Vor einigen Jahren weckte das Phänomen Whistleblowing zum ersten Mal das weltweite Interesse: Im Jahre 2013 übergab der ehemalige CIA- und NSA-Mitarbeiter Edward Snowden der Presse in Hongkong unzählige geheime Dokumente. Dadurch machte er die Überwachung des weltweiten Internetverkehrs durch Programme britischer und amerikanischer Geheimdienste öffentlich. Die NSA-Affaire war eine der Folgen seiner Enthüllungen. Snowden lebt jetzt in Russland mit ungeklärter Zukunft. Seine Lebensgeschichte diente drei Jahre später als Vorlage für einen deutsch-amerikanischen Kinofilm („Snowden“).
Während die einen den berühmten Whistleblower als Helden feiern, verachten ihn die anderen als Verräter und Nestbeschmutzer. Fundiertes Wissen über den Inhalt des Whistleblowings und die möglichen Konsequenzen haben jedoch nur wenige.
Whistleblowing kommt vom englischen Audruck „ to blow the whistle“ und heißt „jemanden verpfeifen“ oder „Alarm schlagen“. Ein Whistleblower informiert als Mitarbeiter die Polizei, eine Aufsichtsbehörde oder die Öffentlichkeit über Missstände in Unternehmen oder Behörden. Dabei kann es sich um Gesetzesverstöße, Korruption, Gefahren oder unethisches Verhalten handeln. Wird die Öffentlichkeit eingeschaltet, spricht man von externem Whistleblowing. Dies stellt Personaler, aber vor allem den Hinweisgeber selbst, vor große Probleme: Denn nicht in jedem Fall ist das Aufdecken von innerbetrieblichen Missständen gegenüber Externen arbeits- und strafrechtlich zulässig. Vielmehr erfordert jeder Fall eine gesonderte Beurteilung, da in Deutschland bisher kein allgemeingültiges Gesetz zum Whistleblowing existiert. Eine vor einigen Jahren von der SPD und den Grünen auf den Weg gebrachte Gesetzesinitiative zum Schutz externer Hinweisgeber ist in den Mühlen der Politik stecken geblieben.
Grundsätzlich sind Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber gegenüber zur Verschwiegenheit, Rücksichtnahme und internen Klärung von Missständen verpflichtet. Ausnahmen gibt es, wenn ein Gesetz ausdrücklich externe Hinweise vorschreibt, beispielsweise beim Vorliegen schwerer oder seit längerem begangener Straftaten, bei Straftaten der Geschäftsleitung oder unter zukünftiger Beteiligung des Arbeitnehmers. Auch wenn ein Gesetz dem Mitarbeiter das Recht einräumt, sich nach einem erfolglosen innerbetrieblichen Hinweis wegen unzureichender Maßnahmen zur Gewährleistung von Sicherheit und Gesundheitsschutz an die Behörden zu wenden, ist Whistleblowing erlaubt. Liegt derartige Fallkonstellationen jedoch nicht vor, muss der Whistleblower oft erhebliche Konsequenzen tragen, von denen Ausgrenzung, Versetzung oder Mobbing noch die geringeren Übel sind. Nicht selten versucht der Arbeitgeber nämlich zusätzlich, das Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche Kündigung oder sogar außerordentliche Kündigung bzw. fristlose Kündigung zu beenden und so den unliebsamen Mitarbeiter loszuwerden.
Eine solche Kündigung ist jedenfalls dann erfolgreich, wenn der Whistleblower wissentlich eine falsche Strafanzeige gestellt- oder eine unbegründete Strafanzeige nur aus Schädigungsabsicht gestellt hat. Ob der Hinweisgeber in einem Kündigungsschutzverfahren auch dann obsiegt, wenn er gutgläubig eine Strafanzeige gestellt hat, hängt beim zuständigen Arbeitsgericht davon ab, ob er beweisen kann, dass er sich zuvor ausreichend um innerbetriebliche Abhilfe bemüht hat und die spätere Strafanzeige keine leichtfertig falschen Angaben enthält. Kann er die entsprechende Beweise erbringen, ist die Kündigung unrechtmäßig, und der Arbeitgeber hat den Prozess verloren. Wenn nicht, ist der Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz los. In dem Fall drohen ihm unter Umständen noch zusätzlich Schadenersatzforderungen, die das Unternehmen zivilrechtlich gegen ihn geltend machen kann. Dazu muss der Arbeitgeber allerdings den Schaden und den Zusammenhang zwischen pflichtwidrigem Handeln und Schaden genau darlegen.
Eine einheitliche Rechtsprechung gibt es in Deutschland nicht. Bislang geht die Tendenz eher zu arbeitgeberfreundlichen Entscheidungen. Dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahre 2011 in einer Entscheidung der Klägerin, die als Altenpflegerin Missstände in einem Seniorenpflegeheim aufgedeckt hatte, ein Schmerzensgeld in erheblicher Höhe zugesprochen hat, weil ihr Whistleblowing keine Kündigung rechtfertigte, hat daran nichts geändert. Es handelt sich nicht um Grundsatzurteil, sondern um eine Einzelfallentscheidung (Verfahren Heinisch gegen Bundesrepublik Deutschland Nr. 28274/08). Der Gesetzgeber hat diese Entscheidung bis jetzt noch nicht als Anlass genommen, ein Gesetz zu schaffen, das beim Thema Whistleblowing für Rechtssicherheit bei Hinweisgebern und Unternehmen sorgt. Solange es ein solches nicht gibt und die jeweiligen Erfolgsaussichten eines Hinweisgebers, der sich mit einer Kündigungsschutzklage im Falle seiner Kündigung vor dem Arbeitsgericht zur Wehr setzt, unsicher sind, muss jedem, der sich mit Gedanken trägt, Missstände bei seinem Arbeitgeber aufzudecken, klar sein, dass er seinen Job riskiert. Und dies auch langfristig, denn auch später kann der Arbeitgeber mit einer vorgeschobenen betriebsbedingten Kündigung versuchen, den Mitarbeiter loszuwerden.
Im Juni 2016 erließ die Europäische Kommission eine Richtlinie (Geschäftsgeheimnis-Richtlinie 2016/943), die vorsieht, dass Whistleblower künftig besser geschützt werden. Eine Umsetzung in deutsches Recht ist bis heute (Stand August 2018) nicht erfolgt, da ein entsprechendes Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen zur Zeit noch im Entwurfsstadium steckt.
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