Arbeitnehmer stirbt vor Abfindungszahlung
Auch wenn es auf den ersten Blick eher selten vorzukommen scheint, folgende Situation hat es tatsächlich schon gegeben: Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Dem Arbeitnehmer steht ein Abfindungsanspruch zu, der auf Gesetz, gerichtlichen- oder außergerichtlichen Abfindungsvereinbarungen beruhen kann, jedoch erst mit Beendigung des Arbeitsvertrages. Vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses verstirbt der Arbeitnehmer. Nun treten die Erben auf den Plan und fordern vom Arbeitgeber die Zahlung der Abfindung. Zu Recht?
Uneinheitliche Rechtsprechung
Bei der Beantwortung dieser Frage wird häufig auf eine vom Bundesarbeitsgericht im Jahr 2007 ergangene Entscheidung verwiesen (Urteil vom 10.05.2007 – 2 AZR 45/06), wonach die Erben erst dann die Abfindung beanspruchen können, wenn der Anspruch entstanden ist. Dies wäre im konkret entschiedenen Fall mit Ablauf der Kündigungsfrist der Fall gewesen. Da der Arbeitnehmer jedoch vor Ablauf der Kündigungsfrist verstorben ist, sei der Abfindungsanspruch nicht entstanden und könne daher auch nicht vererbt werden.
Obwohl diese Entscheidung bei der Frage der Vererbbarkeit von Abfindungsansprüchen vielfach zitiert wird, darf dies nicht zu der irrigen Annahme führen, dass bei jeder Abfindungsvereinbarung diese nur dann vererbbar ist, wenn der Arbeitnehmer nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist stirbt. Denn der diesem Urteil zugrunde liegende Fall bezieht sich ausdrücklich nur auf einen Abfindungsanspruch nach § 1 a Kündigungsschutzgesetz (KSchG). Es handelt sich dabei um einen im Jahr 2004 eingeführten gesetzlichen Abfindungsanspruch, der dem Arbeitgeber im Falle einer betriebsbedingten Kündigung eines Arbeitnehmers die Möglichkeit bietet, diesem bereits mit der Kündigung eine Abfindung in Höhe eines halben Monatsgehalts pro Beschäftigungsjahr anzubieten. Wenn nicht innerhalb der Kündigungsschutzfrist Klage gegen die Kündigung erhoben wird, erhält der Arbeitnehmer die Abfindung. In der Praxis führt dieser gesetzliche Abfindungsanspruch jedoch eher ein Schattendasein, da seine Vorgehensweise für beide Seiten Nachteile birgt. Zudem unterliegen nicht alle Arbeitnehmer dem KSchG, sondern nur dann, wenn der Betrieb mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt und der Arbeitnehmer dort länger als sechs Monate arbeitet. Außerdem erfolgt nicht jede Kündigung aus betriebsbedingten Gründen, und nicht jedes Arbeitsverhältnis wird mit einer Kündigung beendet.
Für alle anderen – nicht nach § 1 a KSchG getroffenen – gerichtlichen oder außergerichtlichen Abfindungsvereinbarungen gibt es verschiedene bundesarbeitsgerichtliche Entscheidungen aus den Jahren 2000 und 2003 ( Urteil vom 16.05.2000 – 9 AZR 277/99 und Urteil vom 22.05.2003 – 2 AZR 250/02), die – anders als die neuere 2007 gefällte Entscheidung – davon ausgehen, dass ein in einem Prozessvergleich vereinbarter Abfindungsanspruch grundsätzlich auf die Erben übergeht, auch wenn der Arbeitnehmer vor dem im Abfindungsvergleich festgelegten Auflösungszeitpunkt verstirbt. Dies gilt jedoch nicht, wenn eine Parteivereinbarung oder bei deren Fehlen die Ermittlung der Interessenlage der Parteien etwas anderes ergibt.
Kritik des Schrifttums
Die differenzierende Rechtsprechung führte zu Kritik seitens des Schrifttums, wobei wiederum die einzelnen Kritikpunkte variieren. Zum Teil wird die in der Rechtsprechung vorgenommen Vernetzung zwischen Entstehung und Fälligkeit des Anspruchs bemängelt. Andere kritisieren die Anknüpfung der Fälligkeit an die ihrer Auffassung nach nicht mehr vorliegende persönliche Natur der Abfindung.
Vorsorgemaßnahmen für die Erben
Da die Rechtsprechung so uneinheitlich ist und sich zudem auch ändern kann, sollte der aus dem Betrieb ausscheidende Mitarbeiter, insbesondere, wenn er bereits schwer krank ist, in jedem Fall in die Vereinbarung über die Abfindungszahlung eine Vererbbarkeitsklausel aufnehmen lassen, die besagt, dass der Anspruch auf Zahlung der Abfindung mit dem Tag der Unterzeichnung der Vereinbarung entstanden und so auch vererblich ist. Nur so sind seine Erben auf der sicheren Seite, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich vor Auszahlung der Abfindung stirbt.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10.05.2007 – AZ: 2 AZR 45/06
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 22.05.2003 – AZ: 2 AZR 250/02
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2000 – AZ: 9 AZR 277/99
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Es gibt an sich keinen Abfindungsanspruch. Aber es wird in fast jedem Kündigungsschutzprozess eine Abfindung gezahlt.
Das passt nur auf den ersten Blick nicht zusammen. Denn in der Praxis hat es sich eingebürgert, dass der Arbeitgeber sich mit einer Abfindung aus dem Kündigungsschutzprozess „freikauft“. Dabei hat sich – aus nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen – ein Wert von 0,5 Bruttomonatsgehältern pro Jahr der Beschäftigung als „Regelabfindung“ ergeben.
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Viele Arbeitgeber locken ihre Mitarbeiter heute mit einem Bonus für eine lange Betriebstreue.
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Wer jedoch vorher kündigt, geht in der Regel leer aus.
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So auch im Fall eines Arbeitnehmers, der 2009 mit seinem Arbeitgeber eine Vereinbarung über einen Treuebonus geschlossen hatte.
Konkret wurde vereinbart, dass der Bonus über zwei Jahre hinweg angespart werden solle, allerdings erst nach fünf Jahren Betriebstreue ausgezahlt werden sollte….WEITERLESEN
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