Verdachtskündigung einer Betriebsrätin – hohe Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend

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Kann eine Kündigung wegen des dringenden Verdachts eines schwerwiegenden Fehlverhaltens wirksam sein, selbst wenn sich im Nachhinein die Unschuld des bzw. der Betroffenen herausstellt? Sie kann. Dies haben die Arbeitsgericht bis hin zum Bundesarbeitsgericht immer wieder entscheiden. Es gibt also die seltnen Fälle, in denen man am Ende sagen muss: Unschuldig und zu Recht gefeuert.

Verdachtskündigung kann auch bei erwiesener Unschuld wirksam sein

Eine Verdachtskündigung kommt daher nur unter sehr strengen Voraussetzungen und dann in Betracht, wenn die für das Arbeitsverhältnis notwendige Vertrauensbasis weggefallen ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht in Hamm kürzlich festgestellt und damit die gängige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht bestätigt.

Verdachtskündigung einer Betriebsrätin – hohe Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend/ Bild: Unsplash.com/Joshua Hoehne

Im vorliegenden Fall wurde einer seit 20 Jahren in einem Seniorenheim der AWO in Bochum angestellten Betriebsrätin gekündigt. Ihr wurde vorgeworfen, einer Wohnbereichsleiterin eine Trauerkarte ins Dienstpostfach gelegt zu haben, auf welcher Handschriftlich Folgendes vermerkt war: „Für Dich (bist die nächste)“. Die Wohnbereichsleiterin beendete ihrerseits das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch.

Die Betriebsrätin bestreitet, dass sie diese Trauerkarte angefertigt und in das Postfach gelegt habe. Ein außergerichtlich eingeholtes Schriftgutachten bestätigte zunächst, dass der Vermerk mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ von ihr stammte. Das Gutachten ging allerdings nicht so weit zu sagen, dass es sich mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ oder mit „sehr hoher Wahrscheinlichkeit“ um die Schrift der Beschuldigten handelte. Der niedrigere Verdachtsgrad genügte der Klinikleitung jedoch, sodass das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos gekündigt wurde.

Verdachtskündigung einer Betriebsrätin – hohe Wahrscheinlichkeit nicht ausreichend/ Bild: Unsplash.com/ Viktor Talashuk

Grundsätzlich ist es nur schwer möglich, Betriebsratsmitglieder zu kündigen. Nur im Ausnahmefall ist eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund möglich. Der Betriebsrat muss der Kündigung allerdings zustimmen. Wird die Zustimmung verweigert, kann das Arbeitsgericht durch Beschluss die Zustimmung ersetzen, sodass die Kündigung dann möglich ist.

Der Betriebsrat stimmte vorliegend der Kündigung nicht zu. Die Klinik wandte sich daher an das Arbeitsgericht Bochum, um die Zustimmung gerichtlich einzuholen. Das Arbeitsgericht wies den Antrag zurück – ebenso das Landesarbeitsgericht in der zweiten Instanz.

Hohe Hürden bei der Verdachtskündigung

Im vorliegenden Fall hat der erforderliche Verdachtsgrad nicht ausgereicht, um die Verdachtskündigung auszusprechen. Es ist notwendig, dass aufgrund objektiver Tatsachen der dringende Verdacht vorliegt, dass eine gravierende Pflichtverletzung vom Arbeitnehmer begangen wurde. Hierzu muss der Arbeitgeber alle möglichen und zumutbaren Mittel zur Aufklärung des Sachverhalts ausschöpfen, um den Verdacht zur begründen. Insbesondere muss hierzu der betroffene Mitarbeiter angehört werden.

Kann die Pflichtverletzung nicht sicher nachgewiesen werden, muss zumindest der zu Tage getretene Verdacht derart stark sein, dass er das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nachhaltig zerstört. Im vorliegenden Fall sah es nicht so aus. Das eingeholte Gutachten konnte nicht zweifelsfrei beweisen, dass die Betriebsrätin den handschriftlichen Vermerk auf der Karte verfasst und die Karte anschließend ins Postfach der Wohnbereichsleiterin gelegt hat. Eine „hohe Wahrscheinlichkeit“ einer Pflichtverletzung ist nicht ausreichend, um ein Betriebsratsmitglied zu kündigen.

Landesarbeitsgericht Hamm (Nordrhein-Westfalen), Beschluss vom 30.08.2016, Az.: 7 TaBV 45/16.


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