Arbeitszeugnis „zur vollen Zufriedenheit“

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In der Arbeitswelt scheint es von guten und sehr guten Arbeitszeugnissen nur so zu wimmeln. Dies lässt jedenfalls der Schluss einer Studie der Universität Erlangen-Nürnberg zu, nach der von ca. 800 ausgewerteten Arbeitszeugnissen fast 90 Prozent eine gute oder sehr gute Bewertung enthielten.

Zeugnissprache/ Bild: Unsplah.com

In der sog. Zeugnissprache wird eine gute Arbeitsleistung des Arbeitnehmers im Arbeitszeugnis als Gesamtbewertung mit der Formulierung“ Er oder sie hat seine/ihre Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt“. Eine durchschnittliche Arbeitsleistung, die der Note drei entspricht, wird mit den Worten „zu unserer vollen Zufriedenheit“ ausgedrückt. In den meisten Fällen beurteilt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer wohlwollend, d.h. mit der Note eins oder zwei, ohne dass darüber gestritten werden muss. Dies wohl auch, um Zeit und Nerven zu ersparen, die ein Arbeitgeber sonst für einen Arbeitnehmer aufbringen müsste, der das Unternehmen ohnehin verlässt. Es gibt jedoch Ausnahmen, bei der der Arbeitgeber an seiner durchschnittlichen Bewertung festhält und es über die Gesamtformulierung keine gütliche Einigung mit dem Arbeitnehmer gibt.

Streit um das Arbeitszeugnis landete vor dem Bundesarbeitsgericht

Über einen solchen Fall entschied das Bundesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 18.11.2014 (AZ: AZR 584/13). Eine 25-Jährige hatte gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin, eine Berliner Zahnärztin geklagt. Bei ihr hatte die Arbeitnehmerin ein Jahr am Empfang gearbeitet und anschließend gekündigt. Ihre Arbeitgeberin bescheinigte der ehemaligen Mitarbeiterin im Arbeitszeugnis, sie habe ihre Aufgaben zur vollen Zufriedenheit erledigt. Da die Klägerin mit dieser Bewertung als nur durchschnittliche Arbeitsleitung, die der Note drei entspricht, nicht einverstanden war, klagte sie auf Änderung der Formulierung in „stets zur vollen Zufriedenheit“. Als Begründung führte sie an, dass sie durch die nur durchschnittliche Bewertung aufgrund der überragenden Mehrheit von guten und sehr guten Arbeitszeugnissen bei späteren Bewerbungen benachteiligt sei. Zudem habe sie auch tatsächlich eine gute Arbeitsleistung erbracht. Dem widersprach die beklagte Zahnärztin, die die Leistung als lediglich durchschnittlich einstufte.

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Während die Klägerin vor dem Arbeits- und dem Landesarbeitsgericht Berlin obsiegte, ging das Urteil des Bundesarbeitsgericht nicht zu ihren Gunsten aus. Im Revisionsverfahren entschied der neunte Senat, dass die von der Klägerin monierte Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“, weiterhin eine durchschnittliche Leistung beschreibe. Es komme eben nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten eins und zwei an. Vielmehr müsse die Klägerin konkret darlegen und im Falle des Bestreitens auch beweisen, dass sie eine über dem Durchschnitt liegende Arbeitsleistung erbracht habe, die eine Gesamtbewertung mit der Note zwei oder eins rechtfertige. Das Bundesarbeitsgericht verwies den Fall an das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zurück. Dort obliegt es jetzt der Klägerin, ihre ihrer Ansicht nach gute Arbeitsleistung zu belegen.

 

Die Masse der Zeugnisse wird Gut oder sehr gut bleiben

Das Urteil dürfte weder zu einer befürchteten Zunahme von durchschnittlichen oder sogar schlechteren Bewertungen im Arbeitszeugnis führen, da nicht zu erwarten ist, dass sich die gewohnheitsmäßige Praxis der ganz überwiegend guten Beurteilungen ändern wird. Ebenso wenig hat die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht zu einer Änderung der Rechtslage geführt. Vielmehr wurde lediglich auf bereits bestehende Darlegung- und Beweispflichten von Arbeitnehmer und Arbeitgeber hingewiesen: Diese liegen bei einer mehr als durchschnittlichen Arbeitsleistung beim Arbeitnehmer, bei einer weniger als

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durchschnittlichen Arbeitsleistung dagegen beim Arbeitgeber. Das bedeutet für den Arbeitnehmer, der auf gütlichem Wege eine gute oder sehr gute Beurteilung nicht erhalten kann, dass er sich genau überlegen sollte, ob er tatsächlich genug Argumente und Beweise hat, eine überdurchschnittliche Bewertung vor Gericht durchzusetzen, da er – unabhängig von der üblichen inflationären Notenvergabe – sonst Gefahr läuft, den Prozess zu verlieren.

Urteil des Arbeitsgerichts Berlin – AZ: 28 Ca 1880/11

Urteil des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg – AZ: 18 Sa 2133/12

Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.11.2014 – AZ: AZR 584/13

Praktikerhinweis:

In der Praxis erleben wir immer wieder, dass das Thema Zeugnis sehr an Bedeutung für alle abnimmt. Arbeitgeber setzen Zeugnisgeneratoren ein, die keine individuellen Zeugnisse mehr erstellen, sondern nur noch Textbausteine verwenden. Die Bausteine passen oft nicht zusammen und ein Zeugnis hat dann keine Aussagekraft mehr, wie ein Arbeitnehmer wirklich ist.

Zeugnisse werden zu 80% selbst geschrieben oder werden mit Hilfe von Anwälten vorm Arbeitsgericht erstritten. Niemand gibt sich wirklich inhaltlich Mühe in diesem Verfahren und damit kann das Arbeitszeugnis nicht mehr zur Bewerberauswahl verwendet werden.

Glaubwürdiger und besser sind dann nur Referenzen, die vom Referenzgeber persönlich geschrieben werden und kurz und knackig (wie im Amerikanischen Markt schon lange vorhanden) die wirklichen Qualitäten des Arbeitnehmers darlegen.

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