Betriebliche Altersversorgung im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.
Betriebliche Altersversorgung (bAV) ist ein Sammelbegriff für alle finanziellen Leistungen, die ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zur Altersversorgung, Versorgung von Hinterbliebenen oder zur Invaliditätsversorgung bei Erwerbsunfähigkeit zusagt. Das klassische Modell der bAV soll dem Arbeitnehmer im Rentenalter zu mehr finanziellem Spielraum verhelfen, als es mit der (oft nur geringen) gesetzlichen Rente möglich ist. Man unterscheidet dabei verschiedene Arten der bAV:
Handelt es sich um eine arbeitgeberfinanzierte bAV, übernimmt der Arbeitgeber die Beiträge zur späteren Arbeitnehmerrente allein. Diese Art der arbeitgeberfinanzierten Betriebsrente ist eine freiwillige Leistung. Das hat zur Folge, dass der Arbeitgeber in der Regel auch bestimmte Mindestbetriebszugehörigkeiten festlegen kann. Seit Januar 2018 ist jedoch durch das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie eine Lockerung eingetreten: Mitarbeiter müssen jetzt nur noch mindestens drei Jahre im Unternehmen tätig gewesen- und beim Wechsel des Arbeitgebers 23 Jahre alt sein, dann ist der Anspruch auf Betriebsrente unverfallbar.
Die Form der arbeitgeberfinanzierten bAV hat eine über hundertjährige Tradition in Deutschland, mit der man Arbeitnehmer an das Unternehmen binden wollte und will.
Klassische arbeitgeberfinanzierte Altersversorgungswege für Arbeitnehmer sind Direktzusage, Unterstützungskasse und Pensionsfonds. Bei der Direktzusage kümmert sich der Chef persönlich um die Anlage des Geldes, während bei der Unterstützungskasse diese als rechtlich selbständige Einrichtung das Geld verwaltet und möglichst gewinnbringend anlegt. Andere Unternehmen wählen für ihre bAV einen Pensionsfonds. Diese übernehmen die Anlage des Geldes vollkommen selbständig und investieren oft in Anleihe- oder Aktienfonds. Ein Pensionsfonds entlastet den Arbeitgeber, weil er nicht die konkrete Verzinsung der Beiträge-, sondern nur den Beitragserhalt garantieren muss.
Bietet Ihnen Ihr Chef an, Ihre bAV zu übernehmen, stimmen Sie zu. Müssen Sie selbst nichts dazu zahlen, lohnt es sich immer, denn der Arbeitgeber muss für seine Zusagen – egal, ob Leistungs- oder Beitragszusage – aufkommen.
Unter anderem wegen hoher Haftungsrisiken ist die Finanzierung der Betriebsrente durch den Arbeitgeber jedoch rückläufig. Vielen Arbeitgebern ist es zu riskant, heutige Rentenversprechen Jahrzehnte später auch einhalten zu müssen.
Stattdessen finanzieren viele Arbeitnehmer ihre zusätzliche Betriebsrente mittlerweile durch eine sog. Entgeltumwandlung selbst, oder die bAV wird sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer finanziert (Mischform).
Überwiegend arbeitnehmerfinanzierte Durchführungswege sind die Direktversicherung und die Pensionskasse. Hinter beiden stecken große Lebensversicherer, die sich um Anlage und Verwaltung der bAV-Beiträge kümmern. Tarifgebundene Unternehmen wählen meist Pensionskassen, weil diese sich speziell an bestimmte Brachen wenden, während nicht tarifgebundene Unternehmen die Hilfe einer Direktversicherung in Anspruch nehmen. Die bAV durch den Arbeitnehmer gestaltet sich folgendermaßen: Dieser setzt ein Teil seines Bruttogehalts für eine Betriebsrente ein, bei Direktversicherungen bzw. Pensionskassen für eine bAV-Lebensversicherung. Man spricht von einer Entgeltumwandlung.
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) im Jahr 2002 hat jeder Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung. Er kann von seinem Arbeitgeber verlangen, dass von seinem Gehalt bis zur vier Prozent der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung für seine betriebliche Alterversorgung verwendet werden. Dafür wird von seinem Bruttogehalt der vom Arbeitnehmer festgelegte Betrag einbehalten und einer betrieblichen Alterversorgung, über die der Arbeitgeber entscheidet, zugeführt. Dabei sparen sich die Arbeitnehmer die Steuern und die Sozialversicherungsbeiträge auf die Beträge. Gehen sie dann aber in Rente, ändert sich das: Denn auf die monatliche Betriebsrente muss nicht nur Einkommenssteuer-, sondern auch der volle Beitrag zur gesetzlichen Krankenkasse, also Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag plus Zusatzbeitrag, gezahlt werden. Und der ehemalige Arbeitnehmer erhält – da sein Bruttogehalt während der Entgeltumwandlungszeit gemindert war – nun auch noch weniger gesetzliche Rente. Egal, ob die bAV-Beiträge unverzinst oder sehr gering verzinst werden: Eine alleinige Finanzierung der Entgeltumwandlung durch den Arbeitnehmer lohnt sich erst ab einem Alter zwischen 90 und 100 Jahren! Das sieht anders aus, wenn sich der Arbeitgeber daran beteiligt. Hier sind zur Zeit noch die Mitarbeiter tarifgebundener Unternehmen im Vorteil, denn der Arbeitgeberzuschuss in im Tarifvertrag festgeschrieben. Allen außertariflichen Arbeitnehmern bleibt nur, den Chef von den positiven Seiten der Entgeltumwandlung und seiner eigenen finanziellen Beteiligung zu überzeugen. Da er durch die Minderung des Bruttogehalts seines Mitarbeiters einen Teil der Sozialabgaben spart, ist er vielleicht bereit, mit diesem ersparten Beitrag die Entgeltumwandlung mitzufinanzieren. Eventuell erhöht er den Betrag noch ein wenig. Erzwingen lässt sich eine solche Mischfinanzierung jedoch noch nicht. Erst ab 2022 werden Arbeitgeber 15 Prozent zur Entgeltumwandlung zuschießen müssen. Das wurde im neuen Betriebsrentengesetz von 2017 so beschlossen.
BAV-Modelle sind trotz großer Verbreitung (Ca. 18 Millionen von 30 Millionen Arbeitnehmern haben eine Betriebsrente in Aussicht) und Bekanntheit nicht für jeden Mitarbeiter das Richtige: Zwar erhalten von Januar 2018 an auch Rentner, die Grundsicherung erhalten, einen Teil der Betriebsrente, während sie vorher voll angerechnet wurde, also verloren war. Wer jedoch weiß oder annimmt, dass er während seines Berufslebens öfter den Arbeitsplatz wechseln wird, sollte sich lieber über alternative private Altersabsicherungen informieren, da häufig bAV-Verträge nicht oder nur unter großen Verlusten zum neuen Arbeitgeber mitgenommen werden können.
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