Die Mitbestimmung bei KĂŒndigungen durch den Arbeitgeber kann durch Anhörung oder Antrag auf Zustimmung zur AuĂerordentlichen KĂŒndigung, also sehr unterschiedlich erfolgen. Dabei ist von der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG die Einholung der Zustimmung des Betriebsrats zur KĂŒndigung eines Betriebsratsmitglieds nach § 103 BetrVG zu unterschieden.
Die Anhörung des Betriebsrats bei KĂŒndigung durch den Arbeitgeber ist dabei der Regelfall.
Die Anhörung des Betriebsrats
In einem Betrieb mit Betriebsrat muss vor jeder KĂŒndigung der Betriebsrat gemÀà § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ordnungsgemÀà angehört werden. Die ordnungsgemĂ€Ăe Anhörung ist danach bei der ordentlichen KĂŒndigung und bei der auĂerordentlichen KĂŒndigung erforderlich, auch bei einer KĂŒndigung wĂ€hrend der Probezeit oder bei einer ĂnderungskĂŒndigung. Eine ohne ordnungsgemĂ€Ăe Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene KĂŒndigung ist unwirksam, ohne dass es darauf ankommt, ob KĂŒndigungsgrĂŒnde vorliegen oder nicht.
Die Anhörung ist bei JEDER KĂŒndigung erforderlich. Auch bei Probezeit, Aushilfen, Mini-Job und so weiter. Ansonsten ist die KĂŒndigung nicht zu retten!
Selbst wenn gravierende KĂŒndigungsgrĂŒnde, beispielsweise die Bedrohung des Arbeitgebers, zur KĂŒndigung fĂŒhrten, ist die KĂŒndigung unwirksam, wenn vor dem Ausspruch der KĂŒndigung der Betriebsrat nicht angehört wurde oder dem Arbeitgeber bei der DurchfĂŒhrung des Anhörungsverfahrens Fehler unterlaufen sind (BAG, EzA § 102 Nr. 14).
Das Anhörungsverfahren
RA Hamza GĂŒlbas
Bei der Anhörung muss der Arbeitgeber gemÀà § 102 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat die GrĂŒnde fĂŒr die KĂŒndigung mitteilen. Dabei ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Anhörungsverfahren nur dann ordnungsgemÀà eingeleitet, wenn der Arbeitgeber den Betriebsrat ĂŒber Person, Lebensalter und Dauer der Betriebszugehörigkeit des zu kĂŒndigenden Arbeitnehmers, KĂŒndigungsart (ordentlich, auĂerordentlich, ĂnderungskĂŒndigung) und die KĂŒndigungsgrĂŒnde unter nĂ€herer Umschreibung des zugrunde liegenden Sachverhalts informiert (BAG, AP Nr. 2 und Nr. 14 zu § 102 BetrVG 1972; BAG, NZA 1996, 421).
Von der Rechtsprechung noch nicht abschlieĂend geklĂ€rt ist die Frage, inwieweit der Arbeitgeber anzugeben hat, zu welchem Zeitpunkt die KĂŒndigung nach seiner Ansicht wirksam werden soll.
Im Urteil vom 28. 2. 1974 hatte sich das BAG auf den Standpunkt gestellt, der Arbeitgeber mĂŒsse gegebenenfalls auch den möglichen KĂŒndigungstermin (KĂŒndigungsfrist, Auslauffrist) angeben (BAGE 26, 27; BAGE 35, 118). Im Urteil vom 28. 3. 1974 hatte es genĂŒgt, dass dem Betriebsratsvorsitzenden die KĂŒndigungsfrist von zwei Wochen und die beabsichtigte KĂŒndigung in naher Zukunft nicht verborgen bleiben konnte (BAG, AP Nr. 3 zu § 102 BetrVG 1972). In einer Entscheidung vom 29. 1. 1986 fĂŒhrt der 7. Senat des BAG aus, die Angabe des Endtermins der KĂŒndigungsfrist könne in der Regel nicht verlangt werden. Da nicht sicher sei, zu welchem Zeitpunkt die beabsichtigte KĂŒndigung zugehen wird, werde hĂ€ufig auch der Endtermin der KĂŒndigung noch nicht feststehen. Der Arbeitgeber mĂŒsse deshalb jedenfalls dann keine besonderen Angaben machen, wenn er die KĂŒndigung alsbald nach Abschluss des Anhörungsverfahrens zum nĂ€chstmöglichen Termin aussprechen will. Angaben ĂŒber die Dauer der einzuhaltenden KĂŒndigungsfrist seien dann nicht erforderlich, wenn der Betriebsrat ĂŒber die tatsĂ€chlichen UmstĂ€nde fĂŒr die Berechnung der maĂgeblichen KĂŒndigungsfrist unterrichtet ist (BAG, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 64). Nach dem Urteil des 2. Senats des BAG muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat jedoch grundsĂ€tzlich die KĂŒndigungsfrist mitteilen.
Die Angabe der KĂŒndigungsfrist sei insbesondere dann erforderlich, gegeben, wenn ansonsten der Betriebsrat nicht feststellen kann, ob die KĂŒndigung Auswirkungen auf das Weihnachtsgeld hat (BAG. NZA 1990, 894).
Formulierungsbeispiel:
âFĂŒr die KĂŒndigung gilt eine KĂŒndigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende. Die KĂŒndigung soll zum nĂ€chstmöglichen Termin, somit zum 31. 3. 1996 ausgesprochen werden.â
Axel Pöppel – Fachanwalt fĂŒr Arbeitsrecht
Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat den fĂŒr die vorgesehene KĂŒndigung maĂgeblichen Sachverhalt nĂ€her darlegen und insbesondere die Tatsachen angeben, aus denen er seinen Entschluss gefasst hat. Der Arbeitgeber muss diejenigen GrĂŒnde mitteilen, die nach seiner subjektiven Sicht die KĂŒndigung rechtfertigen und die fĂŒr seinen KĂŒndigungsentschluss maĂgebend sind. Diese GrĂŒnde darf er aber in der Regel nicht pauschal, schlagwort- oder stichwortartig bezeichnen. Vielmehr muss er den als maĂgebend erachteten Sachverhalt unter Angabe von Tatsachen, aus denen der KĂŒndigungsentschluss hergeleitet wird, nĂ€her so beschreiben, dass der Betriebsrat ohne zusĂ€tzliche eigene Nachforschungen in die Lage versetzt wird, die Stichhaltigkeit der GrĂŒnde zu prĂŒfen und sich ĂŒber eine Stellungnahme schlĂŒssig zu werden (BAG, NZA 1996, S. 421).
Eine bewusst und gewollt unrichtige Mitteilung der fĂŒr den KĂŒndigungsentschluss des Arbeitgebers maĂgebenden KĂŒndigungsgrĂŒnde oder eine bewusst irrefĂŒhrende Anhörung, was durch Verschweigen wesentlicher UmstĂ€nde erfolgen kann (BAG, NZA 1995. S. 363), fĂŒhrt zu einer fehlerhaften und damit unwirksamen Anhörung.
Im Prozess kann der Arbeitgeber nur GrĂŒnde verwenden, die er bei der Anhörung des Betriebsrat mitgeteilt hat.
Teilt der Arbeitgeber dem Betriebsrat objektiv kĂŒndigungsrechtlich erhebliche Tatsachen nicht mit, weil er darauf die KĂŒndigung nicht stĂŒtzen will oder weil er sie fĂŒr unerheblich hĂ€lt, dann ist die Anhörung selbst ordnungsgemĂ€Ă. Die in objektiver Sicht unvollstĂ€ndige Anhörung verwehrt es dem Arbeitgeber jedoch, im KĂŒndigungsschutzprozess GrĂŒnde nachzuschieben, die ĂŒber die ErlĂ€uterung des dem Betriebsrat mitgeteilten Sachverhalts hinausgehen (BAG, NZA 1992, 38).
Zu den mitzuteilenden UmstĂ€nden gehören auch solche, die fĂŒr den Arbeitnehmer sprechen (BAG, NZA 1990, 658).
Arbeitsgericht
Bei verhaltensbedingten KĂŒndigungen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat auch ĂŒber frĂŒhere Abmahnungen sowie ĂŒber Gegendarstellungen des Arbeitnehmers zur Abmahnung informieren. Bei betriebsbedingten KĂŒndigungen mĂŒssen dem Betriebsrat die dringenden betrieblichen Erfordernisse genannt werden, ferner die GrĂŒnde fĂŒr die Sozialauswahl (BAG, AP Nr. 31 zu § 102 BetrVG 1972, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 55). Bei personenbedingten KĂŒndigungen wegen Krankheit muss der Betriebsrat ĂŒber die Fehlzeiten und die betrieblichen und wirtschaftlichen Auswirkungen der Fehlzeiten informiert werden.
Will der Arbeitgeber sowohl eine betriebs- wie auch eine verhaltensbedingte KĂŒndigung aussprechen, muss dies im Anhörungsverfahren mitgeteilt werden. Bei einer ĂnderungskĂŒndigung muss der Betriebsrat auĂer ĂŒber die KĂŒndigungsgrĂŒnde auch ĂŒber das Ănderungsangebot informiert sein (BAG, EzA Nr. 3 zu § 2 KSchG).
Ist das Ănderungsangebot mit einer Umsetzung oder Umgruppierung verbunden, muss in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern auch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG berĂŒcksichtigt werden.
Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche KĂŒndigung Bedenken, muss er die Bedenken unter Angabe der GrĂŒnde dem Arbeitgeber spĂ€testens innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen. ĂuĂert er sich innerhalb dieser Wochenfrist nicht, gilt seine Zustimmung gemÀà § 102 Abs. 2 BetrVG als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine auĂerordentliche KĂŒndigung Bedenken, muss er angesichts der EilbedĂŒrftigkeit die Bedenken dem Arbeitgeber unverzĂŒglich, spĂ€testens innerhalb von drei Kalendertagen schriftlich mitteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. Dies gilt bei der auĂerordentlichen und der ordentlichen KĂŒndigung.
Betriebsratsanhörung § 102 BetrVGZ/ Bild: Unsplash.com/ Alejandro Escamilla
Auch wenn der Betriebsrat der KĂŒndigung widerspricht, kann der Arbeitgeber die beabsichtigte KĂŒndigung aussprechen, er muss dem gekĂŒndigten Arbeitnehmer jedoch mit der KĂŒndigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuleiten (§ 102 Abs. 4 BetrVG).
Ferner muss das Anhörungsverfahren abgeschlossen sein. Eine vor Abschluss des Anhörungsverfahrens ausgesprochene KĂŒndigung ist unwirksam.
Abgeschlossen ist das Anhörungsverfahren, wenn die Anhörungsfristen (eine Woche bei ordentlicher, drei Kalendertage bei auĂerordentlicher KĂŒndigung) abgelaufen sind oder der Betriebsrat eine Stellungnahme abgegeben hat, aus der sich ergibt, dass eine weitere Erörterung nicht gewĂŒnscht wird und es sich damit um eine abschlieĂende Stellungnahme handelt (BAG, EzA § 102 BetrVG 1972 Nr. 23).
Widerspruch des Betriebsrats
Jedwede Bedenken, die der Betriebsrat gegen die KĂŒndigung hat, kann er in seiner Stellungnahme vortragen. Nach dem Grundsatz der vertraulichen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) ist der Arbeitgeber auch verpflichtet, sich mit den vorgetragenen Bedenken auseinander zu setzen. Eine Bindung an die Stellungnahme des Betriebsrats besteht jedoch nicht. Trotz der Bedenken des Betriebsrats kann nach Beendigung des Anhörungsverfahrens die KĂŒndigung ausgesprochen werden.
Unter besonderen Bedingungen steht dem Betriebsrat auĂer dem Recht, Bedenken gegen die KĂŒndigung vorzubringen, ein Widerspruchsrecht zu. Diese Voraussetzungen sind gegeben, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kĂŒndigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berĂŒcksichtigt hat, die KĂŒndigung gegen eine mit Zustimmung des Betriebsrats aufgestellte Richtlinie ĂŒber KĂŒndigungen verstoĂt, der zu kĂŒndigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschĂ€ftigt werden kann, die WeiterbeschĂ€ftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- und FortbildungsmaĂnahmen möglich ist oder eine WeiterbeschĂ€ftigung des Arbeitnehmers unter geĂ€nderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein EinverstĂ€ndnis hiermit erklĂ€rt hat.
Hat der Betriebsrat einer ordentlichen KĂŒndigung frist- und ordnungsgemÀà widersprochen, kann der gekĂŒndigte Arbeitnehmer seine KĂŒndigungsschutzklage gegen die dennoch ausgesprochene KĂŒndigung auch auf den Widerspruch des Betriebsrats stĂŒtzen und seine WeiterbeschĂ€ftigung zu verĂ€nderten Arbeitsbedingungen verlangen (§ 102 Abs. 5 BetrVG).
Dabei ist ein ordnungsgemĂ€Ăer Widerspruch bereits dann anzunehmen, wenn die BegrĂŒndung des Widerspruchs es als möglich erscheinen lĂ€sst, dass einer der oben angefĂŒhrten WiderspruchsgrĂŒnde geltend gemacht wird (LAG MĂŒnchen, NZA 1994, 927). Der Arbeitgeber kann vom Arbeitsgericht auf Antrag allerdings gem. § 102 Abs. 5 S. 2 BetrVG von der WeiterbeschĂ€ftigungspflicht entbunden werden, wenn
– die KĂŒndigungsschutzklage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder
– die WeiterbeschĂ€ftigung zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers fĂŒhren wĂŒrde oder
– der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegrĂŒndet war.
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RA Axel Pöppel und RA Hamza Guelbas
Die Leistungsbedingte KĂŒndigung ist ein schwieriges Pflaster. Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitnehmer leistungsbedingt gekĂŒndigt werden. Entweder erbringen sie nicht die im Unternehmen ĂŒbliche Leistung oder machen bei ihrer Arbeit ĂŒberdurchschnittlich viele Fehler. TatsĂ€chlich darf der Arbeitgeber in solchen FĂ€llen eine leistungsbedingte KĂŒndigung aussprechen â aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Der Arbeitnehmer hat sich schlieĂlich laut seinem Arbeitsvertrag zu einer bestimmten Leistung verpflichtet. Weiterlesen
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