
Der Betriebsrat ist vom Gesetzgeber in allen sozialen Angelegenheiten mit starken Rechten ausgestattet. Das bedeutet konkret, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat in diesen Fragen einigen müssen, der Betriebsrat also ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hat. Vor der Einigung muss der Arbeitgeber den Betriebsrat über sein Vorhaben informieren und sich gemeinsam mit ihm beraten. Scheitert eine Einigung, wird eine Schlichtungsstelle angerufen, deren Spruch für beide Seiten verbindlich ist. Verstößt der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsrecht, sind seine Anordnungen unwirksam. Darüber hinaus verfügt der Betriebsrat auch über ein Initiativrecht, d.h. er kann dem Arbeitgeber von sich aus Vorschläge machen, mit denen sich dieser dann befassen muss.

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Facebook-Seite des Arbeitgebers/ Bild: Unsplash.com
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Diese Bestimmung wurde 1972 in das BetrVG aufgenommen, als mit der Einführung von EDV-Systemen zugleich eine Kontrolle der Arbeitnehmer möglich wurde, die mit deren Persönlichkeitsrecht als nicht vereinbar angesehen wurde. Mittlerweile gibt es sehr viele Überwachungseinrichtungen, über die Einigkeit darüber besteht, dass der Betriebsrat mitzubestimmen hat: Personalabrechnungssysteme, Betriebsdatenerfassungssysteme, Telefonanlagen, Fahrtenschreiber und Kameras sind nur einige Beispiele dieser Einrichtungen.
Mit den immer vielfältigeren Nutzungsmöglichkeiten des Internets eröffnen sich auch immer mehr Fragen darüber, ob neu hinzu kommende Nutzungsmöglichkeiten unter den betriebsverfassungsgesetzlich definierten Begriff der Überwachungsanlagen fallen. Mit so einem Fall befasste sich jüngst das Landesarbeitsgericht Düsseldorf:

unsplash.com/Jacob Ufkes
Die Arbeitgeberin nimmt an mehreren Transfusionszentren Blutspenden entgegen, verarbeitet und veräußert diese. Ohne den Konzernbetriebsrat zu informieren, richtete sie eine Facebook-Seite ein, auf der Nutzer Kommentare über Mitarbeiter abgeben können, die dann im Internet einsehbar sind und weiter kommentiert werden können. Auf die neu errichtete Facebook-Seite wies die Arbeitgeberin mit Flugblättern hin. Zusätzlich wurden die Mitarbeiter von der Arbeitgeberin über diese neue Internetpräsenz informiert. In der Folgezeit wurden einige negative Kommentare über die Qualität von Mitarbeitern bei Blutspenden auf der Facebook-Seite veröffentlicht. Der Konzernbetriebsrat ist der Auffassung, dass die Facebook-Seite als technische Einrichtung dazu bestimmt sei, die Arbeitnehmer zu überwachen und damit unter § 87 Abs. 1 Br. 6 BetrVG falle, was sein Mitbestimmungsrecht zur Folge habe, das hier verletzt worden sei. Der im Beschlussverfahren erhobene Antrag des Konzernbetriebsrats auf Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Abschaltung der Facebook-Seite war in erster Instanz vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erfolgreich. Mit Beschluss vom 12.01.2015 (AZ: 9 Ta BV 51/14) hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf jedoch in der Berufungsinstanz zugunsten der Arbeitgeberin entschieden und den Antrag des Konzernbetriebsrats zurückgewiesen. Zur Begründung führten die Richter aus, dass es sich bei der Facebook-Seite nicht um eine technische Einrichtung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes handele und somit der Betriebsrat auch kein Mitwirkungsrecht an ihrer Einrichtung und Verwendung habe. Eine derartige Überwachungseinrichtung setze nämlich voraus, dass diese jedenfalls teilweise aus sich heraus Aufzeichnungen über Mitarbeiter automatisiert erstelle, was hier nicht der Fall sei, da Dritte negative Aufzeichnungen über Mitarbeiter auf der facebook-Seite eintragen. Auch integrierte Werkzeuge, mit denen man die Seiten durchsuchen kann, stellen keine automatische Aufzeichnung dar.
Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

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Sollte der Konzernbetriebsrat gegen den Beschluss vorgehen, würde das Bundesarbeitsgericht letztinstanzlich darüber entscheiden, ob betriebliche Facebook-Seiten als Überwachungsinstrument einzuordnen sind und damit, ob der Betriebsrat über die Einrichtung einer solchen Seite zustimmen muss oder nicht. Da das Betriebsverfassungsgesetz den Begriff der mitbestimmungspflichtigen technischen Überwachungseinrichtungen nur sehr allgemein benennt, ist durchaus auch eine andere als die vom Landesarbeitsgericht Düsseldorf getroffene Entscheidung möglich. Denn Gesetzesauslegung ist keine mathematisch genau zu berechnende Wissenschaft, sondern eröffnet fast immer eine Vielzahl von Auslegungsmöglichkeiten. Eine einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu wäre schon allein durch die Vielzahl der sie betreffenden Fälle begrüßenswert. Schließlich nimmt die Zahl der Facebook-Seiten, auf denen Nutzer unter anderen auch Mitarbeiter bewerten können, immer mehr zu.
Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 12.01.2015 – AZ: 9 Ta BV 51/14
Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 27.06.2014 – AZ: 14 BV 104/13
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