Abfindung bei Kündigung im Arbeitsrecht: Alles was Sie wissen müssen.
Abfindung – einmalige Ausgleichszahlung des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie dient der Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Ein genereller gesetzlicher Anspruch auf Abfindung besteht nicht. Relevante Rechtsgrundlage ist z.B. § 1a KSchG (halbes Bruttomonatsgehalt pro Dienstjahr bei betriebsbedingter Kündigung unter bestimmten Bedingungen). Weitere Regelungen finden sich im KSchG, BetrVG (Sozialpläne) und individuellen Vereinbarungen.
Was bedeutet Abfindung im Arbeitsrecht, wer zahlt sie und wann? Wichtig für Kündigungsschutz, Fristen beachten – fachanwaltliche Beratung empfohlen.
Eine Abfindung ist im Arbeitsrecht eine einmalige Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer beim Verlust des Arbeitsplatzes. Sie soll finanzielle Nachteile durch die Kündigung abmildern. Viele Arbeitnehmer gehen irrtümlich davon aus, dass eine Abfindung „automatisch“ gehört – tatsächlich gibt es jedoch keinen allgemeinen gesetzlichen Anspruch darauf. Abfindungen werden meist im Rahmen von Verhandlungen (etwa über einen Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag) vereinbart oder bei Gericht im Kündigungsschutzprozess als Kompromiss vorgeschlagen. Für Betroffene ist das Thema wichtig, weil eine gute Abfindung oft erhebliche Summen bedeutet. Zugleich sind rechtliche Fristen und Fallstricke zu beachten, weshalb es ratsam ist, frühzeitig einen Fachanwalt für Arbeitsrecht zu konsultieren. Ein Anwalt kann prüfen, ob im konkreten Fall rechtliche Grundlagen (§ 1a KSchG, Sozialplan, Gerichtsurteil etc.) greifen und wie hoch die Abfindung ausfallen sollte.
- Was ist eine Abfindung und wann gibt es sie?
Eine Abfindung ist eine freiwillige Sonderzahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Sie ist meist eine Entschädigung für den Verlust des Jobs. In der Praxis kommt eine Abfindung typischerweise vor bei:
- Aufhebungs- bzw. Abwicklungsvertrag: Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren einvernehmlich die Vertragsbeendigung, oft gegen Zahlung einer Abfindung. Die Abfindung ist hier Vertragsbestandteil; kein zwingendes Gesetz schreibt sie vor, sie dient lediglich dazu, die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung zu erhalten.
- Betriebsbedingte Kündigung mit KSchG-Hinweis: Bei betriebsbedingter Kündigung kann der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben erklären, dass der Arbeitnehmer im Gegenzug auf Klage verzichtet und dafür eine Abfindung bekommt. Ein Anspruch entsteht in diesem Fall nach § 1a KSchG, wenn der Arbeitnehmer die dreiwöchige Klagefrist verstreichen lässt. Die Höhe orientiert sich gesetzlich an ½ Monatsverdienst pro Dienstjahr.
- Sozialpläne und Tarifverträge: Bei Massenentlassungen oder Betriebsänderungen regeln oft Sozialpläne (§ 112 ff. BetrVG) Abfindungen. Hier können Festbeträge oder Formel-Abfindungen festgelegt sein, deren Mindesthöhe einzuhalten ist.
- Gerichtliche Entscheidung (§ 9 und § 10 KSchG): Auch ein Gericht kann im Kündigungsschutzprozess auf Antrag einen Auflösungsurteil erlassen und dabei eine Abfindung zusprechen. Dies erfolgt in der Regel als Kompromiss, wenn eine Weiterbeschäftigung nicht zumutbar ist.
Es gibt somit verschiedene „Wege“ zur Abfindung. Allen gemeinsam ist, dass es sich um eine einmalige Zahlunghandelt und kein automatischer Anspruch ohne ausdrückliche Vereinbarung oder entsprechende gesetzliche Regelung besteht.
- Wege zur Abfindung – Überblick
- Freiwillige Vereinbarung im Arbeitsvertrag, Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag: Viele Abfindungen basieren auf dem Abschluss eines Aufhebungsvertrags. Hier können alle Konditionen einvernehmlich festgelegt werden: Abfindungshöhe, Freistellung, Arbeitszeugnis, etc. Im Vertrag sollte der Arbeitnehmer unbedingt schriftlich absichern, dass die zugesagte Abfindung ausdrücklich und konkret vereinbart wird. Ein häufiger Fehler ist, mündliche Zusagen nicht im Vertragstext zu fixieren. Arbeitnehmer sollten sich vor Unterzeichnung anwaltlich beraten lassen, um nachteilige Klauseln (Klagenverzicht, Geheimhaltung) zu vermeiden.
- Betriebsbedingte Kündigung mit Hinweis nach § 1a KSchG: Der Arbeitgeber kann in der Kündigungserklärung angeben, dass er wegen „dringender betrieblicher Erfordernisse“ kündigt und dass der Arbeitnehmer im Gegenzug eine Abfindung erhält, wenn er auf eine Klage verzichtet. Hier gilt: Verstreicht die dreiwöchige Klagefrist, ohne dass der Arbeitnehmer Klage erhebt, entsteht ein Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG in Höhe von ½ Monatsgehalt pro Dienstjahr. Voraussetzung ist ein eindeutiger Hinweis im Kündigungsschreiben. Nimmt der Arbeitnehmer jedoch die Frist wahr und klagt, entfällt der gesetzliche Anspruch (da er ja nicht „verzichtet“ hat).
- Gerichtlicher Vergleich im Kündigungsschutzprozess: Wird gegen eine Kündigung Klage erhoben, endet das Verfahren häufig mit einem Vergleich: Arbeitgeber und Arbeitnehmer einigen sich auf eine Abfindung, und die Kündigung wird (meistens) ohne weiteres Urteil wirksam. In einem Vergleich (Abfindungsvergleich) stimmt der Arbeitnehmer zu, das Arbeitsverhältnis zu beenden, und erhält dafür einen festgelegten Betrag. Dieses Vorgehen ist in der Praxis sehr verbreitet, da so Zeit und Kosten gespart werden können.
- Sozialplan oder Tarifvertrag: Bei Massenentlassungen oder Konzern-Umstrukturierungen kann ein Sozialplan (§ 112 BetrVG) regeln, dass betroffene Arbeitnehmer eine Abfindung erhalten. Meist wird hier eine Formel ähnlich der Faustformel vereinbart. Arbeitnehmer müssen hier keinen Vergleich unterschreiben – die Abfindung steht aufgrund des Sozialplans zu.
- Ähnliche Fälle: In Sonderfällen gibt es Abfindungsansprüche auch nach anderen Regeln, etwa bei Ungleichbehandlung oder Altersabschlägen. Hier ist jeweils die konkrete Rechtslage (z.B. Mutterschutz, Tarifvertrag) zu prüfen.
- Arbeitsrechtliche Grundlagen und Irrtümer
Wichtig ist die rechtliche Einordnung: Es existiert kein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf Abfindung. Oft kursiert der Mythos, man habe bei jeder Kündigung automatisch ein Anrecht auf Abfindung – das ist falsch. Eine feste gesetzliche Mindestsumme gibt es grundsätzlich nicht. Selbst bei einer betriebsbedingten Kündigung gilt: § 1a KSchG regelt zwar eine Abfindung, aber dieser Anspruch tritt nur ein, wenn die vorgeschriebene Formulierung im Kündigungsschreiben steht und der Arbeitnehmer auf Klage verzichtet. Ohne diese Voraussetzungen entfällt die automatische Zahlung.
Ein weiterer Irrtum ist die strikte Bindung an die Faustformel. In der Praxis wird oft „ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit“ als Richtwert genannt. Das entspricht auch dem Ansatz aus § 1a KSchG (0,5 Monatsgehalt pro Jahr). Allerdings gilt: Diese Faustformel ist weder gesetzlich vorgeschrieben noch verbindlich. Sie dient nur als Orientierung. Je nach Einzelfall können Abfindungen deutlich höher (mehrere Monatsgehälter pro Jahr) oder niedriger ausfallen. Tarifverträge oder Sozialpläne können allerdings Mindestabfindungen vorsehen, die dann nicht unterschritten werden dürfen.
Die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) unterstreichen diese Flexibilität. So betont das BAG, dass die Parteien bei einer betriebsbedingten Kündigung frei sind, eine andere Abfindung zu vereinbaren als die in § 1a KSchG genannte. Selbst ein Angebot in der Kündigung, das deutlich von der gesetzlichen Formel abweicht, kann zulässig sein, wenn der Arbeitgeber eindeutig ein alternatives Angebot machen will. Hat das Kündigungsschreiben jedoch den vollen Hinweis nach § 1a KSchG enthalten, spricht das regelmäßig für einen Anspruch genau nach § 1a KSchG. Ist der Arbeitgeberwillen ein abweichendes Angebot unklar, kann die Abfindungsklausel als gesetzliches Angebot auszulegen sein.
Wichtige Fakten: Ein häufiger Rechtsprechungssatz lautet etwa: Ein Hinweis im Kündigungsschreiben auf § 1a KSchG begründet in der Regel den gesetzlichen Abfindungsanspruch. Weicht die angebotene Abfindung stark von der ½-Monats-Formel ab, deutet dies dagegen auf ein freies Aufhebungsangebot hin. Außerdem entschied das BAG 1987, dass eine Abfindung nicht nur Entschädigungsfunktion hat, sondern auch die Einwilligung des Arbeitnehmers in die Beendigung des Arbeitsverhältnisses honoriert – dies ist auch die Idee hinter § 1a KSchG.
- Das Angebot vom Arbeitgeber: Taktik oder Fairness?
Oft bieten Arbeitgeber im Kündigungsschreiben eine Abfindung an, um den Arbeitnehmer zur Zustimmung zur Kündigung zu bewegen. Für den Arbeitnehmer stellt sich die Frage: Ist das Angebot fair oder nur Strategie? Grundsätzlich gilt: Je besser die Erfolgschancen im Kündigungsschutzprozess eingeschätzt werden, desto höher fällt das Abfindungsangebot aus. Das heißt: Erscheint die Kündigung unsicher rechtlich, zahlt der Arbeitgeber meist lieber eine hohe Abfindung als das Risiko eines Prozesses. Mitunter steckt also Kalkül dahinter, nicht pure Großzügigkeit.
Manche Angebote sind jedoch nur als taktische Lockangebote zu verstehen. Das Bundesarbeitsgericht hat etwa festgestellt, dass ein im Kündigungsschreiben genannter Abfindungsbetrag, der deutlich unter dem halben Monatslohn pro Dienstjahr liegt, wohl kein gesetzlicher § 1a-Anspruch ist, sondern ein eigenständiges Angebot für einen Aufhebungsvertrag. Arbeitnehmer sollten deshalb genau prüfen, ob das Schreiben wirklich ein Gesetzeshinweis nach § 1a KSchG ist oder nur ein individuelles Angebot. Denn nur im erstgenannten Fall ist der §§1a-Anspruch gesichert; im zweiten Fall kann der Arbeitgeber anfechten, dass eine „echte“ Abfindungsvereinbarung zustande kam. Generell empfiehlt es sich, alle Angebote des Arbeitgebers rechtlich prüfen zu lassen: Insbesondere Klauseln über Klageverzicht oder sonstige Verpflichtungen können unwirksam sein oder nachteilig wirken.
- Einflussfaktoren auf die Höhe der Abfindung
Die endgültige Höhe der Abfindung wird in Verhandlungen von vielen Faktoren beeinflusst. Entscheidende Größen sind dabei insbesondere:
- Beschäftigungsdauer: Längere Betriebszugehörigkeit erhöht die Verhandlungsposition des Arbeitnehmers (mehr Dienstjahre → höherer Basiswert).
- Alter des Arbeitnehmers: Ältere Mitarbeiter haben oft schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt und können daher höhere Abfindungen durchsetzen. In einigen Faustformeln wird das Alter sogar explizit mit einbezogen (z.B. 0,75 oder 1,0 Monatsgehälter ab bestimmten Altersgruppen).
- Verdienst: Höheres Gehalt führt rechnerisch zu höheren Abfindungen (bei gleicher Faustformel).
- Aussichten im Prozess: Je größer die Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung sind, desto höher wird meist die Abfindung liegen. Hat der Arbeitnehmer Aussicht, dass ein Gericht die Kündigung für unwirksam erklärt, steigt seine Verhandlungsstärke.
- Persönliche Lage: Beispielsweise droht bei älteren Arbeitnehmern oder mit Familienpflichten ein höherer Schaden (Deckungslücken, Altersteilzeit). Auch drohende Langzeitarbeitslosigkeit kann die Abfindung erhöhen.
- Unternehmens- und Branchensituation: In einer wirtschaftlich angespannten Branche kann der Arbeitgeber knapper kalkulieren. In größeren Unternehmen mit viel Druck, Kosten zu senken, wird oft großzügiger abgefunden.
- Verhandlungsfähigkeit: Oft entscheiden auch Verhandlungsgeschick von Arbeitnehmer und Anwalt mit. Laut einer Fachanwalt-Website hängt die Abfindungshöhe u. a. von Verhandlungsgeschick ab.
Üblicherweise dient als grobe Richtschnur die „0,5‑Formel“: ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. In manchen Fällen (z.B. Sozialplan oder besondere Vereinbarung) gelten andere Vorgaben. Wichtig ist: Diese Faustformel ist nicht bindend, sondern nur Orientierung. Je nach Einzelfall kann der ausgehandelte Betrag deutlich darüber oder darunter liegen. Arbeitnehmer sollten sich an der Faustformel nur grob orientieren und in Verhandlungen alle relevanten Umstände geltend machen.
- Häufige Fehler vermeiden
- Nicht fristgerecht reagieren: Nach Zugang einer Kündigung gilt eine dreiwöchige Klagefrist (§ 4 KSchG). Wer diese Frist verstreichen lässt, kann zwar eine Abfindung nach § 1a KSchG bekommen (wenn sie angeboten wurde), verliert aber das Recht auf gerichtliche Überprüfung der Kündigung. Prüfen Sie daher genau, ob die Kündigung berechtigt ist.
- Betriebsrat-Anhörung beachten: Wird in einem Unternehmen mit Betriebsrat betriebsbedingt gekündigt, muss der Betriebsrat vorab ordnungsgemäß angehört werden. Unterbleibt diese Anhörung oder wird sie fehlerhaft durchgeführt, ist die Kündigung unwirksam. In solchen Fällen haben Arbeitnehmer gute Chancen, dass die Kündigung und damit die Gesprächsbasis für eine Abfindung entfällt (und sie vielleicht weiterbeschäftigt werden).
- Aufhebungsvertrag sorgsam prüfen: Wer ein Abfindungsangebot per Aufhebungsvertrag erhält, sollte nicht vorschnell unterschreiben. Achten Sie darauf, dass der gesamte Vertrag schriftlich korrekt ist (Schriftform § 623 BGB) und keine unfairen Klauseln enthält. Lassen Sie im Vertrag alle mündlichen Zusagen (Abfindungshöhe, Freistellung, Zeugnis, etc.) präzise schriftlich festhalten. Andernfalls kann es später unangenehme Überraschungen geben.
- Klageverzichtsklauseln prüfen: Manche Abfindungsvereinbarungen enthalten Klauseln, dass man auf alle Ansprüche verzichtet. Solche Formularklauseln können der AGB-Kontrolle unterliegen und ggf. unwirksam sein, wenn sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen (z.B. bei Drohung mit Kündigung ohne ernsthaftem Kündigungsgrund). Holen Sie auch hier rechtlichen Rat ein.
- Arbeitslosmeldung nicht vergessen: Bei einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung oder Abfindung darf man die Arbeitsagentur nicht vergessen. Unter Umständen gilt es, sich sofort (oder spätestens drei Monate vorher) arbeitssuchend zu melden, um Nachteile beim Arbeitslosengeld zu vermeiden.
Wer diese Fehler vermeidet, sichert sich eine bessere Verhandlungsposition und schützt seine Ansprüche. In der Regel lohnt sich frühzeitige juristische Beratung, um teure Ausrutscher zu vermeiden.

- Fünf typische Fallbeispiele aus der Praxis
Im Folgenden werden beispielhaft verschiedene Konstellationen aufgezeigt, in denen Arbeitnehmer mit dem Thema „Abfindung“ konfrontiert sein können:
- Langjährige Mitarbeiterin bekommt betriebsbedingte Kündigung. Frau B. war 15 Jahre in der Firma, ihr Gehalt betrug zuletzt 3.000 € brutto/Monat. Wegen eines Auftragsrückgangs erhält sie eine Kündigung. Im Kündigungsschreiben bietet der Arbeitgeber eine Abfindung von 7.500 € an (entsprechend 5×½ Monatsgehalt). Frau B. überlegt, ob sie das Angebot annimmt oder klagt. Ihr Anwalt erklärt ihr, dass dieser Betrag ungefähr der Faustformel entspricht, ihre Erfolgsaussichten vor Gericht wegen möglicher Sozialauswahl-Fehler des Arbeitgebers aber gut sind. Letztlich einigen sich die Parteien in einem Vergleich auf 9.000 €. (Lernpunkt: Die Höhe lag hier über der Faustformel, weil die Sozialauswahl unsicher war und Frau B. gute Chancen hatte.)
- Älterer Angestellter mit hohem Gehalt im Aufhebungsvertrag. Herr M. ist 55 Jahre alt und seit 30 Jahren bei Firma Y tätig (Monatsgehalt 4.500 €). Er unterzeichnet einen Aufhebungsvertrag, weil der Arbeitgeber ihm kündigen wollte. Als Abfindung erhält er 20.000 € (weniger als 0,5 Mal × 30 Jahre = 67.500 € nach Faustformel). Später überlegt er, ob der Betrag zu niedrig war. Sein Anwalt weist darauf hin, dass Abfindungen frei verhandelbar sind. Da er freiwillig unterschrieben hat, wäre eine nachträgliche Klage schwierig. Besser wäre gewesen, vorher Klarheit über marktübliche Höhe und Höhe eines möglichen Härtefalls zu schaffen. (Lernpunkt: Im Aufhebungsvertrag muss jeder seine Bedürfnisse (Alter, Jahreseinkommen) einbringen und auf Beratung bestehen.)
- Betriebsratsmitglied erhält überdurchschnittliche Abfindung. Frau S. ist Betriebsratsvorsitzende und 48 Jahre alt. Ihr Arbeitgeber bot ihr in einem Sozialplan 50.000 € Abfindung an, um den Betriebsratsvorsitz zu locken. Sie akzeptiert und der Betriebsrat stimmt auf der Grundlage eines „Nachteilausgleichs“ zu. Später prüft die Firma, ob das zulässig war. Nach BAG-Rechtsprechung darf ein Betriebsratsmitglied eine hohe Abfindung erhalten, solange diese jedem anderen vergleichbaren Arbeitnehmer offen gestanden hätte. (Lernpunkt: Auch Sonderkündigungsschutz-Träger können Abfindungen verhandeln, und eine höhere Zahlung ist nicht unbedingt unzulässig.)
- Klage oder Abfindung? Herr K. klagt nach einer Kündigung vor Gericht. Während des Verfahrens bietet ihm der Arbeitgeber 5.000 € Abfindung, damit er die Klage zurücknimmt. Ohne juristische Beratung hätte er wohl zugesagt. Nach eingehender Prüfung rät ihm sein Anwalt, weiterzuklagen, da die Kündigungserklärung formale Mängel aufwies. Das Gerichtsverfahren endet mit einem Vergleich von 12.000 €. (Lernpunkt: Ein direktes Abfindungsangebot kann vorteilhaft sein, aber es lohnt sich, in starkem Fällen eine Klage zu erwägen. Das „gute Stück“ wurde in dem Fall mit Hilfe des Klagewegs erzielt.)
- Sperrzeit beim Arbeitslosengeld: Frau L. schließt einen Aufhebungsvertrag und erhält 15.000 € Abfindung. Nach Unterzeichnung wartet sie auf Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur verhängt jedoch zunächst eine 12‑Wochen-Sperrzeit, da sie freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Ihr Anwalt beruft sich darauf, dass ein wichtiger Grund (drohende Kündigung) vorlag und verweist auf eine BSG-Entscheidung: Bei Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrags zur Abwendung einer rechtmäßigen Kündigung tritt oft keineSperrzeit ein. Frau L. bekommt schließlich nach Widerspruch ihr Arbeitslosengeld abzüglich nur ein paar Tage Sperrzeit (statt 12 Wochen). (Lernpunkt: Unter bestimmten Bedingungen fällt die Sperrzeit weg – z.B. wenn eine betriebsbedingte Kündigung vermieden wurde.)
- Fünf häufige Fragen zur Abfindung
Frage 1: Habe ich einen Anspruch auf Abfindung bei Kündigung?
Einleitung: Viele Arbeitnehmer glauben, dass ihnen bei jeder Kündigung automatisch eine Abfindung zusteht. Diese Annahme ist jedoch weit verbreiteter Irrglaube. Fakt ist: Ein allgemeiner Abfindungsanspruch besteht rechtlich nicht. Stattdessen hängt ein möglicher Anspruch von der konkreten Situation ab – etwa von einer Abrede im Arbeitsvertrag, einer Vereinbarung im Sozialplan oder einem Angebot nach § 1a KSchG.
Analyse: Ein Anspruch kann entstehen, wenn der Arbeitgeber in der Kündigung ausdrücklich eine Abfindung anbietet (siehe § 1a KSchG). Wird in der Kündigungssprite auf § 1a KSchG hingewiesen und der Arbeitnehmer lässt daraufhin die Klagefrist verstreichen, bekommt er (vereinfacht) ein halbes Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit. Ohne einen solchen Hinweis gibt es danach keinen §§1a-Anspruch. Unabhängig davon kann in einem Aufhebungsvertrag oder Sozialplan eine Abfindung vereinbart sein. Ist jedoch nichts dergleichen vorhanden, hat der Arbeitnehmer meist keine Anspruchsgrundlage.
Rechtliche Einordnung: Rechtlich kann eine Abfindungspflicht bestehen im Rahmen von § 1a KSchG (wenn die Voraussetzungen erfüllt sind) oder durch Kollektivrecht (§ 113 ff. BetrVG bei Interessenausgleich/Sozialplan). In individuellen Arbeitsverträgen gibt es gelegentlich Abfindungsklauseln, diese sind aber nicht sehr häufig. Ein weiterer Fall sind Auflösungsurteile nach § 9 KSchG, in denen das Gericht das Arbeitsverhältnis auflöst und dem Arbeitnehmer eine Abfindung zuspricht, wenn eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist.
Fallbeispiel 1: Anna wurde nach 8 Jahren betriebsbedingt gekündigt. Ihr Arbeitgeber hat im Schreiben die 3‑Wochen-Frist für eine Klage erwähnt und ihr angeboten, bei Klageverzicht 8.000 € Abfindung zu erhalten. Anna erhebt keine Klage. Weil der Hinweis vollständig war und sie die Frist verstreichen ließ, steht ihr der Anspruch nach § 1a KSchG zu, berechnet nach ½ Monatsgehalt × 8 Jahre (z.B. 2000 € × 4 = 8.000 €). Sie bekommt die 8.000 € wie angeboten.
Fallbeispiel 2: Bernd erhält eine Kündigung, aber ohne Abfindungsangebot. Dennoch verhandelt er mit dem Unternehmen und einigt sich über einen Abwicklungsvertrag: Er erhält 5.000 € Abfindung für den freiwilligen Austritt. Dieses Abkommen ist rechtlich einvernehmlich – entstanden ist kein gesetzlicher Anspruch, sondern eine individuelle Vereinbarung. Wenn Bernd keine Klage erhoben hätte, bestünde nachträglich kein zusätzlicher Anspruch aus § 1a KSchG.
Fazit: Einen automatischen Abfindungsanspruch gibt es nicht. Arbeitnehmer müssen darauf achten, ob Voraussetzungen eines gesetzlichen Anspruchs greifen (z.B. § 1a KSchG) oder ob ein Sozialplan gilt. In vielen Fällen erhält man eine Abfindung nur durch Verhandlung oder gerichtlichen Vergleich – hier ist rechtliche Beratung wichtig.
Frage 2: Wie hoch fällt eine übliche Abfindung aus?
Einleitung: Arbeitnehmer fragen oft: „Wieviel Abfindung steht mir zu?“ Die Antwort hängt stark vom Einzelfall ab. Eine pauschale Summe gibt es nicht. Viele nutzen jedoch die bekannte Faustformel als Orientierung.
Analyse: Die gebräuchlichste Faustregel besagt, dass man pro Jahr der Betriebszugehörigkeit etwa ein halbes Bruttomonatsgehalt als Abfindung erhält. Beispiel: Wer 10 Jahre tätig war und 2.000 € brutto verdient, würde danach 10.000 € bekommen (2.000€ / 2 × 10 Jahre). In vielen Vereinbarungen orientieren sich Arbeitgeber grob daran. Es gibt aber auch Varianten mit Altersstaffel (z.B. 0,5× für unter 40, 0,75× für 40–49, 1,0× ab 50). Im Arbeitsrecht gilt allerdings: Dies sind nur Richtwerte. Letztlich verhandeln Vertragsparteien den Betrag im Vergleich oder Aufhebungsvertrag frei.
Zudem spielen Rechtslage und Erfolgsaussichten eine Rolle: Ein schlechter Prozessausgang für den Arbeitgeber lässt den Abfindungsscheck steigen. Ist die Kündigung mutmaßlich unwirksam (z.B. wegen fehlerhafter Sozialauswahl), muss der Arbeitgeber das Risiko der Weiterbeschäftigung ausgleichen. Je kleiner die Prozesschancen sind (und je geringer die Gefahr, dass die Kündigung doch greift), desto niedriger fällt eine Abfindung aus.
Rechtliche Einordnung: Gesetzlich beträgt die Abfindung nach § 1a KSchG „nach einem halben Monatsverdienst je Beschäftigungsjahr“. Diese Berechnung gilt nur, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Tarif- und Sozialpläne können Mindestwerte vorsehen. Fehlt eine solche Regelung, orientieren sich die Gerichte bei Vergleichsabschlüssen am Einzelfall (Dauer, Alter, Gehalt etc.) – aber nicht streng an einer Formel. Die Faustformel selbst ist rechtlich nicht bindend.
Fallbeispiel 1: Ein 50-jähriger Arbeitnehmer war 25 Jahre beschäftigt und verdient 4.000 € brutto monatlich. Nach der Faustformel wäre eine Abfindung von 25 × (4.000 € / 2) = 50.000 € angemessen. In der Praxis einigte man sich auf 55.000 € (ein Mehr für das Alter). Hätte seine Kündigung gute Erfolgsaussichten vor Gericht gehabt, hätte er sogar noch mehr verlangen können.
Fallbeispiel 2: Eine 30-jährige Angestellte mit 5 Jahren Betriebszugehörigkeit und 3.000 € Gehalt bekommt im Aufhebungsvertrag 8.000 € angeboten. Nach der Faustformel wären eigentlich nur 7.500 € zu erwarten. Da die Voraussetzungen für einen Klagegewinn schlecht waren, akzeptierte sie die etwas über der Faustformel liegende Zahlung.
Fazit: Es gibt kein pauschales Berechnungsschema für alle Fälle – aber die Faustformel (0,5 Monatsgehalt pro Jahr) dient als grober Anhaltspunkt. Arbeiternehmer sollten ihre individuelle Situation (Alter, Dauer, Gehalt, Erfolgschancen) sorgfältig prüfen und notfalls Rechtsrat zur Bewertung der angebotenen Summe einholen.
Frage 3: Abfindung annehmen oder kündigungsschutzklage erheben?
Einleitung: Wenn im Kündigungsschreiben eine Abfindung in Aussicht gestellt wird, stehen viele vor der Entscheidung: „Nehme ich das Geld an oder klage ich gegen die Kündigung?“ Diese Frage ist zentral, weil beides – Abfindung oder Klage – nicht parallel geht. Die Abfindung nach § 1a KSchG bekommt nur, wer auf die Klage verzichtet. Doch eine Klage kann sich lohnen, wenn sie Erfolg hat (Arbeitsverhältnis besteht fort).
Analyse: Entscheidet sich der Arbeitnehmer, eine Kündigungsschutzklage zu erheben, kommt in der Regel keine Abfindung nach § 1a KSchG zustande – er hat ja nicht auf die Klage verzichtet. Stattdessen würde die Abfindungsformel hinfällig. Klagt der Arbeitnehmer und gewinnt, erhält er weiter Lohn oder Wiedereinstellung (und ggf. ggf. Urlaubsabgeltung), was oft finanziell höher sein kann. Verliert er, bekommt er in der Regel gar nichts. Beantragt man jedoch keine Klage (oder zieht sie zurück), wandelt sich die Kündigung nach § 7 KSchG nach drei Wochen in eine richtige Kündigung um und die Abfindung wird fällig.
Rechtsberatung ist hier fast immer sinnvoll. In jedem Fall sollten Fristen gewahrt werden: Wenn man klagen will, muss das innerhalb von 3 Wochen erfolgen. Wenn man Geld nehmen will, genügt manchmal das Verstreichenlassen der Frist. Man kann auch bis kurz vor Ablauf der Frist abwarten und im letzten Moment die Klage zurücknehmen, um den Abfindungsanspruch zu aktivieren. Wichtig ist, die Bedingungen des Angebots genau zu kennen.
Rechtliche Einordnung: § 1a KSchG legt ausdrücklich fest: Die Abfindung wird nur fällig, wenn der Arbeitnehmer die Klagefrist verstreichen lässt. Ein Klageverzicht kann vertraglich vereinbart sein, muss aber individuell behandelt werden. Das BAG hat klargestellt, dass Zwangsverzichtsklauseln auf Prüfstand stehen und bei Nötigung unwirksam sein können. Man darf also nicht aus Angst überrumpelt werden.
Fallbeispiel 1: Ein langjähriger Lagerarbeiter erhält betriebsbedingt zum 31.12. gekündigt. Im Schreiben steht: „Bei Verzicht auf Klage erhalten Sie 10.000 € Abfindung.“ Er hegt aber Zweifel an der Sozialauswahl. Er lässt die Frist verstreichen – die Abfindung ist damit sicher. Hätte er geklagt und gewonnen, hätte er seinen Arbeitsplatz behalten; im Verlustfall hätte er jedoch leer ausgehen können. (Lernpunkt: Verzicht auf Klage sichert Abfindung, Klage bietet Chance auf Arbeitsplatz)– hier entschied er sich für die Sicherheit der Abfindung.
Fallbeispiel 2: Eine Mitarbeiterin ist überzeugt, dass ihre Kündigung wegen Schwangerschaft unzulässig ist. Sie erhält ein Abfindungsangebot (5.000 € bei 5 Jahren Zugehörigkeit). Gemeinsam mit ihrem Anwalt erhebt sie klage und gewinnt: Das Arbeitsgericht erklärt die Kündigung unwirksam. Sie wird weiterbeschäftigt und erhält den rückständigen Lohn. Hätte sie einfach 5.000 € genommen, hätte sie auf ihren Job verzichten müssen. (Lernpunkt: Wenn hinreichende Chancen auf Erfolg bestehen, kann es sich lohnen, die Abfindungssumme auszuschlagen und zu klagen.)
Fazit: Es gibt kein pauschales „Ja“ oder „Nein“; jede Entscheidung muss abgewogen werden. Wenn ein faires Abfindungsangebot vorliegt und die Kündigung schlüssig erscheint, kann Abfindung Sinn machen. Bei starken Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Kündigung könnte eine Klage lohnender sein – allerdings mit dem Risiko eines Nichts. Rechtsberatung hilft, die Erfolgsaussichten realistisch einzuschätzen.
Frage 4: Wie wird die Abfindung steuerlich behandelt?
Einleitung: Arbeitnehmer fragen oft, ob Abfindungen voll versteuert werden und ob Steuer- bzw. Sozialabgaben anfallen. Antwort: Abfindungen unterliegen in Deutschland grundsätzlich der Lohnsteuerpflicht – es gibt kein steuerliches Abfindungsfreibetrag mehr. Allerdings wirkt sich die sogenannte Fünftelregelung steuermindernd aus.
Analyse: Seit 2006 gilt, dass Abfindungen voll lohnsteuerpflichtig sind. Allerdings soll die Fünftelregelung (§ 34 EStG) die Steuerprogression abmildern. Dabei wird zunächst nur ein Fünftel der Abfindung dem Jahresbrutto hinzugerechnet, die Steuer auf dieses zusätzliche Einkommen ermittelt und dieser Steuersatz dann auf die gesamte Abfindung angewendet. Das senkt die Steuerbelastung gegenüber der alleinigen Progression. In der Regel führt das zu einer gewissen Steuerersparnis, die je nach Höhe variiert. Trotz dieser Regelung gilt: Die Abfindung steuerlich besser zu stellen als normales Einkommen, ein Großteil der Summe wird aber am Ende einkommensteuerpflichtig.
In Sozialabgaben (Kranken-, Rentenversicherung) wurde die Abfindung teilweise privilegiert. In der Regel werden Abfindungen nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze sozialversicherungsfrei ausgezahlt (meistens ist das Nettobetrag im Vertrag). Eine pauschale Abgabenfreiheit gibt es nicht, daher sollte dies mit dem Arbeitgeber geklärt werden.
Rechtliche Einordnung: Steuerrechtlich greift § 34 EStG – die Fünftelregelung: Sie mindert die Belastung bei einmalig hoher Abgeltungszahlung. Einmalzahlungen wie Abfindungen können danach verteilt besteuert werden. Sozialrechtlich wurde 2019 eine Sonderbehandlung eingeführt: Bei einem Abfindungsschreiben nach § 1a KSchG wird nicht auf die deutsche Rente angerechnet (kein zusätzlicher Rentenversicherungsbeitrag). Eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld entfällt in der Regel ohnehin, wenn die Abfindung gesetzeskonform nach § 1a gezahlt wurde.
Fallbeispiel 1: Ein Arbeitnehmer erhält 30.000 € Abfindung. Nach Abzug von Werbungskosten etc. wird durch die Fünftelregelung nur ein zusätzliches Fünftel (6.000 €) als steuerpflichtig berechnet. Dies führt zu einer Steuerlast, die deutlich unter der wäre, wenn die vollen 30.000 € sofort versteuert würden. Das Ergebnis ist etwa eine Ersparnis von mehreren hundert Euro im Vergleich zur regulären Progression.
Fallbeispiel 2: Eine 54-jährige Softwareentwicklerin bekommt 50.000 € Abfindung zusammen mit ihrem letzten Lohn. Ihr Bruttojahreslohn ohne Abfindung wäre 84.000 €. Die Fünftelregelung führt hier zu einer fast neutralen Steuerwirkung, weil bei hohen Einkommen die Entlastung kleiner wird. Sie zahlt also insgesamt fast so viel wie beim normalen Lohn. Trotzdem empfiehlt ihr Steuerberater, Teile eventuell ins nächste Jahr zu verschieben, wenn möglich, um Progressionseffekte zu glätten.
Fazit: Abfindungen sind grundsätzlich steuerpflichtig. Dank der Fünftelregelung (§34 EStG) wird die Steuerlast überproportional gemildert. Arbeitnehmer sollten darauf achten, die Abfindung optimal zu timen (z.B. Zahlungstermin) und ggfs. mit einem Steuerberater zu besprechen, um den Steuervorteil maximal zu nutzen.
Frage 5: Wird bei Abfindung eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld ausgelöst?
Einleitung: Ein häufiges Missverständnis betrifft das Arbeitslosengeld (ALG I): Führt eine Abfindung zwangsläufig zu einer 12-wöchigen Sperrzeit? Die Antwort ist: Nicht immer. Maßgeblich ist, wie die Kündigung zustande kam und warum der Arbeitnehmer ging.
Analyse: Grundsätzlich wird bei einer freiwilligen Aufgabe des Arbeitsplatzes eine Sperrzeit verhängt. Wird jedoch ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen, um einer rechtmäßigen Kündigung zuvorzukommen, sieht die Rechtsprechung oft keinen wichtigen Grundmangel: Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) von 2006 führt bei einem betriebsbedingten „Kündigungs-AUFhebungsvertrag“ (also wenn eine sozial gerechtfertigte Kündigung drohte) keineSperrzeit ein. Das bedeutet: Hat der Arbeitnehmer aus einem wichtigen Grund (z.B. drohende Kündigung) zugestimmt und dafür eine Abfindung erhalten, bekommt er sein ALG I ohne Sperre. Ähnlich gilt: Eine Abfindung nach § 1a KSchG bei „normaler“ Kündigung führt nach heutiger Verwaltungspraxis ebenfalls nicht zu einer Sperrzeit, weil der Arbeitnehmer die Kündigungsabfindung nicht selbst veranlasst hat.
Wird hingegen ein Aufhebungsvertrag geschlossen, obwohl keine Kündigungsdrohung bestand (oder der Arbeitnehmer nur „freiwillig“ das Arbeitsverhältnis beendet), kann eine Sperrzeit kommen. Ebenso eine Sperrzeit, wenn der Arbeitnehmer trotz ernsthafter Kündigungsdrohung nachträglich Arbeitsaufgabe begeht.
Rechtliche Einordnung: Nach § 144 SGB III kann eine Sperrzeit verhängt werden, wenn der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund gelöst hat. Das BSG hat 2006 klargestellt, dass die Vermeidung einer sozial gerechten Kündigung (mit Abfindung) meist einen wichtigen Grund darstellt, sodass das ALG nicht gesperrt wird. Die Agentur für Arbeit stellt ihre Durchführungsanweisungen dementsprechend um – in der Praxis bedeutet eine Abfindung zur Abwendung einer Kündigung gewöhnlich kein Ruhen des Anspruchs.
Fallbeispiel 1: Ein Elektroniker schließt einen Aufhebungsvertrag, weil die Firma 20 Mitarbeiter abbauen will. Ihm wird mit Abfindung gekündigt. Die Arbeitsagentur erhebt zunächst Widerspruch, verhängt aber letztlich keine Sperrzeit – denn er hat aus einem wichtigen Grund (betriebsbedingter Kündigungsdruck) gehandelt.
Fallbeispiel 2: Eine Verwaltungsangestellte kündigt im Einvernehmen mit der Chefin, um eine mündliche Abmahnung (nicht Kündigung) zu umgehen, und erhält 2.000 € Abfindung. Hier liegt kein „wichtiger Grund“ vor (es bestand keine rechtmäßige Kündigungsdrohung). Sie muss mit einer Sperrzeit von bis zu 12 Wochen rechnen.
Fazit: Eine Abfindung per se löst nicht automatisch eine ALG-Sperrzeit aus. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer aus einem wichtigen Grund (drohender Kündigung) eingewilligt hat. In den Fällen, in denen § 1a KSchG oder ein gerichtlicher Vergleich zur Abfindung geführt haben, wird üblicherweise kein Ruhen des Arbeitslosengeld-Anspruchs angeordnet.
Fazit: Mit rechtlichem Beistand zur fairen Lösung
Das Thema Abfindung bei Kündigung ist komplex und von vielen Einzelfällen geprägt. Ein genereller Anspruch besteht zwar nur in besonderen Konstellationen (etwa nach § 1a KSchG oder einem Sozialplan), aber in der Praxis sind Abfindungen ein gängiges Instrument zur Konfliktlösung. Arbeitnehmer sollten sich über Möglichkeiten (Aufhebungsvertrag, Vergleich, gesetzliche Regelung) und Fristen informieren und gängige Irrtümer vermeiden (Kein „automatisches“ Recht, nicht ausschließlich nach Faustformel). Oft ist der Arbeitgeber in Verhandlungen bereit, aus taktischen Gründen eine für den Arbeitnehmer attraktive Summe zu zahlen. Umfassende Beratung – etwa durch eine Kanzlei für Arbeitsrecht – hilft, Fallen zu erkennen, das bestmögliche Angebot auszuhandeln und notfalls gerichtliche Ansprüche durchzusetzen. So kann man möglichst fair entschädigt werden und einen sicheren Übergang in die Zeit nach der Kündigung finden.
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Die Abfindung und die Steuer
Wichtige Tipps für Arbeitnehmer
Die Frage, ob Abfindungen versteuert werden müssen, bekommen wir immer wieder gestellt. Und immer noch spukt in den Köpfen vieler Betroffener die Idee herum, eine vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung könne steuerfrei vereinnahmt werden. Diese mit Übergangsregelungen bis Ende 2007 geltende Regelung existiert nicht mehr. Jede Abfindung ist zunächst einmal in vollem Umfang steuerpflichtiges Einkommen.
Progressive Einkommenssteuer
Denken wir uns Max Abfindikus aus, er ist ledig, hat keine Kinder. Er verdient als Angestellter 30.000 € brutto. Seine persönlichen Freibeträge bleiben in den folgenden Berechnungen unbeachtet. Seine Einkommenssteuer beträgt 5.601 € zzgl. Soli in Höhe von 308 € (sämtliche Werte gerundet). Sein Einkommen wird damit durchschnittlich mit 19,7% versteuert… Weiterlesen Jetzt online Abfindungshöhe berechnen

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Drohen mit Kündigung macht einen Aufhebungsvertrag nicht unwirksam
Oder umgekehrt: ein Aufhebungsvertrag ist auch dann wirksam, wenn der Arbeitnehmer ihn unter Druck unterschrieben hat. So entschied das Landesarbeitsgericht in Rheinland-Pfalz im Fall einer Krankenpflegerin. Der Arbeitgeber drohte der Mitarbeiterin mit einer fristlosen Kündigung und einer Anzeige wegen Arbeitszeitbetrugs, wenn sie den Aufhebungsvertrag nicht unterschreiben würde. Zehn Wochen nach Unterzeichnung versuchte die Arbeitnehmerin, den Aufhebungsvertrag anzufechten und klagte. Seit Anfang 2012 war die Klägerin als examinierte Altenpflegerin bei einem Pflegedienst beschäftigt. In vorgegebenen Abständen fuhr sie zu den Wohnungen der Pflegepatienten und dokumentierte ihre Arbeitszeiten und Pflegeleistungen in einem mobilen Datenerfassungsgerät…WEITERLESEN
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Fallbeispiel
Kündigung
Sehr oft haben Kündigungen Schwächen, die ein erfolgreiches Kündigungsschutzverfahrens erwarten lassen. Dabei handelt es sich oft um Formfehler oder fehlerhafte Begründungen, nichts auf den ersten Blick unbedingt bedeutsames. Ein Fehler in der Anhörung des Betriebsrats kann ebenso zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen, wie ein „übersehenes“ und damit nicht berücksichtigtes Kind bei der Sozialauswahl. Dies kommt z.B. vor, wenn bei geschiedenen Eltern jeder Elternteil zwei 0,5 Kinderfreibeträge also in der Summe genau ein Kind auf der „Steuerkarte“ eingetragen hat. In Wirklichkeit aber zwei Kinder vorhanden sind.
Diese Fehler haben ihren Grund oft darin, daß die Kündigungen vom Arbeitgeber nicht von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht ausgearbeitet wurden und Angaben nicht überprüft wurden.
Im Ergebnis gehen für den kündigenden Arbeitgeber viele Verfahren in Kündigungssachen teuer zu Ende, weil die an sich unwichtige formale Voraussetzung gefehlt hat. So kann schon ein freier Arbeitsplatz in einer anderen Abteilung oder eine unvollständige Anhörung des Betriebsrats viele Kündigungen kippen. Diese Schwächen und Angriffspunkte einer Kündigung bemerken oft nur die echten Profis, weil manche Fehler im Detail liegen oder versteckt sind. Nur wenn man weiß, wonach man suchen muss, kann man es auch finden. Das macht den Besuch beim Fachanwalt für Arbeitsrecht fast ausnahmslos sinnvoll.
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