Kann eine Kündigung wegen des dringenden Verdachts eines schwerwiegenden Fehlverhaltens wirksam sein, selbst wenn sich im Nachhinein die Unschuld des bzw. der Betroffenen herausstellt? Sie kann. Dies haben die Arbeitsgericht bis hin zum Bundesarbeitsgericht immer wieder entscheiden. Es gibt also die seltnen Fälle, in denen man am Ende sagen muss: Unschuldig und zu Recht gefeuert.
Verdachtskündigung kann auch bei erwiesener Unschuld wirksam sein
Eine Verdachtskündigung kommt daher nur unter sehr strengen Voraussetzungen und dann in Betracht, wenn die für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensbasis weggefallen ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht in Hamm kürzlich festgestellt und damit die gängige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht bestätigt.
Im vorliegenden Fall wurde einer seit 20 Jahren in einem Seniorenheim der AWO in Bochum angestellten Betriebsrätin gekündigt. Ihr wurde vorgeworfen, einer Wohnbereichsleiterin eine Trauerkarte ins Dienstpostfach gelegt zu haben, auf welcher Handschriftlich Folgendes vermerkt war: „Für Dich (bist die nächste)“. Die Wohnbereichsleiterin beendete ihrerseits das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch.
Die Betriebsrätin bestreitet, dass sie diese Trauerkarte angefertigt und in das Postfach gelegt habe. Ein außergerichtlich eingeholtes Schriftgutachten bestätigte zunächst, dass der Vermerk mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ von ihr stammte. Das Gutachten ging allerdings nicht so weit zu sagen, dass es sich mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ oder mit „sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ um die Schrift der Beschuldigten handelte. Der niedrigere Verdachtsgrad genügte der Klinikleitung jedoch, sodass das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gekündigt wurde.
Grundsätzlich ist es nur schwer möglich, Betriebsratsmitglieder zu kündigen. Nur im Ausnahmefall ist eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Der Betriebsrat muss der Kündigung allerdings zustimmen. Wird die Zustimmung verweigert, kann das Arbeitsgericht durch Beschluss die Zustimmung ersetzen, sodass die Kündigung dann möglich ist.
Der Betriebsrat stimmte vorliegend der Kündigung nicht zu. Die Klinik wandte sich daher an das Arbeitsgericht Bochum, um die Zustimmung gerichtlich einzuholen. Das Arbeitsgericht wies den Antrag zurück – ebenso das Landesarbeitsgericht in der zweiten Instanz.
Hohe Hürden bei der Verdachtskündigung
Im vorliegenden Fall hat der erforderliche Verdachtsgrad nicht ausgereicht, um die Verdachtskündigung auszusprechen. Es ist notwendig, dass aufgrund objektiver Tatsachen der dringende Verdacht vorliegt, dass eine gravierende Pflichtverletzung vom Arbeitnehmer begangen wurde. Hierzu muss der Arbeitgeber alle möglichen und zumutbaren Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts ausschöpfen, um den Verdacht zur begründen. Insbesondere muss hierzu der betroffene Mitarbeiter angehört werden.
Kann die Pflichtverletzung nicht sicher nachgewiesen werden, muss zumindest der zu Tage getretene Verdacht derart stark sein, dass er das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört. Im vorliegenden Fall sah es nicht so aus. Das eingeholte Gutachten konnte nicht zweifelsfrei beweisen, dass die Betriebsrätin den handschriftlichen Vermerk auf der Karte verfasst und die Karte anschließend ins Postfach der Wohnbereichsleiterin gelegt hat. Eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ einer Pflichtverletzung ist nicht ausreichend, um ein Betriebsratsmitglied zu kündigen.
Landesarbeitsgericht Hamm (Nordrhein-Westfalen), Beschluss vom 30.08.2016, Az.: 7 TaBV 45/16.
Mehr zum Thema Arbeitsrecht: Arbeitsunfähigkeit – Arbeitszeitmodelle – Beendigungskündigung – Einstellungsuntersuchung – Freiwilligenprogramm – Arbeistrecht in der Luftfahrt–Fume Events: Gefahr im Flug durch Giftige Gase– Altersgrenze für Piloten rechtmäßig – Notlandungen bei Ryanair – Sind Piloten angewiesen zu wenig Kerosin zu tanken?– Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern im Streikfall
Sie haben weitere Fragen zu diesem Thema? Wir helfen Ihnen!
Gerne helfen wir Ihnen weiter. Die Schilderung Ihres Problems und eine kurze Ersteinschätzung sind kostenlos, wenn Sie gekündigt wurden oder einen Aufhebungsvertrag erhalten haben. Rufen Sie uns dann gerne an.
Für alle anderen Anliegen können Sie gerne eine kostenpflichtige Erstberatung in Anspruch nehmen.
24 Stunden, rund um die Uhr
Mo - Fr von 08:00 – 18:00 Uhr
Hamburg 040 35 70 49 50Mo - Fr von 08:00 – 18:00 Uhr
Auch interessant: Kündigungsschutzklage
Durch eine Kündigungsschutzklage wird in Deutschland der Kündigungsschutz vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die Klage ist auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses in dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung gerichtet. Mit anderen Worten – das Gericht prüft im Rahmen der Kündigungsschutzklage die Wirksamkeit einer Kündigung. Dabei wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses insbesondere auf die Vereinbarkeit mit dem Kündigungsschutzgesetz, sofern dieses auf den Betrieb und das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, überprüft. Darüber hinaus prüft das Arbeitsgericht auch das Vorliegen anderer Unwirksamkeitsgründe der Kündigung, etwa Verstöße gegen die Form oder etwaige tarifliche Kündigungsverbote. Weiterlesen
Profis zum Kündigungsschutz: Rechtsbeistand bei Kündigung in Wandsbek – Rechtsanwalt in Husum – Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Dulsberg – Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in Eppendorf– Kanzlei für Arbeitsrecht in Flensburg– Rechtsbeistand bei Kündigung in Wandsbek – Pöppel Rechtsanwälte–Anwalt Arbeitsrecht Airline – Anwalt Kündigung Hamburg – Kündigungsschutz Anwalt Kündigung Arbeitsrecht Hamburg
Sie haben weitere Fragen zu diesem Thema? Wir helfen Ihnen!
Gerne helfen wir Ihnen weiter. Die Schilderung Ihres Problems und eine kurze Ersteinschätzung sind kostenlos, wenn Sie gekündigt wurden oder einen Aufhebungsvertrag erhalten haben. Rufen Sie uns dann gerne an.
Für alle anderen Anliegen können Sie gerne eine kostenpflichtige Erstberatung in Anspruch nehmen.
24 Stunden, rund um die Uhr
Mo - Fr von 08:00 – 18:00 Uhr
Hamburg 040 35 70 49 50Mo - Fr von 08:00 – 18:00 Uhr
Sie benötigen weiteren rechtlichen Rat?
Nutzen Sie unsere Online-Anfrage für einen schnellen Check.
Die Schilderung Ihres Problems und eine kurze Ersteinschätzung sind kostenlos, wenn Sie gekündigt wurden oder einen Aufhebungsvertrag erhalten haben.
Für alle anderen Anliegen können Sie gerne eine kostenpflichtige Erstberatung in Anspruch nehmen.