Hier gibt es ausführliche Antworten zu Fragen, die uns besonders häufig gestellt werden und die für Mitarbeiter im Außendienst von besonderer Bedeutung sind.
Arbeitszeit im Außendienst
Der Beruf eines Außendienstmitarbeiters unterscheidet sich stark von dem eines Angestellten, der jeden Morgen zur Arbeit in den Betrieb geht und ihn abends wieder verlässt. Außendienstler starten in der Regel morgens zu ihrem Kunden, manchmal auch zu mehreren. Oft fahren sie dabei direkt von ihrer Privatwohnung los. Häufig gibt es Zweifel oder sogar Streit, ob und welche Fahrten als Arbeitszeit zählen. Eine darauf gerichtete Frage eines Außendienstmitarbeiters lautet:
Zählt die Fahrt zum Kunden und zurück als Arbeitszeit? Ich starte immer von meiner Wohnung aus.
Fahrzeit = Arbeitszeit?/ Bild: Unsplash.com/ Avi Richards
Die erste Fahrt von der Wohnung des Außendienstmitarbeiters zum ersten Kunden, die Fahrten von Kunde zu Kunde sowie die letzte Fahrt vom letzten Kunden wieder nach Hause ist Arbeitszeit, die der Arbeitgeber dem Mitarbeiter vergüten muss. Bereits im Jahre 2009 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Reisezeit eines Außendienstmitarbeiters befunden (Urteil vom 22.04.2209 – AZ: 5 AZR 292/08). Die Richter sprachen dem Außendienstmitarbeiter einen Vergütungsanspruch für seine Reisetätigkeit zu. Bei einem Außendienstmitarbeitern gehört die Reisetätigkeit zu einer seiner vertraglichen Hauptleistungspflichten. Da er keinen festen Arbeitsort hat, kann er seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ohne dauernde Reisetätigkeit nicht erfüllen. Das wirtschaftliche Ziel ist es, Kunden zu besuchen, wozu die Anreise zwingend dazu gehört. Das gilt nicht nur für die Fahrten zwischen den Kunden, sondern auch für die Fahrt zum ersten Kunden und vom letzten Kunden zurück. Die Reisetätigkeit ist eine dem Arbeitgeber zugute kommende Arbeitsleistung, da dieser die Fahrten aufgrund seines Direktionsrechts bestimmen kann und der Mitarbeiter bei der An- und Abreise selbst tätig werden muss.
In einem weiteren Urteil des BAG aus dem Jahre 2012 (Urteil vom 12.12.2012 – AZ: 5 AZR 355/12) bejahte das Gericht darüber hinaus Reisezeit eines Mitarbeiters als bezahlte Arbeitszeit auch für den Fall, dass die Reisetätigkeit zwar nicht zur Hauptleistungspflicht des Mitarbeiters gehört, sie aber – wie die vom Arbeitgeber angeordneten Fahrten eines auf Montage befindlichen Elektromechanikers zu einer auswärtigen Arbeitsstelle – eine primär fremdnützige, den betrieblichen Belangen des Arbeitgebers dienende Tätigkeit darstellt.
Urteil/ Bild: Unsplash.com
Schließlich stellte der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) am 10.09.2015 ( AZ: C-266/14) fest, dass im Interesse des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer die Zeit, die Außendienstmitarbeiter für die Fahrten zu Beginn und am Endes des Tages aufwenden, Arbeitszeit im Sinne der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG ist.
Das Urteil des EuGH ist also mit der Rechsprechung des BAG konform. Sollten sich dennoch bei Außendienstmitarbeitern im Arbeits- oder Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung Klauseln finden, die derartige Reisezeiten nicht als Arbeitszeit und damit als nicht vergütungspflichtig ausweisen, sind sie unwirksam und müssen entsprechend angepasst werden.
Büroarbeit, Bereitschaft und Homeoffice im Außendienst
Ein Außendienstmitarbeiter hat häufig nicht nur Außendienst, sondern auch Büroarbeit zu leisten. In manchen Fällen muss er nur seine Arbeitsleistung bereithalten, wobei es auch vorkommt, dass diese gar nicht abgefordert wird, sondern der Mitarbeiter ganze Arbeitstage mit Warten auf Zuweisung von Arbeit verbringt. Dabei herrscht oft Unsicherheit und Uneinigkeit, ob diese Zeiten zu vergüten sind. Die Frage eines Außendienstmitarbeiters hierzu lautet:
Habe manchmal Wochen dabei,wo ich nur 3 Tage Kundentermine habe. An den anderen 2 Tagen soll ich mich dann zuhause bereithalten für Homeoffice tätigkeiten. Bin dann also zuhause und warte ob ich eine Mail bekomme ob was zu tun ist. Manchmal kommt nichts und ich war den ganzen Tag umsonst zuhause. Ist das reguläre Arbeitszeit,wenn ich den ganzen Tag auf Abruf zuHause bin?
Ob das Sich-Bereithalten für Home-Office-Tätigkeiten im dargestellten Sachverhalt reguläre Arbeitszeit ist und welche Folgen sich daran anknüpfen, hängt von der rechtlichen Einordnung des Bereithaltenmüssens der Arbeitsleistung ab.
Home-Office mal anders/ Bild: Unsplash.com
Das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) unterscheidet zwischen vergütungspflichtiger Arbeitszeit und nicht vergütungspflichtiger Ruhezeit.
Ob die passive Bereithaltung zur Arbeit als Arbeitszeit zu werten ist, hängt davon ab, ob es sich dabei um Bereitschaftsdienst oder Arbeitsbereitschaft, die als Arbeitzeit vergütungspflichtig sind, oder um Rufbereitschaft, die als Ruhezeit nicht vergütungspflichtig ist, handelt.
Arbeitsbereitschaft liegt vor, wenn der Arbeitnehmer sich unmittelbar an seinem Arbeitsplatz aufhalten muss, an dem er umgehend seine Arbeit aufnehmen kann, sobald diese anfällt. So befindet sich z.B. ein Friseur, der auf einen Kunden im Friseursalon wartet, in Arbeitsbereitschaft.
Um Bereitschaftsdienst handelt es sich, wenn der Arbeitnehmer sich entweder am Arbeitsplatz selbst oder an einem anderen vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufzuhalten hat (anderer Ort im Betrieb oder in der Nähe des Betriebes), so dass er zeitnah auf Abruf seine Arbeitstätigkeit aufnehmen kann. Als zeitnah sieht die Rechtsprechung dabei einen Höchstzeitrahmen von weniger als 30 Minuten bis zur Aufnahme der Arbeit an. Bereitschaftsdienst ist kurz gesagt die vom Arbeitgeber angeordnete Aufenthaltsbeschränkung verbunden mit unverzüglichem Tätigwerden bei Bedarf bei ansonsten freier Gestaltung der Wartezeiten. Ein Krankenhausarzt, der nachts ein Zimmer in der Klinik zur Verfügung hat und bei Bedarf schnell beim Patienten ist, leistet Bereitschaftsdienst.
Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind Arbeitszeiten. Wer sie ableistet, hat zumindest Anspruch auf den Mindestlohn. Häufig gibt es mehr als den Mindestlohn, aber weniger als die normale Stundenvergütung.
Bei einer Rufbereitschaft kann der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei bestimmen und die Wartezeiten frei gestalten. Er muss aber erreichbar sein und alsbald, d.h. innerhalb von einem Zeitfenster von mindestens 45 Minuten die Arbeit aufnehmen. Rufbereitschaft ist Ruhe- und keine Arbeitszeit. Ein Anspruch auf Vergütung mit Mindestlohn besteht nicht. In der Praxis werden für Rufbereitschaften jedoch oft geringe Pauschalen gezahlt.
Rufbereitschatf/ Bild: Unsplash.com/ Daniel Tausis
Ein Urteil des EuGH vom 21. Februar 2018 ( AZ: C-518/15), das die Bereitschaftszeiten eines freiwilligen Feuerwehrmannes als Arbeitszeiten wertet, da dieser hinsichtlich seines Aufenthaltsortes faktisch stark eingeschränkt war und sich darüber hinaus innerhalb von 8 Minuten am Arbeitsplatz einfinden musste, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BAG. Denn entgegen verbreiteter Ansicht stellt diese Entscheidung gerade nicht fest, dass jede Rufbereitschaft Arbeitszeit ist, sondern nur eine solche, die mit den genannten Einschränkungen verbunden ist. Diese vom EuGH so genannte Rufbereitschaft wird in Deutschland ohnehin als Bereitschaftsdienst und damit als Arbeitszeit eingeordnet.
Die Schilderung des Außendienstmitarbeiters, dass er sich an zwei Tagen der Woche zu Hause in seinem Home-Office bereit halten muss, ob er eine Mail erhält, mit der er Arbeitsanweisungen erhält, sprechen für einen Bereitschaftsdienst. Handelt es sich um ein arbeitsvertragliches Home-Office, so stellt dieses einer der Arbeitsorte des Mitarbeiters dar. Muss er sich den ganzen Tag dort oder wenige Schritte entfernt in den Privaträumen seiner Wohnung aufhalten, kann er über seinen Aufenthaltsort nicht frei bestimmen. Wie schnell er nach einer Arbeitsanweisungsmail die Arbeit aufnehmen muss, ergibt sich aus seiner Frage zwar nicht direkt. Aufgrund der ständig erforderlichen Anwesenheit im oder beim Home-Office, kann man jedoch von einer schnellen Arbeitsaufnahmeverpflichtung – vermutlich in weniger als einer halben Stunde ausgehen -, da ansonsten die Anwesenheitsverpflichtung keinen Sinn ergibt.
Der Außendienstmitarbeiter leistet damit einen Bereitschaftsdienst, der als Arbeitszeit vergütungspflichtig ist.
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Überstunden im Außendienst
Oft machen Mitarbeiter Überstunden, nicht nur Außendienstler. Und das nicht immer freiwillig. Dazu ist häufig die Vergütung nicht geklärt. Bei dieser Problematik stellt ein Außendienstmitarbeiter folgende Frage:
Überstunden werden nicht aufgezeichnet und dokumentiert seitens meines Arbeitgebers. Ich selbst schreibe mir die Stunden in einem Stundenzettel auf. Als Antwort auf di e Frage,wie Überstunden zu bearbeiten sind,kam nur die Antwort von meinem Vorgesetzten,dassin unsere Abteilung es keine Handhabe diesbezüglich gibt und es wohl in Klärung bei der Personalabteilung liegt. Kann man mich zu Überstunden dann zwingen,wenn es keine Regelung gibt? Arbeitsvertraglich habe ich eine 5 Tage Woche mit 40 Stunden. Außerdem steht der Passus drinne das Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten sind.
Der Arbeitgeber kann seinen Angestellten nicht zur Leistung von Überstunden zwingen. Sein ihm obliegendes Weisungsrecht bezieht sich nicht auf die einseitige Anordnung von Überstunden, da er damit den Umfang der Arbeit als wesentlichen Inhalt des Arbeitsvertrages einseitig ändern würde. Einzig während einer echten Notsituation, die unvorhersehbar ist und zudem die Existenz des Betriebes bedroht, kann der Chef einseitig Überstunden anordnen. Derartige Notsituationen sind sehr selten und liegen nicht etwa dann vor, wenn der Arbeitgeber darüber jammert, dass die Arbeit wegen eines Großauftrages oder anderer Unwägbarkeiten mit den üblichen Arbeitszeiten nicht zu schaffen sei, sondern bei Naturkatastrophen wie Erdbeben, Überschwemmung oder einem Brand.
Überstunden bedürfen daher stets einer Rechtsgrundlage:
Der im Arbeitsvertrag enthaltene Passus, dass Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten ist, ist weder Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Mitarbeiters zur Ableistung von Überstunden noch für den Wegfall des Ausgleichs etwaiger Überstunden. Eine derartige Abgeltungsklausel ist in der Regel unwirksam, da sie als Allgemeine Geschäftsbedingung einzuordnen ist und den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.
Überstunden/ Bild: Unsplash.com
Rechtsgrundlagen für die Ableistung von Überstunden können in Einzelvereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (auch mündlich oder stillschweigend möglich), im Arbeitsvertrag mit einer wirksamen Überstundenklausel, in der die Anzahl der im Höchstfall zu leistenden Überstunden festgelegt sein muss, oder im Tarifvertrag festgelegt werden. Außerdem kann der Arbeitgeber in einem Betrieb mit Betriebsrat Überstunden anordnen, wenn dieser zustimmt, die Überstunden in einer Betriebsvereinbarung geregelt sind und der Arbeitnehmer sich im Arbeitsvertrag oder einer Einzelvereinbarung damit einverstanden erklärt.
Gibt es – wie dem Sachverhalt des Fragenden zu entnehmen ist – keine der aufgeführten Rechtsgrundlagen, muss der Arbeitnehmer auch keine Überstunden ableisten. Einseitiges Aufschreiben der Überstunden durch den Arbeitnehmer und Vorlage der Unterlagen zur Klärung bei der Personalabteilung ersetzen keine Rechtsgrundlage.
Sind sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer an Überstundenleistung interessiert, ist es ratsam, darüber schriftlich eine Einzelvereinbarung zu treffen. Keinesfalls sollte der Mitarbeiter in einer wie in der Frage beschriebenen ungeklärten Situation Überstunden in der meist vergeblichen Hoffnung ableisten, dass diese ihm ohne weiteres vergütet werden. Im Ergebnis läuft dies nicht selten auf Arbeit ohne Geld hinaus.
In einer Einzelvereinbarung ist die Anzahl der im Höchstfall zu leistenden Überstunden unter Beachtung der Höchstarbeitszeitgrenzen des ArbZG festzulegen und die Art des Ausgleichs entweder durch Vergütung oder durch Freizeit zu bestimmen. Sollen die Überstunden finanziell ausgeglichen werden, wird in der Regel der für den betreffenden Mitarbeiter geltende Stundenlohn vereinbart. Möglich ist außerdem die Vereinbarung eines Überstundenzuschlags, auf den sich die meisten Arbeitgeber jedoch ungern einlassen.
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