Spannende Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

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20. Oktober 2016, 9:45 Uhr
Zweiter Senat
Krankheitsbedingte Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen – Erforderlichkeit eines betrieblichen Eingliederungsmanagements  


R. (DGB Rechtsschutz GmbH, Kassel) ./. 
F. mbH (Arbeitgeberverband, Flensburg)

– 2 AZR 424/15 –

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung.

Der 1958 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1979 bei der Beklagten zunächst als Schlosser, seit Juli 2011 als Kommissionierer im Materiallager tätig. Die Beklagte beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Seit dem Jahre 2003 bis zum Ausspruch der Kündigung war der Kläger jährlich zwischen 31 und 204 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte leistete für Zeiträume zwischen 2 und 69 Tagen jährlich Entgeltfortzahlung. In einem Informationsgespräch am 20. Juni 2013 wurde der Kläger über die Ziele eines betrieblichen Eingliederungsmanagements aufgeklärt. Hierzu äußerte er sich zunächst nicht. Mit Wirkung vom 11. Februar 2014 galt bei der Beklagten eine Betriebsvereinbarung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement, in welcher dessen Ablauf im Einzelnen geregelt war. Mit Schreiben vom 5. März 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats zum 31. Oktober 2014, ohne zuvor das betriebliche Eingliederungsmanagement durchgeführt zu haben. Am 11. März 2014 stimmte der Kläger schließlich der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements auf einem vorformulierten Formular zu.

Krankheit/ Unsplash.com

Der Kläger hält die Kündigung für sozial ungerechtfertigt. Sie sei ua. unverhältnismäßig, weil die Beklagte das betriebliche Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt habe. Er habe das Angebot zur Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht abgelehnt. Auch soweit die Beklagte dies gegenüber dem Betriebsrat behauptet habe, sei dies unrichtig. Die Beklagte hält die Kündigung hingegen für wirksam. Sie habe die fehlende Äußerung des Klägers zum Angebot eines betrieblichen Eingliederungsmanagements als Ablehnung verstehen dürfen. Die Betriebsvereinbarung vom 11. Februar 2014 habe keine Anwendung gefunden, da das betriebliche Eingliederungsmanagement zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Betriebsvereinbarung bereits abgeschlossen gewesen sei. Dies sei innerhalb eines Jahres nur einmal durchzuführen, so dass keine Verpflichtung zur erneuten Durchführung bestanden habe. Auch wäre ein solches von vorneherein aussichtslos gewesen, weil der Kläger bereits den leichtesten aller bei ihr bestehenden Arbeitsplätze innegehabt habe. Ob krankheitsbedingte Fehlzeiten durch Rehabilitationsmaßnahmen hätten vermieden werden können, habe sie nicht prüfen müssen. Hierauf habe sich der Kläger nicht berufen.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

LAG Schleswig-Holstein,
Urteil vom 3. Juni 2015 – 6 Sa 396/14 –


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