Berufsausbildungsverhältnis im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.
Ein Berufsausbildungsverhältnis ist ein zwischen Ausbilder und Auszubildendem bestehendes Arbeitsverhältnis. Es unterscheidet sich vom normalen Arbeitsverhältnis als Austausch von Arbeitsleistung gegen Geld dadurch, dass es der Vermittlung der für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang dient. Der Auszubildende erlernt während der Ausbildung seinen Beruf. Die gesetzliche Grundlage aller Berufsausbildungsverhältnisse ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG). Von dessen Bestimmungen darf im jeweiligen Berufsausbildungsvertrag nicht zulasten des Auszubildenden abgewichen werden. Auch nicht durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung. Ist der Auszubildende noch minderjährig, sind für sein Berufsausbildungsverhältnis außerdem die Vorschriften des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) zu beachten, insbesondere die Beschäftigungsverbote bei Beeinträchtigung der körperlichen bzw. seelischen Entwicklung des Jugendlichen. Weitere Rechtsgrundlagen sind die Ausbildungsverordnungen für den jeweils gewählte Ausbildungsberuf sowie der jeweilige Ausbildungsvertrag. Für einen anerkannten Ausbildungsberuf darf nur nach der bundeseinheitlichen Ausbildungsordnung ausgebildet werden.
Besonderheiten aller Berufsausbildungsverhältnisse sind:
– Das Berufsausbildungsverhältnis wird durch einen Berufsausbildungsvertrag zwischen Ausbilder und Auszubildendem geschlossen, und zwar schriftlich vor Ausbildungsbeginn. Ist der Auszubildende noch nicht volljährig, müssen die Sorgeberechtigten dem Vertragsabschluss zustimmen. Das BBiG legt bestimmte Mindestinhalte fest, z.B. Beginn und Dauer der Beschäftigung, Art, Gliederung und Ziel der Berufsausbildung, Probezeit, Urlaub, Kündigung sowie Höhe der Vergütung .
– Der Ausbilder muss den Berufsausbildungsvertrag zur Eintragung in das Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse anmelden. Erst mit Eintrag darf der Auszubildende am Ende der Ausbildungszeit seine Abschlussprüfung ablegen.
– Vereinbarungen im Ausbildungsvertrag, die eine Verpflichtung des Auszubildenden zur Zahlung von Vertragsstrafen, Ausschluss von Schadensersatzansprüchen oder Rückzahlungsvereinbarungen vorsehen, sind rechtswidrig.
– Die Pflicht des Ausbilders besteht in der sachlichen und persönlichen Ausbildung des Auszubildenden. Sachlich ist der Ausbilder verpflichtet, den Auszubildenden voll in das Unternehmen zu integrieren, so dass er die für den Beruf notwendigen Fähigkeiten erwerben kann. Er muss ihm auch die notwendigen Arbeitsmaterialien zur Verfügung stellen. Die persönliche Ausbildung beinhaltet die charakterliche Förderung und die Verhinderung von Gefährdungen des Auszubildenden.
– Der Auszubildende unterliegt dem Weisungsrecht des Ausbilders. Er ist zur Leistung von Arbeit verpflichtet. Aus dem Umstand, dass er erst lernt, ergibt sich, dass er sich bemühen muss, die für das Ausbildungsziel notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlernen. Daher dürfen ihm vom Ausbilder nur Tätigkeiten übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und zu denen der Auszubildende körperlich in der Lage ist, nicht etwa berufsfremde Tätigkeiten wie z.B. Einkauf von Privatsachen für Chef und Mitarbeiter. Außerdem muss der Auszubildende eine entsprechende Berufsschule besuchen und dort auch Prüfungen ablegen. Entsprechend ist der Ausbilder verpflichtet, ihn für die Teilnahme an der Berufsschule freizustellen und in dieser Zeit weiter zu bezahlen.
– Die Probezeit eines Berufsausbildungsverhältnisses beträgt mindestens einen Monat und höchstens vier Monate. Während der Probezeit soll der Auszubildende prüfen, ob er den Beruf überhaupt ausüben möchte und kann. Auch der Ausbilder muss prüfen, ob er den Auszubildenden fördern kann und will. Während der Probezeit können beide Seiten das Berufsausbildungsverhältnis fristlos und ohne Angabe eines Grundes schriftlich kündigen. Die Probezeit darf nicht verlängert werden.
– Nach Ablauf der Probezeit können Ausbilder sowie Auszubildender das Ausbildungsverhältnis fristlos kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das heißt, es muss ein Grund bestehen, der es dem Kündigenden unmöglich macht, das Berufsausbildungsverhältnis weiterzuführen. Dies ist stets vom Einzelfall abhängig. Gründe für eine fristlose Kündigung durch den Ausbilder liegen z.B. vor bei eigenmächtigem Urlaubsantritt des Auszubildenden, mehrmaligem unentschuldigten Fehlen in der Ausbildungsstätte, Schwänzen des Berufsschulunterrichts, tätlichen Angriffen im Betrieb oder anderen Straftaten (Diebstahl, Unterschlagung von Betriebseigentum). In der Regel muss der Auszubildende vor der Kündigung mindestens einmal, eventuell sogar mehrmals abgemahnt werden, damit er sein Verhalten noch ändern kann.
Der Auszubildende kann fristlos kündigen, wenn gravierende Ausbildungsmängel bestehen, insbesondere wenn ihm ständig berufsfremde Tätigkeiten abverlangt werden. Außerdem, wenn gegen ihn Straftaten verübt werden, er beispielsweise verprügelt, bedroht, genötigt oder sexuell belästigt wird.
Die jeweils kündigende Seite muss im Kündigungsschreiben den Kündigungsgrund genau angeben. Formelhafte Wendungen wie „ XY ist allgemein unzuverlässig“ reichen nicht aus. Spätestens zwei Wochen nach Kenntnis des wichtigen Grundes muss der Gegenseite das Kündigungsschreiben zugehen, sonst ist die Kündigung unwirksam.
– Der Auszubildende hat außer der Möglichkeit zur fristlosen Kündigung noch ein ihm eigenes Sonderkündigungsrecht: Er kann das Ausbildungsverhältnis mit einer vierwöchigen Frist ordentlich kündigen, wenn er die Berufsausbildung aufgeben- oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. Hintergrund dieser Kündigung ist der Umstand, dass es sich bei den Auszubildende meist um junge Erwachsene handelt, die oft auch noch nach der Probezeit ein größeres Interesse oder mehr Talent für einen anderen Beruf entdecken. Dabei sollen sie nicht durch lange Kündigungsfristen an ihr altes Ausbildungsverhältnis gebunden sein. Wichtig für die Wirksamkeit einer solchen Berufsaufgabekündigung ist, dass die Kündigung die schriftliche Begründung enthält, dass der Auszubildende die Berufsausbildung aufgeben will bzw. sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. Ob er diese Pläne später in die Tat umsetzt, ist dagegen für die Wirksamkeit der Kündigung unerheblich.
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