Keine Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses

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Neues Urteil des BAG zur Kürzung des Erholungsurlaubs

Bis zum 18. Mai dieses Jahres hatten Arbeitnehmer, denen nach Beendigung der Elternzeit gekündigt wurde, aber noch Anspruch auf Urlaubsabgeltung hatten, das finanzielle Nachsehen: Da der Arbeitgeber nach Auffassung der bisherigen Rechtsprechung den Erholungsurlaub wegen Elternzeit auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kürzen durfte, erhielt der Arbeitnehmer auch keine Urlaubsabgeltung für die weggekürzten Tage.

Dies hat sich seit dem 19. Mai 2015 geändert, denn an diesem Tage entschied das Bundesarbeitsgericht, dass in einem derartigen Fall eine Kürzung des Erholungsurlaubs und damit ein entsprechender Wegfall einer Urlaubsabgeltung unwirksam sind ( AZ: 9 AZR 725/13).

Keine Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses/ Bild: Unsplash.com

Die Klägerin war ab April 2007 im Seniorenheim der Beklagten als Ergotherapeutin beschäftigt. Ihr monatliches Bruttogehalt lag zuletzt bei 2.000,00 Euro. Bei einer Fünftagewoche standen ihr im Kalenderjahr 36 Urlaubstage zu. Seit der Geburt ihres Kindes im Dezember 2010 befand sich die Klägerin von Mitte Februar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 15. Mai 2012 in Elternzeit. Eine außergerichtliche Aufforderung ihres Rechtsanwalts vom 24. Mai 2012 zur Abrechnung und Abgeltung der Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012 blieb erfolglos. Im September 2012 erklärte die Beklagte die Kürzung des Erholungsurlaubs der Klägerin wegen Elternzeit. Darauf erhob die Arbeitnehmerin Klage vor dem Arbeitsgericht und forderte von der Arbeitgeberin 3.822,00 Euro als Abgeltung für die noch offenen Urlaubstage, die sie wegen der Elternzeit nicht genommen hatte. Sie verlor den Prozess in erster Instanz und legte Berufung gegen das Urteil ein. Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied zu ihren Gunsten, indem es das erstinstanzliche Urteil abänderte, die nachträgliche Kürzung des Erholungsurlaubs für unwirksam erklärte und der Klägerin deshalb Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.822,00 Euro brutto zusprach (Urteil vom 27.06.2013 – AZ: 16 Sa 51/13). Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Revision ein, die jedoch vollumfänglich abgewiesen wurde. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) führte zur Begründung seines Urteils unter anderem aus, dass die Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. Mai 2012 mit ihrer Kürzungserklärung am 24. September 2012 den Anspruch der Klägerin auf Erholungsurlaub wegen der Elternzeit nicht mehr verringern konnte, da die gesetzliche Kürzungsbefugnis des § 17 Abs. 1 Satz Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) nur gelte, wenn das Arbeitsverhältnis noch bestehe. Daran fehle es jedoch im vorliegenden Fall, da das Arbeitsverhältnis bereits am 15.05.2012 beendet gewesen sei und die Klägerin daher Anspruch auf Urlaubsabgeltung habe.

Paradigmenwechsel durch Aufgabe der Surrogationstherorie und seine Folgen

Mit diesem aktuellen Urteil des BAG ist in zweifacher Hinsicht ein Paradigmenwechsel erfolgt:

Während die Rechtsprechung bislang der Surrogationstheorie folgte, nach der der Urlaubsabgeltungsanspruch ein reines Surrogat des Urlaubsanspruchs war und aus diesem Grunde auch eine Kürzung der Erholungsurlaubs wegen Elternzeit für jeden Kalendermonat um ein Zwölftel durch den Arbeitgeber nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses als zulässig erachtet wurde, hat nunmehr der Neunte Senat des BAG die Surrogationstheorie vollständig aufgegeben. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist jetzt kein Surrogat des Urlaubsanspruchs mehr, sondern ein reiner Geldanspruch des Arbeitnehmers, der sich nicht von anderen Zahlungsansprüchen unterscheidet. Als Folge dieser geänderten Sichtweise ist auch eine Kürzungsbefugnis des Arbeitgebers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich.

Paradigmenwechsel durch Aufgabe der Surrogationstherorie und seine Folgen/ Bild: Unsplash.com/ Kiwihug

Dass die Aufgabe der Surrogationstheorie nicht nur auf dem Papier stattfindet, sondern in der Praxis erhebliche Konsequenzen hat, mag ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.01.2014 (AZ 5 Sa 180/13) verdeutlichen: Der zugrunde liegende Fall ähnelt dem jüngst vom BAG entschiedenen sehr: Auch hier erfolgte die Kürzungserklärung des Arbeitgebers nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Da das Landesarbeitsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung jedoch noch der Surrogationstherie folgte, hielt es die Erklärung für wirksam. Dementsprechend fiel auch das Urteil aus: Die Arbeitnehmerin verlor den Prozess und ihr geltend gemachter Urlaubsabgeltungsanspruch gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber wurde bis auf einen sehr geringen Betrag abgewiesen. Die Klägerin fiel mit dieser Entscheidung in Höhe von 8.458,97 Euro hinten runter! Ein erheblicher Betrag, der ihr durch die alte Entscheidung entgangen ist, den sie nach dem jetzigen Kurswechsel durch das BAG jedoch voraussichtlich zugesprochen bekommen hätte. Der Paradigmenwechsel hinsichtlich der Aufgabe der Surrogationstheorie ist also eine sehr arbeitnehmerfreundliche Entscheidung und dürfte viele Elternkassen im Falle einer Kündigung und eines gleichzeitigen Urlaubsabgeltungsanspruchs erheblich auffüllen.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.05.2015 – AZ: 9 AZR 725/13

Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27.06.2013 – AZ: 16 Sa 51/13

Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.01.2014 – AZ: 5 Sa 180/13


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