
Wo wir gerade in den letzten Beiträgen des öfteren das Thema Zeugnis in den Fingern hatten, hier mal ein bemerkenswertes Urteil aus der Kategorie, womit sich Richter alles beschäftigen müssen:
Zu schief, zu krakelig und nicht von ihm: auf eine Arbeitnehmerin wirkte die Unterschrift ihres Chefs unter ihrem Arbeitszeugnis eher wie eine verschlüsselte Botschaft. Sie zog daher vors Arbeitsgericht. Dreimal.
Das Arbeitszeugnis ist ein absoluter Dauerbrenner. Kein Wunder – denn häufig stecken subtile Verschlüsselungen in vermeintlich positiv klingenden Sätzen. Arbeitnehmer sind dadurch sensibilisiert und vermuten schnell böse Absichten. So auch die Arbeitnehmerin in diesem Fall, die meint, in der Unterschrift ihres Chefs schlummere eine Botschaft.
Eine technisch-kaufmännische Angestellte hatte den Verdacht, dass ihr Chef mit seiner Unterschrift unter dem Arbeitszeugnis eine verschlüsselte Wertung sendete. Sie zog daher gleich mehrmals vor Gericht. Ihr Arbeitsverhältnis endete am 31. Mai 2015. Sie und ihr Arbeitgeber einigten sich in einem gerichtlichen Vergleich unter anderem darauf, dass der Geschäftsführer der Frau ein wohlwollendes Arbeitszeugnis ausstellen werde.
Schlüsselbeinbruch verhindert ordentliche Unterschrift
Doch als sie das Zeugnis bekam, war darauf nicht die Unterschrift des Geschäftsführers, sondern eines Personalreferenten zu finden. Erneut trafen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmerin vor Gericht deswegen. In dem Gütetermin wurde ihr zugesagt, dass das Zeugnis noch einmal ausgestellt werde – diesmal auch mit der Unterschrift des Geschäftsführers. Am 19. Oktober bekam sie die neue Fassung – aber die Unterschrift war nicht die, die sie in Erinnerung hatte. Der Schriftzug erinnerte eher an die Kritzelei eines Kindes.
Vom Arbeitgeber hieß es daraufhin, dass die Unterschrift durchaus anders aussehe als sonst. Aber dies habe einen Grund: der Geschäftsführer habe sich das Schlüsselbein gebrochen. Wieder schaltete die Arbeitnehmerin das Gericht ein. Dieses gab ihr Recht und verhängte ein Zwangsgeld von 1.000 € gegen den Geschäftsführer. Die Richter meinten, die Unterschrift sei „grafologisch sehr einfach“. Inwieweit ein Schlüsselbeinbruch eine normale Unterschrift verhindere, schien nicht einleuchtend. Ein Arbeitszeugnis müsse aber so unterschrieben werden, wie jedes andere Dokument im Geschäftsverkehr auch.
Alle guten Dingen sind drei
Am 26. Februar erhielt die Arbeitnehmerin schließlich zum dritten Mal ihr Arbeitszeugnis. Die Unterschrift war diesmal grundsätzlich in Ordnung – aber auch diese Fassung gefiel ihr nicht. Die Arbeitnehmerin monierte, dass der Schriftzug in einem Winkel von circa 30 Grad von links oben nach rechts unten den aufgedruckten Namen des Chefs kreuzte. Damit distanziere sich der Chef von dem Zeugnis, meinte die Frau.
Wieder trafen sich die Beteiligten vor dem Arbeitsgericht – und wieder entschieden die Richter zugunsten der Arbeitnehmerin. „Eine derartige Form der Unterschriftsleistung ist im Rechtsverkehr völlig unüblich. Ein Zeugnisleser wird dies auf den ersten Blick feststellen und sich veranlasst sehen, sich über den Grund einer derartigen Unterschriftsleistung Gedanken zu machen“, heißt es im Beschluss.
Seitdem gab es kein weiteres Treffen vor Gericht. Man kann der Frau nur wünschen, dass die vierte Fassung des Zeugnisses komplett in Ordnung war.
Landesarbeitsgerichts Hamm, Beschluss vom 27.07.2016, Aktenzeichen: 4 Ta 118/16
Praxistipp: Wer immer nur Zeugnisse mit ner glatten ein hat, ist stets verdächtig.
Also lieber mal ein Zeugnis so und eines so haben. Und als Profis in diesem Bereich wissen wir wovon wir reden … unsere Mandanten haben am Ende selten Zeugnisse, die der Arbeitgeber alleine entworfen hat ….
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