Die Frage, ob es sich bei einem Unternehmen um einen Kleinbetrieb handelt, scheint auf den ersten Blick eher das Interesse von Betriebswirtschaftlern zu wecken. TatsÀchlich ist die Frage, ob Kleinbetrieb oder nicht, im Arbeitsrecht jedoch oftmals von zentraler Bedeutung.
Immer, wenn ein Mitarbeiter gegen seine KĂŒndigung vorgehen will, muss geprĂŒft werden, ob das KĂŒndigungsschutzgesetz (KSchG) fĂŒr das entsprechende ArbeitsverhĂ€ltnis anwendbar ist. Denn in diesem Fall sind die HĂŒrden fĂŒr eine ordentliche KĂŒndigung höher, da sie nur aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten GrĂŒnden erfolgen darf. Die KĂŒndigungsgrĂŒnde sind ausdrĂŒcklich im KSchG festgelegt.
Findet dagegen das KSchG keine Anwendung, hat der gekĂŒndigte Arbeitnehmer weit weniger Möglichkeiten, gegen die KĂŒndigung vorzugehen. In der Regel kann er dann jederzeit ohne KĂŒndigungsgrund unter Einhaltung der KĂŒndigungsfrist gekĂŒndigt werden.
Dabei greifen die Regelungen des KSchG unter anderem dann nicht, wenn es sich um einen Kleinbetrieb handelt.
Erste Voraussetzung des KSchG: mindestens 6 monatige BeschÀftigung
Anders ausgedrĂŒckt: Das KSchG ist fĂŒr den Arbeitnehmer persönlich anwendbar, wenn er beim Zugang der KĂŒndigung bereits lĂ€nger als sechs Monate ohne Unterbrechung in dem Betrieb oder Unternehmen beschĂ€ftigt war.
Zweite Voraussetzung: mehr als 10 Arbeitnehmer
Als zweite sachliche Voraussetzung fĂŒr die Anwendbarkeit des KSchG gilt, dass in dem entsprechenden Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit beschĂ€ftigt werden. Dies stellt den sog. betrieblichen Schwellenwert dar. Ist er erreicht, handelt es sich nicht mehr um einen Kleinbetrieb. Jedenfalls nicht fĂŒr Arbeitnehmer, deren ArbeitsverhĂ€ltnis ab dem 01.01.2004 oder danach begrĂŒndet wurde. Wurde das ArbeitsverhĂ€ltnis dagegen vor dem 01.01.2004 begrĂŒndet, liegt der Schwellenwert bei mehr als fĂŒnf VollzeitbeschĂ€ftigten. Dieser niedrigere Schwellenwert gilt heute noch solange fĂŒr die Alt-Arbeitnehmer, bis ihre Zahl auf fĂŒnf oder weniger absinkt. Dann unterfallen sie nicht mehr dem KSchG, bis durch Neueinstellungen der jetzt geltende Schwellenwert von mehr als zehn Arbeitnehmer erreicht ist.
Berechnung der Arbeitnehmerzahl ist schwierig
FĂŒr die Berechnung des Schwellenwertes gilt Folgendes: TeilzeitbeschĂ€ftigte mit einer regelmĂ€Ăigen Wochenarbeitszeit bis maximal 20 Stunden zĂ€hlen mit 0,5; TeilzeitbeschĂ€ftigte mit einer regelmĂ€Ăigen Wochenarbeitszeit von mehr als 20 bis maximal 30 Stunden mit 0,75 und BeschĂ€ftigte mit ĂŒber 30 Wochenstunden mit 1,0. Nicht mitgezĂ€hlt werden Auszubildende, Praktikanten, freie Mitarbeiter, der Inhaber und die geschĂ€ftsfĂŒhrenden Organe wie z.B. der GeschĂ€ftsfĂŒhrer. Jeder andere Arbeitnehmer zĂ€hlt mit, auch die im Betrieb angestellte Reinigungskraft, Minijobber oder angestellte Familienmitglieder.
Beispiel: Im Jahr 2017 arbeiten im Betrieb 7 Arbeitnehmer. 6 von ihnen sind VollzeitkrĂ€fte und wurden vor dem 01.01.2004 eingestellt. Eine Teilzeitkraft mit 20 Wochenstunden wurde nach dem 01.01.2004 eingestellt. Insgesamt hat der Betrieb 2017 rechnerisch 6,5 Arbeitnehmer. Da Bestandsschutz fĂŒr die 6 Alt-Arbeitnehmer besteht, genieĂen diese KĂŒndigungsschutz nach den KSchG. Dies gilt jedoch nicht fĂŒr die Teilzeitkraft, da der fĂŒr sie geltende Schwellenwert von mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer nicht erreicht ist.
Im Jahr 2018 kĂŒndigen 2 Alt-Arbeitnehmer. Die im Betrieb verbleibenden 4 Alt-Arbeitnehmer fallen nun auch nicht mehr unter das KSchG, da ihr Schwellenwert von mehr als 5 Arbeitnehmer unterschritten wurde.
Der Betrieb verfĂŒgt nun ĂŒber 4,5 Arbeitnehmer, von denen niemand mehr unter das KSchG fĂ€llt.
Im Laufe des Jahres werden 5 VollzeitkrÀfte und eine Teilzeitkraft mit 15 Wochenstunden neu eingestellt. Der Betrieb hat nun 10,0 Arbeitnehmer.
Arbeitnehmer A erhĂ€lt seine KĂŒndigung. WĂ€hrend des KĂŒndigungsschutzverfahrens kann er darlegen und beweisen, dass der neu eingestellte Teilzeitmitarbeiter lediglich auf dem Papier mit 15 Wochenstunden aufgefĂŒhrt wird, tatsĂ€chlich aber regelmĂ€Ăig 22 Stunden pro Woche arbeitet. Damit ist er nicht mit Faktor 0,5, sondern mit 0,75 zu berĂŒcksichtigen. Der Betrieb hat also 10,25 Arbeitnehmer und ist damit kein Kleinbetrieb mehr. Der Schwellenwert ist erreicht, der gekĂŒndigte Arbeitnehmer genieĂt KĂŒndigungsschutz nach dem KSchG.
Da die im KSchG aufgefĂŒhrten KĂŒndigungsgrĂŒnde sehr fehleranfĂ€llig sind, hat der Arbeitnehmer je nach den UmstĂ€nden des Falles eine reelle Chance, das KĂŒndigungsschutzverfahren zu gewinnen und so seinen Arbeitsplatz zu behalten oder durch einen Vergleich eine angemessene Abfindung zu erhalten.
Zwar bedeutet eine KĂŒndigung in einem Kleinbetrieb und damit die Nichtanwendbarkeit des KSchG nicht die völlige Schutzlosigkeit des Arbeitnehmers im Falle einer KĂŒndigung. Denn er kann selbstverstĂ€ndlich die allgemeinen KĂŒndigungsvoraussetzungen, insbesondere die Form, Frist und den Zugang der KĂŒndigung sowie die Betriebsratsanhörung gerichtlich ĂŒberprĂŒfen lassen. DarĂŒber hinaus findet jedoch lediglich eine Missbrauchkontrolle statt. So darf die KĂŒndigung nicht sittenwidrig, willkĂŒrlich oder diskriminierend sein oder auf sachfremden Motiven beruhen. In der Praxis sind diese FĂ€lle jedoch selten bzw. lassen sich schwer beweisen, so dass die Chancen einer erfolgreichen KĂŒndigungsschutzklage eher gering sind.
Kleinbetrieb-Kleinbetrieb/ Bild: Unsplash.com/ Kevin Curtis
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