
Änderungen in der privaten Lebensgestaltung sind häufig. So wird beispielsweise in Deutschland jede dritte Ehe geschieden, in Großstädten sogar jede zweite. Oft heiraten die Geschiedenen nach einiger Zeit ein zweites Mal. In der Gesellschaft ist so etwas längst akzeptiert. Auch im Arbeitsleben spielt das Privatleben der Mitarbeiter in der Regel keine Rolle, da die meisten Unternehmen den Grundsatz „Privates bleibt privat.“ akzeptieren. Bei der katholischen Kirche ist dies jedoch anders. Hier können von der Lehre der katholischen Kirche abweichende Lebensentwürfe durchaus zur Kündigung des Arbeitnehmers führen.

Bundesverfassungsgericht erklärt Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederheirat für verfassungsgemäß/Bild: Unsplash.com
So erging es dem Chefarzt eines katholischen Krankenhauses, der sich hatte scheiden lassen und nach einiger Zeit ein zweites Mal heiratete. Nach dem katholischen Arbeitsrecht stellt dies ein schwerwiegender Loyalitätsverstoß dar, da die Ehe als Sakrament und damit als unauflöslich gilt. Eine Wiederheirat wird demzufolge nicht akzeptiert. Aus diesem Grund wurde dem Chefarzt gekündigt. Dieser klagte gegen die Kündigung und bekam in allen Instanzen recht. Zuletzt bestätigte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2011 die Unwirksamkeit der Kündigung. Dagegen legte die katholische Kirche Verfassungsbeschwerde ein. Mit Beschluss vom 22.10.2014 (AZ: 2 BvR 661/12) hob der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts das Urteil des Bundesarbeitsgerichts auf. Nach Auffassung der Richter verletze das Urteil des BAG die Kirche in ihren verfassungsrechtlich garantierten Sonderrechten. Staatliche Gerichts dürften sich nicht über das kirchliche Selbstverständnis hinwegsetzen, solange dieses seinerseits nicht gegen grundlegende verfassungsrechtliche Gewährleistungen verstoße. Das Bundesverfassungsgericht hat den Fall an das Bundesarbeitsgericht zurückverwiesen, da Bedeutung und Tragweite des kirchlichen Selbstbestimmungsrecht bislang nicht ausreichend berücksichtigt worden seien.
Während der Erzbischof von Köln die Entscheidung, die die bisherige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestätigt, ausdrücklich begrüßt, dürfte sich in weiten Teilen der Bevölkerung Unverständnis und Unmut breitmachen, da eine derartige Kündigung als lebensfremd, altmodisch und unfair empfunden wird. „Die Grundrechte müssen doch auch oder erst recht für die Kirche gelten.“ – Diese Äußerung fällt häufig. In der Tat ist es auch so, dass die katholische Kirche bei der Behandlung ihrer Mitarbeiter nicht willkürlich gegen Verfassungsrechte verstoßen darf. Auf der anderen Seite ist den Religionsgemeinschaften in Artikel 140 Grundgesetz ein Selbstbestimmungsrecht einräumt worden. Dies hat unter anderen zu einem speziellen Arbeitsrecht für kirchliche Mitarbeiter geführt. Dazu gehört auch ihre Verpflichtung, beruflich und privat im Konsens mit den katholischen Glaubensvorstellungen zu leben. Und da nach der katholische Lehre Scheidung und Wiederheirat kirchenrechtlich nicht erlaubt sind, begeht ein Mitarbeiter, sollte er dagegen verstoßen, nicht nur eine Sünde, sondern gleichzeitig einen arbeitsrechtlichen Loyalitätsverstoß. Bislang wog dieses illoyale Verhalten in den Augen der katholischen Kirche stets so schwer, dass für Arbeitnehmer in jedem Fall die Kündigung erfolgte und ein sich anschließender Rechtstreit außerdem durch alle Instanzen geführt wurde.
Es besteht jedoch Hoffnung, dass sich dies eines Tages ändern könnte: So hat vor einiger Zeit eine Arbeitsgruppe der katholischen Kirche Vorschläge erarbeitet, nach denen Scheidung und zweite zivile Ehe sowie ein Leben in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nicht automatisch und in jedem Fall einen schweren Loyalitätsverstoß darstellen, der dann zur Kündigung führt. Ob und wann die Vorschläge, die auf mehr Augenmaß bei Verfehlungen der Mitarbeiter gegen die Glaubenslehre setzen, von der gesamten katholischen Kirche in Deutschland akzeptiert- und schließlich auch umgesetzt werden, ist aber zur Zeit noch völlig offen.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22.10.2014 – AZ: 2 BvR 661/12
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