Einseitige Interessenvertretung der Bahn und GDL

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Zweimal gab es in den letzten Wochen einen mehrtätigen Bahnstreik, der erhebliche Teile des Güter- und Personenverkehrs auf der Schiene lahmlegte. Im Kern geht es dabei um Tarifstreitigkeiten der Deutschen Bahn mit zwei rivalisierenden Gewerkschaften, der Eisenbahngewerkschaft EVG und der Gewerkschaft Deutscher Lokführer GDL. Während die EVG für ihre Mitglieder sechs Prozent mehr Lohn verlangt, fordert die GDL eine Gehaltssteigerung um fünf Prozent sowie eine wöchentliche Arbeitszeitverkürzung um zwei Stunden. Außerdem rangeln die beiden Gewerkschaften um Kompetenzen, da die GDL nicht nur für Lokführer, sondern auch für Rangierführer, Zugbegleiter und das Bordrestaurant-Personal -, die EVG nunmehr auch für Lokführer Tarifverträge abschließen will. Die Tarifangebote der Deutschen Bahn an beide Gewerkschaften im November 2014 wurden von beiden Gewerkschaften abgelehnt. Sollten in Kürze keine neuen verhandlungsfähigen Angebote seitens der Bahn vorliegen, drohen die Gewerkschaften mit neuen Streiks Anfang des nächsten Jahres, wobei die GDL konkret einen Streikbeginn ab dem 12.01.2015 ins Auge gefasst hat.

Während die Wirtschaft die hohen finanziellen Verluste anmahnt, die bereits jetzt durch die Streiks entstanden sind, machen sich in der Bevölkerung vermehrt Unverständnis und Ärger breit. Die Deutsche Bahn reagiert zunehmend hilflos, da sie auf die Beendigung der internen Grabenkämpfe zwischen den Gewerkschaften als Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss von neuen Tarifverträgen keinen Einfluss hat.

Einseitige Interessenvertretung der Bahn und GDL/ Bild: Unsplash.com/ Roland Losslein

Dabei ist es keineswegs so, dass die Deutsche Bahn nicht schon seit längerer Zeit mit Streiks gerechnet hat. Als im Jahr 2010 Tarifverhandlungen zwischen der GDL und der Arbeitgeberin als Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbands Bayern e.V. (KAV Bayern) scheiterten und die GDL die Durchführung einer Urabstimmung über Streikmaßnahmen ankündigte, forderte noch am gleichen Tag die Arbeitgeberin die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf, mitzuteilen, ob sie Mitglied der Gewerkschaft GDL seien. Dies rief die GDL auf den Plan, die daraufhin vor dem Arbeitsgericht eine Unterlassungsklage gegen die Arbeitgeberin hinsichtlich der Befragung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit erhob. Ihrer Meinung nach verletze diese Frage ihre durch Artikel 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit. Nachdem die erste Instanz für die Klägerin erfolgreich-, die zweite Instanz vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht 2012 teilweise erfolgreich verlaufen ist, hat das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.11.2014 (AZ: 1 AZR 257/13) zwar das Klagbegehren in vollem Umfang abgewiesen, weil die Unterlassungsklage zu weit gefasst war. Die Entscheidung enthält jedoch einen Teilaspekt, aus dem deutlich wird, dass die Richter zumindest die Verletzung der verfassungsrechtlich geschützten kollektiven Koalitionsfreiheit der GDL für gegeben ansehen. Der Schutzbereich umfasse neben dem Abschluss von Tarifverträgen auch hierauf gerichtete Arbeitskampfmaßnahmen. Zur Begründung führten die Richter an, dass durch die Befragung der Mitglieder zum Zeitpunkt einer Streikandrohung der Verhandlungsdruck der Gewerkschaft unterlaufen werde.

An diesem von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachteten Verfahren wird deutlich, dass nicht nur Gewerkschaften „mit harten Bandagen kämpfen“, sondern auch von Arbeitgeberseite bereits im Vorfeld eines Streiks Maßnahmen zur dessen Erschwerung unternommen werden, die mit der Verfassung nicht in Einklang stehen und damit nicht weniger von einseitigen Interessen geleitet sind.

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2014 – AZ: 1 AZR 257/13

Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 07.11.2012 – AZ: 12 Sa 654/11


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