen und genug zu trinken. Umgekehrt kann es ein sinnvolles Mittel des Arbeitsschutzes sein, an extrem heißen Tagen Homeoffice zu gestatten – wenn etwa das Büro unklimatisiert ist, die Wohnung aber kühler oder flexibler zu handhaben ist. Einen generellen Anspruch darauf gibt es aber nicht.


Kleiderordnung, Ventilatoren – was ist bei Hitze erlaubt?

Antwort: Im Sommer stellt sich oft die Frage, wie leger man sich kleiden darf und welche Hilfsmittel man am Arbeitsplatz nutzen kann. Kleidung: Grundsätzlich dürfen Arbeitnehmer:innen ihre Kleidung an die Temperaturen anpassen, solange keine wichtigen betrieblichen Gründe dagegen sprechen. In Branchen mit Kundenkontakt (z. B. Banken, Anwaltskanzleien) oder mit Uniformpflicht sind gewisse Grenzen gesetzt – hier sollte man vorab das Gespräch suchen, ob z. B. Poloshirts anstelle von Hemd und Krawatte erlaubt sind. Sicherheit geht vor: Auf Baustellen bleiben Helm, lange Hosen und feste Schuhe Pflicht, auch wenn’s heiß ist. Trotzdem müssen Arbeitgeber bei ihren Vorgaben maßvoll bleiben: Eine zu strenge Kleiderordnung trotz extremer Hitze kann gegen die Fürsorgepflicht verstoßen. So wehrte sich 1989 ein Mitarbeiter erfolgreich vor dem ArbG Mannheim gegen ein Kurze-Hosen-Verbot bei 32 °C im Büro (Urt. v. 16.02.1989, Az. 7 Ca 222/88). Generell hat das ArbG Frankfurt a. M. entschieden, dass ein „urlaubsmäßiges“ Outfit allein keinen Kündigungsgrund darstellt. Mit anderen Worten: Arbeitgeber dürfen vernünftige sommerliche Kleidung nicht willkürlich bestrafen.

Darf ich einen Ventilator einfach selbst aufstellen?

Ein Ventilator kann die gefühlte Temperatur deutlich senken. Dennoch sollten Arbeitnehmer:innen nicht ohne Erlaubnis eigene elektrische Geräte im Büro anschließen. Der Stromverbrauch und mögliche Sicherheitsrisiken fallen in die Verantwortung des Arbeitgebers. Rein rechtlich könnte das ungenehmigte Nutzen eines privaten Ventilators oder sogar das Laden des Handys als Entwendung von Strom(Sachentzug) ausgelegt werden – in der Vergangenheit gab es kuriose Fälle, in denen wegen ein paar Cent Stromverbrauch Abmahnungen ausgesprochen wurden. In der Regel wird kein Arbeitgeber etwas gegen einen kleinen Tischventilator haben, insbesondere wenn die Temperaturen steigen. Fragen Sie aber immer vorher nach, bevor Sie Geräte mitbringen. Oft stellt der Arbeitgeber auf Anfrage auch selbst Ventilatoren bereit. Wichtig: Der Ventilator darf keine Unfallgefahr darstellen (Stolperfallen durch Kabel, keine Fluchtwege blockieren). In Großraumbüros sollte außerdem mit den Kolleg:innen Rücksprache gehalten werden, damit niemand im Zug sitzt oder sich am Geräusch stört. Übrigens kann der Arbeitgeber Ventilatoren aus ästhetischen Gründen untersagen – etwa wenn im Büro häufiger Kundenempfang ist. Bei über 35 °C wird er darüber aber wohl hinwegsehen.

Hund ins Büro bei Hitze?

Manche denken daran, ihren Hund an heißen Tagen mit ins klimatisierte Büro zu nehmen, damit er nicht daheim in der Hitze leidet. Doch Tiere am Arbeitsplatz sind Chefsache: Nach § 106 GewO darf der Arbeitgeber den Ort und die Ordnung der Arbeit festlegen – dazu gehört auch, ob Tiere mitgebracht werden dürfen. Es gibt kein Recht, den Hund einfach mitzubringen. Fehlt eine ausdrückliche Erlaubnis oder betriebliche Übung, kann das Mitbringen eines Hundes zu einer Abmahnung führen. Falls der Arbeitgeber grundsätzlich tierfreundlich ist, sollte man individuell um Erlaubnis fragen (am besten schriftlich). Selbst mit Erlaubnis gilt: Der Hund darf keine Kolleg:innen stören, keine Allergien auslösen und nicht den Betriebsablauf beeinträchtigen. Bei hoher Hitze im Büro ist es oft auch für das Tier nicht angenehm, falls keine Kühlmöglichkeiten da sind – hier wäre eventuell Homeoffice mit dem Hund die bessere Option, sofern erlaubt.


Was tun, wenn mein Kind Hitzefrei hat?

Antwort: Hitzefrei in Schulen und Kitas bringt berufstätige Eltern in Not: Wohin mit dem Kind, wenn man selbst arbeiten muss? Einen speziellen gesetzlichen Anspruch auf bezahlte Freistellung wegen „Hitzefrei der Kinder“ gibt es nicht. Eltern stehen hier aber nicht völlig schutzlos da. Zunächst sollten Sie prüfen, ob nicht doch eine Betreuungsmöglichkeit gefunden werden kann (Partner, Großeltern, Nachbarn). Ist das ausgeschlossen und ordnet die Schule sehr kurzfristig Hitzefrei an, greift unter Umständen § 616 BGB. Dieser Paragraf erlaubt das Fernbleiben von der Arbeit für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit, wenn ein unverschuldetes persönliches Verhinderungs­ungs­problem vorliegt (hier: plötzlicher Ausfall der Kinderbetreuung). Das würde bedeuten: Der Arbeitgeber muss Sie vorübergehend freistellen, ohne dass Sie Ihren Lohn verlieren. Allerdings ist § 616 BGB in vielen Arbeitsverträgen oder Tarifverträgen ausgeschlossen – schauen Sie also in Ihre Vertragsbedingungen!

In der Praxis zeigen sich viele Arbeitgeber verständnisvoll: Wenn morgens klar ist, dass Ihr Kind mittags nach Hause kommt, sprechen Sie sofort mit dem Vorgesetzten. Oft lässt sich eine Lösung finden (z. B. halber Urlaubstag nehmen, Gleitzeitabbau oder kurzfristige unbezahlte Freistellung, falls § 616 BGB nicht greift). Wichtig ist, dass Sie transparent und frühzeitig informieren – einfach wegbleiben, weil das Kind daheim ist, geht nicht. Übrigens: Wenn extreme Hitzeperioden absehbar sind, sollten Schulen und Unternehmen gemeinsam nach Lösungen suchen. Einige Arbeitgeber bieten in solchen Fällen an, die Kinder temporär mit ins Büro zu bringen (wenn es z. B. einen klimatisierten Konferenzraum gibt). Ein genereller Anspruch darauf besteht aber nicht, das sind kulante Einzelfalllösungen.


Rechtsprechung: Wie Gerichte mit Hitze am Arbeitsplatz umgehen

Antwort: Obwohl es keine direkten „Hitzefrei-Urteile“ gibt, haben Gerichte schon etliche hitzebezogene Fälle entschieden – meistens indirekt im Rahmen anderer Pflichten oder Kündigungen:

  • Betriebsrat ordnet Hitzepause an (LAG Nürnberg 2020): In einem bekannten Fall verteilten Betriebsratsmitglieder eines Unternehmens (Playmobil-Werk, 2018) bei großer Hitze Flugblätter, die den Beschäftigten empfahlen, stündlich 10 Minuten Pause zu machen. Der Arbeitgeber sah darin eine Arbeitsverweigerung und wollte die Betriebsräte gerichtlich ausschließen lassen. Das LAG Nürnberg entschied jedoch, dass das Verhalten der Betriebsratsmitglieder keine grobe Pflichtverletzung darstellte – im Gegenteil durften sie aufgrund der Fürsorgepflicht auf zusätzliche Pausen dringen. Dieses Urteil unterstreicht die Mitverantwortung des Betriebsrats für den Hitzeschutz.
  • Kleidervorschrift bei 34 °C (ArbG Mannheim 1989): Ein Angestellter erschien trotz Verbots in kurzen Hosen zur Arbeit, weil im Büro über 30 °C herrschten. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine Kündigung aus. Das Arbeitsgericht Mannheim hielt die Kündigung für unwirksam: Eine rein „urlaubsmäßige“ Kleidung ist zwar an sich ein Verstoß gegen Anweisungen, aber in Extremsituationen (hier: 34 °C im Büro) muss der Arbeitgeber mildere Mittel wählen und seine Weisungsrechte mit Augenmaß ausüben. Kurze Hosen allein rechtfertigen keine Kündigung.
  • „Stromklau“ durch Ventilator/Handy (diverse Fälle): Immer wieder beschäftigen kuriose Fälle die Gerichte, in denen Arbeitnehmer wegen minimaler Stromnutzung private Geräte Ärger bekommen. So gab es 2014 Berichte über eine fristlose Kündigung, weil ein Mitarbeiter sein Handy-Ladegerät am Arbeitsplatz nutzte (geschätzter Stromwert: unter 0,05 €!). In einem anderen Fall sollte eine Arbeitnehmerin kündigen, weil sie eigenmächtig einen Ventilator angeschlossen hatte. Solche Fälle sind selten und werden von manchen Gerichten als unverhältnismäßig angesehen – aber sie zeigen: Rein rechtlich bewegt man sich ohne Erlaubnis des Chefs auf dünnem Eis. Lieber vorher fragen, dann ist man auf der sicheren Seite.
  • Mutterschutz und Hitze: Arbeitsgerichte mussten auch entscheiden, wann Schwangere hitzefrei bekommen. Fazit aus mehreren Urteilen: Legt die werdende Mutter ein ärztliches Attest vor, das ihr Arbeiten ab einer bestimmten Temperatur untersagt, muss der Arbeitgeber dem nachkommen. Kann er keinen geeigneten kühleren Arbeitsplatz anbieten, ist ein individuelles Beschäftigungsverbot auszusprechen – die Frau wird also bezahlt freigestellt (§ 16 MuSchG). Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde oder im Streitfall das Gericht eingeschaltet werden. Hier stehen die Chancen für die Arbeitnehmerin sehr gut.
  • OVG Sachsen 2018 (Beschäftigungsverbot ab 26 °C): Wie schon erwähnt, hat das Oberverwaltungsgericht Sachsen in einem verwaltungsrechtlichen Fall entschieden, dass eine Behörde die Arbeit in bestimmten Räumen untersagen durfte, weil dort regelmäßig über 26 °C herrschten (Az: 5 A 998/17, Urteil vom 09.05.2018). Auch wenn das kein arbeitsgerichtliches Urteil ist, zeigt es doch: Behörden und Gerichte nehmen Temperaturen jenseits der 26 °C sehr ernst.

Hinweis: Trotz dieser Fälle ist der Themenkomplex „Hitzefrei im Arbeitsrecht“ noch nicht abschließend höchstrichterlich geklärt. Meist werden Streitigkeiten einvernehmlich gelöst (z. B. indem Arbeitgeber nachgeben oder man sich auf Kompromisse einigt). Wer unsicher ist, sollte sich rechtlich beraten lassen, bevor er eigenmächtig handelt oder Schritte einleitet.


Fazit

Auch wenn es kein allgemeines Hitzefrei gibt, dürfen Beschäftigte bei extremer Hitze nicht im Stich gelassen werden. Arbeitgeber sind verpflichtet, frühzeitig wirksame Schutzmaßnahmen zu ergreifen – sei es durch technische Verbesserungen (Sonnenschutz, Ventilation), organisatorische Anpassungen (frühere Arbeitszeiten, Hitzepausen) oder fürsorgliche Extras (Getränke, Eis für die Belegschaft). Arbeitnehmer:innen sollten ihre Ansprüche auf Abkühlung und zumutbare Bedingungen selbstbewusst, aber sachlich einfordern. Viele Probleme lassen sich schon intern durch Absprache oder mit Hilfe des Betriebsrats lösen. Wichtig: Schwangere, gesundheitlich vorbelastete Personen oder Eltern, die wegen Hitzefrei ihrer Kinder ausfallen, genießen besonderen Schutz. Wer unsicher ist, welche Rechte und Pflichten im konkreten Fall gelten, sollte im Zweifel rechtlichen Rat einholen, bevor eine Eskalation droht.

Am Ende gilt: Ein heißer Sommer ist eine Herausforderung für alle im Betrieb. Mit gesundem Menschenverstand, rechtzeitiger Planung und Kommunikation lassen sich aber auch Temperaturen jenseits der 30 Grad gemeinsam bewältigen – ohne dass jemand einen gesundheitlichen Schaden davonträgt.

Haben Sie Fragen oder Sorgen wegen hoher Temperaturen am Arbeitsplatz? Die Kanzlei Pöppel Rechtsanwälte berät Sie gerne kompetent und individuell. Wir prüfen Ihre Situation – bundesweit, unverbindlich und mit langjähriger Erfahrung im Arbeitsrecht. Ob Arbeitnehmer:in oder Betriebsrat: Vertrauen Sie unserer Expertise, um Ihre Rechte zu sichern. Kontaktieren Sie uns jederzeit! Wir unterstützen Sie dabei, die passenden Schritte einzuleiten und Ihre Gesundheit am Arbeitsplatz zu schützen.


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