Kann der Arbeitgeber die Probezeit verlängern?
Die Lieblingsantwort eines Juristen lautet: Es kommt darauf an.
Und in der Tat: Es kommt hier darauf an. Denn der Begriff Probezeit wird sehr unterschiedlich verwendet.
Es gibt verschiedene Probezeitbegriffe
Man kann grundsätzlich folgende Fälle bei der Probezeit unterscheiden:
1. Probezeit im normalen Arbeitsverhältnis
Hierbei handelt es sich um eine individualrechtlich ausgestaltete Abrede, also keine gesetzliche Regelung. Es steht den Vertragsparteien daher frei, eine Probezeit zu vereinbaren. Diese darf dann längstens sechs Monate (in der Praxis auch der Regelfall) betragen und läuft ab Beginn des Arbeitsverhältnisses. In Tarifverträgen sind abweichende Regelungen wirksam.
2. Probezeit bei Auszubildenden
Bei Berufsausbildungsverhältnissen ist die Dauer der Probezeit gesetzlich geregelt, § 20 Berufsbildungsgesetz, und beträgt höchstens vier Monate.
3. Wartezeit auf die Anwendbarkeit des KSchG
unsplash.com/ Wil Stewart
Von der individualrechtlich vereinbarten Probezeit ist die Wartezeit zu unterscheiden, die ebenfalls sechs Monate ab Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses beträgt und daher oft mit der Probezeit verwechselt wird. Nach Ablauf dieser sechsmonatigen Wartefrist greift das Kündigungsschutzgesetz (KschG), soweit die Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes in dem jeweiligen Betrieb erfüllt sind (ab 01.01.2004 gilt der Schwellenwert von zehn beschäftigten Arbeitnehmern). Das heißt, der neue Mitarbeiter genießt vollen Kündigungsschutz. Zudem findet der Schwerbehindertenschutz nach dem SGB IX Anwendung. Während der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit mit einer kurzen Frist von zwei Wochen kündigen kann, soweit keine andere Kündigungsfrist vereinbart wurde, kann er nach Ablauf dieser Wartefrist einen unliebsamen Mitarbeiter nur schwer loswerden.
Ausnahmeregelung der Verlängerung der Probezeit
Oftmals reicht dem Arbeitgeber die sechsmonatige Probezeit nicht aus, um sich von den Fähigkeiten und Leistungen des Arbeitnehmers zu überzeugen. In bestimmten Ausnahmefällen ist daher eine Verlängerung der Probezeit -quasi als zweite Chance- denkbar, ohne dass eine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes (Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist) gegeben ist. Allerdings bedarf es der Zustimmung des Arbeitnehmers und die Verlängerung hat noch während der eigentlichen Probezeit zu erfolgen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 07.03.2002 entschieden, dass eine faktische Verlängerung der Probezeit durch einen Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung mit bedingter Wiedereinstellungszusage möglich ist (Az.: 2 AZR 93/01).
Beispiel:
Probezeitverlängerung/ Bild: Unsplash.com
Der Arbeitnehmer (AN) steht kurz vor Ablauf seiner sechsmonatigen Probezeit am 30.06. Der Arbeitgeber (AG) ist unsicher, ob der AN der richtige Mitarbeiter auf dieser Position ist und beabsichtigt die Probezeit zu verlängern. Noch während der Probezeit schließen beide einen Aufhebungsvertrag, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09. vorsieht. Im Fall einer Bewährung vereinbaren beide die Vernichtung des Aufhebungsvertrages.
Rechtsfolge:
Der Aufhebungsvertrag (oder eine Kündigung) mit bedingter Wiedereinstellungszusage ist wirksam. Eine Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes (welches ansonsten nach Ablauf der sechsmonatigen Wartefrist Anwendung gefunden hätte) liegt nicht vor.
Der Arbeitgeber muss jedoch beachten, dass die Bewährungsziele klar definiert sind, bei deren Erfüllung der Arbeitnehmer wieder eingestellt wird, da er im Falle eines Rechtsstreits (AN klagt auf Wiedereinstellung) die Beweislast hierfür trägt. Also, welches die Voraussetzungen für eine Weiterbeschäftigung waren und warum diese nicht erreicht worden sind.
Soll ich mich als Arbeitnehmer auf eine Probezeitverlängerung einlassen?
Wenn sich der Arbeitnehmer diesbezüglich weigert, auf den Vorschlag seines Arbeitgebers einzugehen, riskiert mit hoher Wahrscheinlichkeit seinen Arbeitsplatz. Der Arbeitgeber hat ja dann alternativ die Möglichkeit, noch innerhalb der Probezeit zu kündigen. Seine Zustimmung sollte der Arbeitnehmer daher als Chance verstehen und innerhalb der Verlängerung richtig Gas geben.
Alternative zur Probezeitverlängerung für den Arbeitgeber?
Mehr Sicherheit für den Arbeitgeber kann von Anfang an eine kalendermäßige Befristung des Arbeitsverhältnisses bringen. Diese ist ohne Sachgrund bis zu zwei Jahren zulässig.
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