Klageverzicht gegen Zeugnis ist unwirksam

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Nach Ausspruch einer Kündigung regeln Arbeitnehmer und Arbeitgeber häufig weitere Punkte in einem Abwicklungsvertrag. Klassischer Weise erhält der Arbeitnehmer eine Abfindungszahlung vom Arbeitgeber – verzichtet im Gegenzug aber darauf, eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Wird dem Arbeitnehmer aber nur ein qualifiziertes Arbeitszeugnis als Gegenleistung zum Klageverzicht zugesprochen, ist dieser unangemessen benachteiligt und die getroffene Vereinbarung unwirksam. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in einem wegweisenden Urteil.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der seit März 2002 als Fleischer beschäftigt und einem Schwerbehinderten gleichgestellt war. Nach einer längeren Erkrankung und erfolgreicher Wiedereingliederung nahm er am 01.03.2013 seine Arbeit wieder auf. Zuvor hatten er und der Arbeitgeber mehrere Gespräche über eine mögliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt.

Am 05.03.2013 übergab der Geschäftsführer dem Kläger schließlich ein Kündigungsschreiben, welches auf den 28.02.2013 datiert war. Hierin hieß es, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer fristgerecht zum 30.06.2013 kündige. Mit der Kündigung überreichte der Geschäftsführer eine ebenfalls auf den 28.02.2013 datierte Abwicklungsvereinbarung. In dieser hieß es unter anderem, dass sich der Arbeitgeber dazu verpflichte, dem Arbeitnehmer mit Ablauf der Kündigungsfrist ein qualifiziertes Endzeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung zu erteilen. Der Arbeitnehmer nahm die Kündigung entgegen und unterzeichnete den Abwicklungsvertrag. Er erklärte sich mit der Unterschrift unter anderem damit einverstanden, nicht gegen die Kündigung vorzugehen.

Klageverzicht gegen Zeugnis ist unwirksam/ Bild: Unsplash.com

Trotz der Vereinbarung erhob der Arbeitnehmer rechtzeitig Kündigungsschutzklage. Er behauptete, der Geschäftsführer hätte ihn über den Inhalt der Abwicklungsvereinbarung getäuscht. So rechnete er mit einer Abfindungszahlung und einer Verlängerung der Kündigungsfrist. Darauf habe er vertraut, als er den Vertrag ungelesen unterschrieb. Zudem benachteilige ihn die Vereinbarung unangemessen, da er für den Klageverzicht keine Gegenleistung erhielt.

Der Arbeitgeber hingegen sah kein Fehlverhalten und war der Ansicht, der Abwicklungsvertrag sei wirksam. Eine angemessene Gegenleistung für den Klageverzicht liege in dem überdurchschnittlichen Zeugnis mit guter Leistungs- und Führungsbewertung. Vor dem Arbeitsgericht und in zweiter Instanz vor dem Landesarbeitsgericht hatte der Arbeitnehmer keinen Erfolg. Das Bundesarbeitsgericht gab ihm aber schließlich Recht.

Bundesarbeitsgericht: Klageverzicht gegen Zeugnis ist unwirksam

Das höchste deutsche Arbeitsgericht entschied, dass die Bestimmungen im Abwicklungsvertrag unwirksam seien, da der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt werde. Der Abwicklungsvertrag sei im vorliegenden Fall ein sogenannter Verbrauchervertrag, da der Arbeitnehmer keinen Einfluss auf die Vereinbarungen nehmen konnte. Die Bestimmungen seien daher anhand der verbraucherschützenden AGB-Kontrolle auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen.

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Anhand dieses Maßstabs sah das BAG den Klageverzicht des Arbeitnehmers ohne eine kompensierende Gegenleistung des Arbeitgebers als unwirksam an, da der Arbeitnehmer auf diese Weise unangemessen benachteiligt werde. Ein Klageverzicht sei für Arbeitnehmer nachteilig und könne daher nur durch die vertragliche Gewährung eines Vorteils kompensiert werden. Dieser Vorteil müsse von einem gewissen Gewicht sein, damit er einen angemessenen Ausgleich darstelle.

Die Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses sei in diesem Zusammenhang keine angemessene Gegenleistung. Da ein solches Zeugnis ohnehin erstellt werden müsse, stelle die vertragliche Vereinbarung lediglich eine Bekräftigung eines gesetzlichen Anspruchs dar. Dass die zugesicherte Benotung als Gegenleistung gedacht war, erkannte das BAG nicht als angemessenen Ausgleich an.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.09.2015, Az.: 2 AZR 347/14


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